120. Amts-

und Anzeigeölatt für den Bezirk Kaüv. 78. Jahrgang.

SrschsurungStage: Dienstag, Donnerstag, Gams­tag, Sonntag. JnsertionSpreiS 10 Pfg. pro Zeile für Stadt und VeztrkSorte; außer Bezirk 12 Pfg.

Sonntag, den 2. Angust 1903.

Abonnementspr. in d. Sradt pr. Diertelj. Mk. 1.10 incl. Trägerl. Vierteljahrs. Postbezugspreis ohne Besrellg. f. d. Orrs- u. Nachbar- ortsverkehr 1 Mk., f. d. sonst. Verkehr Mk. 1.10, Bestellgeld 20 Pfg.

Amtliche Aekarmtmachuugeir,

An die Ortsbehörden für die Arbeiter- Versicherung,

betr. VerficherunflSpflicht der Waldkultur- arbeiter.

Nach einer Entscheidung des Reichsversiche- rungsamtcs vom 7. Mai 1903 unterliegen die Kulturarbeiten, welche von Personen ausgeführt werden, die teils als Haussöhne oder Haustöchter im elterlichen Hause beschäftigt sind, teils einem selbständigen Betriebe vorstehen und berufsmäßige Lohnarbeit überhaupt nicht verrichten, der Jn- validenverstcherungspflicht nicht, da diese Kulturarbeiten nur als gelegentliche im Sinne der Ziffer 1 a des Bundesratsbeschlusses vom 27. Dezbr. 1899 angesehen werden.

Hienach sind für dieselben in Zukunft auch keine Versicherungs-Freikarten auszustellen.

Calw, 81. Juli 1903.

K. Oberamt.

I. V. Amtm. Rippmann.

Bekanntmachung der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft, betr. die Abhaltung eines Rundkäsereikurses in Dürren und eines Backsteinkäsereikurses in Walters­hofen, OA. Leutkirch.

Mit Genehmigung des K. Ministeriums des Innern wird an der Lehrsennerei in Dürren ein zweimonatlicher Unterrichtskurs über Rundkäserei und an der Lehrkäserei in Waltershofen ein zwei­monatlicher Unterrichtskurs über Backsteinkäserei ab­gehalten werden.

In diesen Kursen werden die Teilnehmer nicht allein in den praktischen Betrieb der Rund­käserei bezw. der Backsteinkäserei eingeleitet, sondern sie erhalten auch einen dem Zweck und der Dauer der Kurse entsprechend bemessenen theoretischen Unterricht.

Der Unterricht ist unentgeltlich, dagegen sind die Teilnehmer an den Kursen verpflichtet, die vor­kommenden Arbeiten nach Anweisung des Leiters der Kurse zu verrichten und an dem Unterricht regel­mäßig teilzunchmen. Auch haben sie für Wohnung und Kost selbst zu sorgen und die für den Unter­richt etwa notwendigen Bücher und Schreibmateria­lien selbst anzuschaffen. Unbemittelten Teilnehmern kann ein Staatsbeitrag in Aussicht gestellt werden.

Bedingung der Zulassung zu den Kursen sind: ein guter Leumund und genügende Schul­bildung. Außerdem müssen die Teilnehmer an dem Rundkäsereikurs das zwanzigste Lebensjahr, vie Teilnehmer an dem Backsteinkäsercikurs das sech­zehnte Lebensjahr zurückgelegt haben. Auch haben die elfteren den Nachweis einer mindestens zwei­jährigen, die letzteren den einer mindestens einjährigen Täligkeir in einem entsprechenden Käsereiberrieb zu erbringen.

Der Beginn der Kurse ist auf Montag, den 5. Oktober d. I. festgesetzt.

Gesuche um Zulassung zu den Kursen sind bis längstens 15. September d. I. an den Vorstand des landwirtschaftlichen Bezirksvereins Leutkirch, Oekonomierat Farny in Dürren einzusenden.

Den Aufnahmegesuchen sind beizulegen:

1) ein Geburtsschein;

2) ein Schulzeugnis, sowie der Nachweis einer mindestens zweijährigen Tätigkeit in einem Rundkäsereibetrieb; bezw. einer mindestens ein­jährigen Tätigkeit in einem Backsteinkäserei­betrieb ;

3) wenn der Bewerber minderjährig ist, eine Ein­willigungserklärung des Vaters oder Vormunds, in welcher zugleich die Verbindlichkeit zur Tragung der durch den Besuch des Kurses er­wachsenden Kosten, insoweit solche nicht auf andere Weise gedeckt werden, übernommen wird;

4) ein von der Gemeindebehörde des Wohnsitzes des Bewerbers ausgestelltes Leumundszeugnis,

sowie eine Bescheinigung derselben darüber, daß der Bewerber bezw. diejenige Persönlich­keit, welche die Verbindlichkeit zur Tragung der durch den Besuch des Kurses erwachsenden Kosten für die Bewerber übernommen hat, in der Lage ist. dieser Verpflichtung nachzukommen;

5) wenn ein Staatsbeitrag erbeten wird, was zu­treffendenfalls immer gleichzeilig mit Vorlage des Aufnah megesu chs zu geschehen hat, ein gemeinderätliches Zeugnis über die Vermögens- und Familien­verhältnisse deS Bewerbers und seiner Eltern, sowie ein Nachweis darüber, ob die Gemeinde, der landwirtschaftliche Bezirksverein, eine Mol­kereigenossenschaft oder eine andere Korporation dessen Aufnahme befürwortet und ob dieselben ihm zu diesem Zweck einen Beitrag und in welcher Höhe zugesagt oder in Aussicht gestellt haben.

Stuttg art, 23. Juli 1903.

v. Ow.

Tagesneuigkeitcn.

* Calw, 1. August. Dos Reallyceum hielt gestern vormittag seinen feierlichen Schlußakt im großen Rathanssaale ab. Eingeleitet wurde die Feier durch den schwungvollen LobgesangKommt, kommt, den Herrn zu preisen", worauf der Rektor der Anstalt, Hr. I)r. Weizsäcker, die Festrede hielt. Er verbreitete sich zunächst über die Zwecke der Kunstausstellung im Saale des Georgenäums, gedachte der treuen Wirksamkeit der beiden verstor­benen Lehrer, des Hrn. Rektors vr. Niüller und des Hrn. Präzeptors Völker und gab Aufschlüsse über die äußerlichen Veränderungen in der Bezeichnung der Anstalt und ihrer Klassen. Hierauf richtete er ernste Mahn- und Abschiedsworte an die Schüler. Nach dem frischen GesangIch bin vom Berg der Hirtenknab" folgten die Deklamationen der Schüler.

FOtlllEÜVÜ. Nachdruck verboten.

Treue.

Original-Roman von Irene v. Hellmuth.

(Fortsetzung.)

Nein," sagte Susanne vor sich hin,Heßfeldt hat Jsa nie die geringste Beachtung geschenkt."

Weshalb aber stand er da und starrte zu den Fenstern hinauf? Sie bemerkte jetzt erst, daß er ein paar späte, dunkelglühende Rosen in der Hand trug, seltene, prächtige Exemplare, die er drüben in der Meierei zog, und an denen er viel Freude hatte. Nun bemühte er sich, dieselben auf das Gesims des Fensters zu legen, an dem Susanne stand. Da das Fenster ziemlich hoch war, wollte es ihm nicht gelingen, die Blumen so zu postieren, daß sie in die Augen fielen. Su­sanne war erschrocken einen Schritt zurückgewichen, denn sie wollte auf ihrem Lau­scherposten um keinen Preis gesehen werden.

Heßfeldt wandte sich zum Gehen, in einiger Entfernung indes blieb er wieder stehen und blickte sich um. Dann sah das junge Mädchen zu, wie er mit einem Stückchen Figuren in den Sand des Weges zeichnete, und sich wie erschöpft auf eine Bank nieder ließ.

Neugierde war gerade nicht Susannes Fehler, aber jetzt hätte sie doch gar zu gern gewußt, welchen Kummer den hübschen jungen Mann dort bedrückte. Sie beschloß daher, wie zufällig seinen Weg zu kreuzen, um womöglich Näheres zu erfahren, um ihn ein wenig auszuforschen. Um gegen die Morgenkühle etwas geschützt zu sein, wand sie rasch ein weißer Spitzentuch um den Kopf, und die

leichten Pantöffelchen vertauschte sie mit einem Paar Lederschuhe. So ausgerüstet betrat sie den Rasenplatz vor dem Hause und spähte nach der Bank hinter den Rosenbüschen; dieselbe war leer. Susanne fühlte eine leise Enttäuschung, sie wußte selbst kaum, warum, und ließ den Blick rings umher schweifen.

Da gewahrte sie, daß in dem lockeren Sand, wo Heßfeldt vorhin gestanden, ein großes, lateinisches8" eingezeichnct war.

Sollte das der Anfangsbuchstabe meines Namens sein?" fragte sich Susanne, und fühlte plötzlich ein so rasendes Herzklopfen, daß sie nur mühsam atmen konnte. Wenn Heßfeldt doch ihretwegen gekommen wäre? Gehörten ihr die Rosen dort auf dem Fenstersims? Ein ganz neues, eigentümliches Gefühl beschlich das sonst so ruhige Mädchen, das sich neben der schönen, kindlichen Jsa schon so alt vor­gekommen war, als wäre die Zeit zum Lieben schon vorbei. Und nun kam da einer am nebeligen Herbstmorgen, und starrte so sehnsüchtig nach ihren Fenstern und brachte ihr seine schönsten Rosen, die er mit Mühe und Geduld selbst gezo­gen hatte.

War das nicht herrlich?

Sinnend stand Susanne still, die Entdeckung, die sie soeben gemacht, ver­wirrte sie fast. In dem Augenblick, da die junge Dame sich anschickte, ins Haus zurückzukehren, hörte sie etwas rascheln in dem dürren Laube. Sie wandte sich um, Heßfeldt stand vor ihr. Er trug den Hut in der Hand, als wollte er sich von der frischen Morgenluft die heiße Stirn kühlen lasten, der leichte Wind fuhr kosend durch sein welliges Haar.

Susanne gab sich Mühe, möglichst unbefangen auLzusehen, doch seiner sicht­lichen freudigen Ueberraschung gegenüber wollte ihrS nicht gelingen. Sie bemerkte