WüMemberg.

Stuttgart, 2. Dez. Durch Königliche Ver­ordnung ist der Landtag zur Wiederaufnahme seiner Sitzungen auf Donnerstag den 10. Dezbr. einberufen worden.

Stuttgart, 2. Dez. Aus Anlaß des 60jäh- rigen Regierungsjubiläums des Kaisers Franz Josef von Oesterreich, zu dessen Feier sich Herzog und Herzogin Philipp, Herzog Albrecht nebst Kindern, sowie Herzog und Herzogin Robert von Württemberg nach Wien begeben haben, hat heute die österreichische Gesandtschaft in der Neckarstraße beflaggt. Vormittags II Uhr fand in der mit Blattpflanzen geschmückten katholischen St. Eberhards­kirche ein feierlicher Gottesdienst aus demselben An­laß statt. Der kirchlichen Feier wohnten außer dem Königspaar, das im Laufe des Vormittags im Automobil aus Bebenhausen hier eingetroffen war, noch Herzog Ulrich von Württemberg, Minister­präsident v. Weizsäcker, sowie sämtliche übrigen Staatsminister, das diplomatische Korps, die obersten Hofchargen, die Generalität, mehrere hohe Beamte und zahlreiche Offiziere mit ihren Damen bei.

Stuttgart, 1. Dez. Bei den letzten Etats­beratungen über den Verkehrsanstaltenetat wurde im Landtag der Wunsch ausgesprochen, es möchte im Bereich der Verkehrsanstalten die AnredeHerr" im dienstlichen Verkehr mit allen Unterbeamten und Arbeitern durchgeführt werden. Das K. Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten, Verkehrsabteilung, hat sich nun dahin entschieden, daß diese Anrede auch in ähnlichen Verhältnissen nicht gebräuchlich sei, vor allem aber sich aus praktischen Gründen nicht empfehle. Das Ministerium müsse deshalb davon absehen, eine dienstliche Anordnung in diesem Sinne zu treffen.

Stuttgart, 3. Dez. Oberbürgermeister von Gauß wird sich infolge von Herzaffektionen auf dringenden ärztlichen Rat für einige Zeit ven den Berufsgeschäften zurückziehen.

Stuttgart, 2. Dezbr. Nach einer Mitteilung der Württ. Vereinsbank sind die Zeichnungen auf die 4°/o Württ. Staats-Obligationen in so abnorm hohen Beträgen erfolgt, daß selbst auf Sperrstücke nur ganz geringe Quoten zugeteilt werden können, während Zeichnungen ohne Sperre ganz ausfallen.

Stuttgart, 2. Dez. Die AusstellungFür Frau und Kind" im Landesgewerbemuseum erfreut sich einer mit jedem Tage wachsenden Beliebtheit. In den ersten 14 Tagen war sie von beinahe 20 000 Personen besucht, und hoffentlich erfüllt dieses Unternehmen seinen Zweck, indem die Eltern und Erzieher auf das wirklich beste Spielzeug und die gediegensten Bilderbücher hingelenkt werden. Hoffent­lich aber finden auch die vielen schönen Arbeiten unserer Damen nicht nur den verdienten Beifall, sondern auch zahlreiche Weihnachtsliebhaber.

Stuttgart, 2. Dez. Im Friedrichsbautheater sind gestern abend vom Photographen Hildenbrand farbige Photographien vorgeführt worden und zwar unter der BezeichnungSchönheitsabende im Bild". Diese Photographien brachten Landschaften, Städte und verschiedene Akte in künstlerischer Ausführung. Wie nun die Direktion des Friedrichsbautheathers mitteilt, hat die Polizeibehörde diese Schönheits­abende in Bild, als anstößig verboten. Wie nachträglich bekannt wird, bezieht sich das gegen die Schönheitsabende im Friedrichsbautheater ausge­sprochene Verbot jedoch nicht auf die ganze Dar­stellung, sondern lediglich auf einige wenige Nacktbilder.

Stuttgart, 1. Dezbr. (Strafkammer.) Ein trauriges Beispiel dafür, auf welche Bahnen Kinder durch die Prahlerei und die Versührungskünste aben­teuerlicher Burschen geführt werden, zeigte eine Ver­handlung gegen einen Volksschüler, der eben das strafmündige Alter von 12 Jahren erreicht hat. An einer Volksschule hatte sich unter der Führung eines inzwischen schulentlassenen, verkommenen Wirts­sohnes eine Diebesbande gebildet, die alle möglichen abenteuerlichen Einbrüche verübte und auch Schüler unter 12 Jahren an sich zog. Die Abenteuerlust kam schließlich die Burschen teuer zu stehen, denn nach einem Einbruch in eine Weinbergshütte, in der sie allerhand Schußwaffen erbeutet hatten, wurden sie abgefaßt und dann verurteilt. Ein damals noch nicht strafmündiger Schüler, der ganz unter dem Bann desHauptmanns" stand, konnte sich auch nachher nicht von den Abenteurern trennen. Er be­sorgte Ausgänge für eine Familie, in deren Haus er sich eines Mittags einschlich. Er ging auf den Hausboden, und da er die Mägdekammern, auf die er es abgesehen hatte, verschlossen fand, stieg er durch ein Dachfenster auf das Dach des Hauses,

von dort durch ein anderes Dachfenster in eine Kammer, nahm dort, da er nichts anderes fand, ein Paar Stiefel mit und machte dann denselben Weg zurück. Ein paar Tage nachher führte er das gleiche Kunststück nochmals aus, durchsuchte die ganze Kammer und nahm ein Kleid an sich. Als er aufs Dach zurückstieg, hörte er Stimmen; man hatte ihn gehört und Schutzleute geholt. Er versteckte sich dann auf dem Dach hinter dem Kamin, wurde aber gleich entdeckt. Die Mutter schickte ihn dann, um ihn der üblen Gesellschaft zu entziehen, in eine andere Schule und seitdem ist er nach dem Zeugnis des Lehrers brav und fleißig; die Abenteuerlust ist ihm vergangen. Auf die Frage, was er mit dem Geld, das er habe finden wollen, anfangen wollte, ant­wortete er, er habe in die Schweiz reisen wollen, um die hohen Berge zu sehen. Wegen 2 Verbrechen des schweren Diebstahls wurde der Bengel zu einer Gefängnisstrafe von einem Monat verurteilt, wobei man strafmildernd berücksichtigte, daß er zu den ersten Diebstählen, bei denen er beteiligt war, durch die älteren Knaben verführt worden war; auch Schundliteratur hatte das ihre dazu getan.

Friedrichshafen, 3. Dez. Dem Grafen Zeppelin wurden am 1. Dezember 1500000 -/A für das vom Reich übernommene Luftschiff 2 1 ausgezahlt.

Ludwigsburg, 3. Dezbr. Bei der gestrigen Bürgerausschußwahl ist es der Sozialdemokratie zum erstenmal gelungen, einen Kandidaten auf das Rathaus zu bringen. Von den Gewählten gehörten 6 seither schon dem Bürgerausschuß an.

Heilbronn, 3. Dez. Die bürgerl. Kollegien haben heute ihre Entscheidung in der Theater­platzfrage gefällt und sich mit 24 gegen 16 Stim­men für die Allee ausgesprochen. Die 16 Stimmen waren zugunsten des Harmoniegartens abgegeben.

Nürtingen, 2. Dez. Der Schlosser Vogel von Oberboihingen ist auf dem Heimweg in den Nebel geraten, verirrt und schließlich in den Neckar gestürzt. Er vermochte wieder auf den Boden zu kommen, blieb dann aber in hoher Erschöpfung liegen und wurde morgens halb erfroren gefunden. Er war nicht mehr zu retten.

Mariazell OA. Oberndorf, 3. Dez. Unser Ort steht gegenwärtig nicht nur im Zeichen des Verkehrs, sondern auch in dem der Industrie. Eine Pforzheimer Uyrkettenfabrik hat hier von der Ge­meinde ein größeres Areal zur Verfügung gestellt erhalten, auf dem bis kommenden Sommer eine Fabrik erstehen wird, die mindestens 100 Arbeiter beschäftigen dürfte. Der Gemeindeverwaltung wird für die weitsichtige Förderung dieses Unternehmens, das vielen Ortsangehörigen Verdienst bringen wird, Anerkennung gezollt.

Schorndorf, 2. Dezbr. Vollwaisen wurden gestern unerwartet die jugendlichen Geschwister G. hier. Der Vater, ein Kaufmann, starb vor drei Wochen an Darmleiden, während die Mutter im Krankenhaus lag. Letztere war nun einige Tage zu Hause im Krankenbette. Gestern nachmittag schickte sie ihre Tochter auf einige Minuten fort. Während­dem stand die kranke Frau auf, verschloß die Tür und erhängte sich an einer Schnur. Die Frau war schon länger schwermütig.

Tübingen, 2. Dezbr. Eine sonderbare Wette gelangte gestern nachmittag am oberen Schleifmühlen­weg zum Austrag. Einige Studenten, denen der Drang nach körperlicher Betätigung in den Gliedern saß, schlossen mit einem dort mit Baumfällen an­läßlich der Herrenberger Bahnbauten beschäftigten Tübinger Bürger einen feierlichen Vertrag, wonach ein stattlicher Apfelbaum ihnen zur freien Verfügung überlassen sein sollte, falls sie ihn zu dritt bis Sonnenuntergang samt den Hauptwurzeln vorschrifts­mäßig aus der Erde herausgraben und fällen wür­den. Das erforderliche Werkzeug sollte ihnen zur Benützung frei stehen und nach beiderseitiger Unter­zeichnung des interessanten Schriftstücks machten sich die drei alsbald ans Werk, herzlich froh, einmal Stift und Federhalter mit Hacke und Schaufel ver­tauschen zu können. Froher Liederklang begleitete die Arbeit und schon nach kurzer Zeit konnte der Ausgang des seltsamen Abkommens nicht mehr zweifelhaft sein zur geringen Erbauung unserers Bürgers, der bis dahin die harte Arbeit der drei mit munteren Reden zu würzen versucht hatte.

Kus StaSt, Bez irk unS Umgebung.

):( Neuenbürg, 3. Dezbr. In den letzten Tagen wurden von Hrn. Bauwerkmeister A. Braun verschiedene Grundstücke an der äußeren Wildbader Straße bis zur Einmündung des Happeywegs durch Kauf erworben. Der Kaufpreis der einzelnen

Grundstücke ist durchweg ein erhöhter. Ueber den Zweck des Aufkaufs und die Verwendung dieses Areals verlautet noch nichts.

Gräfenhausen-Obernhausen, 3. Dezbr. Am Dienstag nachmittag wurde unter Teilnahme der ganzen Gemeinde und vieler von der Umgebung erschienener Bekannter und Freunde der am Advents­sonntag nach kurzem Kranksein im 80. Lebensjahre verschiedene Anwalt und Gemeinderat Dittus zur letzten Ruhe bestattet. In dem langen Trauerzug befanden sich auch die Krieger- und Militärvereine von Gräfen- und Obernhausen in voller Zahl. In der ergreifenden Grabrede, welcher der Text zu Grunde lagsei getreu bis in den Tod", rühmte der Geistliche, Pfarrer Luz, die Treue des Ent­schlafenen im Kleinen wie im Großen, sowohl in feinen Aemtern, als namentlich auch seiner Kirche und seinem Gott gegenüber. Kränze wurden am Grabe niedergelegt von dem Ortsvorsteher, Schult­heiß Kircher namens des Gemeinderats, von Schultheiß Höll-Arnbach namens des Gesamt­kirchengemeinderats des Kirchspiels, dessen ältestes Mitglied der Verstorbene war, und vom Vorstand des Krieger- und Militärvereins, Ernst Keller, namens dieses Vereins, dessen Ehrenmitglied Dittus gewesen ist. In dem warmempfundenen Nachruf des Ortsvorstehers kam so recht zum Ausdruck, was der Verstorbene der Gefamtgemeinde, welch treuer Diener er ihr gewesen ist, da er schon seit dem Jahre 1867 das Anwaltamt in Obernhausen mit großer Liebe und Umsicht versah. Mit seltener Treue, Gewissenhaftigkeit und Uneigennützigkeit bekleidete er das Amt eines Gemeinderats seit dem Jahre 1868 und das des Gemeindepflegers von 1876 bis zu Anfang ds. Js. Sein lebhaftes Interesse für seine Gemeinde, verbunden mit reicher Erfahrung, seine allezeit biedere Gesinnung machten ihn allgemein beliebt. Nun ist er abberufen in die ewige Heimat, betrauert von zahlreichen Familienangehörigen, die den wohlwollenden Vater und Großvater noch lange vermissen werden, betrauert auch von der ganzen Gemeinde, die ihm ein dauerndes Andenken be­wahren wird.

Pforzheim, 2. Dezbr. Der hiesige Rabatt­sparverein hat wiederum aus Anlaß der Weih­nachtszeit 1275 an wohltätige Anstalten und Vereine geschenkt zur Verteilung an Arme und Kranke. Diese Art der Verteilung ist jedenfalls an­gezeigter als eine Verlosung, bei der der Zufall oft eine sonderbare Rolle spielt.

Neuenbürg, 3. Dez. Dem heutigen Viertel­jahrsviehmarkt wurden zugeführt: 18 Stück Läuferschweine, welche zu 60120 Mk. pro Paar, 46 St. Milchschweine, die zu 1830 Mk. pro Paar verkauft wurden.

Neuenbürg, 2. Dez. Bauernregeln für Dezember. Eine gute Decke Schnee bringt das Winterkorn in die Höh'. Der Christbaum strahlt im Kerzenschein, wie schön ist's noch ein Kind zu sein. Wohl dem, den nie der Glaube flieht, den Sünde nie zur Erde zieht. Je dunkler es über Dezember Schnee war, je mehr leuchtet Segen im künftigen Jahr. Düngerreime: Wer spärlich seinen Acker düngt, der weiß schon, was die Ernte bringt. Hans düngte seine Felder schlecht, war Ackermann, jetzt ist er Knecht. Wer gute Ernte machen will, der dünge, pflüg' und grabe viel. Jobs läßt die Jauche in den Bach, ein Dummkopf nur tut es ihm nach. Dünger ist die Seele vom Ackerbau, sie gehören zusammen wie Mann und Frau. Gutes Vieh, gute Streu, reichlich Futter, gibt feiten Mist, reiche Ernten, viel Milch, Käs und Butter. Donner im Winterguartal, bringt uns Kälte ohne Zahl. Ist's grün auf unserer Weih­nachtsfeier, gibt's manchmal Schnee bei Ostereier. Dezember veränderlich und lind, der ganze Winter ein Kind. Wie der Dezember, so der Frühling.

vermrschres.

Modernes Heiratsversprechen. Um ja recht sicher zu gehen, hat am letzten Sonntag ein heirats­lustiges Paar in Forbach folgenden Ehekontrakt geschlossen: Markus W. erklärt, die Karoline S. zur Frau zu nehmen. Sollte es dem Einen oder dem Anderen reuen, so hat der schuldige Teil ein Reugeld von 500 Mk., in Worten Fünfhundert Mark, zu bezahlen. Forbach, 29. November 1908. Die Brautleute K. S. und M. W. Zeugen: K. D. und S. R. Hoffentlich reut es Keines!

Die täglichen Schwankungen der gei­stigen Arbeitskraft. Ein amerikanischer Psycho­loge, Howard D. Marsh, beschäftigt sich in einem auf eingehenden Experimenten beruhenden Werke