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und AnzeigeßtaLt für den Wezirk Galw. 78. Jahrgang.
ErfcheinungSLage: Dienstag, Donnerstag, Samstag, Sonntag. JnsertionSpreiS 10 Pfg. vro Zeile für Stadt und SezirkSorte; außer Bezirk 12 Pfg.
! Sonntag, den 16. August 1903.
Abonnementspr. in d. Stadt pr. Viertelj. Mk. 1.10 incl. Lrägerl. Vierteljährl. Postbezugspreis ohne Bestellg. f. d. Orts- u. Nachbar- orrsverkehr 1 Mk., f. d. sonst. Verkehr Mk. 1.10, Bestellgeld 20 Pfg.
Amtliche AeksnntWLchrtugen.
Bekanntmachung.
Das Oberamt sieht sich veranlaßt die nachstehenden Vorschriften wiederholt zur allgemeinen Kenninis zu bringen.
Calw, 14. August 1903.
K. Oberamt.
Amtm. Rippmann.
Verfügung des Oberamts Calw betr. die Sonntagsruhe im Handelsgewerbe vom 15. August 18SS.
Auf Grund der M 41 a, 55 a, 105 a, 105 b, Abs. 2, 105 o, 105 s, 105 k, 105 ll und 105 i der Reichsgcwerbe-Ordnung und der zum Vollzug derselben erlassen bezirksstatutarischen Vorschriften werden Hiemil unter Aufhebung der Verfügungen vom 10. Juni 1892, vom 25. Ang. 1892 und vom 7. April 1893, (Calwer Wochenbl. Nr. 68, 101 und 42) bezüglich der Sonntagsruhe im Handelsgewerbe für den Oberamtsbezirk Calw folgende Bestimmungen erlassen.
I.
Als „Handelsgewerbe" gilt nicht nur der Groß- und Kleinhandel, einschließlich des Hausierhandels, sondern u. a. auch der Geld- und Kredithandel, die Leihanstalten, der Zeitungsverlag, die sogenannten Hilfsgewerbe des Handels re., z. B. das Kommissionsgeschäft und die Handelslager. Auch die Tätigkeit des in den Kontoren der Fabriken, Werkstätten re. beschäftigten Personals fällt darunter.
Die Beschränkungen des Geschäftsbetriebs für die Handelsgewerbe gelten nach § 105 a der Gewerbeordnung und 3 der Verfügung des K. Ministeriums des Innern vom 26. März 1892 für alle Sonntage und für folgende nicht auf den
Sonntag fallende Festtage: Christfest, Neujahrsfest, Erscheinungsfest, Charfreitag, Christi Himmelfahrt; bei Katholiken außerdem Fronleichnam, Mariä Himmelfahrt.
Am ersten Weihnachts-, Oster- und Pfingst- tag und zufolge Bezirksstatuts auch am Neujahrsfest, Erscheinungsfest, Sonntag Jnvocavit (Landesbuß- und Bettag), Palmsonntag, Charfreitag, Dceieinigkeitsfest, HimmelfahrlSfcst, ersten Advenl- sonntag dürfen Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter im Handelsgewerbe überhaupt nicht beschäftigt- werden und darf ein Gewerbetrieb in offenen Verkaufsstellen überhaupt nicht stattfinden. An den übrigen Sonntagen und Festtagen darf die Beschäftigung von Gehilfen, Lehrlingen und Arbeitern im Handelsgewerbe und der Gewerbebetrieb in offenen Verkaufsstellen nach W 41 a und 105 b Abs. 2 der Gewerbeordnung die Dauer von fünf Stunden nicht überschreiten und ist nur zulässig vor dem Vormittagsgottesdienst, und zwar von 7'/- bis 8'/, Uhr Vormittags, und nach demselben von 11—3 Uhr Nachmittags, in den Gemeinden Liebenzell, Neubulach und Zavelstein eine Stunde vor Beginn und vier Stunden nach Schluß des Vormittags-Gottesdienstes.
II.
Von den Bestimmungen unter I gelten folgende Ausnahmen:
1) An den letzten 3 Sonntagen vor Weihnachten ist der Geschäftsbetrieb in allen Verkaufsstellen und die Beschäftigung von Gehilfen, Lehrlingen und Arbeitern in allen Handelsgewerben während acht Stunden und zwar in der Zeit von 7'/«—8'/- Uhr Vormittags und von 11 Uhr Vormittags bis 6 Uhr Abends gestattet.
Eine Erweiterung der Geschäftsstunden für andere Sonn- und Festtage, an welchen wegen außerordentlicher Anlässe ein größerer Geschäfts
verkehr stattfindet, bleibt besonderer oberamtlicher Verfügung Vorbehalten.
2) In Hirsau, Lieberrzell, Teinach und Zavelstein ist außerdem während der Dauer der Badsaison, d. h. in der Zeit vom 15. Juni bis 15. September, an den Sonntagen mit Ausnahme des Pfingstfestes der Geschäftsbetrieb in allen Verkaufsstellen und die Beschäftigung von Gehilfen, Lehrlingen und Arbeitern in allen Handelsgewerben während 10 Stunden und zwar von 7—9 Uhr Vormittags und von 11 Uhr Vormittags bis 7 Uhr Abends gestattet.
3) der Verkauf von Backwaren durch die Bäcker, von Konditoreierzeugnissen durch die Konditoren, von Fleisch, Wurstwaren und Fett durch die Metzger, von Milch durch die Produzenten und Händler und der Verkauf von Eis und Mineralwasser, sowie die Beschäftigung der Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter bei diesem Verkauf darf
a. am ersten Weihnachts-, Oster- und Pfingst- tage, sowie am Neujahrsfest, Erscheinungsfest, Sonntag Jnvocavit (Landesbuß- und Bettag), Palmsonntag, Charfreitag, Dreieinigkeitsfest, an Christi Himmelfahrt und am ersten Adventssonntag nur Vormittags von 7'/'—8'/» Uhr und Abends von 6—7 Uhr,
b. an den übrigen Sonn- und Festtagen zu denjenigen Stunden, an welchen die sonstigen Verkaufsstellen offen gehalten werden dürfen, und außerdem Morgens von 6'/-—7'/- Uhr und Abends von 6—7'/« Uhr stattfinden.
(Durch Verfügung des Oberamts vom 9. April 1902 Calwer Wochenblatt Nr. 43 ist das Verbringen von Milch in die Kundenhäuser und das Zurückbringcn der leeren Ge- fässe auf den Bahnhof an allen Sonn- und Festtagen bis Mittags 12 Uhr auch während des Vormittagsgottesdienstes gestattet.)
Nachdruck »irbolen.
Treue.
Original-Roman von Irene v. Hellmuth.
(Fortsetzung.)
„Die Reise hat auch noch den Zweck, daß ich in der Residenz deinen Vater, der, wie du mir sagtest in einigen Tagen die Stadt verlassen wird, vorher noch persönlich sprechen kann. Vielleicht ist seine Abreise nicht so dringend, daß er sie um wenige Wochen verschieben kann, es wäre mir lieber, wenn wir unsere Hochzeit womöglich noch vorher feierten," meinte Uttrecht.
Graf Dornbusch saß da, als ginge ihn die ganze Sache gar nichts an. Er spielte nachlässig mit der roten Ouaste seines Seffels, nur zuweilen glitt ein rascher Blick zu Jsa hin. Er weidete sich an derem angstvollen Gesicht.
„Ich glaube nicht," begann er langsam und sich dabei an Jsa wendend, „daß Ihr Herr Papa seine Abreise verschieben kann. Es liegen zwingende Gründe vor."
„WaS könnten das wohl für zwingende Gründe sein," lächelte Uttrecht, der bemerkte, daß Dornbusch auf die letzten Worte einen besonderen Nachdruck gelegt hatte. „Ich denke, mein zukünftiger Schwiegerpapa lebt in der Residenz als ein freier, unabhängiger Mann nur seinen Neigungen und Wünschen, und es steht in seinem Belieben, eine Reise anzutreten oder aufzuschieben."
In den Augen des Grafen blitzte es dämonisch auf. Ein häßliches Lächeln glitt über sein Gesicht.
„Darüber, ob er ein „freier" Mann ist, und über alles, was Eie zu wissen wünschen, können Eie in der Residenz die sicherste Auskunft erhalten."
Jsa war nun nicht mehr im Zweifel darüber, was Dornbusch mit dieser Reise bezweckte. Er würde ihren Verlobten in alles einweihen, um ihn womöglich
von ihr abwendig zu machen. Emen Augenblick dachte sie daran, ihrem Peiniger die Maske vom Gesicht zu reißen, offen und frei mit ihrem Verlobten zu sprechen, aber — ihr fehlte der Mut dazu. Sie warf einen hilfesuchenden Blick auf Susanne, die sofort alles begriffen hatte, und sich zur Ruhe zwingend, suchte sie auf Uttrecht einzuwirken."
„Ich bin der Ansicht," sagte sie, „daß Sie die Bitte Ihrer Braut erfüllen sollten, denn wenn Jsa nicht ihre besonderen Gründe hätte, würde sie nicht darauf bestehen."
„Verzeihen Sie, gnädiges Fräulein, wenn ich auf Ihre Wünsche keine Rücksicht nehme; ich werde Ihnen ja sehr ungalant erscheinen, — aber ändern werde ich meinen Plan nicht."
Jsa warf trotzig die Lippen auf; ihre Augen funkelten, und die kleinen Hände ballten sich unwillkürlich zur Faust. Doch erhob sie keinen Einspruch mehr. Mochte es nun kommen, wie es wollte, jedenfalls war das, was ihr Verlobter von Dornbusch erfahren würde, ein guter Prüfstein für seine Liebe und Treue.
„Ob beides wohl Stand halten wird!" fragte sich das junge Mädchen. Wenn U'-trechts Liebe wirklich so groß war, wie er ihr schon so oft versicherte, dann mußte er diesen ersten Anprall schon aushalten, und Jsa glaubte, ein großes Unrecht zu begehen, wenn sie daran zweifelte. Ein siegesgewiffeS Lächeln umspielte den kleinen Mund. Graf Dornbusch fixierte das schöne Mädchen unablässig und heißer denn je stieg der Wunsch in ihm auf, Jsa zu besitzen.
„Du sollst dennoch mein werden," flüsterte er für sich.
Die Unterhaltung wollte nicht recht in Gang kommen, Uttrecht fühlte wohl, daß er seine Braut etwas verletzt hatte. Er sah öfters nach der Uhr, nach kaum einer halben Stunde empfahl er sich mit seinem neuen Freunde und er mußte sich gestehen, daß eS ein ziemlich frostiger Abschied war.