Hamburg, 16. Juli. Durch Umfallen eines geladenen Gewehrs verunglückte heute vormittag in den Schießständen des 16. deutschen Schützenfestes der Schütze Kaufmann Schmid aus Erfurt. Der Schuß ging durch den Hals und die linke Brust und hatte den sofortigen Tod zur Folge.

In Pasing dem Vorort von München hat sich ein schweres Automobilunglück ereignet. Ein mit vier Personen besetztes Automobil stürzte in der Starnberger Unterfahrt eine steile Böschung hinab. Der Führer, Chauffeur Wagner, war tot; drei Verkehrsschüler wurden verletzt.

Württemberg.

Stuttgart, 16. Juli. Die Zweite Kammer füllte heute nahezu die ganze Sitzung mit einer Debatte über die Dienstverhältnisse der Steuer- wächter. Im Hause selbst herrschte begreiflicher­weise gegenüber diesem Uebermaß von erschöpfender Behandlung einer wenig bedeutenden Frage, deren Regelung überdies mehr Sache der Verwaltung ist, wenig Aufmerksamkeit. Angenommen wurde trotz Widerspruchs vom Regierungstisch, wo starker Un­wille über die zur Bedeutung der Sache in keinem Verhältnisse stehendeendlose" Ausdehnung der Debatte sich gellend machte, ein Antrag des Zentrums und der Volkspartei betr. Erwägungen über die Aufhebung der Streifplüne der Steuerwächter, ferner ein Antrag der Finanzkommission, die K. Staats­regierung zu ersuchen, für die Steueraufseher bei auswärtigen Dienstverrichtungen eine entsprechende Erhöhung der Streifgeldzuschüsse weiterhin eine Ein­schränkung und Belohnung des Nachtdienstes der Steuerausseher in Erwägung zu ziehen und außer­dem den Angehörigen der Steuerwache Gründung von Standesvereinigungen zu gestatten und die un­geschmälerte Ausübung des Petitions- und Be­schwerderechts zu sichern. Das Gesetz über das Ziehkinderwesen wurde im wesentlichen nach den Beschlüssen des anderen Hauses erledigt. Schließlich wurde noch in die Beratung des Gesetzentwurfes betr. Aenderung einiger Bestimmungen des Gesetzes über die Pensionsrechte der Körperschaftsbeamten und ihrer Hinterbliebenen eingetreten.

Stuttgart, 12. Juli. Vor dem zweiten Zivilsenat des Oberlandesgerichts begann am Donnerstag die Berufungsverhandlung in dem Rechts­streit des Grafen Maximilian Waldburg-Zeil- Hohenems gegen den Fürsten Georg von Wald- burg-Zeil-Trauchburg wegen Herausgabe des Wurzacher Stammguts. Die Zivilkammer des Land­gerichts Ravensburg hat am 15. Mai 1908 zugunsten des Klägers erkannt und den Beklagten (Waldburg- Zeil-Trauchburg) zur Herausgabe des strittigen Guts­komplexes verurteilt. Gegen dieses Urteil legte der Beklagte Berufung ein und beantragte, das Urteil erster Instanz aufzuheben und den Kläger abzuweisen; der Kläger beantragte Verwerfung der Berufung. Die Verhandlung entrollte ein recht historisches Bild des Erbtruchsessengeschlechts Waldburg seit dem 15. Jahrhundert; u. a. ergab sich, daß fast bei jedem

Die Dame mit den Rosen.

Kriminalroman von G. Quis.

24) -(Nachdruck verboten.!

(Fortsetzung.)

Der Ton mit dem der arme Bursche sprach, war so betrübt, daß Anna ihm nicht zu widersprechen wagte. Sie nahm einen Ring vom Finger und gab ihm denselben mit den Worten:

Behalte ihn zum Andenken an mich. Schreibe manchmal an Jakob, wie es dir geht."

Er dankte traurig.

Der Postwagen kam heran. Jakob begleitete Anna von Walmoden, die Tochter des Staats­anwalts an den Schlag, ihr versichernd, daß er in zwei bis drei Tagen in der Stadt eintreffen und dort mit dem Rechtsanwalt Schwinger Rücksprache nehmen werde.

Der Wagen rollte davon.

-i- *

*

Als Anna in der väterlichen Wohnung angelangt war, stürmte sie, ohne erst ihren Reisemantel ab­zulegen, in das Zimmer des Vaters. Dort flog sie ihm in die Arme und streichelte und küßte ihn so zärtlich, daß er sofort erkannte, in wie unveränderter, kindlicher Liebe und Treue sie noch an ihm hing. Die stumme Umarmung gewährte geraume Zeit. Beide hatten eine lange Trennung, lange Leiden, getäuschte Hoffnungen und fruchtlose Erwartungen zu vergessen. Beide schüttelten in einem Augenblick die Last dieser Prüfung ab, um die Freude des Wiedersehens zu feiern, um sich einander vertrauens­voll und zärtlich in die Augen zu blicken, wie zu

Erbgang Zweifel und Streitigkeiten bei den ver­schiedenen Linien des Stammhauses stattfanden. Rechtsanwalt Schelling, der Vertreter des Beklagten, trug u. a. vor, daß das Urteil der Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg in den Kreisen des hohen Adels große Unruhe hervorgerufen habe; unter großer Heiterkeit aller Anwesenden teilte er mit, daß in nicht weniger als 17 oder 18 ftandesherrlichen Familien, die sich in ähnlicher Rechtslage befinden, Prozesse auf Herausgabe stand'esherrlicher Güter möglicherweise angestrengt werden würden, wenn das Urteil erster Instanz aufrecht erhalten werde. Die Verhandlung wurde Samstag vormittag zu Ende geführt. Der Streitwert war bisher auf zwei Millionen Mark bemessen; andere Festsetzungen wurden in der Berufungsverhandlung nicht getroffen. Die Urteilsverkündigung wurde auf Montag den 20. September angesetzt.

Stuttgart, 16. Juli. An Stelle der alten Legionskaserne ist jetzt der Wilhelmsbau A.G. er­standen. Wenn man den Bau von dem Hauptein­gang von der Königsstraße aus betritt, gelangt man in die mit griechischem und italienischem Marmor bekleidete Vorhalle mit Freitreppe. Das Restaurant umfaßt eine Grundfläche von etwa 550 Quadratmeter, wobei die Nebenräume, Buffet usw. nicht mit ein­gerechnet sind. Der Verkehr zwischen Restaurant und Küche geschieht mittels dreier elektrischer Auf­züge. Das Cafe befindet sich im 1. Stock und um­faßt wieder ohne Nebenräume einen Flächeninhalt von 700 Quadratmeter. Es gehört zu den größten Cafes, die es gibt; in Süddeutschland ist überhaupt kein größeres. Die Innenausstattung des Cafes, an das sich ein breiter, ca. 60 Meter langer Balkon gegen die König- und Marienstraße anschließt, ist mit besonderem Aufwand hergestellt. Die Wände sind mit poliertem Kirschbaumholz getäfert, ebenso die Säulen. Die Möbel sind, soweit sie aus Holz sind, aus demselben Material. Zum Cafö, das ein sehr hübsch ausgestattetes besonderes Damenzimmer und eine sehr vornehm gehaltene Nichtraucherabteil­ung neben den Räumen für Billardspiel, Kartenspiel usw. hat, gehören die üblichen Nebenräume, wie Kaffeeküche usw. Sehr zu begrüßen ist, daß sich im Cafe für das Trinkwasser ein eigener Apparat zur Filtrierung und Reinigung befindet. In den übrigen Stockwerken befinden sich ausschließlich Ge­schäfts- und Bureauräume. Im Erdgeschoß ist an der Ecke der König- und Marienstraße ein Raum für drei Läden bestimmt, die bereits begonnen sind. Das Erdgeschoß enthält außer den Wein-, Bier-, Gemüse- und sonstigen Keller-Räumlichkeiten für die Wirte zwei Kegelbahnen mit besonders geräumigen Kegelstuben. Die Architekten Heim u. Früh haben mit der Erstellung dieses Gebäudes unstreitig ein würdiges Meisterwerk geschaffen, das der Landes­hauptstadt zur Zierde gereicht und in jeder Weise geeignet ist, den Ruhm schwäbischer Baukunst weit hinaus zu tragen. Für die Residenzstadt Stuttgart ist unstreitig eine weitere Station erreicht auf dem Wege zu einer wahrhaft modernen, großstädtischen

jener Zeit, als das vermeintliche Verbrechen Karls noch keine Kluft zwischen ihnen aufgeworfen hatte. !

Wenige Minuten nach der Ankunft Annas brachte ! ein Diener Herr von Walmoden ein amtlich ver­siegeltes Telegramm.

Er öffnete es, durchslog den Inhalt, sank er­bleichend zurück und murmelte:

O göttliche Vorsehung, wie wunderbar sind deine Wege!"

Was ist dir, lieber Vater? Enthält der Bericht eine traurige Kunde? Ist ein Unglück geschehen?"

Nein mein Kind," antwortete der Staatsanwalt sich sammelnd und reichte seiner Tochter gerührt die Hand.Niemals bin ich glücklicher gewesen. Ein Wunder ist geschehen. Das Licht der Wahrheit leuchtet."

Welches Wunder, welche Wahrheit?"

Indem ich diesen Bericht las. den ich über die Vorgänge in Treilburg eben erhalten habe, bin ich wie geblendet von der wunderbaren Fügung der Vorsehung, die auf geheimnisvollen Wegen die Un­schuld zu retten, die Wahrheit ans Licht zu fördern weiß. Aber ich hätte auch die heilige Gewalt der Liebe bewundern müssen, die in diesem Falle das Werkzeug der Vorsehung gewesen ist."

Der Bericht, der den Staatsanwalt so tief er­schütterte. lautete:

Endlich ist ein furchtbares Geheimnis gegründet worden, das infolge eines traurigen Mißverständ- nisses beinahe ein Menschenleben zum Opfer gefordert ! hätte. Der wirkliche Mörder des Kommerzienrats I Hollmann ist gestern verhaftet worden und zwar in > I der Nähe von Treilburg, als er eben im Begriff I

Entwicklung. Der Vorwurf kleinstädtischen Wesens hat jedenfalls in einer Beziehung mit dem heutigen Tage jede Berechtigung verloren.

Stuttgart, 16. Juli. Heute nacht 2 Uhr hat sich das 25jährige Fräulein M. V., Tochter eines Privatiers in der Urbanstraße auf der bei der Urbanstraße gelegenen Sängerstaffel eine Revolver­kugel in die Brust geschossen. Sie wurde in das Katharinenhospital geschafft. Die Verletzung ist nicht lebensgefährlich. Das Motiv zur Tat ist Liebes­kummer.

Tübingen, 15. Juli. Friedrich Weiß, Sohn des Rößleswirts von Stammheim OA. Calw, der am 24. Mai d. I. seinen leiblichen Vater erschossen hat und diese ruchlose Tat unumwunden einräumt, ist, nachdem die psychiatrische Universitätsklinik auf Grund längerer Beobachtung sich dahin ausgesprochen hat. Weiß sei ein hochgradig schwachsinniger Mensch (er ist auch körperlich unnormal) und habe sich bei Begehung seiner Tat in einem Zustand von krank­hafter Störung der Geistestätigkeit befunden, durch welche seine freie Willensbestimmung ausgeschlossen gewesen sei, gemäß § 151 St.-G.-B. außer Ver­folgung gesetzt werden, es soll aber Vorsorge ge­troffen werden, daß Weiß dauernd in einer Irren­anstalt verwahrt werde.

Meßstetten O/A. Balingen, 16. Juli. Ein Landjäger von Ebingen verhaftete gestern drei Zigeuner. Als einer die Flucht ergriff, schoß der Landjäger nach ihm und traf ihn in die Nieren, so daß er bald darauf starb.

Ulm, 15. Juli. Vom Glück begünstigt waren zwei Beamte der hiesigen Stadtpflege. Sie haben in der letzten Straßburger Lotterie den Haupttreffer von 15 200 Mk. gemacht.

-u- Stuttgart, 15. Juli. (Einges.) Anläß­lich unserer am vergangenen Sonntag zum Teil leider bei strömendem Regen erfolgten Wanderung durch das von ozonreicher Luft so wunderbar erfüllte Enztal erstiegen wir auch den nordwestlichen Ge- birgskamm des in frischem abmutigen Grün so fried­lich ins Tal gebetteten Schwarzwaldstädtchens Neuenbürg und besichtigten das einen gewaltigen Eindruck machende neue Krankenhaus. Wie wohl­tuend war es für uns vom Regen durchnäßtefah­rende Gesellen", unweit unseres, eine wunderbare Fernsicht bietenden Standorts bei Hrn. und Frau Vogt zurTannenburg" ein Plätzchen zu finden, von dem man mit Fug und Recht sagen kann:hier ists gut sein!" Inmitten luftiger, komfortabler Räume quillt da eine Perle, die dem aufmerksamen und gastfreundlichen Kurhausbesitzer den Ruf eines auf Hebung des Fremdenverkehrs wohlbedachten Ge­schäftsmannes einbringen muß. Wir können es uns nach dem Genossenen kaum versagen, unserebesseren Hälften" bei hoffentlich bald eintretender beständiger Witterung möglichst bald nach derTannenburg" zu beurlauben und freuen uns schon heute, den Stutt­garter Rodelklub des öfteren in dem einzig schönen Kurhotel zu gemütlichem Beisammensein versammeln zu können. Hoffentlich fließt dann ein guter1909er"

stand, das geraubte Geld aus dem bisherigen Ver- ! steck hervorzuholen. Der Gesamtbetrag von einer ! Viertelmillion Mark wurde unangetastet gefunden. Der Mörder, ein ehemaliger Diener des Kommerzien­rats, befand sich in der Gesellschaft einer der Polizei hinlänglich bekannten Hehlerin Julie Müller, genannt dieMarode". Gegenüber dem offenbaren Beweise seiner Schuld hat Münch ein vollkommenes Geständ­nis abgelegt. Der Gendarm, der die Verhaftung bewerkstelligte, hat Beweise der größten Geschicklich­keit und Geistesgegenwart gegeben. Münch und die Marode" sind sofort nach dem Gefängnis der Hauptstadt transportiert worden. Die Gendarmen waren von einem Gastwirt benachrichtigt worden, dem die SchenkeZum Kreuzwege" gehört. Er war in Treilburg unter dem NamenVater Reutter" bekannt. In der Tat aber ist er der Zeuge Jakob, ein vieljähriger, treuer Diener der Familie Hollmann."

Annas Antlitz strahlte vor Stolz und Freude, während ihr Vater diese Zeilen las.

Was wirst du nun tun?" fragte sie.

Sofort an die Direktion des Zuchthauses schreiben und den Gefangenen nach Berlin bringen lassen, damit er als Zeuge in dem Prozeß erscheinen kann, der nun gegen den wahren Mörder geführt werden wird."

Und dann?"

Sobald Münch verurteilt ist, wird das Urteil kassiert, das den unglücklichen jungen Mann zugrunde gerichtet hat, er wird rehabilitiert und"

Und er erstattet seinen Dank dem braven I Jakob," sagte Anna lachend.

I Fortsetzung folgt.