wollend dazu geäußert hatte, angenommen. Abg. Graf (Z.) hatte einen Amrag gestellt, wonach Dar­lehen gegen Zahlung einer Annuität von 4°/» ge­währt werden sollten, da auch in anderen Bundes­staaten dieser Satz Geltung erlangt hätte. Für diesen Antrag stimmten Zentrum und Sozialdemo­kratie. Die Mehrheit, Deutsche Partei, Volkspartei und Bauernbund stimmten dagegen und so blieb es bei dem Kommissionsantrag, der 4'/-°/« vorsieht. Eine Resolution, worin die Bedingungen für Ge­währung von staatlichen Baudarlehen und Darlehens­garantien an Baugenossenschaften niedergelegt sind, wurde mit großer Mehrheit angenommen.

Stuttgart, 10. Juli. Die Erste Kammer erledigte den Gesetzentwurf über den Waffen­gebrauch der Landjäger. Sie trat dem Antrag ihrer Kommission bei, daß von der Schußwaffe Ge­brauch gemacht werden dürfe nicht bloß bei Per­sonen, die der Verübung eines Verbrechens, sondern auch bei den Personen, die der Verübung eines Ver­gehens verdächtig oder wegen eines solchen verurteilt sind. Die Kammer fügte außerdem noch eine Be­stimmung hinzu, daß die Schußwaffe auch gegen festgenommene Landstreicher gebraucht werden dürfe. Dann wurde noch der Etat der Post- und Tele­graphenverwaltung angenommen, wobei der Minister­präsident mitteilte, daß er sich wegen der Her­stellung von Sonntagsbriefmarken an die Reichspostverwaltung gewandt habe, nachdem sich die Generaldirektion dafür ausgesprochen habe. Send­ungen, auf die der Absender eine Sonntagsmarke geklebt hat, brauchen Sonntags nicht bestellt zu werden. Die Reichspostverwaltung habe jedoch ge­antwortet, daß sie nach den in Belgien gemachten Erfahrungen die Einführung solcher Briefmarken für nicht praktisch halte.

Der Schwäbische Sängerbund läßt in diesen Tagen die 1. Lieferung des 4. Bandes seiner Liedersammlung hinausgehen, ein Heftchen mit 17 Chornummern. Die Kommission hat offenbar fleißig gearbeitet, sonst könnte sie der vor wenigen Monaten erschienenen Lieferung mit den Volks­liedern, die so großen Anklang gefunden hat, nicht nach so kurzer Zeit dieses neue Heft folgen lassen. Dabei zeichnet sich die Arbeit durch größte Pünkt­lichkeit aus. bei Noten ein ebenso schwieriger als wichtiger Punkt, für dessen Beobachtung der Schluß­redakteur, Prof. Wörz-Tübingen, in Verbindung mit Prof. Förstler-Stuttgart alle Anerkennung verdient. Als Nummer 1 ist der schon früher einzeln hinausgegebene neue Wahlspruch des Bundes von Reiff-Jüngst festgelegt; mit dem ChorDeutsch­land über alles" nach Haydns Melodie von R. Wörz gesetzt, wurde eine oft empfundene Lücke ausgefüllt.

Heilbronn. 12. Juli. Die hier bestehenden Ortskrankenkassen, 13 Fabrik- und 2 Jnnungs- krankenkassen, sowie die Krankenpflegeversicherung haben im Jahre 1908 insgesamt Einnahmen von 545954 Mk. und Ausgaben von 532 576 Mk. ge­habt, wovon allein für Krankenzwecke 444 284 Mk. Die Zahl der Mitglieder betrug im Durchschnitt 17139, die Zahl der Todesfälle 103, der Erkrank­ungsfälle 8510 mit 190 763 Erkrankungstagen.

Nom Schwarzwald, 9. Juli. Unseren Uhren­fabriken ist in letzter Zeit in russischer Ge­fängnisarbeit ein neuer recht schädlicher Wett­bewerb entstanden, insbesondere von Warschau aus, wo ein früherer Vorarbeiter aus Schwenningen als Gefängniswerkführer angestellt ist. Die Bestandteile der Uhren amerik. Systems werden in großen Posten von Händlern aus Deutschland bezogen und von den Gefangenen zu den allerniedrigsten Preisen zu­sammengesetzt. Gegenschritte bei der russischen Regierung sind bis jetzt erfolglos gewesen.

Zur Stuttgarter Wasserversorgung.

Professor Dr. H. Jäger-Koblenz beschäftigt sich im Medizinischen Korrespondenzblatt mit der un­längst von der Stuttgarter Stadtverwaltung heraus­gegebenen Denkschrift über die verschiedenen Projekte für die durchzuführende Neugestaltung der Wasser­versorgung in Stuttgart.

Das Bodenseeprojekt glaubt der Verfasser aus hygienischen Gründen nur dann empfehlen zu können, wenn wirklich Grundwasser in ausreichender Menge und einwandfreier Beschaffenheit nicht auf­zutreiben sein sollte.

Mit Bezugnahme auf die von verschiedenen Seiten angeregte Mitbenützung des filtrierten Neckarwassers meint Dr. Jäger: Wenn die Stadt ganze Arbeit machen will, und dazu hat sie offenbar den ernsten Willen, so wird sie besser daran tun, auf das Neckarwasser ganz zu verzichten.

Mit dem Teil der Denkschrift, der sich mit der Besprechung und Ablehnung des Jllerwasser- projekts beschäftigt, ist Dr. Jäger nicht zufrieden. Er glaubt, daß die aus einer mangelhaften bakterie- ologischen Technik gezogenen Schlüsse die Begutachter des Jllergrundwassers zu schwerwiegenden hygienisch­hydrologischen Fehlschlüssen verleitet habe. Sein Urteil faßt der Verfasser wie folgt zusammen:

1. Das Enztalprojekt schafft nach den Auf­stellungen der Denkschrift ausreichende Wassermenge nur bis 1926 (also wenn man 4 Jahre Bauzeit rechnet, nur für etwa 12 Jahre). Ob auch für diese Frist die berechnete Wassermenge wirklich sichergeben wird, ist zweifelhaft und wird von hydrologischer Seite ent­schieden bestritte». Das Wasser aus dem Enztal ist auf Grund der gemachten Erfahrungen hygienisch nicht einwandfrei (Erfahrungen Ptorzheim.) Das Enztalprojekt bedroht die Wildbader Thermal­quellen.

2. Das Bodenseeprojekt sieht Oberslqchekr- wasser vor und ist deshalb nicht zu wählen, weil einwandfreies Grundwasser in ausreichender Menge höchstwahrscheinlich beschafft werden kann. 'I

3. Das Jllertalprojekt ist auf Grund unzu­länglicher Untersuchungsmethoden nach der hygienischen wie nach der hydrologischen Seite unrichtig beurteilt. Vielmehr ist es als höchst wahrscheinlich zu be­zeichnen, daß Stuttgart aus dem Illergebiet auf viele Jahrzehnte hinaus mit einwandfreiem Grundwasser versorgt werden kann.

4. Gründliche, unbedingt sachkundige Nachprüf­ungen aller drei Projekte von hygienischer wie von hydrologischer Seite sind unerläßlich. Die hygienische Frage ist zweifellos die wichtigste: um dieser willen sollen die vielen Millionen ausgegeben werden.

Aus ^taSt» Bezirk uns Ungevuntz

Seine Majestät der König hat dem Schult­heißen Scholl in Unterreichenbach die Verdienst­medaille des Kronenordens verliehen.

Neuenbürg, 13. Juli. Tagesordnung für die am Montag den 26. Juli ds. Js., vormittags 9^4 Uhr im Rathaussaal zu Heilbronn statt- findende Sitzung des Beirats der Verkehrs- anstalten: 1) Eisenbahnfahrplan für den Winter­dienst 1909/10; 2) Aenderung des Expreßguttarifs;

3) Mitteilung über Ausnahmetarife im Güterverkehr;

4) Neuwahl des ständischen Ausschusses.

lH Neuenbürg, 12. Juli. (Sitzung der bürgerl. Kollegien.) In ihrer gestrigen Sitzung waren die Kollegien hauptsächlich mit der Friedhof­angelegenheit beschäftigt. Nachdem die örtlichen Untersuchungen ergeben haben, daß sich das sogen. Bärenwirtsfeld" namentlich wegen des felsigen Untergrunds und der Zugangsverhältnisse für einen Friedhof nicht eignet, so wurde schon vor einiger Zeit die Wiesenparzelle Nr. 623 imSchnaizteich" als Friedhofplatz bestimmt; es handelte sich also nur noch um die Art und Weise der Bauausführung. Die Kollegien ließen zwei Projekte ausarbeiten. Nach dem einen Projekt sollen die Gebäulichkeiten (Halle, Totenzimmer, Sezierzimmer) an die Straße, nach dem anderen Projekt auf die Höhe unterhalb des Waldes zu stehen kommen. Letzterem Projekt gaben die Kollegien gestützt auf ein Gutachten der Beratungsstelle für das Baugewerbe in Stutt­gart den Vorzug. Die Bauausführung geschieht demnächst. Bestimmt wurde noch, daß aus Anlaß der Jubiläumsfeier der Feuerwehr am 9. August mittags ein Kinderfest auf demMaienplatz" abgehalten werden solle.

§. Neuenbürg, 12. Juli. Die Bezirks­kriegerversammlung in Conweiler am gestrigen Sonntag, womit die Feier des 25jährigen Jubiläums des dortigen Militärvereins und die Uebergabe der Erinnerungsmedaille verbunden war, war von der Ungunst der anhaltend regnerischen Witterung bedroht. Dessenungeachtet hatte sich eine stattliche Anzahl Kameraden von nah und fern, ins­sondere auch aus benachbarten badischen Gemeinden eingefunden, um dem Bruderverein die Ehre des Besuches zu erweisen. Der ganze Ort war in wohl­tuender Weise festlich geschmückt; schade war es nur, daß der Himmel unerbittlich genug war, die strahlende Sonne in ein undurchdringliches Dunkel zu hüllen, wenn er auch mit den gewählten Toiletten der Fest­jungfrauen und den unvermeidlichenZylindern" der Kameraden vom Jubilarverein Einsehen zu haben schien. Die amtlichen Verhandlungen bei Vorstand Renschler zur Sonne wurden durch den Bezirks­obmann, Hrn. Direktor Loos, mit der Begrüßung

der Kameraden eingeleitet. Schriftführer Holzapfel nahm hierauf Veranlassung, die Glückwünsche der Kameraden für den Bezirksobmann anläßlich der jüngst erwiesenen Ordensauszeichnung, womit auch dem Bezirkskriegerverband eine besondere Ehrung zuteil wurde, in Dankesworten gegen den König zum Ausdruck zu bringen. Der vom Schriftführer nun­mehr erstattete Geschäftsbericht der Bezirkssterbekasse ließ erkennen, daß das abgelaufene Jahr für den Verband ungünstig verlaufen ist, war das Sterbe­geld von 96 doch in 18 Fällen zur Ausbezahl­ung zu bringen bei einem Stande von 967 Mit­gliedern. Die verstorbenen Kameraden gehörten 13 Vereinen an. Sie erreichten ein Durchschnittsalter von 55 Jahren. Da auch aus dem laufenden Jahre bereits eine ungewöhnlich hohe Sterblichkeitsziffer zu verzeichnen ist und auch sonst eine Aenderung der Satzung geboten schien, so wurde das Sterbegeld bis auf weiteres« und bis zu einer wesentlichen Ver­änderung im Mitgliederstande auf 90 bemessen. Der Bezirkskriegerverband umfaßte 38 Vereine mit 1690 Mitgliedern, wovon 10 Vereine der Sterbe­kasse nicht angehörten. Die nächste Bezirksversamm­lung soll in Engelsbrand abgehalten werden. Für 1911 wurde ein Bezirkskriegertag in Aussicht genommen und hiefür Calmbach vorläufig vorge­merkt. Das Festmahl in derSonne" mundete trefflich. Der übliche Toast auf Kaiser und König wurde von dem Bezirksobmann ausgebracht. Auf dem Festplatz angelangt, wurde die stattliche Fest­versammlung durch einen stimmungsvollen Begrüß­ungschor erfreut. Festredner daselbst war Pfarrer Jung von Feldrennach, der in markanten Zügen die Ziele und Bestrebungen der Krieger- und Militärvereine kennzeichnete. 13 Mitglieder des Vereins wurden für 25jährige treue Dienstzeit mit Diplom bedacht. Nach der Uebergabe der Erinner­ungsmedaille durch den Bezirksobmann wurde der Jubilarverein von den Festjungfrauen durch Ueber- reichung einer prachtvollen Fahnenschleife geehrt. Am Abend fand in verschiedenen Gasthäusern Ball statt, der äußerst gemütlich verlaufen sein soll, so daß einzelne Nachzügler erst in später Stunde von dannen wandelten. Das heute abgehaltene Volksfest soll gleichfalls einen schönen Verlauf genommen haben. Alles in Allem: es war ein imposontes Fest, sowohl für den Militärverein, wie für die Gemeinde Conweiler.

Neuenbürg, 13. Juli. Die untere Enz- brücke an der Straße von der Stadt zum Bahnhof, deren Bauzeit volle 9 Monate beanspruchte, ist nunmehr seit wenigen Tagen dem Verkehr übergeben worden. Wie die vorherige Brücke, welche nun dem Verkehr über die Nagold in Unterreichenbach dient, ist die neue Brücke ganz aus Eisen mit zwei mäch­tigen Bogenträgern und beiderseitigen Gehwegen. Die Eisenkonstruktion wurde von der bekannten Firma Wälde, Kade und Erat in Steinbach bei Schw. Hall erstellt. Die Fahrbahn der Brücke hat eine Breite von 5 Metern, so daß. für 2 sich begegnenden Lastwagen genügend Raum gegeben ist. Ueber die Tragfähigkeit des neuen Werkes fehlen bis jetzt nähere Angaben; eine mit besonderer Feier ver­bundene amtliche Uebergabe hat nicht stattgefunden.

Neuenbürg, 13. Juli. Eine Abteilung des in Karlsruhe i. B. garnisonierten Telegraphen­bataillons. welche im vorigen Jahre schon den diesseitigen Bezirk zu Uebungszwecken ausgesucht hat, nimmt in diesen Tagen wieder umfangreiche Uebungen im Enztal vor. Heute von Wildbad kommend, marschierte die Abteilung, welche teilweise beritten ist, mit ihren Materialwagen und Geräten nach Ottenhausen, unterwegs, d. h. vom Cisenfurtsägwerk ab durch die Stadt bis zum nächsten Standort Ottenhausen flugs eine telephonische Verbindung an­legend. Die Abteilung bezieht auch in hiesiger Stadt Quartier. Mit den bevorstehenden Manövern dürften diese Uebungen nicht in Beziehung stehen.

U.-U. Neuenbürg, 10. Juli. Ein gebürtiger Neuenbürger, Stabsarzt Or. meä. Otto Loos, hat sich in der medizinischen Fakultät der Kaiser Wilhelms-Universität zu Straßburg als Privatdozent der Zahnheilkunde habilitiert. Dr. Loos hat seine medizinischen Studien an der Berliner Kaiser Wil­helms-Akademie zurückgelegt, wurde am 24. April 1894 zum Doktor der Medizin promoviert und war von 1898 bis 1900 an der Chirurgischen Klinik in Tübingen tätig und alsdann 1900/1901 unter Prof. Dr. Küttners Leitung der Roten Kreuz-Expedition in China. Seit 1906 ist Stabsarzt L. Leiter der Abteilung für Zahnkranke am Garnisonlazarett in Straßburg. Nach der Straßb. Post behandelt seine Habilitationsschrift die Ursachen des sogenannten Längerwerdens" der Zähne bei fehlenden Anta-