halt auf der schönen Sommerberghöhe rechnete. Wir wollen uns aber durch ihn unsere Festesfreude an­gesichts des wohlgelungenen Bauwerkes, das wir eben einweihten, nicht verderben lassen. Ist doch unser schönes Wildbad heute an einem wichtigen Punkt seiner Entwicklung angelangt! Denn das seit Jahren hier hervorgetretene Bestreben, unsere Bade­stadt auch als Luftkurort zur Geltung zu bringen, ist durch die Erbauung der Bergbahn um einen großen Schritt vorwärts gebracht worden und unserem Wildbad als Heil- und Krankenbad ist in den mit­telst der Bahn nun erschlossenen herrlichen Waldes­höhen eine Bereicherung seiner Kur- und Heilmittel zuteil geworden von einer Eigenart und Bedeutung, wie sie wohl kaum ein zweites Bad im deutschen Vaterlande aufweisen kann. Hier unten im Tal die tausendfach erprobten Heilquellen, die Annehmlich­keiten eines vielbesuchten Bades mit Kur- und Lese­sälen, Theater und Konzerten, hervorragenden Aerzten und allen modernen Verkehrsmitteln und dort oben, nun erreichbar in wenigen Minuten, eine Luftkur­station idealster Art inmitten prächtiger Wälder, in der von Aerzten und Patienten bevorzugtesten Höhen­lage des Mittelgebirges von über 700 m ü. d. M., wie sie ungefähr Freudenstadt, Sand, Waldhotel Villingen und andere beliebte Luftkurorte besitzen. Wahrlich eine Vereinigung von Vorzügen und An­nehmlichkeiten, wie man sie sich nicht besser wün­schen kann!

Wenn Sie vorhin aus unserem etwas engen Tale, das Wildbad von Mutter Natur neben dem Kleinod der Heilquelle in die Wiege gelegt wurde, hinauf in die herrliche Höhenluft gefahren sind, wenn Sie hinunter ins liebliche, im saftigsten Grün prangende Enztal blickten, wenn Sie den Gottessrieden des Wäldermeeres, das uns dort oben umgibt, auf sich wirken ließen und wenn Sie dann bedachten, daß all' diese Herrlichkeiten den meisten unserer Kurgäste, namentlich den armen Kranken und Fußleidenden, bisher infolge des mühevollen Aufstieges verschlossen blieben, nun aber durch die Bahn zugänglich gemacht worden sind, daß all' dies jetzt dem täglichen Kur- und Vergnügungsprogramm unseres Bades eingereiht worden ist und daß die Bahn es vielleicht ermög­lichen wird, ruhebedürftigen Menschen dort oben bleibende Wohnsitze zu schaffen, so brauche ich Ihnen über die Zwecke und Ziele, die uns bei dem Unter­nehmen leiteten, kein weiteres Wort zu sagen.

Gestatten Sie mir aber, daß ich Ihnen kurz einige Mitteilungen über das Zustandekommek des Unternehmens mache. Als Hr. Dr. Josenhans im Jahre 1904 in einem Wildbader Brief imSchwäb. Merkur" den Gedanken der Erbauung einer Draht­seilbahn mit überzeugenden und trefflichen Worten anregte, glaubte hier anfangs niemand daran, daß diese glückliche Idee so bald verwirklicht werden sollte. Vielen schien das Projekt für ein Gemein­wesen von 3700 Einwohnern ein zu großes und zu gewagtes. Manche befürchteten von der Erschließ­ung der Höhen eine Beeinträchtigung der Badestadt im Tale. Der Josenhans'sche Artikel, der die erste öffentliche Anregung des Projektes war, hatte aber zur Folge, daß in einer vom Gewerbeverein einbe- rufenen Versammlung, in der Hr. Dr. Josenhans sprach, ein Komitee behufs Förderung des Projektes bestellt wurde und daß später in einer öffentlichen Sitzung der bürgerlichen Kollegien unter dem Vorsitz des verst. Stadtschultheißen Bätzner die Stadt sich zur unentgeltlichen Abgabe des zur Bahn erforder­lichen städtischen Areals und des Steinmaterials bereit erklärte.

Die Frage der Aufbringung der Baugelder konnte aber 1904 nicht gelöst werden und manche glaubten, da über das Projekt Ende 1904 und im Frühjahr 1906 hier immer weniger gesprochen wurde, daß es in den Papierkörben der verschiedenen Behörden und des Komitees eines sanften, aber sicheren Todes verblichen zu sein schien. Wundersam war es des­halb, wie im Sommer 1905 sich mit einemal wieder die Begeisterung für das Bahnprojekt in der hiesigen Bürgerschaft anfachte, als infolge eines von mir er­gangenen Aufrufs in den Zeitungen sich die beiden im Bergbahnbau erprobten schweizerischen Ingenieure Strub und Englert für die Sache interessieren ließen und Hr. Englert hieherkam und sich nach einem Studium des Geländes und der Verhältnisse geneigt zeigte, den Bau und die Finanzierung der Bahn in die Wege zu leiten.

Eine über diesen Vorgang in die Zeitung ge­langte Notiz hatte zur Folge, daß dann auch die Maschinenfabrik Eßlingen, die sich schon früher für die Sache interessiert hatte, als Bewerberin auftrat und sich in einer im September 1905 stattgehabten Sitzung unter Leitung des Hrn. Oberbaurats von Leibbrand der Stadt gegenüber bereit erklärte, durch

die ihr nahe stehende Württ. Gesellschaft für Elek­trizitätswerke ein Projekt auf ihre Kosten ausarbeiten zu lassen. Die Stadt erklärte sich hiegegen wieder­holt zur Abgabe des Geländes und der Bausteine bereit und überdies zur Lieferung des elektrischen Stromes zum Bahnbetrieb zu ermäßigten Preisen. Hr. Bauinspektor Eberhardt in Stuttgart wurde hierauf mit der Ausarbeitung des Entwurfes betraut. Er hatte sich schon bei seinem früheren Aufenthalt in hiesiger Stadt als warmer Befürworter des Bahn­baues erwiesen und löste die ihm gestellte Aufgabe mit der ihm eigenen Tüchtigkeit und Gewandheit.

Im Herbst 1906 nach Fertigstellung der Pläne und des Voranschlags schritt ich zur Aufbringung des Baukapitals. Dank der Opferwilligkeit der hiesigen Geschäftswelt, die zusammen 133 000 ^ zeichneten und dank der Anhänglichkeit alter treuer Kurgäste und Freunde unseres Bades, die zusammen 67 000 zur Verfügung stellten, gelang mir bis zum Frühjahr 1907 die Beschaffung des erforder­lichen Aktienkapitals von 200 000 worauf am 19. März 1907 zur Gründung der Aktiengesellschaft geschritten und der Bau unverweilt in Angriff ge­nommen wurde. Die Oberleitung des Baues wurde in die bewährten Hände des Hrn. Oberbaurat von Leibbrand unter Beigabe des Hrn. Regierungsbau­meisters Enßlin und Hrn. Bauwerkmeisters Schick gelegt; der Tiefbau der leistungsfähigen Unter­nehmerfirma C. Baresel in Untertürkheim, die Liefer­ung der maschinellen und elektrischen Einrichtung der im Bergbahnbau erprobten Maschinenfabrik Eßlingen übertragen.

Vor Inangriffnahme des Baues wurde noch der als Kapazität im Bau von Drahtseilbahnen geltende Ingenieur Strub in Zürich zugezogen, dessen Vor­schlägen zufolge der Entwurf mehrfache Abänder­ungen erfuhr, die zwar eine beträchtliche Erhöhung der Baukosten, aber andererseits durch Einführung des direkten elektrischen Antriebs an Stelle der Wasserbelastung auch die Gewähr eines rationelleren Betriebs brachten. Der erste Voranschlag bezifferte sich auf ca. 250 000 <FL Die Gesamtbaukosten werden sich jetzt nach Fertigstellung der Bahn auf ca. 440 000 Mark belaufen; hievon ist aber der Aufwand für die Stations- und Wirtschaftsgebäude im Tale und auf der Höhe, die im ersten Voranschlag nicht ent­halten waren, mit ca. 100 000 -/- abzurechnen (dem gegenüber ein Erträgnis dieser Gebäulichkeiten mit jährlichen 4800 ^ steht), so daß die Bahn selbst auf ca. 340 000 -/A zu stehen kommt. Nach ein­jähriger Bauzeit ist die Bahn nun fertig gestellt. Ein glücklicher Stern leuchtete über den Bauarbeiten, indem während der ganzen Bauzeit kein nennens­werter Unfall passierte.

Groß waren aber die sonstigen Schwierigkeiten, welche sich dem Unternehmen in allen Phasen seines Werdens entgegenstellten und die zu überwinden waren und es bedurfte des verständnisvollen, opfer­willigen Zusammenwirkens und der treuen Mitarbeit vieler Kräfte, um das gesteckte Ziel zu erreichen. In vorderster Reihe stehen da die HH. Oberbaurat v. Leibbrand und Fabrikdirektor Schnitzer, die sich unvergängliche Verdienste um das Unternehmen er­worben haben und denen heute wärmster Dank zu zollen ist.

Hr. Oberbaurat v. Leibbrand, dessen Name mit Wildbad ohnedies schon durch die Bauwerke der Stürmleslochwasferleitung und des Elektrizitätswerks II samt den städtischen Anlagen in der König-Karl- straße für alle Zeit verknüpft sein wird, hat in der Bergbahn ein unvergängliches Monument seiner genialen Jngenieurkunst geschaffen. Seinem schöpfer­ischen Geiste, seiner frohen Arbeitskraft ist das Ge­lingen des Baues vor allem zu danken.

Herr Fabrikdirektor Schnitzer hat als Vorstand der Bergbahngesellschaft seine reichen technischen und geschäftsmännischen Kenntnisse in uneigennütziger Weise in den Dienst des Unternehmens gestellt. Die Opfer an Zeit und Kraft, die er dem Unter­nehmen gebracht hat, alle aufzuzählen, würde Stunden beanspruchen. Namentlich in den letzten Monaten vor der Vollendung und Eröffnung der Bahn ruhte eine ungeheure Arbeitslast auf ihm, die er freudig und opferwillig auf sich nahm. Herr Fabrikdirektor Schnitzer hat damit ein leuchtendes Beispiel der aufopferndsten Mitarbeit eines Bürgers an einer Angelegenheit des öffentlichen Lebens statuiert, das ihm in weitesten Kreisen der hiesigen Bürgerschaft für alle Zeiten unvergessen bleiben wird.

Ich danke namens der Gesellschaft dem Hrn. Regierungsbaumeister Enßlin und Hrn. Bauwerk­meister Schick, denen die Bauausführung übertragen war und die sich der ihnen gestellten Aufgabe mit seltener Hingabe und großem Geschick widmeten und sie zu einem glücklichen, erfreulichen Ende führten.

Ich danke den Meistern, Handwerkern und Arbeitern für ihre treue, durch die schwierigen Terrainverhält­nisse oft sehr mühevolle Mitarbeit. Anerkennung ist auch zu zollen der Firma Baresel und der Ma­schinenfabrik Eßlingen, die die ihnen übertragenen Arbeiten zur vollsten Zufriedenheit lieferten.

Ich danke den beteiligten Behörden und Ver­waltungen, die das Unternehmen nach allen Rich­tungen förderten. Vor allem Seiner Exzellenz dem hochverehrten Hrn. Minister des Innern v. Pischek und den ihm unterstellten Regierungsbehörden. Dank sei auch gesagt den Kgl. Forstbehörden und dem Hüter unseres Stadtwaldes, Hrn.OberförsterHopfen- gärtner, dem der Bahnbau manche Mühe und Sorge brachte.

Herzlichen Dank spreche ich der Kgl. Domänen- direklion, dem Hrn. Badkommissär Freiherr v. G em­min gen und der Kgl. Badverwaltung für ihre freundliche Stellungnahme zu dem Projekt aus, die sich insbesondere dadurch äußerte, daß die Kgl. Do­mänendirektion bei der Beschaffung der Baugelder in Aussicht stellte, im Falle ungenügender Erträg­nisse der Bahn mit einem jährlichen Zuschuß bei­zuspringen.

Zu unserer größten Freude hat sich der Vorstand der Kgl. Domänendirektion, Hr. Präsident Dr. v. Schwarz, zu unserer Feier eingefunden und sie durch seine Anwesenheit verschönt. Ich ergreife mit größtem Vergnügen diese Gelegenheit, dem Hrn. Präsidenten für die große Förderung, die unser Bad unter seiner Amtsführung durch Erbauung des Schwimmbads, die Umbauten in den Badgebäuden, die Erweiterung der Trinkhalle und der Anlagen usw. in den letzten Jahren erfahren hat und die vielen Mühen und Sorgen, die ihm dadurch erwuchsen, herzlichsten Dank zu sagen.

Vielen Dank verdient auch Hr. Kommerzienrat Heermann für die hochherzige Stiftung von 3000 Mark zur Herstellung von Wegen und Schutzhütten. Dem aus diesen Mitteln hergestellten Weg wurde durch Gemeinderatsbeschluß zur bleibenden Erinner­ung an den Stifter der NameHeermannsweg" beigelegt.

Allen, allen die bei dem Unternehmen mitgewirkt haben, sei heute Dank gesagt. Nach kaum 4 Jahren seit der ersten öffentlichen Anregung ist die Idee nun zur Tat geworden. Berechtigter Stolz und frohe Genugtuung erfüllt uns alle, angesichts des vollen­deten, in allen seinen Teilen wohlgelungenen Baues.

Möge die Bahn zum Segen unseres schönen Wildbads wirken, möge sie tausend und abertausend Gäste alljährlich hieher ziehen und ihnen allen in den durch sie erschossenen Waldeshöhen Genesung und Erholung bringen.

Möge sie, in der Hauptsache durch eigene Kraft der Wildbader Bürgerschaft ins Leben gerufen, als ein bleibendes Denkmal ihres fortschrittlichen Geistes und ihrer Unternehmungslust fort und fort zu un­entwegtem weiteren Fortschritte in der hiesigen Stadt aufmuntern, der im Konkurrenzkämpfe mit anderen Bädern so außerordentlich notwendig ist.

Möge die Bahn mit ihrer kühnen Steigung zur Bergeshöhe, wo der unverfälschte Odem wahrer Gottesnatur weht, uns hier unten Tag für Tag die Mahnung zurufen: Aus den Niederungen des Lebens hinauf zur Höhe, zur Schönheit!

Hochverehrte Festgesellschaft! Ist die Bergbahn erfreu­licherweise der Initiative der hiesigen Geschäftswelt ent­sprungen, so wollen wir aber auch heute nicht vergessen, daß, was Wildbad ist, es vor allem der Gunst und der un­ermüdlichen Fürsorge seines angestammten Fürstenhauses zu verdanken hat, mit dem es sich seit Graf Eberhards Zeiten aufs engste verbunden fühlt und dem es von jeher und bis heute mit der vom Dichter besungenen, alten Württemberger Treue anhängt. Und so soll das erste Hoch, das die heutige Festversammlung hier in Wildbad aus dem klassischen Boden schwäbischer Untertanentreue ausbringt, unserem in Ehrfurcht geliebten König gelten, der sein warmes Interesse an dem Unternehmen, das wir heute geweiht haben, durch folgendes, schon diesen Morgen bei mir eingelaufene huldvolle Tele­gramm zu bekunden geruhte:

Karlsruhe i. Schlesien, 23. Mai 8 Uhr 50 Min. V.

Die heute stattfindende Eröffnung der Bergbahn auf den Sommerberg begleite ich mit meinen besten Wünschen. Mögen die Hoffnungen, die sich an dieses Unternehmen knüpfen, in reichstem Maße in Erfüllung gehen.

Wilhelm."

Ehrfurchtvoller innigster Dank beseelt uns für diese gnädige Allerhöchste Kundgebung und ich gestatte mir, Sie einzuladen mit mir einzustimmen in den Ruf Seine Majestät König Wilhelm II., unser vielgeliebter König und Landes­vater, er lebe hoch!

Das Hoch fand nachhaltigen, freudigen Widerhall.