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93.

Neuenbürg, Freitag den 11. Juni 1909

67. Jahrgang.

MUUDZetzLM.

Der Kaiser traf Donnerstag früh um 7.48 Uhr auf Station Dallgow-Döberitz ein, besichtigte das Regiment Gardes du Corps und das Leibhusaren­regiment und begab sich sodann nach dem Neuen Palais.

Wie verlautet, hat der Kronprinz dieser Tage an Hand von Zeitungsauslassungen seinen kaiser­lichen Vater darauf aufmerksam gemacht, daß von einer Spannung zwischen der Militärverwaltung und dem Grafen Zeppelin viel die Rede ist. Der Kaiser soll sich bei diesem Anlaß die Unter­lagen erbeten haben, so daß in Kürze eine authen­tische Aeußerung in dieser Sache zu erwarten sei.

Berlin, 9. Juni. DerLokalanz." meldet: Zu den am Donnerstag und Freitag stallfindenden Beratungen der Minister werden auch die Mit- ^ glieder der Ausschüsse des Bundesrats für Zoll- und Steuerwesen, sowie für Handel und Verkehr zugezogen werden. Infolgedessen dürften die aus den Beratungen hervorgehenden neuen Steuerent­würfe vom Bundesrat schnellstens erledigt werden können, ohne daß sie deshalb dem Reichstag bei seinem Zusammentritt am 15. Juni sogleich vorge­legt werden. Ihre erste Lesung wird durch eine längere Rede des Reichskanzlers eingeleitet werden, der bei dieser Gelegenheit den Standpunkt der ver­bündeten Regierungen zur Reichsfinanzreform und zu allen Steuerfragen nachdrücklich darlegen wird. In erster Linie wird der Entwurf einer Erb- anfallsteuer vorgelegt werden; ihr Betrag wird 50 Millionen kaum übersteigen. Als weitere Steuern kommen in Betracht eine Reichswertzuwachs­steuer auf Immobilien (etwa 20 Millionen) und die Erhöhung des Effekten- und Wechsel­st e mp els (etwa 30 Millionen). Als Crsatzsteuer für die abgelehnten und wohl endgültig aufgegebenen Inseraten- und Elektrizitätssteuern wird in erster Linie eine Erhöhung des Kaffeezolls und eine Zündholz st euer vorgeschlagen werden. Außerdem ist noch eine Steuer in Aussicht genommen, über die aber bisher Stillschweigen beobachtet wird.

Berlin, 10. Juni. Am Samstag trifft hier die türkische Sondergesandtschaft ein, um die Thron­besteigung Mohammeds V. am Berliner Hose anzuzeigen.

Berlin. 9. Juni. Es wird bestätigt, daß Generaloberst v. d. Goltz seinen 4wöchigen Sommer­urlaub zu einem Aufenthalt in Konstantinopel verwenden wird, um dort genauer die ihm zuge­dachte Aufgabe als Reorganisator der türkischen Armee und die Verhältnisse zu studieren. Von dem Ergebnis dieser Reise wird es abhängen, ob v. d. Goltz die Aufgabe übernimmt. DieDeutsche Tages­zeitung" hält es nicht für tunlich, einen deutschen Militär in der Stellung des Generalobersten v. d. Goltz für längere Zeit nach dem Auslande zu be­urlauben. Es seien genügend deutsche Offiziere in weniger hohen Stellungen vorhanden; auch einige inaktive Offiziere kämen dabei in Frage.

In Essen a. d. Ruhr wurde am Mittwoch die Hauptversammlung der europäischen Fahrplan­konferenz eröffnet. Als Ort der am 8. und 9. Dezember stattfindenden europäischen Fahrplankon­ferenz wurde einstimmig Straßburg i. E. gewählt.

Petersburg, 9. Juni. Gestern abend konnten die fortschrittlichen Strömungen in der Duma einen ersten Sieg feiern. Der Gesetzentwurf über die Gewissens- und Glaubensfreiheit wurde mit großer Stimmenmehrheit angenommen, nachdem die Mitglieder der Rechten erklärt hatten, daß sie sich der Stimme enthalten würden, weil der Entwurf den Grundgesetzen widerspreche. Allerdings läßt sich mit Bestimmtheit annehmen, daß der von der Duma angenommene Gesetzentwurf weder vom Reichsrat akzeptiert, noch vom Zaren bestätigt werden wird.

Petersburg, 10. Juni. Wie man erfährt, stehen in dem beginnenden Sommer eine große Reihe von Begegnungen des Kaisers von Ruß­land mit fremden Monarchen bevor. An die Zusammenkunft des Kaisers Wilhelm mit dem Kaiser von Rußland in den finischen Schären schließt sich die Erwiderung des Besuchs des Königs von Schweden. Ende Juli oder anfangs August steht die Erwiderung des Besuchs des Präsidenten der französischen Republik und des Königs von England bevor. Etwas später reist der Kaiser nach Italien zur Erwiderung des Besuchs des Königs Viktor Emanuel. Der genaue Zeitpunkt der letzten Begeg­nung ist noch nicht endgültig bestimmt.

Auf nachdrücklichen Befehl des Zaren ist der deutsche Botschafter, Graf Pourtales, nicht wie üblich durch das Auswärtige Amt, sondern durch den Hofminister eingeladen worden, den Kaiser auf derStandart" zu begleiten, was eine besondere Auszeichnung bedeutet.

London, S. Juni. Balfour, der den heu­tigen Pressekongreß präsidierte, führte in einer An­sprache aus, das Schicksal Englands hänge von der Ueberlegenheit seiner Flotte ab. Diese Üeberlegen- heit müsse in den heimischen Gewässern zu Tage treten. Das Geschick von Australien, Kanada, Süd­afrika und Indien werde nicht im Stillen oder Indischen Ozean entschieden werden, sondern in den heimischen Gewässern. Wer sich bemühe, den Geist der Zeit zu verstehen, werde den gewichtigen Worten Lord Roseberys und Greys zustimmen und aner­kennen, daß man über die Verteidigung des Reiches nicht ohne eine gewisse Aengstlichkeit sprechen könne.

London, 9. Juni. Kriegsminister Haldane führte auf dem Pressekongreß aus, er könne jedes Wort Balfours unterschreiben. Wenn das Reich einig geworden sei, so sei es das durch die einheit­liche Entwickelung des Reichsgedankens geworden. Wenn das Reich in den nächsten 20 Jahren erfolg­reich weiter arbeiten könne, so werde es dann über eine Anhäufung von Hilfsmitteln verfügen, die es zu einer furchtbaren Macht machen müßten. Er lege besonderen Nachdruck auf die wachsende Wichtigkeit einer schnellen Mobilmachung. Es sei Aufgabe des Reichs, in allen seinen Gebieten eine starke Landes­verteidigung zu schaffen, von der man im Falle der Not auch einen Gebrauch machen könne, der über den Schutz der engeren Heimat hinausgehe.

Berlin, 10. Juni. Angesichts des Umstandes, daß die Kretafrage zu bedrohlichen Verwicklungen auf dem Balkan Anlaß geben könnte, haben sich nach einer Wiener Meldung die Schutzmächte ge­einigt, ihre Truppen am 1. Juli noch nicht von der Insel zurückzuziehen, vielmehr die Räumung auf unbestimmte Zeit zu verschieben.

Fürst Philipp zu Eulenburg hat von der Oberstaatsanwaltschaft in Berlin die Aufforder­ung erhalten, seine Gasteiner Kur zu unterbrechen und nach Berlin zurückzukehren. Der Fürst be­findet sich bereits auf der Rückreise. Nach einer Meldung desBerl. Lokalanz." traf Fürst Eulen­burg am Mittwoch abend in Salzburg ein und machte in einem dortigen Sanatorium Station. Die Unterbringung ins Sanatorium erschien geraten, weil die Strapazen der Reise den Fürsten sehr mitge­nommen hatten und weil er durch die Aufforderung des Staatsanwalts sehr erregt war. Im Sana­torium mußte der Fürst mehrfach ärztliche Hilfe in .Anspruch nehmen. Gestern morgen hatte sich sein Befinden gebessert, so daß er die Weiterreise antreten konnte. Wie demLokalanzeiger" von unterrichteter Seite mitgeteilt wird, scheinen die gerichtlichen Be­hörden jetzt gewillt zu sein, unter allen Umständen das gegen den Fürsten schwebende Verfahren durch­zuführen und, wenn möglich, zum Abschluß zu bringen.

Berlin, 10. Juni. Der Quartiermeister des Arsenals von Tarent ist mit seiner ganzen Familie

und seinem Diener verschwunden. Man befürchtet, daß er mit dem Inhalt der Kasse, die etwa 600 000 Franks enthält, nach Griechenland geflohen ist.

Braunschweig, 10. Juni. Einem Telegramm derBraunschw. Neuest. Nachr." zufolge ist der Mörder des Direktors Friedrich aus Berlin in Friedrichsbrunnen im Haag verhaftet worden. Man fand die geraubte Summe in Pfandscheinen noch fast vollständig vor. Der Verhaftete wurde ins Gerichtsgefängnis in Quedlinburg eingeliefert.

Darm stadt, 9. Juni. Seit gestern abend 9 Uhr stehen die Maschinenhallen am Main-Neckar- Bahnhof in Brand. Die gesamte Feuerwehr ist ausgerückt. Der Zugsverkehr wird durch Rangieren aufrecht erhalten.

Offenburg, 8. Juni. Im größten industriellen Etablisfement unserer Stadt, Spinnerei und Weberei Offenburg, brach gestern nachmittag ein Brand aus. In dem großen Spinnsaal für Feinspinnerei entstand durch Heißlaufen einer Maschine Feuer, das sich rasch verbreitete. Die abgebrannte Feinspinnerei, in d^r tztwa 140 Arbeiter beschäftigt waren, war technisch auf das vollkommenste mit großenteils neuen wertvollen Maschinen eingerichtet. 40000 Spindeln sind zerstört. Der Schaden an Gebäulichkeiten, Maschinen, Material usw. ist groß.

Gifhorn, 9. Juni. Dem großen Waldbrand, der anfangs des Monats in den Kreisen Gifhorn und Jsenhagen-gewütet hat, sind, wie jetzt festge­stellt worden ist, 8000 Morgen zum Teil fiskalischer Waldbestand zum Opfer gefallen. Der Schaden wird auf 2 Millionen Mark geschätzt. Für die ge­schädigten Gemeinden und kleineren Besitzer wird eine Staatsbeihilfe erbeten werden.

Zwei Eisenbahnbeamte in Weißenburg haben eine mit einem Uhrwerk versehene Flug- maschine hergestellt, mit der es ihnen gelang, vier Kilometer zurückzulegen und zum Aufstiegsplatz zu­rückzukehren. Hervorragende Persönlichkeiten haben eine beträchtliche Summe zur Fortsetzung der Ver­suche zur Verfügung gestellt.

Der Direktor Joseph Neumann der Filiale Salzburg der Böhmischen Unionbank stürzte sich am Mittwoch früh um 7 Uhr über die Felswand des Mönchberges bei Salzburg und blieb mit zerschmettertem Kopf tot liegen. Die Ursache des Selbstmordes sind auf eigene Faust unternommene Spekulationen in einer inzwischen fallit gewordenen Kolonialfirma.

Lindau, 9. Juni. Die beiden städtischen Kolle­gien haben heute vormittag in gemeinsamer Sitzung den Grafen Zeppelin einstimmig zum Ehren­bürger der Stadt Lindau ernannt.

Gammertingen (Hohenzollern), 10. Juni. Zwei hiesige Bürgerssöhne, Felix und Joseph Bär gingen in eine der Gemeinde gehörige Kiesgrube, um Kies zu graben. Mitten in der Arbeit wurden sie durch ein vorüberfahrendes Holzfuhrwerk darauf aufmerksam gemacht, daß die Masse ins Rutschen kam, woraus beide Brüder dem Ausgang zueilten. Der ältere, ein etwa Siebenundzwanzigjähriger, wurde verschüttet bis zu den Knien und erlitt leichte Verletzungen, während der Jüngere, ein etwa sechszehnjähriger junger Man», zu den Füßen seines Bruders von den Kieswellen überflutet und tot herausgegraben werden mußte. Einige Tage vorher soll ein Mann nur durch äußerste Vorsicht in der gleichen Grube einem ähn­lichen Schicksal entgangen sein. Warum die Grube nicht vorher polizeilich geschlossen worden ist, ist hier manchem unerklärlich.

Marseille, 10. Juni. Die eingeschriebenen Seeleute haben beschlossen, den Marineminister zu bitten, einen höheren Schiffsrat zusammenzu­berufen, dem das Schiedsrichteramt übertragen werden soll.

Konstantinopel, 9. Juni. Der nach dem aufrührerischen Jemen entsandte Transportdampser scheiterte 50 Meilen von Dschedda. Ein Kanonen-