Die Vorträge zeugten von tüchtiger Schulung und gutem Verständnis. Nach dem ergreifenden Volkslied Zu Straßburg auf der Schanz" fand die Verteil­ung der Prämien und Belobungen, sowie der Zeugnisse der wissenschaftlichen Befähigung für den einjährig freiwilligen Dienst statt. Sämtliche Schüler der 7. Klasse haben die Prüfung bestanden, darunter 1 mit dem höchst selten erteilten Zeugnis gut bis recht gut. 1 Schüler der 8. Klasse erhielt das Reifezeugnis für Prima, 2 andere bestanden an auswärtigen Voll- onstaltcn die Aufnahmeprüfung in die 9. Klasse. Ebenso erzielten die in andere Schulen übertretenden Schüler überall einen guten Erfolg. Das Abschieds­liedNun zu guter Letzt" schloß die sehr schön verlaufene Feier. Die Ferien dauern bis 7. September, am 8. September morgens 8 Uhr beginnt der Unterricht in allen Klassen wieder. (Die Rede des Hrn. Rektor vr. Weizsäcker tragen wir am Schlüsse der vorlicg. Nr. im Wortlaut nach.)

Weil der Stadt. Der Gesangverein Sängerbund hier, hält am 2. August seine Fahnenweihe ab. Trotz der zweifelhaften Witterung liefen zahlreiche Besuchsanzcigen der nachbarlichen Gesangvereine ein. In der ganzen Stadt herrscht ein reges Leben und Treiben, um die Gäste würdig zu empfangen und ihnen einen angenehmen Aufenthalt zu bereiten, möge der Himmel auch das Seine dazu beitragen und den Tag durch Sonnenschein verschönen.

Berlin, 31. Juli. In Krakau wird dem­nächst wie derLokalanzeiger" meldet, ein Riesen- Skandal-Prozeß zur Verhandlung kommen. Angeklagt sind 14 Eisenbahn-Kondukteure, welche beschuldigt werden, die seiner Zeit viel besprochenen Diebstähle an Juwelen und Wertpapieren in öster­reichischen Eisenbahnzügen verübt zu haben. Es sind nicht weniger als 220 Zeugen aus Oesterreich, Deutschland und Rußland geladen. Gegen die Verwaltung der Bahn schweben wegen der Dieb­stähle zahlreiche Civil-Prozcsse, da nur ein kleiner Teil der Wertsachen zurückerstattet werden konnte.

Berlin, 31. Juli. In der gestern im Finanzministerium abgehaltenen Konferenz für die Ueberschwemmten in der Provinz Brandenburg hat die Staatsregierung sich bereit erklärt, zunächst 50,000 Mark, abgesehen vom Saatgut, den Notleidenden zur Verfügung zu stellen.

Berlin, 31. Juli. Nach einer Meldung des Berliner Tageblattes aus Rom werden, wie positiv verlautet, alle Kardinale außer Lecot gegen Rampolla stimmen.

Hamburg, 29. Juli. Drei Lumpensammler fanden auf einem Schuttablagerungsplatz eine Flasche und tranken daraus, weil sie Portwein vermuteten; sie starben nach wenigen Stunden. Die Art deS Giftes ist noch nicht feftgcstellt.

Hamburg, 31. Juli. Der deutsche Rad­fahrerbund tritt heute hier zu seinem 20. Bundestage zusammen. Die Tagung ist diesmal von besonderem Interesse, da zur Debatte wiederum

die Verschmelzung der verschiedenen deutschen Rad- fahrcrverbände steht und der Zusammenschluß unter der Flagge des deutschen Radfahrer-Bundes. Gleich­zeitig wird eine Verschmelzung von Bund und Union in die Wege geleitet werden.

St. Goar, 29. Juli. Heute früh ist der nach der Bcbernheimcr Straße hin gelegene Teil der Burg Rheinfels bei St. Goar eingestürzt. Menschen sind nicht verletzt worden. Die Strecke ist gesperrt. (Die Burg liegt 115 m über dem Rhein, ihre Fundament stammen aus dem Jahre 1245. Im Jahr 1797 wurde sie von den Franzosen zerstört; 1812 als Ruine verkauft. Im Jahr 1843 ging sie in den Besitz des nachmaligen Kaisers Wilheim I. über.

Nom, 31. Juli. Im Vatikan verbreitet sich immer mehr die Ansicht, daß Kardinal di Pietro als Kompromiß-Kandidat aus der Wahl hervor­gehen wird. Rampolla hat sich bereits einverstanden erklärt, daß falls Pietro gewählt wird, der Kardinal Ferrata das Staatssekrctariat übernimmt. Die durch Kardinal Gibbons ausgegebene Broschüre, welche Rampolla heftig angreift und die in 64 Exemplare an die Kardinale verteilt wurde, hat in Kardinalskreisen große Erbitterung hervorgerufen und den Anhang Rampollas verstärkt.

Rom, 31 Juli. In der gestrigen Kongre­gationssitzung wurde den Kardinälen die Kon­klavemedaille mit dem Wappen Oreglias über­reicht. Viel kommentiert wird die Einladung der französischen Kardinale seitens des französischen Ge­sandten beim Vatikan. Die Stimmen der französi­schen Kardinäle werden sich auf Rampolla und Vanutelli verteilen.

Vermischtrs.

Aus Tegernsee wird den M. N. N. berichtet: Rentner Völker aus Köln, hatte das Turnfest in Nürnberg besucht, war von dort nach München gekommen und hier mit dem Buchhalter Baureis von München bekannt geworden. Als Völker die Absicht aussprach, einen Ausflug nach Schliersee und Umgebung zu unternehmen, erbot Baureis sich als Begleiter uud schloß sich auch Völker auf der Tour an. Die Touristen übernachteten auf der Ncureurh und besuchten die Gindelalm. Beim Abstieg nach Gmund zu ließ sich Rentner Völker auf einem Baumstamm nieder, um die Schönheiten der Landschaft zu besichtigen, und lud auch Baureis ein, sich zu setzen. Baureis erwiderte, er ziehe es vor, im Stehen Umschau zu halten. Plötzlich erhielt Völker von rückwärts einen Scklag auf den Kopf, der ihn wahrscheinlich betäuben sollte. Den Knüttel, mit dem der Hieb ausgeführt wurde, hatte Baureis auf der Gindclalm zurecht geschnitten. Völker setzte sich zur Wehre und kam mit Baureis in ein Hand­gemenge, beide verteidigten sich mit Steinen, kamen bei dem Ringen zu Fall und stürzten den steinigen Ab­hang hinab. Völker konnte sich noch bis zum Bauern Reitmoser schleppen. Baureis kam noch Samstags auf die Bergeralm, wo er übernachtete und der Sen­nerin durch seinen blutigen Kragen und sein verwil­dertes Aussehen auffiel. Die Sennerin der Berger­alm, ein 18jähriges Mädchen, erzählt, Baureis habe ziemlich viel Geld bei sich gehabt und die Uhrkette

auf der Alm liegen gelassen. Er habe ihr gegenüber den Vorfall so dargestellt, als sei er beim Streite mit Völker von diesem angepackt worden. Am Sonn­tag verließ Baureis die Alm und fuhr nach München, wo er verhaftet worden ist. Schon auf der Neu­reuth soll es zwischen Völker und Baureis zu Streit gekommen sein. Letzterer hegte offenbar die Absicht, den Rentner unschädlich zu-machen. Völker, der in das Krankenhaus nach Tegernsee gebracht wurde, befindet sich außer Gefahr.

Das Vagabundentum hat in Deutsch­land, wie oft geklagt wird, ganz erschreckliche Ver­hältnisse angenommen; indes auch in anderen Ländern ist es ganz erheblich gewachsen, so auch im reichen England. Nach einer im Parlament ge­gebenen Erklärung wurden im Jahre 1901 in Eng­land. ohne Schottland und Irland, 7 029 000 Arme mit 7 688 000 Pfund Sterling oder mit 153 760 000 Mark unterstützt. Nach einer anderen, ebenfalls offiziellen Statistik befindet sich in England und in Wales je der dreiunddreißigste Mensch entweder im Armenhause oder wird in einer Privatwohnung aus öffentlichen Mitteln erhalten.

Bei einer Fahrt nach Helgoland stand in der Nähe des Hamburger Steuermannes ein zaghafter kleiner Herr, der sich in seinen Have­lock gewickelt hatte und mit ängstlichen Blicken auf die Wolken schaute, die sich am Firmament zusammenballten. Der Sturm wuchs und rumorte in der Takelage umher, die Raaen und Masten knackten und dem kleinen Herrn beim Steuermann wurde immer unheimlicher zu Mute. Er hatte sich bereits einmal an den wetterharten Marinier, der das Rad des Steuers regierte, gewendet, um von ihm Trost und womöglich Hoffnung auf baldige Besserung zu empfangen. Aber der Steuermann konnte ihm keine guten Aussichten geben, im Gegen­teil er meinte, cS werde noch viel schlimmer kommen. Und so geschah es. Der Regen strömte vom Himmel herab und der Sturm trieb ganze Lagen über das nasse Verdeck, es war als sollten die Masten stürzen und die Welt zugrunde gehen. Der zaghafte Passagier steckte den Kopf aus seiner Vermummung und sagte zu dem Steuermann:Das ist ja ein schreckliches Wetter!" Der Hamburger nickte und erwiderte: Jo, de arme Lütt am Land!"-

Neallnceurn Talrv.

Kede am Schlußakt des Schuljahrs 1902/03,

gehalten am 31. Juli im Saale des Rathauses.

Wir haben uns heute nicht in dem gewohnten Raume zusammengefunden, um gemeinsam die Feier des Schlusses eines weiteren Arbeitsjahres unserer Lehranstalt zu begehen. Wenn auch den meisten von Ihnen der Grund zu dieser Abweichung von der Regel bekannt sein dürfte, so giebt mir diese Abweichung doch einen willkommenen Anlaß, auf diesen Grund bier etwas einzugehen, da derselbe auch mit der Schule und ihren Bestrebungen in einem innigen Zusammenhangs steht. Der große Saal des Georgcnäums dient u. a. dem Zeichen­unterricht, der eine für die künstlerische Erziehung der Jugend von vielen noch nicht genug gewürdigte Bedeuiung hat. Zu dieser künstlerischen Erziehung gehört aber nicht nur die Ausbildung der Hand in der Fähigkeit, gesehene Vorbilder nachzubilden, son-

es wohl, daß die Hand des Inspektors leise bebte, als sie ihm die ihrige reichte und lächelnd sagte:Guten Morgen, Herr Heßfeldt, schon so frühe aus den Federn? Machen Sie öfters solche Morgenpromenaden?"

Gnädiges Fräulein," stotterte der Angeredeie verlegen,ich ich dachte wirklich nicht. daß"

Daß hier schon jemand auf sein würde?" half Susanne liebenswürdig der stockenden Rede des jungen Mannes.

Heßfeldt nickte und heftete den Blick ebenso sehnsüchtig auf sie, wie vorhin hinauf zu den Fenstern. Susanne war kaum noch im Zweifel, daß er ihretwegen gekommen war, und es durchschauerte sie ein leises Gefühl der Freude.

Gnädiges Fräulein, Sie werden sich erkälten," rief Heßfeldt im Tone höchster Besorgnis.

Susanne schüttelte lachend den Kopf. Es tat ihr so unendlich wohl, daß dieser Mann sich ihretwegen sorgte.

Fürchten Sie nichts," sagte sie,ich bin nicht so empfindlich, mir schadet so ein bischen Morgenkühle durchaus nichts. Ich wundere mich nur, daß Sie so früh herüberkamen. Ich habe Sie nämlich schon eine ganze Weile beobachtet," bekannte Susanne offen.

Sie mußte lachen, als sie bemerkte, welchen Eindruck ihre harmlos hinge­worfenen Worte auf den jungen Mann machten. Er senkte den Kopf und wurde sehr rot.

Sie haben gesehen, wie-"

Alles," bestätigte Susanne ernsthaft, da er schon wieder innehielt.

Alles?" wiederholte Heßfeldt mit einer Geberde des Entsetzens.

Ja, und nun sollen Sie beichten. Wem gehören die Rosen, die Sie dort­hin legten?"

Der junge Inspektor machte eine Bewegung, als ob er fliehen wollte, blieb -?.ber doch stehen und schaute so hilflos auf die Fragerin, daß diese wieder lachen mußte.

Gnädiges Fräulein," begann er nach einer kleinen Pause,Sie sagten erst neulich, daß in Buchecke die Rosen niemals so schön gedeihen wie drüben m der Meierei, und diejenigen, die ich dort hinlegte, sind so seltene Exemplare. Ich habe sie genau beobachtet, als sie noch in der Knospe steckten, und wie sie täg­lich schöner wurden. Es sind die letzten, und da dachte ich, es würde Ihnen eine kleine Freude bereiten,"-

O, gewiß macht es mir Freude, aber ich wie sollte ich denn wissen, daß die Blumen mir gehörten?" fiel Susanne lebhaft ein, als sie bemerkte, daß der junge Mann schon wieder zu stocken begann.

Ich dachte. Sie müßten dos wissen, Fräulein, wem sollte ich auch sonst Rosen bringen, als Ihnen?"

Susanne errötete ein wenig, sie wollte etwas erwidern, als vom Hause her rasche Schritte erklangen. Kurt kam auf das Paar zu, er machte sehr er­staunte Augen, und schien in heftiger Erregung zu sein.

Was ist denn das, lieber Heßfeld", rief er schon von weitem dem ihn ehrer­bietig grüßenden Beamten zu,das Erste, was mir am heutigen Morgen in die Hände fällt, ist ihr Entlasiungsgesuch! Ich begreife Sie nun aber wirklich nicht! Weßhalb wollen Sie fort, und so plötzlich? Glauben Sie, daß ich einen so pflichttreuen Beamten mir nichts dir nichts fortlassen werde?

(Fortsetzung folgt.)