Verlangen des Abg. Re mb old-Aalen, daß die linksufrige Nebenbahn den Nebenbahnprojekten eisen­bahnloser Gegenden nicht bevorzugt werde, behauptete Keil, daß bisher der Bau von Eisenbahnen nach konfessionellen Gesichtspunkten erfolgt sei, welcher Vorwurf von dem Ministerpräsidenten entschieden zurückgewiesen wurde. Rembold trat dieser Auf­fassung energisch entgegen. Schließlich wurden die gesamten Anträge samt und sonders angenommen und sodann die Weiterberatung auf Dienstag ver­tagt, außerdem Finanzgesetz.

Stuttgart, 10. Juli. Um das große Los der diesjährigen Stuttgarter Geld- und Pferdelotterie, das bei der Ziehung am 23. April auf die Nummer 108573 fiel, ist bekanntlich ein Streit entbrannt. Das Los befand sich im Besitz eines Arbeiters, der es zugleich im Namen von drei anderen Kollegen gekauft zu haben behauptet. Als die Gewinner die 40000 Mk. auf der Bank erheben wollten, war die Nummer gesperrt. Inzwischen hatte sich ein Bäcker­meister von Bückingen gemeldet, der das Los bei dem Agenten gekauft haben wollte und behauptete, er habe es verloren oder es sei ihm entwendet worden. Der Bäckermeister erwirkte eine einstweilige Verfügung der Zivilkammer, dis die Auszahlung des Gewinnes an die Inhaber des Loses auf drei Monate verbot. Von beiden Parteien wurden Zeugen zum Beweis dafür benannt, daß sie die rechtmäßigen Besitzer des Loses seien. Die Zeugen wurden vernommen. Die Zivilkammer verkündete heute das Urteil dahingehend, daß den Arbeitern der Anspruch aus den Gewinn zusteht. Der beklagte Bäckermeister hat die Einwilligung zu geben, daß den Arbeitern, der auf der Bank hinterlegte Gewinn den Inhabern des Loses ausgefolgt wird. Das Urteil ist gegen Hinterlegung von 41000 Mk. vor­läufig vollstreckbar.

Stuttgart, 9. Juli. Vom hiesigen Mädchen­gymnasium legten 6 Schülerinnen die Abiturienten- prüf ung und zwar am Gymnasium in Cannstatt ab, wobei sämtliche, teilweise mit sehr gutem Erfolg, bestanden. Je zwei der Schülerinnen werden sich dem Studium der Philosophie und Philologie, je eine dem Studium der Naturwissenschaften und der Landwirtschaft widmen. Am Karlsruher Mädchen­gymnasium wurde 16 Damen, die an der Reife­prüfung teilnahmen, das Reifezeugnis ausgehändigt; 3 erhielten die Note sehr gut, 6 gut.

Stuttgart, 10. Juli. Einem Scheckschwind­ler ist eine hiesige Bank zum Opfer gefallen. Der angebliche Agent Sava Trefanov von Kovno (Ruß­land) erhob bei der Bank mit einem anscheinend gestohlenen Scheckbuch der Firma Cook u. Sohn in London eine größere Summe. Dem Gauner ist man auf der Spur, er scheint sich in München oder dessen Umgebung aufzuhalten.

Schwäb. Hall, 8. Juli. In der altberühmten Bäderstadt Hall am Kocher wird in diesen Tagen die 66. Jahresversammlung des Gustav-Adolf- Ver eins gehalten. Er hat sich zum letztenmal im Jahr 1887 in Hall versammelt und wieder wie damals hat ihm die alte Reichsstadt eine gastliche Stätte bereitet. Am Mittwoch vormittags löffi Uhr

Die Dame mit den Rosen.

Kriminalroman von G. Quis.

21) - (Nachdruck verboten.!

(Fortsetzung.)

Während er sich vergeblich fragte, auf welche Art er sich von ihr befreien könnte, begann sie, als läse sie im Innersten seiner Seele von neuem zu sprechen:Die Zeit vergeht, ich will vor Tages­anbruch mich wieder aufmachen."

Sind wir einverstanden?"

Wieviel gibst du mir?"

»Fünfzehntausend Mark. Ich habe das Geld bei der Hand. Dort unter meinem Bette."

Das Versteck kann unmöglich in solcher Nähe sein. Dazu bist du zu gewiegt."

Ich schwöre es dir bei meinem Leben."

Die Alte lachte unheimlich.

Ein jämmerlicher Schwur! Wenn wir uns nicht verstehen, sind deine Tage gezählt!"

Willst du?"

Ich will nicht. Ich verlange sechzigtausend Mark."

Ich habe selbst nicht so viel."

Man schätzt die Summe, die der Mörder ge­raubt, auf eine Viertelmillion."

Ich war es nicht."

Die Alte lachte wieder laut und unheimlich.

Vielleicht würdest du dich verständiger gegen mich benehmen, wenn du wüßtest, wer der Mann

war Versammlung der Abgeordneten im Brenzhaus Der sorgfältig aufgestellte Verteilungsplan wurde von dem Vorsitzenden, Hofprediger Hoffmann und Oberkonsistorialrat Römer vorgetragen und einhellig genehmigt. Es konnten die verschiedenen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern mit 50000 Mk., auswärtige Gemeinden mit rund 22 000 Mk. bedacht werden. Sodann wurden Mitteilungen über den sogen. Dreiervorschlag gemacht. Drei Gemeinden: Gundelsheim, Unterrombach und Wälde-Winterbach waren für die große Liebesgabe im Vorschlag. Es siegte Unterrombach mit 56 Stimmen; die unter­liegenden Gemeinden Gundelsheim und Wälde- Winterbach erhielten je ein Schmerzensgeld von rund 500 Mk. Nach einem gemeinsamen Mahle im Adler fand die öffentliche Hauptversammlung in der Katharinenkirche statt, welche Hofprediger Dr. Hoffmann eröffnete durch Gebet und Ansprache; dann kamen die verschiedenen Begrüßungen. Stadt­schultheiß Hauber sprach namens der Stadtverwalt­ung, Prälat Braun der Oberkirchenbehörde, Freiherr v. Seckendorf der Landessynode, Pfarrer Schnitzer- Kirchberg im Auftrag des Evang. Bundes, Pastor Braunschweig für den deutschen Gustav - Adolf- Verein usw. Grüße hatten gesandt der Präsident der Landessynode, Zeller, der durch seine landstän­dische Tätigkeit und gesundheitliche Gründe am Er­scheinen abgehalten war, Konsistorialpräsident v. Sandberger, Professor v. Schlatter, die Geheimräte v. Kübel, v. Soden u. a. Dekan Lang übergab mit humorvollen Worten das Festangebinde mit 13110Mk. Abends fand eine gesellige Vereinigung im großen Saal des Gasthofes zur Eisenbahn statt, bei der der Zustrom ein so gewaltiger war, daß eine zweite Feier unter Vorsitz des Stadtpfarrers Schopf abgehalten werden mußte. Der Verlauf war glänzend; der Leiter, Dekan Lang von Hall, sprach voll Humor, die Mitteilungen der Redner waren interessant und fesselten die Aufmerksamkeit bis zum Schluß.

Hall, 10. Juli. (Gustav-Adolf-Fest.) Am gestrigen Haupttage war dis Zahl der Festbesucher trotz des regnerischrn Wetters überaus groß. Be­sonders stark waren die Landleute vertreten. Die Hallen unserer Michaeliskirche waren beim Fest- gotttesdienst von einer großen andächtigen Gustav- Adolf-Gemeinde gefüllt. Von eigenartigem Reiz war der Anblick der großen Prachttreppe zu der Kirche, wo weißgekleidete Mädchen Spalier bildeten, durch das sich die Festgäste in die Kirche begaben. Die Festpredigt hielt Dekan Planck-Eßlingen. Der interessante Jahresbericht des Vorstandes des Vereins, Hofprediger Hoffmann-Stuttgart, gab eine eingehende Schilderung der weitverzweigten, reichgesegneten Ar­beit und Lixbestätigkeit des württ. Hauptvereins, der seine Tätigkeit nicht nur auf die Glaubensbrüder in der württembergischen Diaspora erstreckt, sondern insbesondere auch auf die Evangelisten in Oesterreich, ja sie bis nach Südamerika (Brasilien) ausdehnt. Ueber Brasilien berichtete noch der Genralsekretär des Zentralverbands, Pastor Braunschweig-Leipzig, über die Arbeit in Böhmen Pfarrer Fischer in Eger. Das Schlußgebet sprach Prälat v. Braun-Hall.

ist, der bei mir seine angelegentlichsten Erkundig­ungen nach dir eingezogen hat."

Wer ist es?"

Willigst du ein?"

Wir wollen sehen."

Nun gut," murmelte die Alte,wir können das sagen, ohne uns im Lichte zu sehen. Es ist der alte Jakob"

Jakob?" wiederholte Münch und schien seine Erinnerungen zu sammeln.

Der Diener des Dr. Karl Hollmann."

Er folgte mir beim Fortgehen aus der Gerichts­sitzung!" rief Münch.

Wohl möglich, denn er hat dich in mein Haus eintreten sehen. Er war seinem Herrn mehr zu­getan, als du dem alten Kommerzienrat. Was meinst du, mein Schatz? Er hätte sich nicht die Schuhe seines Herrn angezogen, um auf Mord auszugehen. Er hätte seinem Herrn auch nimmer den Weg nach dem Zuchthause gebahnt. Wahrlich ein guter und treuer Diener! Ein Mann von anderem Schlage als du."

Wie lange ist es her?"

Drei Monate seit unserer letzten Zusammenkünft.

Du hast dich geweigert, ihm Auskunft zu erteilen?"

Ich weigerte mich, um dir den Vorzug zu geben."

Ich danke dir dafür."

Keine Ursache! Denn ich drehe mich sofort

Das Festessen mußte in zwei Lokale, Gasthof zur Eisenbahn und Saalbau, verlegt werden. Dabei wurden außer dem Königstoast noch zahlreiche Toaste ausgebracht. Der Gustav-Adolf-Becher wurde alter Sitte gemäß bei den Tischgästen in Umlauf gesetzt und er kam, wie schon bei der geselligen Ver­einigung am Abend zuvor, von seinem Gang zurück, noch gefüllt mit Nickel, Silber und auch Gold. Die Bechersammlung ergab bei beiden Gelegenheiien zu­sammen etwa 1000 Mk. Dem Festgottesdienst war ein Kindergottesdienst vorausgegangen, gehalten von Pfarrer Zauleck aus Bremen, der auch nachmittags im Brenzhaus über die Kindergottesdienstsache sprach. Ein Glanzpunkt des Programms war das um 5 Uhr nachmittags in der Michaeliskirche veran­staltete Festkonzert, bei dem die Reformationskantate von Albert Becker zur Aufführung kam. Leiter war Musikdirektor Kaulbarsch von hier. Solister: Frau Eva Berroth-Kaulbarsch-Heilbronn (Sopran), Frau .Finanzrat Bilfinger-Hall (Alt) und Konzertsänger Feuerlein-Stuttgart (Baß).

Tübingen, 10. Juli. Ein Spezialitätendieb stand gestern wegen verschiedener Einbrüche in' Stuttgart, Eßlingen und Tübingen in der Person des August Guntert. eines Schweizers, vor Gericht. Er beschränkte seine Diebstähle auf Trinkhallen und ähnliche Buden und stahl daraus, was ihm gut und lecker erschien. Das Gericht erkannte auf vier Jahre Zuchthaus, welche Strafe er lächelnd entgegennahm. Während der Verhandlung verzichtete er, um die Verhandlung abzukürzen, auf die Vernehmung der Zeugen und bat den Gerichtshof, ihn nicht zu Ge­fängnis, wie der Rechtsanwalt im Antrag brachte, sondern zu Zuchthaus zu verurteilen.

Künzelsau, 10. Juli. Zwei Frauen hielten dieser Tage ihr Plauderstündchen auf der Straße und klagten über das schlimme Regenwetter.Das ist kein Wunder", sagte die eine,seit der Zeppelin mit seinem große Kaste durch die Wolke rennt, klappt's nimmt!"

Murrhardt, 9. Juni. Aus einer kleinen Ur­sache mußte die 60jährige Rosine Wieland aus Hinterbüchelberg ihr Leben lassen. Ende vorigen Monats drang ihr beim Feldarbeiten ein Disteldorn in einen Finger. Wie so oft bei derartigen Ver­letzungen wurde der Sache keine Beachtung geschenkt, bis Blutvergiftung hinzutrat, der die Frau nach schweren Leiden erlegen ist.

Dettingen, OA. Rottenburg, 8. Juli. Nach dem Genuß unreifer Beeren starb das einzige Kind, ein 6jähr. Knabe eines hiesigen Einwohners.

Kus ^taSt, Bestrtr uns UngLvims

Neuenbürg, 10. Juli. Die von Pforzheim ausgeführte Untersuchung wegen der Goldschnipflerei in Ottenhausen geht nun ihrem Ende zu. Neben dem Kieferschen Ehepaar sollen noch weitere Gold­arbeiter als Hehler verwickelt sein, die den Ver­kehr zwischen Kiefer und den beiden Goldhändlern Zimmer in Stuttgart vermittelt haben.

U.-X. Neuenbürg, 9. Juli. Vor dem Beitritt zur Deutschen Krankenunterstützungskasse in Kassel, die

nach der andern Seite, wenn du mich nicht ge­nügend bezahlst."

Weißt du, wo er zu treffen ist, der Jakob! Ich sehe ihn noch vor mir, den Mann mit den kurz geschorenen Haaren und dem ausrasierten Kinn."

Ich kann ihm schreiben." *

Sage mir, wo er sich aufhält."

Nur sachte, sachte! Du könntest ihm zu früh den Mund stopfen. Dann käme ich arme, alte Frau um meinen Lohn und ich müßte auf meine alten Tage Hungers sterben."

Münch befand sich zwischen zwei gleich furcht­baren Feinden. Die ruhige Ausdauer, die un­erschütterliche Treue des alten Dieners ängstigten ihn jetzt mehr, als die Habgier und die wilden Droh­ungen der Marode. Es wäre ihm nicht leicht ge­wesen, die Behauptungen der Alten als Verleum­dungen darzustellen, sie selbst zu verdächtigen. Aber Jakob war unantastbar.

Sowohl während einer beinahe lebenslänglichen Dienstzeit als auch namentlich während der Dauer des Prozesses hatte er sich als ein Muster braver Gesinnung, Dankbarkeit und Aufrichtigkeit erwiesen. Dieser ehrenfeste Mann, der den Gefangenen be­schützte und es sich zu seiner Lebensaufgabe machte, dem Unschuldigen die Pforten des Zuchthauses zu öffnen, konnte in keiner Weise verdächtigt oder an- gesochten werden.

Er fühlte, daß er, im Angesicht der Richter. Jakob und Marode gegenüberstehend, vergeblich sich verteidigen würde.