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Neuenbürg, Freitag dm 30. Juli 1909.

67. Jahrgang.

Die^Hohenzollern" mit dem Kaiser an Bord ist mit den Begleitschiffen gestern abend in Bergen eingetroffen. Die Weiterreise nach Odde erfolgt voraussichtlich morgen.

Berlin, 28. Juli. Die vom Bundesrat fest­gesetzten Ausführungsbestimmungen zu den neuen Steuergesetzen sind jetzt endlich erschienen. Sie beantworten unter anderem auch die bereits vielfach aufgeworfene Frage, inwieweit Kaffee und Tee, die bei Inkrafttreten der erhöhten Zölle am 1. August im Besitz von Privathaushaltungen sind, nach­versteuert werden müssen. Es dürften, wie nunmehr definitiv feststeht, im Besitze jedes Haushaltungs­vorstandes sich 10 Kilogramm Tee und 10 Kilo­gramm Kaffee unversteuert finden. So wie mehr als 10 Kilogramm vorrätig aufgestapelt sind, ist so­fort der gesamte Vorrat nachzuverzollen. Die zoll­pflichtigen Haushaltungsvorstände müssen bis 5. August bei der Zollstelle ihres Bezirkes die Vorräte angemeldet haben und sich auch Nachprüfungen sei­tens der Steuerbehörden gefallen lassen. Die sehr eingehenden Ausführungsbestimmungen des Bundes­rats zur Schaumwein st euer befassen sich im wesentlichen mit den Einzelheiten der Versteuerung in den Sektfabriken und Verkaufsstellen. Ganz be­sonders bemerkenswert erscheint die Bestimmung, die für Kaffee, Tee und Sekt gleichlautend ist, daß mehrere Haushaltungsvorstande, die gemeinsam Vorräte aufbewahren, als Vertreter einer Haus­haltung angesehen werden und mithin, wenn ihr ge­meinsamer Vorrat mehr als 10 Kilogramm Kaffee und Tee bezw. mehr als 10 Flaschen Sekt beträgt, steuerpflichtig sind. Bekanntlich ist man im Reichs­schatzamt augenblicklich mit Ausarbeitung einer No­velle beschäftigt, die den Umgehungen der Talon- steuer entgegentreten soll. Die Steuerstelle wird es sich zunächst angelegen sein lassen, eine vollständige Liste derjenigen Gesellschaften aufzustellen, die vor­zeitig Couponbogen ausgegeben haben, und zwar unter Feststellung des Datums, bis zu welchem die früheren Couponbogen liefen. Weiler wird die Steuerstelle die Summen zu errechnen haben, die der Reichskasse durch vorzeitige Ausgabe der Zins­bogen entgangen sind. Auf Grund dieser Materialien wird dann voraussichtlich sofort in die Ausarbeitung der Gesetzesbestimmungen selbst eingetreten werden.

Die Steuerfreiheit der für 1908 nach­gezahlten Beamtengehälter wird in einer Verfügung des preußischen Finanzministers aus­gesprochen, die den Vorsitzenden der Einkommen­steuer-Berufungskommission zugegangen ist. Sie lautet: Die den Beamten, Schullehrern und Geist­lichen auf Grund der neuen Besoldungsvorschriften für die Zeit vom 1. April bis 31. Dezember 1908 nachgezahlten Beträge sind Vergütungen für die von den Empfängern im Kalenderjahre 1908 geleistet Tätigkeit. Wiewohl die Beträge erst im Kalender­jahre 1909 zur Auszahlung gelangt sind, können sie daher gemäß K 9 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes für das Steuerjahr 1910 nicht für einkommensteuer­pflichtig erachtet werden.

Wie nicht allgemein bekannt fein wird, liegt für die Kaiserliche Marine laufend ein großer Bedarf an Maschinenpersonal vor, weshalb z. B. die I. Werftdivision im Oktober dieses und im Januar nächsten Jahres Freiwillige für die Ma­schinistenlaufbahn einstellt. Die Bewerber müssen mindestens 18 Jahre alt sein und Zeugnisse über eine dreijährige Lehrzeit als Elektriker, Kesselschmied, Dreher, Kupferschmied, Klempner oder Schlosser auf­weisen können. Für geeignete Kapitulanten sind die Beförderungs- und sonstigen Verhältnisse besonders günstig. Mit dem die Laufbahn abschließenden Dienstgrad des Deck- bezw. Oberdeckoffiziers wird Pensionsberechtigung erlangt. Einstellungsgesuche sind unter Beifügung der Lehrzeugnisse und eines vom

Zivilvorsitzenden der Ersatzkommission ausgestellten Meldescheins an die 2. Abteilung der I. Werft­division in Kiel zu richten.

Das Militärlustschiff Groß II hat gestern 'seine Uebungen nach mehrwöchiger Pause wieder ausgenommen. Das Luftschiff, das bedeutende Ver­besserungen aufweist, stieg gestern vom Tegeler Schießplatz auf und landete dort wieder glatt nach dreistündiger Fahrt.

Das russisch^ Kaisergeschwader verläßt heute die Eckernförder Bucht, um durch den Kaiser Wilhelm-Kanal die Reise nach Frankreich und England fortzusetzen. Bis Brunsbüttel wird das russische Kaiserpaar begleitet von der Großherzogin von Hessen, der Prinzessin Heinrich, dem Prinzen Waldemar und der Prinzessin.Luise von Battenberg.

Der außerordentliche Gesandte und bevollmäch­tigte Minister Geh. Legationsrat 1. Klasse Karl Graf v. Moy in Petersburg wurde auf den Posten eines außerordentlichen Gesandten und bevoll­mächtigten Ministers am kgl. württsmbergischen, großherzoglich-badischen und großherzoglich-heffischsn Hof mit dem Sitz in Stuttgart berufen.

Madrid, 28. Juli. Der König Unterzeichnete ein Dekret, durch das die konstitutionellen Garan­tien für ganz Spanien aufgehoben werden.

Madrid, 29. Juli. Die Regierung erwägt Maßnahmen zur Ausweisung der ausländischen Korrespondenten. König Alfons ist dagegen, der Minister des Innern aber sagte:Ich will der einzige Madrider Korrespondent sein."

Handayc, 28. Juli. Aus Madrid wird ge­meldet: Die strenge Zensur isoliert Madrid und das übrige Spanien. Da genaue Nachrichten aus Melilla fehlen, wächst die Aufregung. Seit 24 Stunden hat man auch keine Nachrichten aus Bar­celona. Die Blätter berücksichtigen die Weisungen des Ministers des Innern, aber alle, selbst die ge- mäßigsten, kritisieren die überaus harten Maßnahmen gegen die liberale Presse. Correspondencia el Pais und Diario Universal protestieren scharf gegen ein Vorgehen, das der Verfassung widerspreche. Die Correspondencia el Pais wurde gestern beschlagnahmt.

Einem Vertreter desJmparcial" gegenüber erklärte der spanische Finanzminister am Donners­tag, die finanzielle Lage Spaniens sei aus­gezeichnet. Der Schatz verfüge nach der Zahlung der Coupons noch über mehr als 90 Millionen Pesetas, davon 68 Millionen in Gold. Nach seiner Ueberzeugung werde der Krieg kein Defizit ver­ursachen und es werde nicht nötig sein, auf außer­gewöhnliche Steuern zurückzugreifen.. Auch sei er gegen eine Erhöhung der Steuern.

Der Expreßzug nach Spanien mußte gestern 20 Kilometer entfernt in der Nähe von Cerbore anhalten, da der Streckenbau zerstört und mehrere Brücken zwischen Gerona und Barcelona ge­sprengt waren.

Die Truppen der Schutzmächte in Kreta sind nunmehr zurückgezogen worden und die englischen, französischen, italienischen und russischen Truppen haben Kreta bereits verlassen.

Der seit dem Ausbruch des russisch-japanischen Krieges für den Handel gesperrte Hafen von Port Arthur ist neuerdings für den auswärtigen Handel wieder freigegeben worden. Diese Maßnahme ist darauf zurückzuführen, daß der Hafen in Dalni in­folge der Ausdehnung des Verkehrs auf der süd­mandschurischen Eisenbahn und infolge der Ver­sandung in der Hafeneinfahrt den Ansprüchen des Handels nicht mehr genügt. Zur Zeit können in den Hafen von Dalni nur noch chinesische Dschunken einfahren, so daß umfangreiche Baggerarbeiten er­forderlich sind, um den großen Handelsfahrzeugen den regelmäßigen Verkehr zu ermöglichen.

Paris, 28. Juli. Bloriot wurde heute nach­mittag bei seiner Ankunft in Paris von einer un­geheuren Menschenmenge enthusiastisch begrüßt.

Minister Barthou hieß den Aviatiker am Nordbahn- hos im Namen Frankreichs willkommen. Im Aero­klub wurde Bloriot mitgeteilt, daß ihm die große goldene Medaille verliehen und daß an seinem Start­platz ein Gedenkstein errichtet werden solle.

Bern, 28. Juli. Gestern mittag wurde aus der Linie LausanneBern einer österreichischen Gräfin, die in Karlsruhe wohnt und mit Sohn und zwei Töchtern reist, ein schwarzes Täschchen ge­stohlen, als die Reisegesellschaft während einiger Zeit im Speisewagen weilte und ihr Gepäck in zwei Kupee 1. Klaffe zurückließ. Das Handtäschchen ent­hielt 1000 Kronennoten, eine schweizerische 1000 Kronennote, zwei große Brillanten im Wert von 20 000 Franks, Broschen, Uhrketten mit Medaillons und Münzen, sowie weitere Juwelen, alles zu­sammen im Wert von 64000 Franks. Es sind mehrere Verhaftungen vorgenommen worden.

Aus Elsaß-Lothringen. Ein Unterelsässer namens Gangloff soll in Petersburg als russischer General gestorben sein und ein Vermögen von 30 Millionen Mark hinterlassen haben. Laut Zeitungsmeldungen werderH nun die. Erben dieses Generals gesucht. Mehrere angebliche Erben haben sich schon gemeldet, jedoch war der richtige Gangloff nicht unter ihnen. Die rechtmäßige Erbin soll eine Witwe in Obermodcrn sein, die beweisen will, daß der russische General ihr Großonkel sei. Sie will das weitere veranlassen, um in den Besitz der russischen Millionen zu gelangen.

Ein heftiges Gewitter mit Hagelschlag und Sturm suchte am Sonntag abend die pfälzische Rheinebene bis zur Hardt hinaus heim. In Mutter­st adt fielen taubeneigroße Hagelkörner in solcher Menge, daß in kürzester Zeit der Boden hoch bedeckt war. Besonders hauste das Wetter in Meckenheim, Haßloch, Gönnheim, Ellerstadt, Fußgönnheim und Frankental. Wie gemeldet wurde, mußten die Leute, die in Meckenheim andern Tags zum Fruchtschneiden aufs Feld gingen, unverrichteter Sache wieder heim­kehren, weil das Getreide ganz zerschlagen war. Die vorher üppig prangenden Fluren boten, ein Bild schrecklicher Verwüstung. Die Tabakpflanzungen sind vollständig vernichtet. Auch die Kartoffelfelder weisen große Verwüstungen auf. Aus Frankental wird berichtet, daß Hunderte von jungen Vögeln vom Sturm aus den Nestern geschleudert wurden.

Württemberg»

Stuttgart, 28. Juli. Die Zweite Kammer nahm heute mit verlegener Heiterkeit unter Verzicht auf jede Debatte das Notgesetz zur Weiter­erhebung der Steuern in erster und zweiter Lesung an, übergab eine Eingabe des Kaminseger- gehilfenvereins um Teilung besonders großer Kehr­bezirke und Vermehrung der Meisterstellen der Re­gierung zur Berücksichtigung und knüpfte dann an einen Antrag, die Regierung zu ersuchen, im Bun­desrat für eine baldige Regelung der Pensions- und Hinterbliebenen-Versicherung der Privatangestellten einzutreten, eine beachtenswerte Selbstkritik. Gröber (Ztr.) wandte sich gegen die fortschreitende Neigung, Fragen, deren Entscheidung dem Reichstag zufällt und die für das Land kein spezielles Interesse haben, in diesem Hause zu erörtern, und wies auf die Ge­fährlichkeit der Annahme eines solchen Antrages ohne die genügenden Grundlagen hin. Liesch ing (Volksp.) hieb in dieselbe Kerbe und gab zu, daß die Verhandlungen des Hauses deshalb immer we­niger Interesse begegnen, weil zu viel Reichsfragen erörtert würden. Mehr Selbstbeschränkung hebe das Ansehen des Parlaments. Mattutat (Soz.) hielt den Vorrednern entgegen, daß auch ihre Parteien solche Anträge schon gestellt haben. Kraut (B.K.) Hab zu, daß der Vorwurf, zwecklose auf Reichstags- sragen sich beziehende Anträge gestellt zu haben, jeder Partei gemacht werden könne. Bei den Ver­handlungen über solche Anträge komme so gut wie