Karlsruhe, 15. Juli. Dem nächsten Landtag wird eine Vorlage über eine Erhöhung der badischen Biersteuern auf die Sätze des Reichs zugehen, auch Bayern (und Württemberg Red.) werden ihre Biersteuern erhöhen. Die badische Steuer ist heute schon die höchste im ganzen Reichsgebiet.
Metz. 15. Juli. Nach Besichtigung des Reichsluftschiffs „2 1" durch den Generalinspekteur Lynker erfolgte gestern abend ein kurzer Aufstieg ins Moseltal. Aufstieg und Landung verliefen glatt. An der kurzen Fahrt nahmen der Chef der Verkehrstruppen, General v. Lyncker, sowie der kommandierende General v. Prittwitz und Gaffron, sowie General v. Petzel teil. Heute früh erfolgte ein weiterer Aufstieg. In den Straßen standen die Menschen in großen Scharen und riefen zu dem Luftschiff empor. In der vorderen Gondel befand sich außer Hauptmann George Exzellenz v. Lyncker und der bayerische General Dingeldein. Das Luftschiff fuhr zwischen Kathedrale und Garnisonskirche über die Stadt, drehte und kehrte infolge eintretenden Regens zur Halle zurück.
Die in Wiesbaden verstorbene Witwe des früheren General-Direktors der Köln-Düsseldorfer Dampfschiffahrts-Gesellschaft, Leroy. hatte ihr rund 900000 Mark betragendes Vermögen der Stadt Wiesbaden vermacht. Nun haben aber unvermögende Anverwandte gegen das Vermächtnis Einspruch erhoben, und daraufhin hat die Stadt Wiesbaden die Ablehnung der Erbschaft beschlossen.
Baron Rothschild sen. hat 10000 Kronen für die Armen angewiesen, die gestern bei dem Leichenbegängnis seines Sohnes, der sich unter tragischen Umständen erschossen hat, nicht betteln durften.
Thann i. Elsaß, 14. Juli. Die Dampfwalzmühlenfabrik von Brunner in Senn heim ist vollständig abgebrannt. Der Schaden beläuft sich auf über 200000
Auf der Birnlücke im Groß-Venediger ist der Rektor Karl Geister aus Berlin von einem Schneesturm überrascht worden und erfroren.
Toulon, 16. Juli. Bei der Truppenschau, die am Mittwoch hier abgehalten wurde, rief General Furnout der Militärkapelle, als sie von neuem die Marseillaise zu spielen anhob, zu: „Spielt jetzt was. änderest Dieses Lied'kennen wir nun." Der Vorfall hat großes Aufsehen erregt.
In New-Uork stürzte am Donnerstag nachmittag ein bewohntes vierstöckiges Eckhaus in der 11. Marketstreet ein. Sieben Tote, sowie eine große Anzahl Verwundeter wurden bereits geborgen. Man befürchtet, daß noch zahlreiche Opfer unter den Trümmern begraben liegen. Eine ungeheure Menschenmenge umlagert die Unglücksstätte.
Württemberg.
Stuttgart, 14. Juli. Die Zweite Kammer beschäftigte sich heute mit der Eingabe der Gemeinden Markgröningen, Möglingen und Ludwigsburg um Erbauung einer normalspurigen Nebenbahn von Ludwigsburg nach Markgrönungen durch den Staat und überwies die Eingabe der Regierung zur Berücksichtigung, die Eingabe um Fortsetzung der Bahn bis Enzweihingen wurde der Staatsregierung zur Erwägung übergeben. In der Debatte kam man nochmals auf die konfessionelle Eisenbahnpolitik zu sprechen. Abg. Remb old-Aalen wies die gegen das Zentrum erhobenen Vorwürfe energisch zurück, was den Abg. Keil (Soz.) zu der Aeußerung ver- anlaßte, daß manche Bahnwünsche seitens der Regierung nur erfüllt wurden, um dem Zentrum den Mund zu stopfen. Ministerpräsident v. Weizsäcker stellte einen derartigen Handel bestimmt in Abrede. Er bedanke sich dafür, bei seinen sachlichen Erwägungen auch noch die Konkurrenz der Parteien in Betracht zu ziehen. Würde man die Frage der Erbauung von Nebenbahnen mit der Politik verquicken, so würde die Verwaltung schlechte Geschäfte machen. Die Regierung verzichte darauf, sich zu Kompromittieren und eine Kompromittierung würde ein solcher Vorgang sein. Der Antrag Gröber und Genossen betreffend Gewährung eines Staatszuschusses zu einer Schlachtviehversicherung zum Schutze gegen Verluste, welche durch Beanstandung des Fleisches bei der Fleischbeschau entstehen, wurde abgelehnt.
Stuttgart, 15. Juli. In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer wurde zunächst das Etatskapital 111 (Kameralämter) nach unerheblicher Debatte nach den Kommissionsanträgen genehmigt. — Es folgt die Weiterberatung des Etats des Finanzdepartements bei Kap. 98. Zu den einzelnen Ziffern dieses Kapitels liegen verschiedene Resolutionen der Finanzkommission vor, die nach
längerer Debatte angenommen werden, ebenso eine Reihe von Abänderungsanträgen der Kommission. Ohne wesentliche Debatte werden dann die Kap. 99, 100 und 101, letzteres mit einem Antrag und einer Resolution der Kommission, angenommen, ebenso Kap. 103, bei dessen Titel 6 b die von der Regierung geforderte Summe von 48 000 Mk. für den Umbau des.Hauptzollamts in Friedrichshafen nach dem Kommissionsantrag abgelehnt wird. Die Beratung gedieh bis zum Kap. 107, bei dessen Titel 8 (Steuerwache) aus Antrag des Abg. Dr. Kiene abgebrochen wird.
Die Mahnungen an die Zweite Kammer zu rascherer Arbeit sind offenbar nicht ohne Einfluß geblieben, denn die Landboten haben in der letzten Woche ihre Arbeiten zufriedenstellender gefördert und nunmehr den Etat, soweit er ihnen aus der Finanzkommission vorlag, zu Ende beraten. Freilich steht noch der ganze Finanzetat aus, sowie einige Nachtragsetats, aber wenn die Arbeit in dem Tempo der letzten Tage weitergeht, so ist doch wenigstens wieder ein Ende abzusehen. Einstweilen treten die Beratungen der Zweiten Kammer hinter denen der Ersten an Bedeutung zurück, da dort nunmehr die Generaldebatte über die Volksschulnovelle begonnen hat. Es steht so viel fest, daß in manchen wichtigen Punkten die Regierungsvorlage ganz oder wenigstens teilweise wiederhergestellt, in anderen Punkten dagegen ein Kompromiß geschlossen wird, von dem zu hoffen ist, daß er das allgemein anerkannte Reformbedürfnis für unsere Volksschule zu einem für das ganze Land gedeihlichen Ende entgegenführt. Ein besonders wichtiger Punkt wird dabei auch die Kostenfrags sein, die bekanntlich schon in der Regierungsvorlage viele Millionen ausmachte und durch die Beschlüsse der Zweiten Kammer verdoppelt und verdreifacht wurde. An diese Kostenfrage ist, abgesehen von der allgemeinen Finanzmisere, noch aus dem Grunde zu denken, weil wir Heuer angesichts des geradezu trostlosen Wetters mit einer schweren wirtschaftlichen Schädigung des Landes schon jetzt zu rechnen haben. Die Heuernte hat arge Not gelitten, und wenn auch die Aussicht besteht, daß die nasse Witterung, die die erste Ernte größtenteils verdorben hat, wenigstens das Wachstum für die Oehmdernte um so besser fördert, so wird der Ausfall in den Scheunen der Landwirte doch große Lücken und einen starken Abmangel in den Erträgen ausmachen. Auch die Fruchtfelder, denen die vielen Niederschläge eine zeitlang förderlich waren, beginnen Schäden aufzuweisen, was namentlich von den Kartoffeln gilt. Der Weinstock hat schlecht verblüht und steht, da wir erst 11 richtige Sommertage gehabt haben, nichts weniger als günstig. Die Feldarbeiten sind außerdem durch die große Verzögerung der Heuernte sehr gestört und so blicken denn die Landwirte selbst mit Besorgnis der nächsten Zukunft entgegen. Noch mehr aber wird dadurch die breite Masse der Bevölkerung getroffen, die schließlich durch weiterhin steigende Lebensmittelpreise den Schaden zu tragen hat. Und das will angesichts der hohen Fruchtpreise, die wir schon seit Monaten zahlen müssen, etwas bedeuten. Der Durchschnittspreis für Weizen, Roggen und Hafer ist um 10—20°/o höher als im vorigen Jahre, wo er schon keineswegs billig war. Ueberall werden die Brotpreise erhöht, und daß die Fleischpreise nicht weiter steigen, ist nur dem Umstand zuzuschreiben, daß viele Züchter mangels genügender Heuvorräte zu einer Verminderung ihres Viehstandes allmählich übergehen. Nun hängt ja der Kornpreis nicht allein von der einheimischen, ja nicht einmal von der deutschen Marktlage ab, aber die Liebesgabenpolitik der, Einfuhrscheine und eine gewissenlose Spekulation» haben das ihrige dazu beigetragen, alle die Vorteile, die höhere Arbeitslöhne und aufgebesserte Gehälter für den Konsumenten mit sich brachten, wieder auszugleichen.
Die Stelle des Landesfeuerlöschinspektors wurde dem Regierungsbaumeister Zimmer mann in Ludwigsburg übertragen.
Ludwigsb.urg, 13. Juli. Eine böse Ueber- raschung ist dem zurzeit im Bade weilenden Privatierehepaar Eduard Israel bereitet worden. In der Nacht vom 8./9. ds. stieg ein Dieb vom Bahnhotelgarten her auf die Veranda der im Parterre des Hauses Nr. 5 der Karlstraße gelegenen Wohnung, gelangte durch ein geöffnetes Oberfenster in die Küche, deren Türe er erbrach und dann in die innere Wohnung, in der die Schlüssel in den Türen staken. Sämtliche Möbel, in denen der Einbrecher Beute vermutete, wurden teils erbrochen, teils mit Schlüsseln, die der nächtliche Besucher vorfand, geöffnet und alles durcheinander gewühlt und in den Zimmern herumgeworfen. Der Dieb ließ sich offen- >
bar Zeit, denn er hat seine Auswahl sorgfältig getroffen. Es fehlen u. a. ein goldenes Armband mit Brillanten im Wert von 400 Mk.. eine silberne Thee- und Milchkanne im Wert von 300 Mk., eine Kristallschale mit schwerem Silberring im Wert von 500 Mk., eine Anzahl silberner Messer, Löffel, Gabeln, ein silbergeflochtenes Körbchen, ein Geldbeutel mit etwa 150 Mk. Inhalt usw. Insgesamt handelt es sich um einen Wert von 1500—2000 Mk.
Tübingen, 13. Juli. Um zum neugegründeten Hansabund Stellung zu nehmen, tagte heute auf Einladung des Gewerbevereins und des Handelsvereins eine gut besuchte Versammlung ims „Hans- karle". Den Vorsitz führte Privatier Bilfinger, der in kurzen Zügen die Gründe, die den Bund ins Leben gerufen haben, und seine Ziele entwickelte und zum Beitritt riet. In längerer Rede schilderte darauf Reichstagsabgeordneter Schweikhardt den Gang und das Ergebnis der Verhandlungen über die Finanzreform und empfahl gleichfalls, wie noch weitere Redner, den Anschluß an die neue Vereinigung. Es wurden jedoch auch abmahnende Stimmen laut: man solle die Bildung einer ausgesprochenen Jnteressenpartei nicht unterstützen; es sei zu befürchten, der Hansabund werde sich zu einer politischen Partei auswachsen; Gewerbe, Handel und Industrie stehen auf zu verschiedener Basis, als daß sie unter einen Hut gebracht werden können usw. Schließlich wurde, freilich von einer Minderheit der Versammlung, die Gründung einer Ortsgruppe beschlossen. Die Angelegenheit soll weiter verfolgt werden. Vorläufig haben sich nur 30 der Anwesenden in die umlaufende Beitrittsliste eingetragen.
Ebingen, 16. Juli. Dienstag vormittag zehn Uhr trafen mittels Automobils Minister des Innern v. Pischek, Kriegsminister v. Marchtaler und Regierungspräsident Hoff mann hier ein, um in Begleitung des Regierungsrat Filser den Truppenübungsplatz zu besichtigen. Von hier aus wurde der Besuch begleitet von Stadtschultheiß Spanagel, Oberförster Schleicher und den Mitgliedern der bürgerl. Kollegien Alb. Ott, Heinrich Cleß und Bankdirektor Beck. Um vier Uhr kamen die Herren in mehreren Autos in die Stadt zurück. Die Einwohnerschaft ist sehr erfreut über das besondere Interesse, das die württembergische Regierung mit diesem Besuch für den Truppenübungsplatz und dessen Einrichtung bekundet hat. Es weilt zur Zeit auch eine militärische Kommission hier, die die Platzverhältnisse studiert, und so dürste es nicht mehr lange anstehen, bis die endgültige Entscheidung über die Einteilung und Einrichtung' des Terrains fällt.
Ebingen, 15. Juli. Gestern nachmittag fuhr einem hiesigen Brauereibesitzer sein eigener Hund, eine Dogge, ins Gesicht und zerfleischte ihm die Wange.
Am kommenden Sonntag den 18. Juli wird das Sommerfest der Volkspartei des 9. Reichslagswahlkreises in Schwenningen abgehalten. Den Ansprachen bei der öffentlichen Volksversammlung, die nachmittags um sts3 im „Reutewald" stallfindet, dürfte sich ein besonderes Interesse zufinden, das sich durch die politischen Vorgänge der letzten Wochen in Reich und Land noch bedeutend erhöht. Es werden sprechen der Abgeordnete des 9. Reichstagswahlkreises, Konrad Haußmann, „Die neue Reichsregierung", der Landtagsabgeordnete Prof. Nägele-Tübingen über „Kulturfragen und Staatsfinanzen" und Landtagsabgeordneter Löchner- Stuttgart über „Die Schulnovelle und die Erste Kammer". Durch die Ausführung eines Sonderzugs (Schwenningen ab 7.54 abends, Rottweil an 8.30) mit Anschluß in der Richtung nach Horb und nach Tuttlingen ist auch entfernter Wohnenden der Besuch des Parteitags wesentlich erleichtert. Bei etwaigem schlechten Wetter — hoffentlich wird es einmal besser — bietet der Saalbau des Hotels „Rößle" Raükn für 1200 und mehr Personen.
Eßlingen, 14. Juli. In der heutigen Sitzung des Aufsichtsrats der Maschinenfabrik Eßlingen wurde beschlossen, der am 30. ds. Mts. stattfindenden Generalversammlung vorzuschlagen, von dem nach Vornahme der Abschreibungen verbleibenden Ueber- schuß eine Dividende von 6°/« auf das Aktienkapital festzusetzen. Für die Arbeiterhilfsfonds in Eßlingen und die Beamtenpensionsfonds, sowie für Gratifikationen an Beamte sollen 150 000 Mk. verwendet werden. Der Umsatz in 1908/09 betrug 12,9 Millionen Mark und liegen gegenwärtig für ungefähr 6,25 Mill. Mark Aufträge vor. — Mit dem Beschlüsse der Abgeordnetenkammer betreffend Ankauf des Areals der Maschinenfabrik sind nun die Verhandlungen glücklich zum Abschluß gekommen. Sie haben etwa zwei Jahre gedauert. Es handelt sich um eine Grundfläche von rund 70 000 Quadrat-