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149.
Reuen bürg, Montag de» 21. September 1908.
66. Jahrgang.
MLmSsehau
Berlin, 19. Sept. Ueber die Reichsfinanzreform meldet eine zuweilen offiziöse Korrespondenz: Im Reichsschatzamt werden noch Vorschläge zur Abänderung des einen oder anderen Steuerprojekts ausgearbeitet. Während der größte Teil der Reformvorschläge dem Bundesrat als vertrauliche Drucksache vorliegt, hat das Reichsschatzamt einen kleinen Teil, der noch nicht in allen Einzelheiten ausgearbeitet ist, zurückbehalten und über ihn nur mündliche Mitteilungen allgemeiner Natur gemacht. Die Arbeit in den Bundesratsausschüssen dürfte etwa 4 Wochen in Anspruch nehmen; dann werden weitere Plenarsitzungen des Bundesrats stattfinden. Ist der endgültige Beschluß gefaßt, so geht die Vorlage unverzüglich dem Reichstag zu und wird auch der ordentlichen Besprechung zugänglich gemacht werden.
Berlin, 19. Septbr. Ueber die Sitzung des Bundesrats vom Freitag erfährt der „Schw. Merk." noch folgendes: Nach der Rede des Reichskanzlers, des bayerischen und des sächsischen Vertreters legte der württ. Ministerpräsident v. Weizsäcker die Stellung der württembergischen Staatsregierung zur Reichsfinanzreform eingehend dar und gab der Hoffnung Ausdruck, daß es gelingen werde, die Reichsfinanzen zu sanieren und damit das Verhältnis des Reichs zu den Einzelstaaten auf eine gesunde Basis zu stellen. Nach den weiteren Erklärungen der verbündeten Regierungen, insbesondere auch des badischen Ministerpräsidenten, wurde die Vorlage den Ausschüssen überwiesen. Wie wir erfahren, halten die Vertreter der größeren Bundesstaaten, darunter auch der württ. Finanzminister v. Geßler, vor der Bundesratssitzung mehrfache Besprechungen, insbesondere auch mit dem preußischen Finanzminister.
Berlin, 19. Sept. Die deutsche Gruppe der Interparlamentarischen Union veranstaltete Freitag abend im Zoologischen Garten ein Bankett, zu dem sich zahlreiche in- und ausländische Parlamentarier, Regierungsvertreter und Vertreter von Kunst und Wissenschaft eingefunden hatten. Prinz Schönaich- Carolath brachte einen Trinkspruch auf den Kaiser und die Staatsoberhäupter aller vertretenen Nationen aus. Hierauf sprachen Delegierte aller vertretenen Staaten, wobei Graf Apponyi Deutschland als den Hort des Friedens feierte.
Berlin, 19. Sept. Die gestrige Sitzung der 15. Konferenz der Interparlamentarischen Union wurde um b /412 Uhr vom Präsidenten Prinzen Schönaich-Carolath eröffnet. Der Präsident teilte mit, daß vom Kaiser ein Antworttelegramm eingelaufen sei. Die Verlesung wurde stehend angehört. Es lautet: „Den in Berlin versammelten Parlamentariern aller Kulturstaaten spreche ich für den mir durch Ew. Durchlaucht übersandten Gruß meinen herzlichsten Dank aus und hoffe, daß die von so vielen bedeutenden Männern des Erdrunds besuchte Versammlung sich in meiner Residenzstadt wohlfühlen und an ihrem Teil wirken möge für die mir so ganz besonders am Herzen liegenden Segnungen des Weltfriedens. Wilhelm I. U." Das Telegramm wurde mit lebhaftem Beifall ausgenommen.
Neues Palais (bei Potsdam), 19. Sept. Heute abend 6 Uhr empfing der Kronprinz im Aufträge des Kaisers den Rat und einige weitere Mitglieder der Interparlamentarischen Konferenz, etwa 40 Herren mit dem Prinzen Schönaich-Carolath an der Spitze. Der Kronprinz hielt folgende Ansprache: Sehr geehrte Herren! Der Kaiser hat mir den Auftrag erteilt, an seinerstatt die Herren zu begrüßen. Es gereicht mir zur besonderen Freude, mich dieser Aufgabe zu unterziehen. Seine Majestät verfolgt die Ausgaben und Bestrebungen der Jnterparl. Union, deren zunehmende Bedeutung ihm nicht entgeht mit lebhaftem Interesse. Der Kaiser wünscht und hofft, daß aus ihrer. Tagung in seiner Hauptstadt wohltätige Ergebnisse hervorgehen werden für die Sache
des Friedens, welche die Grundlage aller wahren Kulturfortschritte ist und bleiben wird. Die Erhaltung und Bewahrung des Friedens, der mein kaiserlicher Herr Vater seine ganze Regierungszeit hindurch seine vornehmste Sorge gewidmet hat, ist ein oftmals mühsames Werk, aber wert, daß die edelsten Geister aller Nationen ihre ganze Kraft dafür einsetzen. Der Kaiser sendet Ihnen, meine Herren, die herzlichsten Abschiedsgrüße in der Hoffnung, daß sie nur schöne Erinnerungen aus meinem Vaterlande in Ihre Heimat zurücknehmen möchten. Hierauf unterhielt sich der Kronprinz eingehend und aufs liebenswürdigste mit allen Teilnehmern.
Im Haag wird voraussichtlich im nächsten Jahre eine neue internationale Staatenkonferenz tagen. Auf Wunsch der deutschen und der italienischen Regierung sind seitens der holländischen Regierung die Einladungen zu dieser Konferenz bereits ergangen und zwar an die auf der letzten Haager Friedenskonferenz vertreten gewesenen Staaten. Bei der neuen Konferenz handelt es sich um den Entwurf eines Welt- Wechselrechtes.
Ko bürg, 19. Sept. Wie die Blätter melden, hat Großfürst Kyrill von Rußland, der die geschiedene Großherzogin von Hessen zur Frau hat, die Schloßherrschaft Merzbach in Unterfranken zum Preise von drei Millionen Mark erworben. Der Großfürst gedenkt dort dauernd Wohnung zu nehmen.
Berlin, 19. Sept. Aus Washington meldet der „Lokal-Anz.": Die Teilnahme für Orville Wright ist so groß, daß wohl Sammlungen, wie in Deutschland für den Grafen Zeppelin, vorgenommen werden dürften. Das Kriegsdepartement ist überzeugt, daß der Wrightsche Aeroplan das Problem des Fluges gelöst hat. Es verlängerte daher die den Gebrüdern Wright gegebene Frist auf unbestimmte Zeit. — Wilbur Wright erhielt bezüglich des Zustandes seines Bruders beunruhigende Depeschen, drückte aber seine Besorgnis über den Eindruck aus, den die Nachricht von der Katastrophe aus seinen Vater, den protestantischen Bischof Milton Wright, gemacht haben muß. Der Gedanke, daß seine Söhne mit einer Maschine fuhren, welche den Tod eines Menschen verursacht hat, werde den 80jährigen Greis schwer bekümmern.
Für 22 Gemeindeschulen und ein Gymnasium stellt Berlin in diesem Jahre 12 neue mächtige Schulgebäude zur Benutzung fertig. Für acht Gemeindeschulen wurden die Gebäude zu Ostern, für die übrigen 14 Gemeindeschulen und das Friedrichs-Werdersche Gymnasium werden sie zu Michaelis dem Betrieb übergeben. Abgesehen von diesem Gymnasialbau und der Gemeindedoppelschule in der Bochumer Straße, die zusammen als eine große Gebäudegruppe in rotem Ziegelbau mit Hellen Sandsteinskulpturen vom Bildhauer Taschner ausgeführt wurden und dem Stadtteil Moabit zufallen, sind sämtliche Schulbauten im Osten, Nordosten und Norden Berlins erstanden. Die Gebäude nehmen zusammen 22000 Schüler auf und erfordern an Baukosten 9 700000 Mk.
Einen sozialdemokratischen Stadtverordnetenvorsteher hat jetzt das Städtchen Köpenick bei Berlin, das durch den bekannten „Hauptmann von Köpenick" eine sicherlich eigenartige Berühmtheit erlangt hat. Nach dreimaligem Wahlgange wurde der Sozialdemokrat Woik zum stellvertretenden Vorsteher der Stadtverordnetenversammlung gewählt.
München, 19. Sept. Das heute beginnende Oktoberfest wurde von einem schweren Schicksal betroffen, daß es besonders in seiner'Eigenschaft als bayerisches Zentrallandwirtschaftsfest schwer schädigt. Die seit Jahren abgehaltene Rinder- und Schweineausstellung findet nach einem Beschluß des Ministeriums des Innern Heuer nicht statt und zwar wegen Gefahr der Verschleppung der Maul- und Klauenseuche.
Würzburg, 20 . Sept. Gestern abend sind in Grimsfeld (Baden) acht Wohnhäuser und 14 Scheunen abgebrannt. Das in dem Ort einquartierte Militär verhinderte das Weitergreifen des Brandes.
Die Staatsanwaltschaft ist gegen eine größere Anzahl Wirte wegen Glücksspiels vorgegangen, weil diese in ihren Wirtschaften Zigarrenautomate aufgestellt hatten, durch welche unter geschickter Benützung einer Schleudervorrichtung nach Einwurf eines Geldstückes Zigarren gewonnen werden konnten. Wirte, welche sich, nach der „Neckarztg.,", vor dem Schöffengericht Mosbach zu verantworten hatten, wurden von diesem Gerichte freigesprochen, da dieses annahm, daß es sich bei der vorliegenden Sache nicht um ein Glücksspiel handeln könne. Gegen das Urteil des Schöffengerichts legte die Staatsanwaltschaft Berufung ein, sodaß sich auch die Strafkammer mit dieser Angelegenheit zu befassen hatte. Die Strafkammer gelangte gleichfalls zu einem freisprechenden Urteil, da sie annahm, die Angeklagten seien davon überzeugt gewesen, daß es sich bei den Zigarrenautomaten nicht um ein Glücks-, sondern um ein Geschicklichkeitsspiel handle.
Würllemverg.
Stuttgart, 19. Septbr. Außer dem bereits mitgeteilten Vermächtnis von 2 Millionen Mark an die Stadt Stuttgart hat Hr. Privatier Schönlein in seinem Testament noch über eine weitere Million für verschiedene wohltätige und gemeinnützige Zwecke ausgesetzt, so daß sich der Gesamtbetrag seiner letztwilligen Zuwendungen auf über 3 Millionen Mark beläuft. Das unter dem Namen „Anna-Stiftung" von der Stadt Stuttgart zu verwaltende Vermächtnis zerfällt in 4 Abteilungen:
1. Handwerker-Pensionskaffe; 1000000 Mk.
2 . Handwerker-Darlehenskaffe; 500 000 Mk. 3. Unterstützungskaffe, welche die Hallberger-Stiftung ergänzen soll; 400000 Mk. 4. Spezialkaffe zur Berücksichtigung von Gesuchen in Notfällen dringendster Art; 100000 Mk. Ferner hat Hr. Schönlein in hochherziger Weise vermacht: der Universität Leipzig (Vaterstadt des Hrn. Schönlein): 150,000 Mk. zur Errichtung einer Stipendienstiftung; der Kgl. Sächsischen Hochschule zu Dresden: 150 000 Mk. zu demselben Zweck; der württemb. Zentralleitung des Wohltätigkeitsvereins hier: 75000 Mk. zur Verteilung an einzelne Anstalten und Vereine; dem Lokalwohltätigkeitsverein hier, insbesondere für Zwecke der Wöchnerinnenhauspflege: 100 000 Mk.; der Evang. Diakonissenanstalt hier: 50000 Mk.; dem Allgemeinen Deutschen Buchhandlungsgehilfenverband in Leipzig, für dessen Unterstützungskasse: 350 000 Mk. Nebenbei sind weitere Vermächtnisse in Höhe bis zu 50 000 Mk. ausgesetzt, auch ist das frühere Arbeitspersonal des Hrn. Schönlein bedacht.
Stuttgart, 18. Sept. Der ledige Schneider Albrecht Albert von hier war bei einem Milchhändler mit Ausbeffern von Kleidern beschäftigt. Bei dieser Gelegenheit sah er, daß der Milchhändler in einem Kasten eine größere Geldsumme aufbewahrte. Während er sich nun allein im Zimmer befand, nahm er das Geld, einen Betrag von 700 Mk., aus dem Kasten und verließ eiligst das Haus. Mit dem gestohlenen Geld machte er eine Vergnügungsreise in die Schweiz, auf der er das Geld in kurzer Zeit verjubelte. Als er zehn Tage nach dem Diebstahl im Kanton Zürich verhaftet wurde, war er nur noch im Besitz von 73 Franken. Die Strafkammer verurteilte ihn wegen Diebstahls im Rückfall zu einem Jahr Gefängnis.
Stuttgart, 20. Sept. In der Nähe von Degerloch bei der sogenannten hohen Brücke stieß heute vormittag ein Automobil, das einem Fuhrwerk aus- weichen wollte, auf einen Steinhaufen. Die Insassen wurden herausgeschleudert und der Führer,