Antrages hätte auch ein neues Beamtenheer und das Gegenteil einer Vereinfachung des Verwaltungsapparates zur Folge. Das Haus befaßte sich sodann noch mit einigen sozialpolitischen Fragen: Schaffung eines gesetzlichen Arbeiterschutzes. Ausdehnung der Gewerbeinspektion auf ihn. Die Regierung wurde ersucht, im Bundesrat hiesür einzutreten. Ueber die Frage der Bestellung von Handelsinspektoren kam es zu keinem Beschlüsse mehr. Den Verhandlungen wohnten zeitweise nur etwa 20 Abgeordnete bei. Dienstag nachmittag Steueretat und Fortsetzung.
Stuttgart, 18. Juli. Die Deutsche Partei (I. Reichstagswahlkreis) beging heute bei günstigem Wetter ihr Sommerfest in Echterdingen. Bei den vorausgegangenen geschäftlichen Verhandlungen der Delegierten und des Ausschusses wurde eine Resolution angenommen, in der die volle Uebereinstimm- ung mit der Haltung der Reichstagsfraktion und den Beschlüssen des Vertretertages zum Ausdruck gelangt.
Schwenningen, 18. Juli. Die Volkspartei des 9. Reichstagswahlkreises hielt heute in Anwesenheit von mehr als 3000 Personen ihr diesjähriges Sommerfest ab. Nach den rein geschäftlichen Sitzungen des Vormittags sprach nachmittags im Walde auf der Reute Reichs- und Landtagsabgeordneter Conrad Haußmann über die Reichspolitik.
Stuttgart, 13. Juli. In Berlin und im Reichstag haben sich die Finanziers mit den Reichsboten die Köpfe zerbrochen, auf welche Art die nötigen 500 Millionen zusammengebracht werden können. Wenn die Herren die in den Wirtschaften aufhüngenden Geldautomaten per Stück mit 20 Mk. besteuern würden, wären schnell verschiedene Millionen beisammen. Was so ein Großautomatenhändler verdient, dürfte am besten aus einem Inserat, das kürzlich in hiesigen Zeitungen stand, hervorgehen. In dem Inserat bietet Genannter sein Geschäft um 10 000 Mk. an und garantiert mit nur zwei Angestellten für einen monatlichen Reingewinn von 2000 Mk. Der Käufer braucht dabei keine Hand zu rühren, er kann zu Hause bleiben, spazieren gehen, tun was er will. Zweitausend Mark entsprechen einem Jahreseinkommen von 24000 Mk. Und sicher hat der Inserent nicht die höchste Zahl angegeben, sonst käme ihm doch die Steuerbehörde auf den Hals. In das Automatengeschäft eingeweihte Personen wollen wissen, daß genanntes Geschäft mindestens 40000 Mk. pro Jahr abgeworfen habe. Deshalb wäre es am Platze, wenn auf die Automaten, es mögen dann Geld- oder Musikautomaten sein, eine kräftige Steuer gelegt würde, oder sämtliche Geldautomaten verboten würden. In einzelnen württ. Oberämtern sind die Behörden bereits dem Beispiel Berlins gefolgt und haben ein Verbot gegen Automaten erlassen. Befremdend wirkt es auf Unbefangene, daß, je primitiver die Wirtschaft ist, desto mehr Automaten dort zu finden sind. Man kann wohl behaupten, daß fast nur der Arbeiter den Automatenhändler reich macht; seine Unerfahrenheit muß darum kräftig geschützt werden.
Ludwigsburg, 17. Juli. Das für heute abend geplante Fest aus Anlaß des 200 jährigen
Die Dame mit den Rosen.
Kriminalroman von G. Quis.
25; - (Nachdruck verboten.!
(Fortsetzung.)
Als sie kurz darauf ihr Gemach betrat, stieß sie einen Freudenschrei aus. Sie blickte lächelnd in die prächtigen Spiegel und ließ sich behaglich in einem bequemen Lehnstuhl nieder. Es war, als ob sie nun wieder von ihrem jugendlichen Leben, das durch einen so bitteren Schmerz unterbrochen war, Besitz nehmen wollte.
Die Fröhlichkeit machte indessen bald einer nachdenklichen Stimmung Platz. Anna stützte den Kopf in eine Hand und ließ alles, was sie in den letzten Monaten erlebt, noch einmal an ihrer Seele vorüberziehen. Eine mit Wehmut gemischte Befriedigung überkam sie und unwillkürlich gab sie derselben in folgendem Selbstgespräch Worte:
„Es ist nicht immer die Mannigfaltigkeit der Ereignisse, was den guten Romanen und rührenden Geschichten einen Reiz verleibt.
Es gibt Gedichte, die nichts anderes sind, als eine einzige Träne, aber diese Träne ist echt, der Schmerz, der sie fließen ließ, war bitter, die Liebe, die diesen Schmerz verursachte, eine große und unerschütterliche Liebe.
Die Liebe vermag alles.
Der Gerichtshof, der Staatsanwalt, der Verteidiger, sie alle haben den richtigen Weg nicht gefunden. Ich, ein junges Mädchen, ein Kind, ich
Stadtjubiläums, dessen Hauptzierde eine Schloßbeleuchtung bildet, ist mit Rücksicht auf das schlechte Wetter auf den nächsten schönen Abend verschoben worden. — Die Stadt, einschließlich der militärischen Gebäude, prangt im Flaggenschmuck. Der Platz auf der Planie ist mit 5000 Sitzplätzen hergerichtet. Die ganze nördliche Front des Schlosses ist mit Lämpchen auf die Beleuchtung vorbereitet.
Ludwigsburg, 17. Juli. Das Elektrizitätswerk Poppenweiler soll in den nächsten Tagen von der Stadt Stuttgart übernommen und eingeweiht werden, wozu sich eine stattliche Anzahl Herren aus Stuttgart einfinden wird. Das Elektrizitätswerk Beihingen-Pleidelsheim kann nunmehr als gesichert angenommen werden, nachdem der Aufsichtsrat der Felten und Guilleaume — Lahmeyerwerke A.-G. in Frankfurt a. M., in seiner letzten Sitzung die Gründung der Aktiengesellschaft im Verein mit der Amtskörperschaft Ludwigsburg und dem Bankhaus Albert Schwarz in Stuttgart beschlossen hat. Der Beginn der Bauausführung ist für den Spätsommer in Aussicht genommen.
Herrenberg, 17. Juli. Die elektrische Kraftübertragung für den Bezirk Herrenberg und Umgebung, eine e. G. m. b. H., die ihren Sitz in Unterjesingen hat, hat es seit ihrem Bestehen immer mehr verstanden, ihr Verbreitungsgebiet zu erweitern. Die Zahl der angeschlossenen Gemeinden (ohne die Einzelwohnsitze) betrug bereits am Schluffe des Jahres 1908 58 (26 Gemeinden des Oberamtsbezirks Herrenberg, 15 von Böblingen, 2 von Calw, 3 von Leonberg, 1 von Nagold, 1 von Reutlingen, 3 von Rottenburg, 1 von Stuttgart und 6 von Tübingen). Am 31. Dezember v. Js. betrug die Mitgliederzahl 1698; von diesen 1698 Genossen haftet jeder mit 500 Mk. An Stromgeld aus den einzelnen Gemeinden wurden im vorigen Jahre insgesamt 97 355,88 Mk. vereinnahmt. Die Bilanz per 31. Dezember 1908 balanziert in Einnahmen und Ausgaben mit 1879 668,48 Mk.
Vom Kreisturnfest (31. Juli bis 2. August). Anmeldungen liegen bis jetzt von rund 300 Vereinen mit 6800 Festbesuchern vor, welche sich noch auf 8000 erhöhen dürfte, eine Anzahl, die die gehegten Erwartungen erfreulicherweise bei weitem übertrifft. Der Empfangsabend (Samstag, 31. Juli) auf dem Festplatz verspricht sich zu einer erhebenden Feier zu gestalten. An diesem Abend geht die Bundesfahne von ihrem seitherigen Schutzort (Heidenheim) in die ObhMrder Stadt Heilbronn über. Für den Sonntag abend ist außer sonstigen Volksbelustigungen Tanzunterhaltung im Freien vorgesehen und in der Festhalle wird die Aufführung einiger Reigen, worunter ein hübscher Winzerinnen-Reigen für fröhliche Unterhaltung sorgen. Für den Montag abend ist ein Heilbronner Herbst mit großartigem Feuerwerk vorgesehen. Die Festschrift wird auch der allgemeinen Oeffentlichkeit zum Kauf angeboten. Als besonderen Schmuck enthält dieselbe in Facsimile einen Brief unseres Turnvaters Jahn, einen Brief von Justinus Kerner und die Festkarte vom ersten großen Turnfest in Heilbronn 1846. Den Festbesuchern wird empfohlen, zur Rückfahrt die einge-
habe das mit großen Kosten der Beredsamkeit aufgerichtete Gebäude der Justiz unterwühlt und über den Haufen geworfen. Ich habe ein Todesurteil kassiert. Ich habe Anklageakte und Zeugenverhör ohne Umstände zerrissen. Ich habe den Prozeß in meine Hand genommen, mein Schwurgericht im Freien gehalten, auf den Gefilden, auf grünen Auen, bei ländlichen Festen.
Ich vernahm meine Zeugen und erschreckte sie nicht durch die Förmlichkeiten des Rechtswesens, die sie ihrer natürlichen und einfältigen Beredtsamkeit beraubt. Ich habe gewissenhaft geforscht, verhört, und wieder verhört, alle Rechtskenntnisse, die ich von meinem Vater erlernt, in Anwendung gebracht.
Und der Himmel hat meine Anstrengungen gesegnet, er ließ mich den Schuldigen entlarven und den Unschuldigen reiten!"
Die Nachricht von der Verhaftung Münchs erregte großes Aufsehen in der Hauptstadt. Die Erinnerung an Dr. Karl Hollmann wurde durch die Festnahme des wirklich Schuldigen wieder lebendig und man fühlte um so größeres Mitleid. Die Frauen, die damals seine Partei ergriffen, triumphierten. Rechtschaffene Richter zogen es vor, ihren Irrtum zu bekennen, als ein Unrecht länger bestehen zu lassen. Vom Gericht aus verbreitete sich die Nachricht in den weitesten Kreisen und wurde romantisch ausgeschmückt. Der alte Jakob nahm die Umrisse eines Helden an. Viele Neugierige reisten sogar nach Treilburg, um die Schenke „Zum Kreuzwege" zu besuchen, die Hütte Münchs in Augenschein
legten Sonderzüge zu benützen. Zur Vermeidung von Gedränge in dem ohnedies etwas beschränkten Bahnhofraum in Heilbronn wird es gut sein, wenn die von einem Verein benötigten Fahrkarten durch einen Beauftragten bis 1 Tag vor der Abfahrt gelöst werden.
Dorn Han, 15. Juli. Heute vormittag waren fünf Arbeiter damit beschäftigt, hinter der Brauerei zur Sonne einen Keller zu graben. Das schöne Wetter aber veranlagte sie, nach dem Vesper zu heuen. Sie waren nicht lange fort, als ein Teil der Hinteren und der Giebelwand krachend in die Tiefe stürzten. Wären die Leute im Keller gewesen, so wäre keiner unversehrt davon gekommen; wahrscheinlich ist, daß sämtliche tot oder schwer verletzt hervorgezogen worden wären. Die heule früh zum erstenmal wieder heroorbrechenden Sonnenstrahlen sind ihre Retter geworden.
Friedrichshafen, 14. Juli. „An St. Petrus im Himmel" lautete die Adresse einer Ansichtskarte mit einem hübschen Mädchenkopf, welche am 9. ds. Mts. in Markirch i. Elf. zur Post gegeben wurde. Der Tertraum enthält eine Bitte um schönes Wetter. Die Postbeamten in Markirch mögen sich alle Mühe gegeben haben, die Karte zu bestellen, denn ein Postvermerk auf derselben sagt: „Adressat in Markirch nicht zu ermitteln." Die Karte erhielt nun folgende Notadresse und Bemerkung: „Versuchsweise z. H. der Zeppelin-Luftschiffahrts-Gesellschaft in Friedrichshafen. Zur gefl. Vermittlung bei der nächsten Reise." Diese Adresse fand die Karle sehr bald und bei der nächsten Reise soll auch, wie man hört, die Weiterbeförderung versucht werden — hoffentlich, wird das Nachporto, das erhoben werden muß, nicht zu hoch.
Stuttgart, 17. Juli. (WochenmarktO Trotz des Regenwetters war der heutige Markt stark besahren. Auf dem Großmarkt wurden die ersten einheimischen Birnen, sogenannte Muskateller, seilgeboten das Pfund zu 20 Daneben gab es reichlich ausländische Birnen, Aepfel, Pfirsiche und Aprikosen. Kirschen kosteten 10—14 »s, Johannisbeeren 10-12 »s, Stachelbeeren 8—10 2 k. Himbeeren 25-30 Heidelbeeren 13—15 »k Per Pfund.
Von den Obsternteaussichten des Auslandes wurde bis jetzt gemeldet: Aepsel sehr gut bis gut in Südtirol, gut in der Schweiz, mittel bis gering in Nieder- Oesterreich, Böhmen, Steiermark und Holland. Birnen sehr gut bis gut in Nieder-Oesterreich, gut in Tirol, Steiermärk, Böhmen, Schweiz und Holland. Zwetschgen gut bis mittel rn Nieder-Oesterreich und Böhmen, mittet in Tirol, Steiermark, Schweiz und Holland, gering in Bosnien, Rumänien und Serbien.
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Zur Stuttgarter Wasserversorgung.
Die Stuttgarter Denkschrift über die Wasserversorgung ist zurechtfrisiert worden, um unter Verwerfung des Bodensee- und Jllerprojekts für den Enzwasserbezug Reklame zu machen. Sie muß sich aber gefallen lassen, daß sie Hinlennach tüchtig zerzaust wird. Aus dem Enztal geht dem „Schw. Merk." eine Zuschrift zu, welche die Will- kürlichkeit verschiedener Darlegungen der Denkschrift zeigt. Die Regenhöhe im Enzgebiet wird in der
zu nehmen und dio Oeffnung am Fuße der Eiche zu messen, wo er seinen Schatz vergraben hatte.
Man erfuhr nun dort den wahren Hergang der Dinge. Anna war die Ergänzung des alten Dieners, sie vervollständigte sein Bild.
Das gerichtliche Drama hatte seinen bescheidenen und demütigen Helden und neben ihm eine vom Geheimnis umhüllte, jetzt von dem Nimbus des glücklichen Erfolges umstrahlte Dame, die gleich einer wohltätigen Fee waltete. Sprach man mit Jakob über den Vorfall, so sagte er:
„Ich konnte dem Wirtshaus allein nicht vorstehen und nahm ein junges Mädchen aus meiner Familie zu Hilfe. Das Werk ist vollbracht. Anna ist in ihre Heimat zurückgekehrt und ich bleibe hier, um die Befreiung meines guten Herrn abzuwarten."
Inzwischen fand ein lebhafter Schriftwechsel zwischen dem Gericht und der Zuchthausbehörde statt.
Noch ehe man ihn amtlich davon in Kenntnis setzte, wußte Karl schon,jdaß die Stunde der Befreiung bald für ihn schlagen würde.
Diesen süßen Gedanken sich hingebend, empfing er den Besuch des Seelsorgers, der stets mit mildem Wort in seinem Leid ihn aufgerichtet hatte. Er wußte, weswegen der Geistliche kam und rief ihm entgegen:
„Als Petrus einen Engel erblickte, zweifelte er nicht mehr an seiner Befreiung. Ich weiß, was Sie zu mir führt. Nicht wahr, meine Ketten fallen?"