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Der Lnztäler.

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Fernsprecher Nr. 4.

149.

Reueuburg, Mittwoch den 1. September 1909. 67.Jahrgang.

Zur Rückfahrt des LH von Berlin.

.Wittenberg., 30. August. Als die Nachricht von der Landung Zeppelins bekannt wurde, schlossen außer sämtlichen Schulen auch viele Fabriken und Geschäfte. Vom Oberpräsidenten ist folgendes Tele­gramm an den Landrat von Wittenberg gerichtet wordernIch darf voraussetzen, daß von dort dem Vertreter Zeppelins alle mögliche Hilfe angeboten und geliefert wird." Die hetöeistrümende Bevölker­ung nimmt immer mehr zu.

Wittenberg, 30. August. 200 Mann vom Infanterie-Regiment 20 sind zur Hilfeleistung und zu Absperrungszwecken nach Bülzig abgegangen. Der zuständige Landrat und Hauptmann v. Kehler find ebenfalls in Bülzig anwesend. Es ist tele­graphisch ersucht worden, den Reservepropeller des 2 III hierher zu senden. Ebenso hat man um andere Ersatzteile und die notwendigen Werkmann- fchaften gebeten. Sie sind von Friedvichshafen unterwegs.

Zahna, 30. August. 5 Minuten vor 12 Uhr traf der Kronprinz im Automobil hier ein und fuhr direkt nach dem Landungsplatz des 2 III weiter, den er um 12 Uhr erreichte. Zn Begleitung des Kronprinzen befanden sich der persönliche Adjutant und zwei andere Offiziere. Der Kronprinz nahm den Vortrag des Oberingenieurs Dürr über die Ursache des Unfalls entgegen und bestieg dann die Gondel des Luftschiffes, um den Defekt im einzelnen zu besichtigen. Der Kronprinz verließ die Unfall­stelle nach etwa 1 halbstündigem Aufenthalt. Zur festen Verankerung des Luftschiffes dient ein Leiierwagen- gestell, das von den Leuten des 20. Infanterie- Regiments eingegraben ist, und an dem die vordere Gondel mit Drahtseilen befestigt ist. Im übrigen wird die Verankerung durch Festhalten seitens der Soldaten besorgt. Etwa 50 Mann vom Luftschiffer­bataillon sind mit dem Schnellzuge in Wittenberg eingetroffen und haben von dort aus den Weg hier­her teils zu Fuß, teils zu Wagen zurücklegen müssen. Das Luftschiff macht im ganzen den Eindruck, als ob es vollständig intakt wäre. Die nähere Untersuchung ergibt allerdings, daß eine Gaszelle durchschlagendst, ferner, daß die Hülle des Luft­schiffs an den Stellen defekt ist, wo der Propeller hinein und wieder hinausfuhr. Von furchtbaren Verheerungen, über die von hier nach auswärts be­richtet wurde, kann keine Rede sein. Die Post hat mit bemerkenswerter Fixigkeit bereits eine öffentliche Fernsprechstelle hundert Schritt vom Luftschiff er­richtet. Aus ein Telegramm, das Oberingenieur Dürr nach Berlin sandte, sind etwa 50 Mann vom Luftschifferbataillon in Wittenberg eingetroffen. Graf Zeppelin jr. hat sich über die Ursachen des Pro­pellerdefekts dahin ausgesprochen, daß das Material des Propellers mangelhaft sei. Das System und die neue Anordnung, auch die Kraftübertragung durch Stahlbänder an Stelle der früheren Wellen habe sich auf der Fahrt nach Berlin vollkommen bewährt. Nur eben das Material des Propellers, der diesmal von einer neuen Firma in sehr schneller Arbeit hat geliefert werden müssen, sei nicht fest genug gewesen.' Man wird in Zukunft die Propeller nicht mehr an die Naben anlölen lassen, sondern sie mit Schrauben und Nieten befestigen. Graf Zeppelin jr. gab auch offen seinem Bedauern Ausdruck, daß man nicht genug Zeit gehabt habe, das Luftschiff und sämtliche vier Propeller auf ihre Leistungsfähigkeit auszu­probieren. Bei ausreichenden Proben wäre das Unglück nicht passiert.

Bülzig, 30. August. Am frühen Nachmittag weilte Major Groß einige Zeit auf der Landungs­stelle des2 III". Die Ausbefferungsarbeiten des Luftschiffs sind im Laufe des Nachmittags rüstig vorangegangen. Die verletzte Gaszelle ist bereits vollständig ausgeflickt worden. Die Füllung wird im Laufe des Nachmittags erfolgen. Das notwendige

Gas fft auf der Landuugsstelle emgetroffen. Die > aus ca. Flaschen bestehende Fullanlage ist be- j reits fertlggestellt. Eine Anzahl Ersatzteile, so vor! allem ein Vorgelege und ein Reservepropeller, sind gleichfalls schon zur Stelle. Mit den beiden Pro­pellern des 2 II fährt heute abend ein Mann aus Köln ab und trifft Dienstag früh >6 Uhr in Witten­berg ein. Ein unaufhörlich niedergehender Regen erschwerte während des Nachmittags die Reparatur.

Friedrichshafen, 31. Aug. Die neue Kraft­übertragung am 2 III durch Stahlbänder hat sich bei der Berliner Fahrt nicht bewährt, auch die zwei­flügeligen Propeller nicht, wenn sie auch mit ihrem Durchmesser von drei Metern und mit 1400 Um­drehungen in der Minute leistungsfähiger sind als die dreiflügeligen Propeller, welche nur einen Meter Durchmesser haben und nur 1000 Umdrehungen machen. Man montiert in Wittenberg die altbewährte Kraftübertragung mittelst Stahltransmifsionen und Schneckenwelle wieder an, desgleichen die dreiflügel- ' igen Propeller. Die Transmissionen, die hier lagerten, sind nach Wittenberg abgegangen, während die Propeller mit Erlaubnis des Reiches von dem in Köln stationierten 2 II abmontiert und nach Wittenberg gesandt werden. Der Kronprinz hat sich um die Fertigstellung der Ausbesserungen lebhaft interessiert und bemüht.

Berlin, 30. August. Graf Zeppelin hielt, als er den, auf den Befehl des Kaisers ihm für die Rückreise zur Verfügung gestellten kaiserlichen Salon­wagen bestiegen hatte, in seiner Rührung über die begeisterte Haltung des Publikums ungefähr folgende Ansprache:Ich danke Ihnen und Ihren Mit­bürgern für die warme und begeisterte Aufnahme, die ich nicht nur beim Kaiser und seinem Hause, sondern bei der ganzen Bevölkerung gefunden habe. Sie wissen, daß es schon lange mein Wunsch war, nach Berlin zu kommen. Wenn es mir jetzt trotz vieler Zwischenfälle, die mich auch auf dieser Fahrt ge­troffen haben, gelungen ist, so habe ich das Gott zu danken. Nochmals meinen innigsten herzlichen Dank".

Friedrichshafen, 30. August. Graf Zep­pelin traf um 11^4 Uhr in dem kaiserlichen Salon­wagen hier ein. Er wurde von seiner Nichte, der jungen Gräfin Zeppelin, und einigen Herren seines Kreises empfangen. Graf Zeppelin hörte erst hier die näheren Umstände des Mißgeschickes, das seinem Luftschiff zugestoßen ist, und äußerte sich darüber ernst, aber ruhig. Es sei klar, so meinte er, daß die Propeller so nicht bleiben könnten; sie müßten gewisse Abänderungen erfahren, vor allem wohl etwas beschnitten werden. Ein definitives Urteil darüber, sowie über die Frage, ob der neue Antrieb beibehalten, oder ob auf den alten zurückgegriffen werde, sei natürlich ohne weitere Praxis nicht zu entscheiden. Er selbst habe nicht mit völliger Zu­versicht auf die Durchführung des Programms mit dem ungenügend ausprobierten Fahrzeug gerechnet, es sei aber unmöglich gewesen, jetzt zum zweiten Male Berlin eine Enttäuschung zu bereiten und den Termin erneut hinauszuschieben, zumal da schlimm­stenfalls, wie jetzt, einige Havarien hätten eintreten können. Er freue sich, daß er auch so wenigstens bis Berlin habe Vordringen können, das ihm einen Empfang bereitet habe, der ihm stets unvergeßlich sein werde. Gegenüber dieser Leistung und ihren Erfolgen trete das relativ kleine Mißgeschick völlig in den Hintergrund.

Berlin, 30. Aug. Der Präsident des Deut­schen Handelstages richtete folgendes Telegramm an den Grafen Zeppelin:Industrie und Handel beglückwünschen Ew. Exzellenz zu dem jüngsten großen Erfolg in der Luftschiffahrt. Cw. Exzellenz haben mit der trotz aller Hindernisse erfolgreich durchgeführten Fahrt nach der Reichshauptstadt den Beweis der praktischen Verwendbarkeit des Luft­schiffes erbracht. Dadurch haben Ew. Exzellenz der für Industrie und Handel so wichtigen Entwicklung

des Verkehrs neue Wege gewiesen und der Mensch­heit aufs neue Kulturfortschritte eröffnet.

^ Friedrichshasen, 30. Aug. Graf Zeppelin hat dem Kaiser Franz Joseph gestern gemeldet, daß er die Besichtigung des 2 III verschieben müsse, weil nicht gesagt werden könne, wann das Luftschiff wieder am Bodensee eintreffen werde. Der Graf wird den Kaiser von Oesterreich in Friedrichshafen begrüßen und zur Hoftafel geladen werden.

Bülzig, 31. Aug. Von dem Kaiser ist dem Ingenieur Dürr im Laufe des gestrigen Tages folgendes Telegramm zugegangen:Der Kron­prinz meldete mir die Havarie des Luftschiffes. Bitte um Auskunft. Verfügen Sie über alles zur Reparatur Erforderliche in Berlin.

Bülzig, 31. August. Die Reparaturen am 2 III" gehen nur sehr langsam vor sich. Die heute morgen zerrissene Hülle ist bereits wieder hergestellt worden. Der Sturm, der gestern und heute die Reparaturen sehr aufgehalten hat, hatte heute eine Stärke von 15 Sekundenmetern aufzuweisen. 75 Mann haben zu tun, um den Ballon zu halten. Zelte sind aufgeschlagen worden, in denen die Sol­daten übernachten. Ueber 10 000 Menschen hatten sich am Landungsplatz eingefunden. Während die Hilfsmannschaften der Luftschiffstudien-Gesellschaft, unterstützt von Soldaten, die Füllarbeit verrichten, wird an der Reparatur der Propeller von den Mon­teuren eifrig gearbeitet. Aus Nürnberg sind die Reserveteile, die vorsorglicherweise dorthin gebracht i worden waren, herbeigeschafft worden und aus Köln ; sind heute früh zwei Propeller vom 2 II eingetrossen. Diese zwei Propeller sind zweiflügelig und stabiler als die neukonstruierten des 2 III, die nicht ge­nügend Widerstand geleistet haben. Das Luftschiff wird auf der Rückfahrt also hinten mit Zweiflügel­propellern und Stahlbandantrieb, vorn mit den Dreiflügelpropellern des2 II" und Zahnradantrieb ausgerüstet sein. Die Wetteraussichten für die Nacht und für den morgigen Vormittag sind ungünstig, da nach den amtlichen Wetterberichten Windverstärkung bevorsteht. Mittwoch nachmittag soll der Wind ab- flauen. Man hofft deshalb dann oder im Laufe des Abends die Heimreise antreten zu können.

Berlin, 31. Aug. Veranlaßt durch die Havarie des Luftschiffes2 111" ist die für den 3. Sept. in Aussicht genommene Besichtigung des Luftschiffes durch die Mitglieder des Bundesrats und der obersten Reichsbehörden auf Samstag den 4. Sept. vertagt worden und findet nunmehr zusammen mit der Besichtigung durch die Mitglieder des Reichs­tages statt. Für den Bundesrat wird ein eigenes Dampfboot vorhanden und abends ein Essen in Lindau sein. Es wurde angeordnet, daß die die schnellste Verbindung von Nordost-Deutschland dar­stellenden Nachtschnellzüge ab Berlin 9.45 Uhr abends und ab Lindau 9.30 Uhr abends bis ein­schließlich zum 6. September verkehren.

Stuttgart, 30. August. An den Besuch der Reichstagsabgeordneten in Friedrichshafen am 4. September werden sich weitere Festlichkeiten anschließen. Am 5. September werden die Ab­geordneten Konstanz besuchen. Die Stadt reicht vormittags einen Imbiß im Konziliumssaal. Nach­mittags finden Ausflüge statt, abends ist auf Ein­ladung der Stadt eine gesellige Vereinigung im Waldhaus Jakob. Montag den 6. September wird eine Fahrt nach Friedrichshafen und mit Sonderzug nach Ulm unternommen. Dort wird das Rathaus und das Münster, in dem ein Orgelkonzert veran­staltet wird, besichtigt werden. Auch der Verkehrs­verein Augsburg hat eine Einladung an die Ab­geordneten erlassen.

Berlin, 30. August. Der Riesenverkehr, welcher am Samstag und Sonntag im öffentlichen Fuhrwesen herrschte, wird am besten durch die Zahlen der Passagiere beleuchtet, welche die große Berliner

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