nichts heraus. Hieb er (D. P.) schloß sich der Auffassung der Vorredner an. Haußmann (Volksp.) empfahl mehr Selbstbeschränkung, namentlich im Worte machen. Aus dem Haus erhob sich kein Widerspruch, als er so weit ging, zu sagen, es sei notwendig, sich mit dem Gedanken zu befreunden, daß ein geschwätziges Parlament den Einfluß nicht hat, den es haben soll. Nach dieser durch die tatsächlichen nachgerade unhaltbaren Verhältnisse notwendig gewordenen Debatte, die hoffentlich nicht ohne heilsame Wirkung sein wird, wurde ein Antrag Gröber, die dem obenerwähnten Antrag zugrunde liegende Eingabe der Regierung zur Erwägung zu übergeben, angenommen, womit dieser Antrag gefallen war. Nächste Sitzung Montag nachmittag. Die Tagesordnung wird vom Präsidenten bestimmt werden.
Stuttgart, 29. Juli. Die Volksschulkommission der Zweiten Kammer begann gestern nachmittag mit der Beratung der abweichenden Beschlüsse der Ersten Kammer zur Volksschulgesetznovelle. Zu Artikel 1—10 wurde beschlossen, mehreren vorwiegend redaktionelle Aenderungen enthaltenden Beschlüssen der Ersten Kammer beizutreten. Nicht beigetreten wurde dagegen dem Beschluß der Ersten Kammer, dem von der Errichtung von Hilfsschulen handelnden Absatz 5 des Artikels 1 den Satz beizufügen: „Ein Zwang zum Eintritt in die Hilfsschulen findet nicht statt". Keinen Beitritt fand ferner der Beschluß der Ersten Kammer, in den Artikeln 8 und 9, die über die Höchstschülerzahl und die Erteilung von Abteilungsunterricht Bestimmungen treffen, auf die Zahlen des Regierungsentwurfs zurückzugehen. Die Kommission beschloß vielmehr mit 9 gegen 6 Stimmen auf den früheren Beschlüssen der Zweiten Kammer zu beharren. Die Kommission trat hierauf noch in die Beratung des Art. 12, zunächst des Art. 72 ein. Zu diesem Artikel stimmen die Beschlüsse beider Häuser überein mit Ausnahme der Ziff. 7, die in der Fassung der Zweiten Kammer lautet: „Beschwerdeführung über dienstliche Verfehlungen der Lehrer bei dem Bezirks- schulauffeher", während die Erste Kammer ihn wie folgt gefaßt hat: „Kenntnisnahme von dienstlichen Verfehlungen der Lehrer und Beschwerdeführung hierüber bei dem Bezirksfchulaufseher". Nach längerer Beratung wurde der Antrag des Bericht' erstatters Dr. Hieb er, auf der von der Zweiten Kammer beschlossenen Fassung zu verharren, mit 9 gegen 6 Stimmen angenommen. Foittetzung heute nachmittag.
Stuttgart, 28. Juli. o > gestrigen Sitzung der Finanzkommissiv » n>, de nach längeren Darlegungen des Ministerpiäsimnui, Dr v. Weizsäcker entsprechend einem Antrag des Abgeordneten Kraut, den Tarif für die vierte Wagenklasse von 2 auf 2,3 pro Kilometer zu e,Höhen, angenommen.
Stuttgart, 29. Juli. Wie ein hiesiges Blatt mitteilt, ist es in der Finanzkommission bezüglich der Frage der Steuererhöhung im Hinblick auf die Erträgnisse der erhöhten Btersteuer gelungen, die Erhöhung von 12 auf 6 Prozent and zwar ohne Progression herabzudrücken.
Friedrichshafen. 28. Ful, ?er Luftkreuzer
2 II wurde 5 Uhr 30 Mm. aus de> schwimmenden Reichshalle gebracht und befand sich nach 3 Minuten in voller Fahrt in der Richtung nach der Stadl Friedrichshafen. Trotzdem es vor einer halben Stunde geregnet hatte, entschloß sich Graf Zeppelin dennoch, einen Aufstieg zu unternehmen. Nach drei' viertelstündiger Fahrt über den See und über den westlichen Teil der Stadt ist 2 ll in der Ballonhülle gelandet. Da das Wetter äußerst gewilter- haft ist, so erscheint die kurze Fahrt gerechtfertigt. Nach dieser zweiten Probefahrt sind alle Bedingungen für die Abnahme des Luftschiffes erfüllt und das Luftschiff ist in das Eigentum des Reichs übergegangen. Der Aufstieg zu der Fahrt nach Frankfurt soll unter allen Umständen am Samstag früh
3 Uhr erfolgen.
Friedrichshafen, 28. Juli. Die gestrige erste Probefahrt des 2 !I hat durchweg befriedigt und die Reichskommissäre haben sich sehr günstig geäußert. Prof. Hergesell hat eine Stunde lang die Höhensteuer geführt und hernach erklärt, daß das Luft schiff großartig den Steuerungen gehorcht und den besten Eindruck gemacht habe. Auch Geh. Oberregierungsrat Dr. Lewald sprach sich in gleichem Sinne aus.
Friedrichshafen, 29. Juli. Wie von hier gemeldet wird, ist an den ursprünglichen Dispositionen über die Fahrt des 2 II nach Frankfurt a. M. bis jetzt noch nichts geändert. 2 II, der nunmehr vom Reich übernommen ist, wird heute in der Halle
bleiben. Für morgen ist ein nochmaliger Aufstieg geplant und in der Nacht von Freitag auf Samstag früh gegen 3 Uhr wird 2 II die Fahrt nach Frankfurt a. M. antreten.
Friedrichshafen, 28. Juli. Mit der Gründung der deutschen Luftschiffschule in Friedrichshafen wird es nunmehr ernst. Letzter Tage weilte Generalleutnant z. D. v. Nieder aus Mannheim, der Vorsitzende des deutschen Luftflottenvereins hier, um die Vorbereitungen zu treffen. Die Schule, für die der Luflflottenverein vom Preußischen Kriegsministerium einen Beitrag von 6000 ^ erhalten hat, soll mit acht jungen Leuten im Alter von etwa 18 Jahren am 1. Oktober errichtet werden.
Friedrichshafen, 29. Juli. Professor Zeno Diemer aus München, der, wie bekannt, vom Prinzregenten den Auftrag erhalten hat, ein Bild von der Landung des Reichsluftschiffes 2 1 bei Oberwiesenfeld für das Deutsche Museum in München anzusertigen, ist hier eingetroffen, um dem Grafen das Probebild vorzulegen.
Die Lan des Versammlung der württ. Körperschaftsbeamten in Backnang war zahlreich aus allen Teilen des Landes besucht. Die Verhandlungen fanden unter dem Vorsitz von Oberbürgermeister Dr. Hartenstein-Ludwigsburg statt. Die Versammlung gab in einer einstimmig angenommenen Resolution der Regierung und der Zweiten Kammer dem Dank Ausdruck für die Einbringung bezw. einstimmige Annahme der Novelle zum Pensionsgesetz der Körperschaftsbeamten und ihrer Hinterbliebenen; gleichzeitig wurde an die Erste Kammer die Bitte gerichtet, der Novelle, die einem Notstand abzuhelfen geeignet sei, noch in dieser Tagung die Zustimmung zu erteilen. Der Mitgliederstand des Vereins hat sich seit dem letzten Jahre von 1782 auf 1869 gehoben. Im weiteren Verlauf der Versammlung wurde im Anschluß an ein Referat von Oberamtssparkassier Hohl in Kirchheim u. T. beschlossen, vom 1. Januar 1910 an eine eigene Sterbekasse ins Leben zu rufen. Ueber die Einführung von Wanderarbeitsstätten in Württemberg hielt Amtmann Dr. Hauß man »-Stuttgart, der Geschäftsführer des Vereins für Wanderarbeitsstätten, einen Vortrag. Die nächstjährige Landesversammlung wird in Biberach abgehalten.
Stuttgart, 28. Juli. Bei der heutigen Ziehung der Brackenheimer Kirchenbaulotterie fielen die Hauptgewinne auf folgende Nummern: 15 000 auf Nr. 101887, 5000 auf Nr. 57 956, 2 000 ^ auf Nr. 20 689, je 1000 auf Nr. 86493, 9462, je 500 auf Nr. 4371, 29 646, 47 505, 102103. (Ohne Gewähr.)
Tuttlingen, 27. Juli. Verschiedene Erdeinbrüche zwischen Donau und Seegegend lassen erkennen, wie zerklüftet und höhlenreich unser Juragestein ist. in dem das Donauwasser zur Aach zieht. Solche sind in größerer Anzahl von Donaueschingen an bis in die Friedinger Gegend bekannt. Auf der Markung Nendingen ist nun in letzter Zeit ein ähnliches Loch von 18 Meter Tiefe gefunden worden, das zuerst ganz klein gewesen sein und von einem Waldarbeiter etwas erweitert worden sein soll.
Vaihingen a. Enz, 28. Juli. Dem Fabrikarbeiter Albert Vosseler in Oberriexingen wurde für die mil eigener Lebensgefahr ausgeführte Rettung dreier Menschen vom Tode des Ertrinkens die Rettungsmedaille in Silber verliehen.
Adolzhausen O/A. Mergentheim, 28. Juli. Ein fremder Händler bot einem hiesigen Einwohner für zwei Läuferschweine 105 Mk. Vater und Tochter Hielien es aber für besser, die Borstentiere auf das Gewicht zu verkaufen. Die Parteien wurden aus den Preis von 53 Pfg. per Pfund lebendes Gewicht einig und der Verkäufer erhielt nun 47 Mk. für beide Schweine.
Stuttgart. ILandesProdurtenbSrse.I (Bericht vom 26. Juli.» Seit acht Tagen ist allenthalben die erwünschte günstige Witterung eingetreten und hat sich dadurch die Stimmung aus dem Weltmarkt abgeschwächt. Durch die günstiger lautenden Berichte aus Rußland haben sich die Preise für Weizen aus spätere Lieserung sowohl russischer, rumänischer als auch amerikanischer Provenienz billiger gestaltet. Die vorliegenden Muster neuer Weizen aus Rußland und Rumänien zeigen vorzügliche Qualitäten. Disponibler und schwimmender Weizen bleibt knapp, ohne daß sich die Preise hiesür ermäßigt hätten. Die Kauflust ist aber schwach und wird nur der allernötigste Bedarf gedeckt. Das Mehlgeschäft beschränkt sich wie bei Weizen, nur auf prompte Lieferung. Infolge der nicht so guten Futterernte hat sich der Absatz in Mais und Futtergerste gebessert, trotzdem sind die Preise etwas billiger geworden. Die hohen Forderungen unserer Landmärkte haben nur noch lokales Interesse. Unsere heutige Börse war schwach besucht bei belanglosen Umsätzen. — Mehlp reise per 100 Kilogr. inkl. Sack: Mehl Nr. 0: SS Mk. — Pfg. bis 40 Mk. — Pfg., Nr. 1: 38 Mk. — Pfg. bis 39 Mk. - Pfg., Nr. 2: 37 Mk. - Pfg. bis 38 Mk. - Pfg., Nr. 3: 36 Mk. - Pfg. bis > 37 Mk. — Pfg., Nr. 4: 32 Mk. — Pfg. biS 33 Mk.
— Pfg. Kleie ll Ml. — Pfg. bis ll Mk. 50 Pfg. (ohne Sack.)
Aus «»taSt» Brzrrk uns Umgebung
Bad Teinach, 27. Juli. Am letzten Sonntag den 25. ds. Mts. fand hier unter sehr großer Beteiligung von nah und fern bei schönstem Wetter das Jakobifest, der Hahnentanz statt. Wie bekannt, trägt zu den Kosten des Festes eine Stiftung der Königin Charlotte Mathilde (-fi 1828) Witwe des Königs Friedrich von Württemberg 50 Gulden bei. Der wirklich sehr hübsche bunte Festzug, in dem die schmucken Gäu- und Waldtrachten erfreulicherweise überaus zahlreich vertreten waren, nahm um 3 Uhr beim Rathaus Aufstellung und bewegte /sich mit zwei Abteilungen Musik unter Vortrab von 4 Reitern in Volkstracht und unter Führung des 80jährigen Polizeidieners a. D. Seeger, durch die beflaggten Straßen des Ortes zum Festplatze. — Hier begannen die Volksbelustigungen: Wettlauf der Knaben und Mädchen und der Trachten, letztere mit Hindernissen, Sacklaufen, Sackhüpfen, Schuhwechseln, Klettern usw., denen das Eselwettrennen folgte, welches allgemeine Heiterkeit hervorrief. Den Schluß bildete der Hahnentanz, an dem 5 Paare in hübscher Gäutracht teilnahmen. Für die hiesigen Vereine — Verein zur Erhaltung der Volkstrachten in Schwaben, Schwarzwaldbezirksverein und Verschönerungsverein — ist es eine erfreuliche Genugtuung, daß ihre Bemühungen zur Veranstaltung der Feier von Jahr zu Jahr von größerem Erfolg begleitet sind.
Aus dem Albtal wird geschrieben: Nachdem die Einrichtung des elektrischen Stundenverkehrs auf der Albtalbahn in Frage gestellt ist, hat eine Frankfurter Gesellschaft einen Autoomnibisverkehr zwischen Karlsruhe-Herrenalb und Baden projektiert, der eine rasche Verbindung von und zu den wichtigsten Schnellzügen des Karlsruher Hauptbahnhofs herstellt; die gegenwärtige Verbindung hat sich als unhaltbar gezeigt. Maßgebend bei der Erwägung war besonders auch das günstige Resultat der Linie Baden-Herrenalb-Wildbad.
** Pforzheim, 29. Juli. Heute abend haben, nachdem die Verhandlungen zur Beilegung des Maurerstreiks anfangs dieser Woche gescheitert sind, die von Dieburg gekommenen arbeitswilligen Maurer am Neubau der Kunstgewerbeschule die Arbeit niedergelegt und sind größtenteils abgereist. Wie man hört, haben ditzse Maurer von der Streikleitung einen hohen Geldbetrag erhalten, damit sie Weggehen. Es wird erzählt, die Streikenden hätten erst 1000 zuletzt sogar 2000 -/A geboten und auch bezahlt, damit diese Dieburger Maurer nicht Weiterarbeiten.
** Pforzheim, 29. Juli. In der Calwer- straße gerieten heute mittag zwei Weiber aus Eifersucht derart in Streit, daß sie sich auf dem Boden herumzogen, und erst getrennt werden konnten, als man sie mit ein paar Kübeln Wasser begoß. Der widerliche Auftritt hatte eine nach Hunderten zählende Menschenmenge zusammengebracht.
Letzte Nachrichten u. Telegramme
Leipzig, 29. Juli. Aus Anlaß des Universitätsjubiläums wurde dem Rektor Magnificus Wirkl. Geh.Rat Prof. Dr. Binding das Ehrenbürgerrecht der Stadt Leipzig verliehen. Die Stadt Leipzig stiftete für die Universität ein Kapital von 100000 Mk., dessen Zinsen zur Errichtung von Freitischen für reichsdeutsche Studenten verwendet werden sollen.
Bayanne, 29. Juli. Aus Madrid läuft folgende Meldung ein: Die Lage in Spanien scheint unentwirrbar. Die Regierung hat die Zustände in Barzelona als sehr ernst anerkannt. Gerüchte außerordentlich schwerwiegenden Inhalts rufen, da zuverlässige Nachrichten nicht zu erhalten sind, große Bestürzung hervor. Heute wurde davon gesprochen, daß in Barzelona eine provisorische Regierung proklamiert worden sei. Der Ursprung der Bewegung liegt in dem Gegensatz zwischen der öffentlichen Meinung und der gegenwärtigen Regierung. Die Revolutionäre haben sich die schwierige äußere Lage zu Nutzen gemacht und plötzlich eine allgemeine Revolte unter der Arbeiterbevölkerung Barzelonas hervorgerufen. Die Bewegung in Barzelona scheint demnach weder antipatriotischen noch separatistischen Charakters zu sein.
Paris, 29. Juli. Aus Melilla wird unter dem 28. Juli gemeldet: Seit dem Kampf vom 27. Juli ist die Eisenbahn abgeschnitten und damit die Versorgung der spanischen Vorposten mit Munition und Lebensmitteln unmöglich geworden.