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191.

Der

Anzeiger für das Lnztal und Umgebung.

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Reuenbürg, Freitag den 4. Dezember 19Ü8.

66. Jahrgang.

Berlin, 2. Dezbr. (Reichstag.) Präsident Graf Stolberg eröffnet die Sitzung um 1.15 Uhr. Am Bundesratstisch sind die Staatssekretäre v. Beth- mann-Hollweg, Dernburg und Dr. Nieber- ding erschienen. Das Haus ist gut besetzt. Auf der Tagesordnung stehen die Anträge des Zentrums, der Freisinnigen, der Sozialdemokraten und der Polen auf Abänderung der Reichsverfassung. Nach der Erklärung des Staatssekretärs v. Beth- mann-Hollweg sprachen die Abgg. Müller- Meiningen (frs. Vp.), Spahn (Ztr.), Ledebour (Soz.), Gras v. Brudzewo-Mielzynski (Pole), Dr. Junck (natl.), v. Dirksen (Reichsp.). Weiter­beratung Donnerstag nachmittag 1 Uhr.

Berlin, 3. Dez. Reichstag. Präsident Graf Stolberg eröffnet die Sitzung um 1.15 Uhr. Am Bundesratstisch die Staatssekretäre Dr. v. Beth- mann-Hollweg und Dr. Nieberding. Ein­gegangen ist eine Interpellation der Sozialdemo­kraten, betr. die Ausführung des Vereinsgesetzes. Auf der Tagesordnung steht die Weiterberatung der Anträge, betreffend Abänderung der Verfassung und Geschäftsordnung. An der Debatte beteiligen sich: Abg. Gräfe (Reformp.), Abg. Dr. Naumann (frs. Vgg.), Abg. Bindewald (Resormp.), Abg. Singer (Soz.), Abg. Dietrich (kons.), Abg. Dr. Ricklin (Elsässer), Abg. Payer (südd. Vp.), Abg. Dr. v. Dziembowski (Pole), Abg. Heine (Soz.), Abg. Dr. Spahn (Ztr.). Nach weiteren Bemerk­ungen wurden die Anträge an die auf 26 Mitglieder verstärkte Geschäftsordnungskommission verwiesen. Nächste Sitzung: Freitag nachmittag 2 Uhr. Gewerbe­novelle.

Berlin, 2. Dez. Die Reichspostverwaltung wird heute durch Vermittelung des kaiserlichen deutschen Geschäftsträgers in Washington mit dem Generalpostmeister der Vereinigten Staaten von Amerika eine Vereinbarung dahin treffen, daß für die zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten auf dem direkten Seeweg ausgetauschten frankierten Briefe vom 1. Januar 1909 ab in der Richtung aus Deutschland zu einer Taxe von 10 für jede 20 Gramm und in der Richtung aus den Ver­einigten Staaten einer solchen von 2 Cents für jede Unze berechnet werden, während für unfrankierte Briefe das Doppelte dieser Beträge zu entrichten sein wird.

Berlin, 3. Dez. Die nächstjährigen Kaiser­manöver werden, wie nach derInformation" jetzt feststeht, zwischen dem 13. und 14. Korps (Württemberg und Baden) stattfinden.

Wien, 2. Dez. Zu den Prager Ausschreit­ungen wird derN. Fr. Pr." noch gemeldet: Bei der Dragoner-Attacke zerstörte die tschechische Menge das Straßenpflaster, empfing die Dragoner mit einem Steinhagel und suchte die Reiter von den Pferden zu reißen. Die Dragoner waren genötigt, mit den Säbeln einzuhauen. Auch aus den Fenstern wurde mit Steinen geworfen. Es war der Helle Aufruhr. Der englische Konsul Forbes wurde in der Straßen­bahn angegriffen und aus dem Wagen geschleudert.

Wien, 2. Dez. Im Augenblick, da die deutsch­böhmischen Abgeordneten beim Ministerpräsidenten ernste Vorstellungen wegen der Prager Deutschen­hetze erheben wollten, begegneten sie im Vorzimmer dem Fürsten Egon zu Fürstenberg. Sie forderten ihn aus, sich an ihre Spitze zu stellen und die In­teressen der Deutschen in Böhmen zu vertreten. Der Fürst erklärte sich bereit und betrat das Arbeits­zimmer des Ministerpräsidenten von neuem. Es kam zu ernsten Vorstellungen.

Prag, 2. Dez. Die öffentliche Verkündigung des Standrechts in den Straßen durch Trommel­schlag fand heute nachmittag 4 Uhr statt. Von dem Moment an herrschte Ruhe; bis dahin hatten noch

im kleinen Belästigungen deutscher Studenten statt- gesunden, die sich auch gegen die zugereisten Reichs­deutschen richteten.

München, 3. Dezember. Aus Pest wird ge­meldet: Heute gehen aus dem Pester Korpsbezirk 10 Bataillone Infanterie nach Bosnien ab. Der hiesige Bürgermeister wurde vom Korpskommando benachrichtigt, daß er das Eintreffen einer Mobili­sierungsordre zu erwarten habe.

Wie derVossischen Zeitung" aus Wien ge­meldet wird, sind 50 000 Reservisten des ersten Jahrganges zu den Fahnen einberufen worden. Das 13. Armeekorps in Agram wird auf den er­höhten Stand gebracht.

Berlin, 1. Dez. Die Toiletten der Kron­prinzessin. Wiederholt schon ist in Blättern ver­schiedenster Parteirichtung das Bedauern darüber ausgesprochen worden, daß die deutsche Kronprinzessin ständig ihre Toiletten aus dem Ausland, aus Paris, bezieht. Erst dieser Tage brachte der ScherlscheTag" wieder Abbildungen der neuesten Pariser Toiletten der Kronprinzessin. Das sieht fast wie eine Demonstration aus, die, wenn sie sicher auch nicht beabsichtigt ist, gleichwohl nicht weniger aufreizend wirkt. Man hat zwar nicht das Recht, der Kronprinzessin Vorschriften zu machen, wo sie ihre Toiletten bestellen soll, aber wenn sie schon, im Gegensätze zur Kaiserin, die nur Toiletten deutscher Provenienz trägt und dabei anerkanntermaßen stets mit tadellosem Geschmack und vollendeter Eleganz gekleidet ist, ohne die Pariser Schneider sich nicht kleiden zu können glaubt, so sollte man wenigstens nicht so ungeschickt sein, diese Tatsache in öffentlichen Blättern und mit Illustrationen aller Welt zu ver­künden. Das ist auch eine jener Höflingsungeschick­lichkeiten, die in den Bitternissen der letzten Wochen eine so bedauerliche Rolle spielen.

Potsdam, 3. Dez. Heute abend vor 6 Uhr entstand infolge Undichtigkeit eines Rauchabzugs­rohres im Stadtschloß zu Potsdam Feuer. Auf den Alarm Großfeuer rückte die städtische und kurz darauf die freiwillige Feuerwehr an. Das Feuer ergriff die Dachkonstruktion des Schlosses. Auch der Kronprinz, der zurzeit das Schloß bewohnt, be­teiligte sich persönlich an der Löschung des Feuers, die gegen 7'/t Uhr beendet war.

Ein neues vornehmes Riesenhotel ist in Berlin eröffnet worden. Es heißtEsplanade" und liegt in der Nähe des Potsdamer Bahnhofs, in der einst so ruhigen Bellevuestraße, die aber ihren Charakter längst eingebüßt hat. Das Hotel verfügt über 400 Zimmer und ist innerhalb kurzer Zeit der dritte Millionen-Hotelbau in Berlin.

In der Eisenbahnwerkstätte in Wittenberg wurden bei der Reparatur eines Personenwagens 2. Kl. im Polster 17000 Mark Kassenscheine versteckt ausgefunden. Der Personenwagen war ständig zwischen Berlin und Hamburg gelaufen. Die Banknoten rühren wahrscheinlich aus einem Dieb­stahl her. Sie wurden bei der Wittenberger Stationskasse hinterlegt.

Mannheim, 2. Dezbr. In der Nacht vom Montag auf Dienstag erlitt in Viernheim der Wein­händler Nikolaus Renz plötzlich einen Anfall von Geistesstörung und drang in diesem Zustande in die Wohnung des Fabrikarbeiters Lang, der in einer früheren Gerichtsverhandlung gegen Renz ungünstige Aussagen gemacht haben soll. Renz feuerte mehrere Schüsse auf Lang ab und verletzte diesen schwer. Dann begab sich der Wahnsinnige in die Lagerkeller des Bierbrauers Renz, eines Verwandten von ihm, und ließ fast sämtliches Bier laufen. Schließlich machte er seinem Leben durch Erhängen ein Ende, nachdem er sich vorher eine Schußverletzung am Kopfe beigebracht hatte.

Mannheim, 3. Dez. Ein Bursche, der gestern nachmittag in der Seckenheimerstraße das 16 Jahre

alte Dienstmädchen Anna Lehndorf überfallen und durch einen Messerstich in den Hals so schwer ver­letzt hat, daß das Mädchen bald darauf starb, konnte trotz der eifrigsten Bemühungen der Kriminal­polizei noch nicht entdeckt werden.

Wörth a. Rh. in der Pfalz, 3. Dez. In der Bahnhofwirtschaft übernachtete ein aus der Irren­anstalt Emmendingen entsprungener Kaufmann Stößler. Heute früh verweigerte der Irre die Oeff- nung des Zimmers und gab auf die herbeigeholte Gendarmerie Revolverschüsse ab. Er traf einen Gendarmen. Bei dem nun folgenden Kreuzfeuer wurde der Wahnsinnige erschossen.

Die Schweinepreise sind im Rückgang be­griffen. Es wurde eine größere Zahl fetter Schweine nach dem Bahnhose Bonndorf zum Preise von 50 Pfg. das Pfund Lebendgewicht geführt. Wie man hört, sollen die Preise noch mehr heruntergehen.

Eine außerordentlich schwierige Lebensrett­ung bewerkstelligten letzter Tage zur Nachtzeit zwei Gendarmeriepostenführer von Bludenz gemeinsam mit einigen wackeren Bürser Holzleuten. Sie retteten unter eigener Lebensgefahr den dem Tode nahen 39 Jahre alten Maschinenmonteur Fritz Dittrich aus Magdeburg, der sich bei einer Bergtour auf den Hüttenkopfstock verstiegen und sich derart verirrt hatte, daß er weder vor- noch rückwärts konnte. Die Rettung nahm eine ganze Nacht in Anspruch. Der Gerettete erzählte nachher, daß er bereits mit dem Leben abgeschlossen hatte und schon geneigt war, seine Leiden durch einen Sturz in die Tiefe abzukürzen. Auf einen Zettel schrieb er die letzten Grüße an seine in Magdeburg lebende Familie, da er nach stundenlangem vergeblichen Rusen an seiner Rettung verzweifelt war.

Der Hauptmann von Köpenick wollte sich in Venloo (Holland) zur Schau stellen, wurde aber von der Grenzwache verhaftet und nach Deutsch­land zurückgebracht.

Moskau, 3. Dez. Es ist festgestellt worden, daß die Geheimpolizei seit Jahren in Verbind­ung mit dem Moskauer Verbrechertum steht und gemeinsam mit den Verbrechern Raubmorde und Raubüberfälle und andere Verbrechen ins Werk gesetzt hat. Die Stadt war hierzu in be­sondere Bezirke eingeteilt, in denen den einzelnen Verbrecherbanden gegen Abgabe eines bestimmten Prozentsatzes ihrer Beute völlige Freiheit gesichert war. Der ehemalige Stadthauptmann, General­major Reinbodt, wird wegen Fälschung, Bestechlich­keit, Wucher und Erpressung vor Gericht gestellt werden.

Daily News berichtet aus Washington: Präsi­dent Roosevelt wurde, als er von einem Spazier­gange zurückkehrte, von einem Automobil angerannt und zu Boden geschleudert. Roosevelt erhob sich und sagte: Es ist ein Wunder, daß ich nicht tot geblieben bin.

Zürich. 2. Dezember. Gewaltige Aufregung erregte es in Genf, daß die bekannte Schriftstellerin Ilse Frapan sich von der Künstlerin Mandelbaum auf Wunsch erschießen ließ. Nachher beging die Mandelbaum Selbstmord.

Belluno, 3. Dez. Durch einen Bergsturz, der im Dorf Pra, bei St. Lucano, 30 Häuser ver­schüttete, sollen 2 7 Menschen umgekommen und 9 verwundet worden sein.

Tokio, 3. Dez. Infolge eines Taifuns schei­terten gestern in der Kawatsubai 25 Fischerboote. 350 Fischer sollen den Tod gefunden haben.

Lausanne, 1. Dez. Hier sind ein Druckerei­besitzer und seine Mitarbeiter verhaftet worden, die für eine halbe Million Aktien der französischen Nordbahngesellschaft gefälscht und schon für 140 000 Franken davon untergebracht halten.