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Neuenbürg, Montag den 14. September 1908.

66. Jahrgang.

Berlin, 12. Sept. Der Kaiser empfing heute im Neuen Palais den abberufenen türkischen Bot­schafter Ahmed Tewfik Pascha. Hierauf wurde der Botschafter auch von der Kaiserin in Audienz empfangen.

Rapp oltsweil er, 12. Sept. Dem Bericht über den Besuch des Kaisers ist noch nachzu­tragen, daß der dem Monarchen und seinen Söhnen gespendete Ehrentrunk Tokayer 1865er und Riesling 1865er war. Der Tokayer stammle aus den Kel­lereien des Hoteliers Krumb und der Riesling aus denen des bekannten Weingroßhändlers Constant Tempö. Die guten Tropfen mundeten sowohl dem Kaiser wie seinen Söhnen vorzüglich, und der Kaiser sprach sich in lobenden Worten über den guten Rappoltsweiler Wein aus. Mit Interesse erkundigte sich auch der Monarch bei Bürgermeister Klobb nach dem Ausfall der diesjährigen Weinernte.

Der dem Reichskolonialamt zugeteilte Oberstabs­arzt beim Kommando der Schutztruppen, Dr. Steudel (geb. Stuttgarter), ist zum General­ob er arzt ernannt worden.

Berlin, 12. Sept. Das lenkbare Militär­luftschiff hat gestern abend 10'/2 Uhr eine Nacht- und Dauerfahrt angetreten, nachdem der Wind endlich wieder auf etwa 5 Meter abgestaut hatte und keine Gewitterbildungen zu befürchten waren. Das Luftschiff, dessen Motors vorzüglich funktionieren, stieg vom Tegeler Schießplatz unter Führung des Majors Sperling auf. In der Gondel nahmen außerdem Oberingenieur Basenach, Major Groß, Hauptmann George und ein Chauffeur Platz. Das Schiff fuhr zunächst gegen den aus Westen kommen­den Wind, bog dann nach Steuerbord ab und schlug die Richtung nach Norden ein.

Berlin, 12. Sept. Mit einem Einnahme­ausfall von ca. 70 Millionen Mark dürfte, wie dasBerl. Tagebl." hört, die preußisch-hessische Staatsbahnverwaltung in diesem Etatsjahre zu rechnen haben. An dem Rückgang des Personen­verkehrs ist nicht allein die allgemeine Geschäftslage schuld, sondern auch die Verteuerung des Reifens durch die Tarifreform und die Fahrkartensteuer. Dazu kommt, daß die Ausgaben durch Schaffung neuer etatsmäßiger Stellen und Gehaltsaufbesser­ungen usw. ganz enorm gewachsen sind und auch angesichts der steigenden Tendenz die Arbeitslöhne sich in keiner Weise vermindern lassen werden. Es ist möglich, daß die Güterwagengemeinschaft mit den süddeutschen Staaten schon auf das laufende Etats­jahr ihren wohltuenden Schatten vorauswirft, das scheint aber auch nur ein Tropfen auf einen heißen Stein zu sein.

Von verschiedenen Seiten wird nunmehr halb­amtlich bestätigt, daß die verbündeten Regierungen die Aufhebung der Fahrkartensteuer beantragen werden. Von derselben Seite wird mehrfach ge­meldet, daß die Wiederabschaffung des erhöhten Orts­portos beantragt werden wird, so daß also der frühere Zustand, wie er bis zum Sommer 1906 Rechtens war, wieder hergestellt werden wird.

Wolfenbüttel, 12. Sept. Nach dem nun­mehr feststehenden Ergebnis der Reichstagsersatz­wahl im 2. braunschweigischen Wahlkreis erhielt Kleye (vereinigte nationale Parteien) 11423, Dede- kind (Welfe) 5926 und Rieke (Soz.) 7196 Stimmen. Somit ist Stichwahl zwischen Kleye und Rieke erforderlich.

Leipzig, 11. Sept. Das Reichsgericht verwarf die Revision des Bauhilfsarbeiters Bernhard Jm- hof, der am 8. Juli d. I. vom Schwurgericht des Landgerichts I in München wegen versuchter Er­pressung, begangen an dem Kommerzienrat Ludo- wici, zu 10 Jahren Zuchthaus und 10 Jahren Ehrverlust verurteilt worden war. Ferner verwarf das Reichsgericht die Revision der Anna Hamm,

die vom Schwurgericht in Elberfeld am 11. Juli ds. Js. wegen Beihilfe bei der Ermordung ihres Ehemanns in der Nacht zum 6. November 1907 zu 14 Jahren Zuchthaus verurteilt worden war.

Karlsruhe, 13. Septbr. Die Geschichte mit dem verunglückten Tunnelbau im Murgtal ist offenbar stark aufgebauscht. Nach den heutigen Blättermeldungen handelt es sich um einen nur 70 Meter langen Tunnel, bei dem die beiden Stollen allerdings erheblich von einander abweichen. Der Schaden beträgt aber höchstens 25000 -/L und fällt der Unternehmerfirma Wilhelm Bruch zur Last, die den falsch gegrabenen Stollen bereits wieder aus­gemauert hat. Die Heidelberger Zeitung teilt nun auch mit, daß sich das Mißgeschick schon vor längerer Zeit ereignet hat, daß die beiden Tunnelstollen an der Stelle des berechneten Zu­sammentreffens in der Tat um 8 Meter divergierten, daß der Schaden aber nur 35 000 (nicht 3sts Millionen) betrage und von der Baufirma zu tragen sei. Beträgt doch die für die Murgtalbahn im letzten Budget geforderte Summe im ganzen nur 4 Millionen Mark. Es handelt sich um die Aufwär­mung einer Geschichte, die bereits vor wenigen Mo­naten in einer Sitzung der Budgetkommission der Zweiten Kammer zum Gegenstand der Erörterung zwischen Regierung und Volksvertretung gemacht worden ist. Damals erklärte Staatsminister Frhr. v. Marschall, daß allerdings bei der Festlegung der Tunnelachse ein Fehler vorgekommen sei. Die durch die Richtigstellung entstandenen Kosten, die höchstens 25 000 r/L betrügen, fielen aber nicht dem Staat, sondern dem Unternehmer zur Last.

Karlsruhe, 13. Sept. In derKarlsruher Zeitung" erklärt die Generaldirektion der badischen Staatseisenbahn die Nachricht derHeidelb. Ztg.", wonach der badische Staat infolge Mißlingens eines Tunnelbaus bei der Murgtalbahn um den Betrag von 3ffs Millionen Mark geschädigt worden sei, für eine gröbliche Entstellung. Wie wir schon mitgeteilt haben, ist allerdings einem Ingenieur ein technischer Fehler unterlaufen; der Schaden beträgt aber nicht 3*/- Millionen, sondern höchstens 6000 und trifft nicht den badischen Staat, sondern den Unternehmer.

In Köln hat die preußische Eisenbahnverwalt­ung bei den Felten-Guilleaume-Lahmeyer-Werken 57 Akkümulatorenwagen bestellt. Jeder Wagen hat Raum für 100 Personen.

In Chemnitz verübte der 17jährige Kaufmanns­lehrling Hans Löwe aus Klotzsche einen Raub­mordversuch auf die Frau Apotheker Hering. Löwe hatte sich nachts in das Schlafzimmer der Frau eingeschlichen, um Geld zu rauben. Als Frau Hering erwachte, wurde sie von Löwe überfallen und durch 12 Dolchstiche lebensgefährlich verletzt. Löwe wurde verhaftet. Ein nettes Früchtchen!

Eine Riesentropfsteinhöhle ist in Kaiser Wilhelmsbad entdeckt worden. Den Eingeborenen des Landes muß sie seit vielen hundert Jahren bekannt sein, da man darin Gerätschaften, Waffen und allerlei andere Gebrauchsgegenstände fand, die teils aus neuester Zeit stammen, teils aber sicher schon mehrere hundert Jahre alt sind. Jedenfalls weisen sie durch Form und Art, die von der jetzigen durchaus verschieden ist, bei der Gewohnheit der eingeborenen Stämme, an ihren Gebrauchsgegen­ständen nichts zu ändern, auf ein langes Alter hin. Von den ungeheuren Dimensionen der neugesundenen Tropfsteinhöhle kann man sich einen Begriff machen, wenn man hört, daß sie über 1 Kilometer lang ist. Sie stellt eine gewölbte Halle dar, die die Form einer ungeheuren Kirche hat. Die Akustik der Tropf­steinhöhle ist vorzüglich, denn jedes Wort hat einen fast brausenden Klang. Sie liegt auf dem rechten Ufer des Baches Jukan.

Innsbruck, 12. Sept. Die seit 36 Stunden ununterbrochen anhaltenden Regengüsse richteten in Nordtirol sehr großen Schaden an. Auf

der Südbahn erfolgte zwischen Patsch und Matrai ein bedeutender Erdrutsch, durch den der Zugverkehr gestört wurde. Die Flüsse sind hoch angeschwollen und teilweise über die Ufer getreten. In Tulfes und besonders im Zillertal konnte nur mit dem Aufgebot aller Kräfte eine Katastrophe verhindert werden. Die neuerrichteten Dammbauten sind zum Teil schwer geschädigt.

Fort Meyers, 12. Sept. Orville Wright vollführte gestern nachmittag mit seinem Aöroplan einen neuen Dauerflug von 70 Minuten 26 Se­kunden. Die bei den Flügen am Mittwoch und Donnerstag erreichte Geschwindigkeit wurde auf 39ffr englische Meilen in der Stunde festgesetzt.

Auf Grand Turk (Britisch Westindien) hat ein Orkan große Verheerungen angerichtet. Dm Straßen gleichen Trümmerhaufen. Eine Anzahl Menschen sind ums Leben gekommen.

Aus der englischen Stadt Hüll wird berichtet, daß ein Verbrechen dort großes Aufsehen erregt. Ein Maurer fand in einem Neubau in der Vorstadt Newland ein in einen Sack fest eingebundenes 17jähriges Mädchen; nur der Kopf ragte aus der Umhüllung hervor. Die Person war bewußtlos und zeigte Spuren schwerer Mißhandlungen. Ihre Hand­schuhe steckten tief in ihrem Munde, so daß sie fast erstickt wäre. Es dauerte anderthalb Stunden, ehe sie wieder zu sich kam. Sie heißt Nelly Flintoff und ist die Tochter eines Maurers. Sie erklärt, ein Mann habe sie abends in das Haus geführt und sie dann in den Sack eingebunden. Die Polizei fahndet nach dem Verbrecher.

Eine Volkszählung in China, die erste, die von der Regierung mit Ernst durchgesetzt wurde, hat eine Bevölkerung von 428 214000 Seelen er­geben. Das Reich der Mitte birgt also fast ein Drittel sämtlicher Bewohner der Erde. Die Zahl der in China lebenden Ausländer beträgt 69 852.

Württemberg.

Stuttgart, 10. Sept. Bessere Kohlenver­sorgung für Württemberg. Im Auftrag des württ. Jndustrieverbandes hat Landtagsabgeordneter Augst-Gerabronn als Direktor des fränkischen Kohlenkonsumvereins mit der Kohlenbergwerkdirektion Saarbrücken und dem Ruhrkohlenkontor persönliche Verhandlungen gepflogen und dabei von Seiten weit­gehendes Entgegenkommen gefunden. Es wurde anerkannt, daß Württemberg hinsichtlich der Kohlen­versorgung bisher stiefmütterlich behandelt wurde und eine bessere Belieferung der württ. Kohlenkonsu­menten wurde in Aussicht gestellt. Auf Grund dieser Verhandlungen wird von seiten des württ. Jndustrieverbands den württ. Kohlenkonsumenten dringend empfohlen, sich wegen Deckung ihres Be­darfs den bestehenden Kohleneinkaufsgenossenschaften sich anzuschließen, um der diesen gewährten Ver­günstigungen teilhaftig zu werden. Solche Kohlen­einkaufsgenossenschaften sind: der Fränkische Kohlen­konsumverein Gerabronn, der Cannstatter Kohlen­konsumverein, die Feuerbacher Kohlenvereinigung, der Kohlenkonsumverein Göppingen, der Saarkohlen­verein Reutlingen und die Süddeutsche Kohlen­einkaufsgenossenschaft Ulm. Dabei wäre für den Bezug von Ruhrkohlen in erster Linie der Fränkische Kohlenkonsumverein zu berücksichtigen, während den Saarkohlenverbrauchern der Anschluß an die Nächst­liegenden Kohleneinkauss-Genossenschaften ange­raten wird.

Stuttgart, 12. Sept. Für die am 3. Oktober hier stattfindende sozialdemokratische Landes­versammlung ist folgende Tagesordnung vorgesehen: Unser Organisationsstatut und das neue Vereins­gesetz" (Referent Wasner);Die politische Lage im Reich" (Hildenbrand);Der württembergische Land­tag" (Heymann). Unter den eingelausenen Anträgen befindet sich auch wieder einer, der die Einsetzung