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101 .
Neuenbürg, Freitag den 25. Znni 19VS.
67. Jahrgang.
Berlin. 23. Juni. Der Reichstag nahM heute H 1 des Kommrffisnsantragss betreffend die Wertzuwachssteuer für Immobilien in zweiter Lesung mit den Stimmen der ganzen Rechten bis incl. Polen an. Damit wurde also die Wertzuwachssteuer im Prinzip zugestimnrt.
Die Finanzkommrfsion des Reichstags hat die StempelaLgabe bei Nebertragung von Grundstücken, die die Regierungsvorlage auf Prozent bemessen wollte, auf konservativen Antrag auf */- Prozent erhöht mit den 16 Stimmen des Zentrums, der Konservativen, der Polen und der Reichspartei. Sin konservativer Antrag auf Freilassung der kleinen Grundstücke, die für wirtschaftliche oder gewerbliche Verwendung bestimmt sind, wurde mit den 16 Stimmen des Zentrums, der Konservativen, der Polen und der Wirtschaftlichen Vereinigung «mgenOmmeu. Die übrigen Bestimmungen der Regierungsvorlage wurden debattelos en bloo bestätigt. Es folgte die Beratung über die besonderen Abgaben auf Fideikommisse.
Der Bundesrat will das Gesetz über die Schankgefäße ändern. Jetzt wird das Raummaß der Gläser in einzehntel Liter angegeben. Künftig soll es in einzwanzigstel Liter angegeben werden. Auf diese Weise hofft man, die Abwälzung der Brausteuer auf die Biertrinker leichter bewerkstelligen zu können. Um übermäßiges „Speiden zu verhindern, soll das Schaummaß um 2 E erhöht werden/'
Krrxhaven, 23. Juni. Der Kaiser nahm gestern abend auf dem Dampfer „Deutschland", der bei Altenbuch vor Anker lag, die Preisverteilung für die gestrige Regatta vor und nahm an dem Festmahl teil. Während der Tafel brachte der Bürgermeister Dr. Burchardt in einer längeren Rede das Hoch auf den Kaiser aus, und erwähnte die Reichsfinanzreform. Der Kaiser erwiderte und sagte unter anderem folgendes: „Wir treiben hier Sport und keine Politik. Ew. Magnifizenz hatten aber die Güte, die Punkte zu berühren, die aller Deutschen Herzen jetzt bewegen. Ich hoffe immer noch, daß der Gemeinsinn in unseren Volksvertretern sich über den Parteisinn Bahn brechen wird, da ich annehme, daß niemand unter ihnen die Verantwortlichkeit auf seine Schultern nehmen wird, das Scheitern einer für unser Vaterland nach innen und außen unumgänglich notwendigen Reform zu verantworten. (Bravo!) Sie haben alle mit Interesse meine Reise nach den finnischen Schären verfolgt, wo ich eine so warme und gastliche Aufnahme seitens des Kaisers aller Reußen und der Seinen gesunden habe. Es freut mich, gerade Ihnen als den Vertretern des Handels und der Geschäftswelt, die Sie ein Interesse an der günstigen Gestaltung der Zukunft haben, folgendes über die Bedeutung des Besuches mitteilen zu können: Kaiser Nikolaus und ich sind dahia überein gekommen, daß unsere Zusammenkunft als eine energische Bekräftigung des Friedens aufzufaffen sei. (Bravo!) Wir fühlen uns als Monarchen unserem Gott verantwortlich für das Wohl und Wehe unserer Völker, die wir soweit als möglich auf dem friedlichem Wege vorwärts bringen und zur Blüte empor führen wollen. Alle Völker brauchen den Frieden, um unter seinem Schutz den großen Kulturaufgaben, ihrer kommerziellen und wirtschaftlichen Entwicklung ungestört obliegen zu können. Daher werden wir beide darnach streben, soweit es in unseren Kräften liegt, mit Gottes Hilfe für die Förderung und Wahrung des Friedens zu wirken. (Andauerndes Bravo.) Unter diesem Frieden kann sich auch natürlich der Sport in vollster Weise entwickeln. Der Kaiser schloß mit einem Hurra auf die Stadt Hamburg und die Hamburg-Amerika-Linie.
Kiel, 23. Juni. Die Kaiseryacht „Hohenzollern" mit dem Kaiser an Bord lief um 2*/- Uhr aus der Holtenauer Schleuse in den hiesigen Hafen ein. Als die Kaiserstandarle sichtbar wurde, feuerten die anwesenden Kriegsschiffe, darunter auch ein englischer Kreuzer, den Kaisersalut. Gleichzeitig wurden auf allen Schiffen die Topslaggen gehißt.
Berlin, 23. Juni. Die „Neue Politische Korrespondenz" schreibt: Der Kaiser wird, wie nunmehr bestimmt ist, den österreichischen Manövern mit dem Kaiser von Oesterreich am 9. und 10. September ds. Js. beiwohnen. Diesen Manövern gehen die Paraden des 13. und 14. Armeekorps voran, und am 13. September beginnen die Manöver der beiden genannten Korps, des 1. und 3. bayerischen Korps und der 4. bayer. Division.
London, 23. Juni. In einer Depesche des Spezialkorrespondenten des „Daily Telegraph" in St. Petersburg über die Zweikaiserzusammenkunft heißt es. Was wirklich interessant daran ist. war die Begegnung des russischen Ministerpräsidenten mit dem Kaiser. Wie es scheint, hat Stolypin auf den Kaiser und der Kaiser auf den Minister den denkbar besten Eindruck gemacht. Sie haben lange miteinander gesprochen und Stolypins Ansichten über das Verhältnis zwischen Deutschland und Rußland, wie es sein sollte, fand des Kaisers volle Billigung als durchaus staatsmännisch. Stolypin beschreibt die Persönlichkeit des Kaisers als faszimierend und seine Auffassung der Entwicklung Rußlands als mit den Tatsachen überraschend genau übereinstimmend.
Wie die „Daily Mail" meldet, hat das parlamentarische Luftverteidigungskomitee in England eine Spende des Blattes im Betrage von 5060 Pfund zum Bau einer Lufschiffhalle angenommen und wird mit dem Bau sofort beginnen. Das Blatt bringt außerdem einen längeren Artikel über das geplante neue Luftschiff, das nach dem System Clement-Bayard gebaut werden, 5 Personen fassen und bereits im August aufsteigen soll. Auch andere Blätter sprechen von dem Bau neuer Luftschiffe. so „Daily Graphic", das wissen will, daß die Regierung ein großes Luftschiff nach Art des Zeppelin-Systems insgeheim in Auftrag gegeben habe, und der „Standard", der von dem geheimen Bau eines großen Luftschiffes bei der Firma Vickers, Maxim u. Co. in Narrow und Farneß berichtet.
Rom, 23. Juni. In der heutigen Sitzung der Deputiertenkammer gab der Minister des Auswärtigen, Tittoni, eine bestimmte Antwort auf eine bestimmte Frage Barzilais über eine angebliche vorzeitige Erneuerung des Dreibundes, indem er sagte: „Nicht nur ist der Dreibund nicht vorzeitig erneuert worden, sondern ich kann in der formellsten Weise versichern, daß an diese vorzeitige Erneuerung keine der vertragschließenden Parteien jemals gedacht hat, oder heute denkt. Es gibt keinen Grund, den festgesetzten Ablaufstermin nicht abzuwarten. Die Vorwegnahme könnte nur durch Furcht oder durch Zweifel veranlaßt sein. Aber es gibt nicht nur keine derartigen Stimmungen, sondern die verbündeten Staaten sind von vollstem, gegenseitigem Vertrauen beseelt." Der Minister schloß, indem er versicherte, ungeachtet einiger Augenblicke der Bitterkeit, verursacht durch gewisse feindselige Angriffe, die unter seltsamen Vorwänden gegen die auswärtige Politik und gegen ihn gerichtet wurden, habe er immer das feste Gefühl der Pflicht gehabt, den Blick auf die Interessen des Vaterlandes gerichtet und den Glauben an seine Bestimmung im Herzen. (Lebhafte Zustimmung.) Der Minister wurde vielfach beglückwünscht.
Kairo, 23. Juni. Als ein türkischer Regierungsdampfer mit den nach Arabien verbannten Anhängern Abdul Hamids den Suezkanal passierte, sprangen 150 Verbannte ins Wasser. Einige ertranken, viele aber entkamen auf ägyptischen Boden. Ihre
Auslieferung wurde von der ägyptischen Regierung abgelehnt.
Tanger. 23. Juni. Nachrichten aus Fes besagen, daß Mulay Kebis mit den Zemurs die Kasba Tulal besetzt hält. Der Ort ist zwei Stunden von Mekines entfernt. Die Lage ist kritisch. Mulay Hafid hat in Fes eine Mahalla von 2000 Eingeborenen gebildet, deren Treue zweifelhaft erscheint. Man glaubt, sie werden zum Roghi übergehen. Die Europäer bereiten sich darauf vor, die Stadt zu verlassen, die sich für eine Belagerung rüstet. Alle Stämme wenden sich dem Roghi zu.
Berlin, 23. Juni. Die „Schlesische Zeitung" schreibt: Gegenüber der Ankündigung des bevorstehenden Besuches, den Graf Zeppelin auf Wunsch des Kaisers mit seinem Luftschiff in Berlin machen will, wirkt es umso widerwärtiger, daß der Simplizissimus in seiner letzten Nummer die Pfingstfahrt des Grafen zum Gegenstand eines skandalösen Bildes gemacht hat, und das Verhältnis Zeppelins zum Kaiser in einer gar nicht wiederzugebenden Weise behandelt. Der Simplizissimus hat doch Themata genug, an denen er seine niederen Witze ausüben kann, unseren Kaiser und unseren Zeppelin soll er gefälligst in Ruhe lassen. Solche Spässe verbitten wir uns.
Der letzte Heimtransport des oft asiatischen Detachements, der mit dem Reichspostdampfer „Prinzregent Luitpold" zurückkehrt, hat unter Führung des Oberleutnants Weingig in Stärke von 2 Offizieren und 119 Mann am 20. Juni Tientsin verlassen.
Die Ausstandsbewegung der städtischen Arbeiter in Kiel ist völlig gescheitert. Das Angebot an Arbeitskräften überstieg schließlich den Bedarf. 30 Arbeitswillige mußten daher zurückgewiesen werden. Es arbeiten 350 Mann in der Fäkalien- und Müllabfuhr, der Straßen- und Schlammkastenreinigung. Das ist der Bestand, über den vor dem Beginn des Ausstandes die Verwaltung verfügte. Die Stadt ist bereit. Ausständische, die den Antrag stellen, wieder in Dienst zu nehmen, wenn der Ausstand von der Leitung als beendet erklärt wird und Arbeitskräfte dann gebraucht werden. Einige Ausständische haben sich bereits bei der Verwaltung gemeldet. Nur: wenige dürften ihren Posten wieder erlangen.
Leipzig, 23. Juni. Gestern nachmittag wurde die in ihrer Wohnung in der Haydnstraße allein anwesende Frau Walthers von einem 15 Jahre alten Dienstmädchen namens Helene Sodann überfallen und mit einem Hackmesser am Hinterkopfe schwer verletzt. Das Mädchen wurde verhaftet, verweigert aber jede Aussage.
London, 23. Juni. Heute wurde hier unter dem Vorsitz Lord Rothschilds eine von Bankiers und Kaufleuten sehr stark besuchte Versammlung abgehalten, die sich gegen die Finanzvorschläge des Schatzkanzlers Lloyd George richtet. Es wurden einstimmig Resolutionen angenommen, in denen die Notwendigkeit einer erhöhten Besteuerung anerkannt, aber die ministeriellen Vorschläge verurteilt werden, da sie die Unternehmungslust und die Wohlfahrt unterbänden und den Handel schädigten.
Bozen, 23. Juni. Ein am Sonntag bei der Jahrhundertfeier in der Umgebung ausgebrochener Waldbrand konnte trotz Requirierung von Militär und Feuerwehr bis gestern abend nicht bewältigt werden und nimmt einen immer größeren Umfang an.
Dienstag abend stürzte, wie aus St. Gallen telegraphiert wird, eine 24 Meter lange Strecke Bruggwaldtunnels der Bahnlinie Bodensee— Toggenburg ein, während die Arbeiten im Tunnel im vollen Gange waren. 8—10 Arbeiter werden vermißt und sind wahrscheinlich verschüttet worden.
Bern, 23. Juni. Von den beim Einsturz des Bruggwaldtunnels verschütteten Arbeitern sind