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142.

Neuenbürg, Samstag den 4. September 1909.

67. Jahrgang.

Der Kaiser wird zurzeit vorwiegend wiederum durch die Ausübung der Pflichten in Anspruch genommen, welche an ihn als obersten Kriegsherrn die alljährlichen großen Herbstmanöver der Flotte und des Landesheeres stellen. Zunächst wohnte er am 30. und 31. August den in den Gewässern von Rügen begonnenen Uebungen der Hochseeflotte und der Torpedobootsdivisionen bei. Dann hielt der Kaiser am Mittwoch vormittag, nachdem er an Liefern Tage früh für kurze Zeit aus Swinemünde in Berlin wieder eingetroffen war, auf dem Tempel­hofer Felde die altgewohnte Herbstparade über das Gardekorps ab. Noch im Laufe des genannten Tages reiste der Kaiser nach Swinemünde zurück, um noch den weiteren Flottenmanövern beizuwohnen. Am 7. September nimmt er die Parade über das 13. (württembergische). am 11. September jene über das 14. (badische) Armeekorps ab, worauf am 13. September die auf 5 Tage berechneten Kaiser­manöver dieser beiden Armeekorps und eines Teils des bayerischen Heeres in dem Gelände zwischen dem Main und dem Tauberflusse ihren Anfang nehmen. Das Hauptquartier des Kaisers für die Zeit der Kaisermanöver befindet sich bekanntlich in Mergentheim a. Tauber.

Während es auf dem Gebiete der inneren Politik dauernd still ist, ging es in den letzten Tagen desto lebhafter in der Reichshauptstadt zu, und die Hoff­nungen und Wünsche von ganz Deutschland waren in Berlin, wo Graf Zeppelin mit seinem stolzen Luftschiff 2 III seinen Einzug gehalten hat, begrüßt vom lauten Jubel des Volkes, von dem ein großer Teil von auswärts herbeigeeilt war, um dem greisen Bezwinger der Lüfte seine Huldigung darzubringen. Und es war ein Triumphzug. Unser Kaiser aber ehrte seinen Gast, wie es sonst nur bei regierenden Fürsten geschieht: rechts vom Kaiser sitzend fuhr er durch den Jubel des Volkes. Auch hier zeigte sich wieder des Kaisers bekannte Ritterlichkeit. Ein Er­eignis von tiefem und nachhaltigem Eindruck ist sicher dieser Zeppelintag von Berlin gewesen. Im Innern des Reichs hat es, wenn man die Kundgebungen der politischen Presse und der politischen Versamm­lungen als Maßstab benutzen will, in letzter Zeit traurig ausgesehen: Volksschichten, die im politischen Leben aufeinander angewiesen sind, im bitteren Kampfe entzweit, der Pessimismus mehr und mehr auch die besten Kräfte entmutigend. Da kommt Zeppelin von den Gestaden des Bodensees durch die Lüfte dahergezogen, und mit einem Schlag ist der ganze Jammer dieses häßlichen inneren Kriegs ver­gessen, die düsteren Nebel zerreißen und alle Welt erwärmt, begeistert sich an dem majestätischen Bilde, das wie eine Bürgschaft unserer nationalen Zukunft über unserer Reichshauptstadt schwebt. Gewiß, die Alltagsstimmung mit ihrem kleinlichen Aerger wird wiederkehren, auch auf dem politischen Gebiet, aber die Erinnerung an die ungekünstelte übermächtige Erhebung des ganzen Volkes der Metropole des Reichs während dieser Zeppelintage wird lebendig bleiben und mit ihr das Bewußtsein und die Ueber- zeugung, daß alles, was uns trennt, in nichts ver­sinkt, wenn es um das Vaterland geht.

Berlin, 3. Sept. Der Magistrat von Berlin hat an den Grafen Zeppelin folgendes Telegramm gesandt:Zu glücklicher Heimkehr von schwieriger Fahrt und zu neuer bewunderungswerter Leistung sendet ihnen in dankbarer Erinnerung an den un­vergeßlichen Tag herzlichen Glückwunsch der Magist­rat von Berlin."

Berlin, 3. Septbr. In der heutigen Sitzung des Magistrats verlas Bürgermeister Dr. Reicke ein ihm von dem Grafen Zeppelin zugegangenes Schreiben, worin der Graf seinen herzlichsten Dank ausspricht für die Begrüßungsworte des Bürger­meisters und für den ganzen ihm in Berlin zuteil

gewordenen Empfang, der einen überwältigenden Abschluß biete zu dem Eindruck, wie das gesamte deutsche Volk sich darüber freut, daß es einem Deut­schen gegeben war, zu dem lang ersehnten Ziel der sicheren Durchquerung des Luftraums die entscheiden­den Schritte zu tun. Dann heißt es in dem Brief weiter: Se. Maj. der Kaiser hatten die Gnade ge­habt, mir aus Rücksicht aus meine Gesundheit es freizustellen, mit der Eisenbahn anstatt mit meinem Luftschiff nach Berlin zu kommen. Aber nicht um Jahre meines Lebens möchte ich die Stunden des Hinunterschauens auf die meiner im festlichen Schmuck harrende Riesenstadt und den Eindruck missen, daß die Herzen der dort unten winkenden und rufenden Millionen in jubelnder Begeisterung mir und meinem Werk zugewandt waren.

Paris, 3. Sept. Der neueste Rekord des Luft­schiffes2 III" hat hier geradezu verblüffend gewirkt. In Fachkreisen herrscht nur eine Stimme darüber, daß alles in allem genommen eine be­wundernswerte Leistung allerersten Ranges vorliegt, die nach entsprechenden Verbesserungen des Propeller­systems unbedingt noch überboten werden kann. Hier werden jetzt Stimmen laut, daß Frankreich die Pflicht habe, wenigstens einen Versuch mit dem starren System zu machen. Man ist jetzt im höchsten Grade gespannt, wie der LenkballonRepublique" sich bei seiner Reise nach dem Manöverfelde ver­halten wird und hebt hervor, daß glücklicherweise in Zentralfrankreich weit günstigere meteorologische Ver­hältnisse herrschen als in Norddeutschland.

Das französische Heer besitzt wieder einen neuen Generalissimus, zu welchem vom Ministerrate General Trömeaur ernannt worden ist. General Tremeaux ist eine energische, impulsive Natur und ein Befürworter der kühnen Offensive im Kriege. In den militärischen Kreisen Frankreichs erregt die Angelegenheit des in Chalons gestohlenen Maschinengewehres ein gewisses Aufsehen. Der Gefreite Deschamps im 25. Artillerieregiment, der als der eigentliche Täter gilt, ist flüchtig geworden; drei angebliche Mitschuldige von ihm wurden ver­haftet. Die Militärbehörde von Chalons führt die Untersuchung in dieser Affäre in größter Heimlichkeit.

Berlin, 2. Sept. DerReichsanz." veröffent­licht das Ergebnis des Reichshaushalts für das Rechnungsjahr 1908. Im ganzen sind an wirklichen Einnahmen, soweit sie dem Reich verbleiben, 185115 000 Mk. weniger aufgekommen. Da der Ausgabebedarf mit 63119000 hinter dem Anschlag zurückgeblieben ist, so ergibt sich für das Rechnungs­jahr 1908 ein Fehlbetrag von 121996000 Mk. Mehrerträze brachten die Zigarettensteuer, die Zucker­steuer und die Salzsteuer. Zurückgeblieben gegen den Voranschlag sind die Zölle um 121018000 Mk., die Brausteuer, die Erbschaftssteuer und die Fahr­kartensteuer.

Wiederum kam im Kreisläufe des Jahres mit dem 2. September nun zum 39. Male der Gedenk­tag der gewaltigen Sedanschlacht. Auch dies­mal ist dieser für den Werdegang des neuen Reiches und für das politische Geschick des deutschen Volkes so bedeutsame Erinnerungstag in zahlreichen Kreisen unserer Nation in wenn auch nur schlichter, so doch würdiger Weise gefeiert worden. Hoffentlich wird es auch fernerhin so bleiben, denn es wäre im höchsten Grade zu bedauern, wenn eines Tages das Bewußtsein dessen, was Sedan für Deutschland und das deutsche Volk bedeutet, in deutschen Herzen ganz vergehest sollte.

Köln, 3. Septbr. Ein gestern abend in Köln ausgebrochenes Großfeuer ist durch Kinder ver­ursacht worden, die brennende Feuerwerkskörper in den mit Brückenbaumaterial für Kriegszwecke ge­füllten, 120 Meter langen, hölzernen Pionierschuppen geworfen hatten. Das Feuer dauerte 5 Stunden und sprang auf zahlreiche dicht bevölkerte Häuser über, deren Dächer in Brand gesetzt wurden. Die

Einwohner flüchteten in tiefer gelegene Straßen oder in das Militärlazarett, das indessen gleichfalls vom Großfeuer bedroht wurde, so daß man dazu über­gehen mußte, einzelne schwer kranke Personen weg­zuschaffen. Der Schaden beträgt IV- Millionen Mark. Drei Personen erlitten Verletzungen.

Der Geh. Kommerzienrat Vogel in Chemnitz hat der Stadt 200 000 Mk. geschenkt. Die Zinsen von 150000 Mk. sollen zum Ankauf von Werken der freien Künste, das übrige soll zur Ausschmück­ung des Neuen Stadt-Theaters und zur Vermehr­ung der wissenschaftlichen Sammlungen verwendet werden.

Am Montag vormittag verlor ein Bankbeamter im Westend in Frankfurt a. M. ein Ledermäppchen mit fünf Tausendmarkscheinen und vierzig Hundert­markscheinen. Das Ledermäppchen wurde nun in einem Briefkasten des Postamts 9 am Hauptbahnhof vorgesunden; das Geld war aber daraus entnommen.

In der Nähe von Marienbad wurde ein reiches Lager von Uran-Erzen entdeckt, aus dem bekanntlich das Radium gewonnen wird.

Vom bad. Schwarzwald, 2. Sept. In den letzten Tagen ist auf dem Feldberg der erste Schnee gefallen.

Aus Steiermark. Kärnten und Tirol wird starker Temperatursturz gemeldet. Die Berge sind mit Schnee bedeckt. Die Sommerfrischler ver­lassen fluchtartig die Höhen und treten die Rück­fahrt an.

Eine Sensationsnachricht kommt aus Kopen­hagen. Ihr zufolge will der amerikanische Forsch­ungsreisende Dr. Cook, der am 1. September an Bord des dänischen DampfersHans Egede" Lewigk auf Grönland passierte, am 21. April vor. Jahres auf seiner Nordpolexpedition den Nordpol erreicht haben. Angeblich bestätigen dies die Eskimos bei Kap Jork. Zunächst bleiben indessen bestimmtere Meldungen darüber abzuwarten, ob Dr. Cook in der Tat den Ruhm beanspruchen darf, der Entdecker des Nordpoles zu sein.

Württemberg.

Stuttgart, 3. Septbr. Das Königspaar wird Samstag mittag von Friedrichshafen hier ein- treffen und während der Kaisertage im Wilhelms­palast Wohnung nehmen. Auch über die Dauer der Kaisermanöver wird der König sein Stand­quartier in Stuttgart haben und sich von hier je­weils ins Manövergebiet begeben.

Der Besuch des Kaiserpaares in Stuttgart. Das Kaiserpaar trifft am Montag den 6. Sept. um 2 Uhr 50 Min. auf dem hiesigen Bahnhof (Bahnsteig III) ein. Der König und die Königin werden das Kaiserpaar auf dem Bahnhof empfangen. Beim Empfang sind zugegen: die Prinzen und Prinzessinnen des königl. Hauses, die Hofstaaten, die Staatsminister, die Generale und die in Brigade­kommandeurstellung befindlichen Obersten des 13. Armeekorps und die im Range derselben befindlichen Stabsoffiziere des Standorts Stuttgart, der Stadt­direktor und die Vertreter der Stadt. Auf dem Bahnsteig wird eine Kompagnie des Grenadier­regiments König Karl (5. württ.) Nr. 123 mit Fahne und Regimentsmusik als Ehrenwache aufgestellt. Vor dem Bahnhof steht je eine Eskadron des Dragoner- Regiments König (2. württ.) 26 und des Ulanen- Regiments König Karl (1. württ.) 19, um die hohen Gäste vor und hinter den Wagen zum Residenz­schloß zu geleiten. Der Zug nimmt den Weg ent­lang dem Königsbau über die Planie zum Residenz­schloß. Vom Bahnhof nach dem Residenzschloß bilden das Jnf.-Regiment Kaiser Wilhelm 120 und das Jnf.-Regiment Kaiser Friedrich 125 Spalier. Gegenüber dem Portal zumWeißen Saal" wird eine Kompagnie des Jnf.-Regiments Kaiser Wilhelm als Ehrenwache aufgestellt. Nachdem der Kaiser das Schloß betreten hat, werden die Fahnen des