Endlich wurde an dem bekannten Balkonfenster über dem Mittelportal die Türe geöffnet und der Kaiser betrat mit dem Grafen Zeppelin den Balkon. Das Publikum brach in nicht enden wollenden Jubel aus. Graf Zeppelin bemühte sich wiederholt, durch Hand­bewegungen den Sturm der Begeisterung zu be­schwichtigen, anscheinend in der Absicht, eine Ansprache zu halten, was aber durch das fortwährende Hurra­rufen der Menge vereitelt wurde. Schließlich wendete sich der Graf nach rückwärts und winkte den jungen Grafen Zeppelin, Oberingenieur Dürr und die anderen Mitglieder der Besatzung des Luftschiffes heran, die dann ebenfalls auf den Balkon traten. Ihnen folgten die drei jüngsten kaiserlichen Prinzen. Unter den fortwährenden Hurrarufen der Menge zogen sich dann die Herrschaften in das Balkon­zimmer zurück. Als aber draußen fortwährend noch Rufe nach dem Grafen laut wurden, führte die Kaiserin den Grafen Zeppelin an ihrer rechten Hand abermals auf den Balkon. Der Jubel der Menge schien jetzt keine Grenzen mehr zu kennen. Graf Zeppelin war von dieser ihm zu teil gewordenen Ehrung so gerührt, daß ihm die Tränen aus den Augen rannten. Auch seinen Ingenieuren Dürr und Kober war die Begeisterung so nahe gegangen, daß sie vor Freuden die Tränen nicht zurückhalten konnten. Graf Zeppelin und feine Begleiter zogen sich darauf unter dem nicht enden wollenden Jubel der Menge ins Schloß zurück. Es ist ein Fest­tag für die Reichshauptstadt gewesen, um die sie die Völker der Erde beneiden, ein Festtag auch für uns Schwaben, die wir aus der Ferne mit klopfendem Herzen jede Etappe der kühnen Fahrt verfolgt haben. Es ist ein Ehrentag für den Grafen Zeppelin gewesen, der von dem Kaiser wie ein Fürst empfangen und geehrt worden ist.

Berlin, 29. August. Unmittelbar nach der Landung des Luftschiffes wurde der Flugtechniker Orville Wright dem Kaiser und von diesem dem Grafen Zeppelin vorgestellt.

Berlin, 29. Aug. An der Frühstückstafel beim Kaiserpaare nahm Graf Zeppelin im dunklen Jakett, wie er vom Luftschiff kam, sowie Direktor Cols mann, Oberingenieur Dürr und Oberingenieur Kober teil. Der Kaiser trank während des Males jedem dieser Herren zu. Ge­laden waren ferner unter anderem die Kabinettchefs v. Valentini und Frhr. v. Lyriker, Fürst Fürstenberg, Fürst zu Solms - Baruth, Generalfeldmarschall v. Hahnke, die Generale v. Kessel, v. Löwenfeld, v. Beseler und Kriegsminister v. Heeringen. Nach dem Frühstück zeigte sich der Kaiser wiederholt mit dem Grafen Zeppelin am offenen Fenster über Portal 4. Die im Lustgarten versammelte Menge brach in donnernde Hochrufe aus und sangdie Wacht am Rhein" undDeutschland, Deutschland über alles". Graf Zeppelin hat im kaiserlichen Schlosse Wohnung genommen. Um 3.55 Uhr ist der Kaiser nach Swinemünde zu den Flotten­manövern abgereist, auf dem Wege zum Bahnhof stürmisch begrüßt.

Tegeler Schießplatz, 29. August, 11.30 abends. Das Luftschiff 2 III ist um 11.24 Uhr unter den Hurrarufen der zum Abschied erschienenen Offiziere, der Mannschaften und des noch zahlreich versammelten Publikums glatt aufgestiegen und hat mit dem Kurs nach Südwesten seine Rückfahrt angetreten. In der vorderen Gondel hatte auch diesmal Graf Zeppelin jun. Platz genommen. Nach kurzem Ausprobieren der Propeller gab Graf Zeppelin jun. um 11.22 Uhr mit einer weißen Flagge das Abfahrtssignal. In diesem Augenblick lenkten die Scheinwerfer ihr Licht von dem Luftschiff ab, um die Luftschiffer nicht zu blenden, und maje­stätisch erhob sich 2 III. Noch lange begleitete das Licht der Scheinwerfer das scheidende Luftschiff über den dunklen Wald. Graf Zeppelin ist bereits von Berlin vom Anhalter Bahnhof aus mit dem fahrplanmäßigen Zug um 9.45 Uhr in einem kaiser­lichen Salonwagen nach Friedrichshafen wieder abgereist. Obwohl die Stunde der Abfahrt nicht bekannt gegeben wurde, hatte sich ein begeistertes Publikum eingefunden, das dem Grafen stürmische Ovationen darbrachte und immer wieder:Auf Wiedersehen!" rief. Graf Zeppelin dankte vom Wagenfenster aus mit liebenswürdigen Worten.

Berlin, 30. August. (Telegramm an den Enztäler, 8.30 Uhr vorm.). Das Luftschiff wollte zunächst nach Bitters eld fahren, um den ge­

brochene« Propeller dort auszuwechselu. Unterwegs -rach ei» zweiter Propeller, wodurch Ober- ingruieur Dürr genötigt wurde, in Bülzig, Be­zirk Halle, zn lande«. Dort liegt das Luftschiff jetzt. Hilfsmannschafte« aus Friedrichshafeu sind abgegaugeu. Die Reparatur dürste zwei Tage in Anspruch nehmen.

Bitterfeld, 30. August. (Telegramm an den Enztäler, 9.40 Uhr vorm.). Das Luftschiff ist um '/-7 Uhr bei der Station Zahna gelandet. Ein weiterer Propeller ist beschädigt. Es muß Gas zur Nachfüllung hingeschafft werden.

Bitterfeld, 30. Aug. Nach einer Mitteilung von authentischer Stelle ist der zweite vordere Propeller gebrochen, so daß nur noch die zwei Hinteren intakt sind. Ein Stück des Propellers durchschlug die Hülle, infolgedessen strömte Gas aus, man konnte sich aber dürch Ballastabgabe oben halten. Oberingenieur Dürr zog es indessen vor. die Fahrt nicht fortzusetzen. Das Luftschiff ging auf einer Heide bei Bülzig nieder. Die Re­paratur wird, zwei Tage dauern, da Gas nachgesüllt und die Hülle geflickt werden muß.

Berlin, 29. August. Der Kaiser und die Kaiserin, sowie der Kronprinz und sämtliche hier anwesenden Mitglieder der kaiserlichen Familie wohnten heute vormittag der Wiedereröffnung der erneuerten königlichen Garnisonskirche bei. Nach 11 Uhr begaben sich sämtliche Herrschaften im Auto­mobil nach dem Kasino des Augustaregiments am Tempelhofer Feld und von da nach dem Tegeler Schießplatz.

Swinemünde, 29. August. Der Kaiser ist heute abend um 7.20 Uhr im Hofsonderzug hier eingetroffen. Der Kaiser, der in Admiralsuniform am Wagenfenster stand, wurde vom Publikum stürmisch begrüßt.

Berlin, 29. Aug. Während des gestrigen und heutigen Zeppelintages wurden auffallend viel ver­lorene Kinder, teilweise noch im Kinderwagen, aufgefunden, deren Eltern sich mehr um Zeppelin als um ihre Sprößlinge gekümmert haben. Die Kinder befinden sich teilweise noch in polizeilicher Obhut.

Zur Kaiserparade bei Karlsruhe. Der Kaiser wird am Samstag den 11. September mit Sonderzug um 9 Uhr morgens in Forchheim ein- treffen und sich sofort nach dem Forchheimer Exer­zierplatz begeben, wo die Kaiserparade stattfindet. Die Kaiserin trifft schon Freitags, abens um 7 Uhr, in Karlsruhe ein. Der Kaiser verbringt den Sonn­tag, den 12. Sept., als Gast bei der Großherzogl. Familie im Residenzschloß und reist Montag früh

8 Uhr 50 Min. wieder von Karlsruhe zu den Kaiser­manövern ab.

Kaiserparads bei Karlsruhe. Die Be­sucher der Kaiserparade, welche bereits Tribünenplätze haben, seien auf Nachstehendes aufmerksam gemacht: Restauration ist nicht vorhanden, kleine Frühstücks­körbchen lassen sich bequem unter dem Sitz abstellen. Pausen treten während der Parade nicht ein, daher ein Verkehr nach den Wagen wegfällt. Das Rauchen auf der Tribüne ist polizeilich verboten. Zur Toi­lettenfrage sei bemerkt, daß dunkle oder gar schwarze Anzüge sowie große und hohe Hüte von Damen und Herren zu vermeiden sind. Die Sonne steht im Rücken der Tribüne, Sonnenschirme dürfen aus Rücksicht auf die dahinter Sitzenden nicht auf­gespannt werden, was für die Besucher der unbe­deckten Tribüne gilt. Die Parade beginnt nach neuer Bestimmung bereits um halb 10 Uhr; um

9 Uhr müssen die Tribünenplätze eingenommen sein. Luftlinie vom Bahnhof zum Paradefeid sind ca. 4'/s Kilometer.

Innsbruck, 28. Aug. Bei strömendem Regen traf heute Kaiser Franz Joseph aus Bad Ischl zu den Festlichkeiten aus Anlaß der Jahr­hundertfeier der Tiroler Befreiungskämpfe hier ein. Nachdem der Kaiser die Erzherzöge begrüßt hatte, hielt Landeshauptmann Kathrein an den Kaiser eine Begrüßungsansprache. Der Kaiser er­widerte, es sei ihm ein herzliches Bedürfnis gewesen, nach Tirol zu kommen. Er wisse, daß in diesem Lande Zie alte Treue noch wohne. Bürgermeister Greil überbrachte den Willkommgruß der Stadt Innsbruck. Der Kaiser dankte dafür und drückte seine Genugtuung über den Aufschwung der Stadt > aus. Spalier bildeten die Schützen, Veteranen und

eine nach vielen Tausenden zählende Menschenmenge. Der Zuzug der Fremden ist außerordentlich groß?

Konstantinopel, 27. August. Die türkische Regierung entschied in der Jerusalemer Streit­frage betreffs des Kirchengeläutes, daß die Glocken der dortigen deutschen Kirche geläutet werden dürften. Angeblich ist die muhammedanische Bevölkerung über diese Entscheidung sehr erregt.

Betheny, 29. August. Bleriot, der heute vormittag einen nicht für die Wettfahrten in Betracht kommenden Versuch unternahm, hatte gegen 10'/r Uhr einen Unfall. Er ist gänzlich verbrannt.

Leipzig, 28. Aug. Das Reichsgericht hat die Revision der Witwe Gläser, die am 24. Juni vom Schwurgericht in Hirschberg in Schlesien wegen Giftmords zum Tode verurteilt worden ist, ver­worfen.

Straßburg. 26. Aug. Am Donnerstag den

2. September finden in den Morgenstunden inter­nationale wissenschaftliche Ballonaufstiege statt. Es steigen Drachen, bemannte und unbemannte Ballons in den meisten Hauptstädten Europas auf. Der Finder eines jeden unbemannten Ballons erhält eine Belohnung, wenn er der jedem Ball beigegebenen Instruktion gemäß den Ballon und die Instrumente' sorgfältig birgt nnd an die angegebene Adresse sofort telegraphisch Nachricht sendet.

Frankfurt a. M., 29. Aug. Einer telegraph- schen Mitteilung zufolge, ist die Abhaltung einer Fliegerwoche auf derJla" für die Zeit vom

3.10. Oktober gesichtet.

Baden-Baden, 28. Aug. Am heutigen Tag kam der große Preis von Baden, des Großherzogs Goldpokal und 50000 zum Austrag. Es star­teten sechs Pferde. Das Resultat war totes Rennen zwischen Azalee und Mademoiselle Bon. Dritter war Weinbergs dunkelbrauner Hengst Fervor, vierter brauner Hengst Goldgulden aus dem kgl. Gestüt Graditz.

Baden-Baden, 29. Aug. In dem Rennen um den Preis der Stadt Baden (10000 Mk.) liefen drei Pferde. Erstes wurde Wendhofs brauner Hengst Swirtigal, zweiter Weinbergs dunkelbrauner Hengst Horizont und dritter die braune Stute Tasendschön aus dem königlich - württembergischen Privatestüt Weil.

Im Zirkus Sarrasanni, der zurzeit in Zabrze (O.-S.) auftritl, zeigte sich Direktor Stosch-Sarrasani als Kunstschütze, indem er eine Visitenkarte von der Randseite der Länge nach durchschoß. Er forderte das Publikum auf, ihm dieses Schießkunststückchen nachzumachen. Dem trefflichen Schützen, der dies vermöchte, sollte eine Belohnung von 500 Mk. zuteil werden. Gelassen meldete sich der Förster Bartziok aus Wieschowa. Mit dem ersten Schuß durchschnitt er eine Visitenkarte der Länge nach. Direktor Sar- rasani mußte ihm wohl oder übel die versprochenen 500 Mk. auszahlen.

Trient, 28. Aug. Ungefähr 3000 Italiener unter Führung des Reichsratsabgeordneten Aoancini beschimpften und bedrohten am Bahnhof die zu den Festlichkeiten nach Innsbruck fahrenden deutschen Schützenvereine. Einzelne Schützen wurden, wie dieNeue Fr. Presse" meldet, gewungen, zurück­zubleiben. Die Gendarmerie griff ein und verhaftete viele Demonstranten, darunter den Abg. Avancini.

London, 24. August. Eine Revolution im Hotelwesen wird wahrscheinlich ein Hotel einleiten, das in den nächsten Tagen in einer der bekanntesten Straßen Londons, dem Strand, eröffnet werden wird. DasStrand-Palace", das ist der Name der neuen Karawanserei, erhebt sich an Stelle der alten Exeter Halle und ist ein neunstöckiges Gebäude, das 500 Zimmer enthält. In diesem Hotel werden zwei ein­schneidende Neuerungen eingeführt werden. Ein­mal werden alle Zimmer, ob in der ersten Etage oder in der achten, nur einen Preis haben. Dieser beträgt sechs Schillinge pro Tag und begreift Be­dienung, Bad und Frühstück in sich. Dabei werden alle Räume mit allen erdenklichen Bequemlichkeiten, mit jedem Komfort versehen sein. Auch die Ver­pflegung wird eben so gut wie billig sein; wird man doch im Wintergarten seinen Tee für drei Pence (25 Pfg.) einnehmen können, und hat dabei noch das Vergnügen, einem erstklassigen Konzert lauschen zu können. Die zweite Neuerung wird die sein, daß in dem neuen Hotel zum ersten Male alle Trinkgelder abgeschafft sind. Die Leitung be­zahlt ihre Angestellten ausreichend und wird die Besucher bitten, keine Trinkgelder zu geben Und den Angestellten verbieten, solche anzunehmen. Wenn erst einmal ein energischer Anfang gemacht ist, dem Trinkgelderunwesen zu steuern, werden sich diesem Vorgehen auch bald andere anschließen, so