Neuenbürg. Die Hundstage sind zu Ende, die in diesem Jahre sich ziemlich spät auf ihre Bestimmung besonnen haben, denn zu Zweidrittel waren sie regnerisch und kalt und erst das letzte Drittel brachte uns die lang entbehrte Hitze bezw. sommerliche Wärme. So wird uns hoffentlich ein schöner Herbst beschieden sein, der nach Hellen und klaren Hundstagen alter Wetterweisheit noch kommen soll. Die Sonne verläßt nunmehr das Zeichen des Löwen, in welchem sie seit dem 23. Juli gestanden und tritt in das der Jungfrau ein. Die Tageslänge nimmt schon erheblich ab, sie ist am 31. August bereits um 1 Stunde 50 Minuten gekürzt.
Nagold, 24. Aug. Auf dem heutigen Vieh- markt waren zugeführt: 17 Paar Ochsen, 71 Kühe, 43 Kälber und 56 Stück Schmalvieh. Verkauft wurden 11 Paar Ochsen mit einem Erlös von 9563 Mk., 21 Kühe mit 5680 Mk., 22 Kälber mit 2696 Mk. und 25 St. Schmalvieh mit 3980 Mk. Auf den Schweinemarkt wurden 178 St. Läuferschweine und 320 St. Saugschweine zugeführt, wovon 122 St. Läuferschweine mit einem Erlös von 7563 Mk. und 160 St. Saugschweine mit 4068 Mk. verkauft wurden. Preis pro Paar Läuferschweine 65—106 Mk., Preis pro Paar Saugschweine 36 bis 54 Mk.
vermischtes
Von der bayrischen Grenze, 25. Aug. Der älteste Mann des Allgäus und wohl ganz Bayerns ist der in Schelldorf bei Kempten lebende ehemalige Taglöhner Vinzenz Ruati, der 103 Jahre zählt. Er ist ein geborener Südtiroler aus Nonsberg, wohin er noch letzte Pfingsten eine Reise machte. Der Greis hat noch ein treues Gedächtnis, verrichtet leichte Arbeiten bei seinem 62jährigen Sohn, raucht täglich seine Pfeife und verschmäht auch ein Gläschen Schnaps nicht. Der Greis, welcher zur Zeit der Befreiung Tirols aus den Händen der Franzosen 3 Jahre alt war, erlebt nun in diesen Tagen die 100jährige Jubelfeier der von Andreas Hofer gewonnenen Schlacht am Jselberg (13. Aug. 1809.)
Der Lehrbua des Grafen Zeppelin. Dem Jugendrichter Dr. Rappert in Wien wurde neulich der 16jährige Lehrling Joseph S. vorgeführt. Der Junge war, wohnungslos umherirrend, von der Polizei aufgegriffen worden, wobei es sich herausstellte, daß er drei Meistern wenige Tage nach seinem Eintritt in die Lehre nach Unterschlagung kleiner Beträge durchgegangen war. — Richter: Was ist denn mit Ihnen, Sie halten es ja in keiner Lehre aus? Zuerst waren Sie bei einem Schneider, dann bei einem Schlosser und zuletzt bei einem Bäcker. — Angeklagter: I bitt', in Wien freut's mi net. I Hab' woll'n nach Deutschland fahren, Hab' aber z'wenig Geld g'habt. — Richter: W-s wollen Sie denn in Deutschland unternehmen? — Angeklagter: I Hab' so viel g'hört vom Grafen Zeppelin und seinem Luftballon und da wär' i gern als Lehrbua zu ihm gangen I — Diese „Erklärung" der Diebstähle sah der Jugendrichter zwar nicht als vollgültige Entschuldigung an, aber er erkannte wenigstens auf eine milde Strafe und verurteilte den „Lehrbua des Grafen Zeppelin" zu einer Woche Arrest.
Trinkgelderplage. Man schreibt nun: So viel schon über den Unfug des Trinkgelds geschrieben und gesprochen worden ist, die Unsitte ist stärker, als alle Klagen und alle Opposition. Man kann augenblicklich wieder, da die Opfer des Trink- geldes-Unfuges in der Reise- und Badezeit besonders zahlreich anzutreffen sind, die beweglichsten Klagen über die von Jahr zu Jahr wachsenden Ansprüche des auf Trinkgelder angewiesenen Personals hören. Es ist eine alte Sache, daß die Wertung des Menschen bei einem großen Teil dieses Personals sich nach der Höhe des Trinkgeldes richtet. Das wäre vielleicht nicht einmal das Schlimmste, vielfach aber hängt auch die Verrichtung von Dienstleistungen, für die man ganz normal und anständig zu bezahlen hat, von dem durch Trinkgelder beeinflußten Willen des Personals ab. Bequemt man sich nicht zu diesen Opfern, so kann man zwar durch Beschwerden und Vorstellungen zum Ziele kommen, aber man ist nachher noch mehr auf die Gnade und Ungnade des Personals angewiesen. Sollte es nun nicht möglich sein, daß auf dem Wege der Vereinbarung zwischen Arbeitgebern und Arbeitern sich eine allmähliche Einschränkung des Uebels herbeiführen ließe? Könnten z. B. nicht die Hotels und Gasthöfe mit einer Reform vorangehen? Das Publikum hätte sicherlich nichts dagegen, wenn in Hotels und Gasthöfen zu dem zu begleichenden Betrage noch 10 Prozent v. H. zugeschlagen würden, die die Trink
gelder zu ersetzen hätten. Würden diese Zuschläge nun in eine besondere Kasse fließen und nach einem bestimmten Satze auf die Angestellten monatlich verteilt werden, so würde damit nicht nur die Verteilung der Summe auf die einzelnen Angestellten gerechter erfolgen, sondern es würde sich auch Herausstellen, daß die Summe dieses Zuschlages auf die Dauer nicht geringer ist, als die der Trinkgelder. Dem Personal würde also keine finanzielle Benachteiligung aus der Durchführung einer solchen Reform erwachsen. Das Publikum wäre aber eine Plage los, die sich immer unangenehmer fühlbar macht. Eine Regelung, wie sie hier vorgeschlagen wird, empfiehlt sich namentlich auch mit Rücksicht darauf, daß gegenwärtig sehr häufig nicht diejenigen Angestellten, denen wegen ihrer Leistungen das Trinkgeld eigentlich wirtschaftlich zukäme, die Spenden des Publikums erhalten, sondern gewisse Trinkgelderchefs, deren Einnahmen aus den Trinkgeldern oft nicht im entferntesten im Verhältnis zu ihren Leistungen dem Publikum und ihren Arbeitgebern gegenüber stehen. Gerade auch, um dieses Monopol auf das Einstreichen von Trinkgeldern zu brechen, würde sich eine Reform wie die hier vorgeschlagene empfehlen.
Der amtliche Druckfehler. Man schreibt der „Post" aus Rom: „Ein recht verhängnisvoller Druckfehler hat die italienische Regierung in eine sehr große Verlegenheit gesetzt: in dem neuen Gesetz betreffend die Reichskultur in Norditalien war für gewisse Uebertreibungen eine Geldstrafe auf 50 Frank festgesetzt worden. Im amtlichen Regierungsblatt (und in der Staatsgesetzsammlung, die in der gleichen Druckerei hergestellt und mit denselben Lettern gesetzt worden war), las man (anstatt 50) 500 Frank. Der erste, der nach diesem neuen Gesetz verurteilt wurde, war ein Reisfeldbesitzer in Novarra. Er wurde also nach dem vorliegenden Text des Art. 37 des neuen Gesetzes zu einer Geldstrafe von 500 Frank verurteilt, trotzdem das Gericht und alle Beteiligten wußten, daß es sich nur um einen Druckfehler handelte. Nach dem italienischen Recht gibt es nun vor der Hand kein Mittel, diesen Druckfehler zu korrigieren; was einmal in der Gesetzsammlung mit der Unterschrift des Königs veröffentlicht worden ist und das vom Justizminister aufgedruckte große Staatssiegel trügt, hat volle Gesetzkraft, und es ist ein neues Gesetz erforderlich, um hier eine Aenderung vorzunehmen. Das Parlament aber befindet sich in den Ferien, und so muß bis zum November gewartet werden, um diesen Druckfehler zu verbessern. Bis dahin aber müssen alle Kontraventionen, die unter die Bestimmungen dieses Artikels 37 fallen, mit 500 Frank Geldstrafe belegt werden, und der Regierung oder den betreffenden Gerichten wird nichts anderes übrig bleiben, als von Amts wegen in jedem einzelnen Fall die Gnade des Königs anzurufen, der dann jedesmal die 500 in 50 Frank umwandeln muß; nur auf solche Weise kann den Gesetzen Genüge geleistet werden. Der Fall steht wohl einzig da in seiner Art."
Eine köstliche Szene, so schreibt das „Neue Tagblatt", ereignete sich in letzter Woche in dem Eilzug München-Starnberg. Kurz vor Abgang des Zuges stiegen ein Herr und zwei junge Damen ein und strebten, da der Wagen fast ganz besetzt war, dem Abteil für Nichtraucher zu, das durch die bekannte bayerische Schiebetür von dem Raucher-Abteil getrennt ist. Der vorausgehende Herr und die eine Dame kamen auch glücklich durch die schmale Oeff- nung der Türe, die sich festgeklemmt hatte und um keinen Preis der Welt zurückwich. Die zweite junge Dame stutzte, versuchte hindurchzugehen — aber es ging nicht, weil der Hut einen Riesenumfang hatte und sein Durchmesser die Lichtweite der Türe um die Hälfte übertraf. Zwei-, dreimal setzte sie an und versuchte ihr Heil — aber es ging beim besten Willen nicht. Ratlos und errötend stand sie vor der offenen Pforte und flüsterte: „Ach Gott, ich komme nicht durch!" Im Wagen erhob sich lautes Gelächter, was die Verlegenheit der Dame noch steigerte. Ich saß an der Tür und raunte leise: „Machen sie es doch wie der Ulmer Spatz, meine Gnädige!" Sie lächelte, wand und beugte ihren schlanken Leib und neigte den Kopf nach der Schulter, so daß das Niesenungetüm auf ihrem blonden Haupte in vertikale Richtung zu stehen kam. Und siehe da — es ging, sie war durch! Lautes „Bravo" lohnte ihren Heldenmut.
Das Grammophon als Lebensretter. Man schreibt der „Inf." aus Paris: Eine Dame der vornehmsten Pariser Gesellschaft, die Baronin Lucienne de Harendorff, ist vor einigen Tagen durch ihre eigene Geistesgegenwart auf eine höchst
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sonderbare Weise dem Tode entgangen. Die Baronin, eine etwa vierzigjährige Dame, besitzt etwa eineinhalb Stunden von Paris entfernt ein Landhaus, auf welchem sie gewöhnlich im Laufe des Sommers einige Wochen zu verleben pflegt. Sie hat dort nur wenig Dienerschaft und führt — die Baronin ist Witwe — überhaupt ein ziemlich zurückgezogenes Dasein. Unlängst wurde nun in diesem Landhause, jedenfalls von Pariser Apachen, des Nachts ein Einbruch verübt. Wie die Baronin der Polizei erzählt, erwachte sie etwa gegen 1 Uhr nach Mitternacht durch ein leichtes Geräusch im Nebenzimmer und als sie horchte, vernahm sie ein sonderbares Geräusch, wie wenn irgend etwas gewaltsam erbrochen würde. Zu ihrem Entsetzen drang auch durch den Türspalt Licht. Vorsichtig erhob sie sich von ihrem Bett und spähte durch das Schlüsselloch, wo sie zwei defekt gekleidete Männer erblickte, die eifrig bemüht waren, ihren Schreibtisch, der zahlreiche Wertpapiere und Schmuck um etwa 40 000 Francs enthielt, zu öffnen. Beide Männer waren mit Revolvern versehen und ihrer ganzen Erscheinung nach zu schließen, durften sie wohl zu allem entschlossen sein. Die Baronin war vor Schreck beinahe einer Ohnmacht nahe und zu ihrem Entsetzen fiel ihr ein, daß sie mittels der Zimmerglocke nur ihr Kammermädchen weder aber den Kutscher, noch den Diener erreichen könne. Hätte sie Alarm geschlagen, so konnte das ihr sicherer Tod sein, denn die Pariser Apachen pflegen in solchen Fällen nicht viel Federlesens zu machen. Sie besaß wohl selbst einen Revolver, aber der war gleichfalls im Schreibtische verwahrt und somit für sie momentan unerreichbar. In ihrer Verzweiflung geriet sie plötzlich auf einen höchst merkwürdigen Ausweg. der ihr auch tatsächlich unverhofft eine schnelle Rettung brachte. Die Baronin hatte nämlich in ihrem Zimmer ein großes Grammophon stehen, auf welchem, wie sie wußte, abends vorher gerade die wunderbare Stimme Carusos mit beinahe natürlicher Stärke gesungen hatte. Vorsichtig schlich sie sich zu dem Apparate, zog die Kurbel auf und wartete nunmehr atemlos vor Spannung, welchen Effekt dieser Trick üben werde. Die Baronin hatte sich nicht verrechnet: kaum scholl die mächtige Stimme des Tenors aus dem Apparate, laut und schallend in die Nacht hinaus, als die Verbrecher, die in ihrem Schrecken den Unterschied zwischen künstlichem und natürlichem Klange nicht erkannten, wie von einer Panik erfaßt, alles stehen und liegen ließen, um nur das Weite schnell zu suchen. Ja, der Schrecken der überraschten Einbrecher war so groß, daß sie sogar einen Teil ihrer Werkzeuge und einen Hut zurückließen, Dinge, die der Polizei die Auffindung der Täter binnen drei Tagen ermöglichten.
Die Baronin de Harendorff, die mit Caruso persönlich befreundet ist, hat ihm von dem Vorfälle brieflich Mitteilung gemacht und der große Sänger antwortete ihr, es sei ihm eine besondere Genugtuung gewesen, seiner lieben Freundin das Leben gerettet zu haben.
Sie weiß sich zu helfen. Folgendes nette Geschichtchen wird aus Bayreuth berichtet: Ein hier in Garnison stehender Chevauxleger hatte während seines Urlaubes in Sachsen ein Mädchen kennen gelernt, mit dem ihn bald zarte Bande verknüpften. Als sie ihm nach seiner Rückkehr nach Bayreuth das erste Briefchen schicken wollte, bemerkte sie zu ihrem Schrecken, daß sie wohl Namen und Wohnort ihres Angebeteten, nicht aber seinen Truppenteil im Gedächtnis behalten hatte. Aber wir Sachsen „sein Helle" und so fügte die Maid der Adresse die Bemerkung bei „Soldat mit grünen Hosen ! und roten Streifen". — Der Adressat wurde > denn auch allsogleich ermittelt.
Charade.
Das Erste schafft der Freuden viel.
Zeigt bunten Schmuck, bringt frohes Spiel. Das andre ist als Stadt bekannt Und braust auch windschnell durch das Land. Um zu erhöh'n des Ersten Pracht,
Wird stolz das Ganze oft gemacht.
Tierische und pflanzliche Schädlinge haben stellenweise im vergangenen Erntejahr arge Verwüstungen angerichtet. Viel Wintergetreide mußte wegen Frostschaden umgepflügt werden. Kommen aber die Herbstsaaten durch richtige und reichliche Düngung gekräftigt in den Winter, so widerstehen sie allen schädigenden Einflüssen viel besser. Bei der Herbstbestellung unterlasse man daher nicht, auch reichlich mit Thomasmehl zu düngen.