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Bordeaux mitgemacht haben und welche in die Fabrik zurückgeschickt wurden um neu hergerichtet zu weiden, weil sie an der Konkurrenz um den Bennett-Preis teilnehmen sollten. Der Betrieb ist einstweilen ganz gestört und wird voraussichtlich keine interimistische Aufnahme desselben erfolgen, da der Neubau der Fabrik in Untertürkheim beinahe fertig gestellt ist.
Von der oberen Donau, 9. Juni. Trotz unseres diesjährigen späten Frühlings (eben verblühten die Kastanien) und der Ungunst des vorigen Monats ist der Stand der Feldfrüchte und Obstbäume erfreulich. Ein Gang durch die Donau- Wiesen zeigt einen besonders üppigen Grasstand, so daß die Heuernte zur gewohnten Zeit vorgenommen werden kann. Die Frühobstbäume, deren Blüte in die ungünstige kalte Maizeit fiel, haben schwach angesetzt, dagegen zeigen spätere Sorten einen reichlichen Bestand. Auch die Getreideartcn, besonders der in unserer Gegend vortrefflich gedeihende Haber, stehen schön, ebenso Kartoffeln. Leider wird von den Landwirten Ungünstiges über die starke Mäuseplage berichtet, auch der jetzt massenhaft vorkominende Maikäfer hat geschadet.
Friedrichs Hafen, 7. Juni. Vor kurze Zeit starb in Hirsau ein in weiten Kreisen bekannter, langjähriger Bewohner von Friedrichshofen, Freiherr Heinrich Schilling von Canstatt, Ritter des eisernen Kreuzes. Nach dem Kriege von 1870 durch ein Gehörleiden gezwungen, den Abschied zu nehmen, widmete sich der Verstorbene mit zähem Eifer naturwissenschaftlichen Studien; errang sich ouch^M Schriftsteller einen ehrenvollen Platz und goltals Autorität auf dem Gebiete der tierischen Schädlinge in der Pflanzenwelt. Rühmlich bekannt sind seine Schriften „Durch des Gartens kleine Wundeiwelt", „Schädlinge des Obstund Weinbaus" u. a. Ein wahrer deutscher Edelmann ist in ihm dahingegangen. (Schw. M.)
Frankfurt a. M., 11. Juni. Tie Frankfurter Zeitung bringt folgende Extrablatt-Meldung aus:
Belgrad: Eine Militärverschwörung hatte beschlossen, König Alexander abzusetzen und Kara- georgiewitsch zum Könige zu proklamieren. Um 1 Uhr Nachts drangen die Verschwörer an der Spitze ihrer Truppen in den Konak ein. Tie Leibgarde leistete nur schwachen Widerstand. König Alexander und die Königin Draga wurden errnordet inr Bette aufgefunden.. Ter Ministerpräsident Zinsar- markowirsch, der Kriegsminister Pawlowitsch und der Minister des Innern Terdorowirsch, widersetzten sich der,.^Verhaftung und wurden ermordet. Ter Bruder"der Königin Draga, Nikola Lun- jewitza wurde ebenfalls ermordet. Es ist eine provisorische Regierung gebildet aus Woja Wcliko- witsch, Ljuba Schiwkowüsch und Stojan Protitsch. In der Stadt herrscht Ruhe. Wie ich vernehme, ist auch in der Provinz die Proklamierung des Kara- gcorgiewittch vollzogen worden.
Berlin, 11. Juni, lieber die Katastrophe am serbischen Königshofe wird aus Semlin gemeldet, daß heute Nacht ein Trupp Offiziere sich ins königliche Palais begab, um den König Alexander aufzuforderu, zu Gunsten Peter Karageorgiewitsch auf den Tron zu verzichten. Der Oberst Naumo- witsch unterbreitete dem König Alexander die Abdankungsurkunde. Während der König es ablehnte, dieselbe zu unterzeichnen, erschoß er den Obersten Naumowitsch. Tie Offiziere eischoßen hierauf das Königspaar sowie den Ministerpräsidenten Petrowitsch und den früheren Kriegsminister Pawlowitsch. Die Königin wurde von dem Oberstleutnant Mischitsch vom 6. Infanterieregiment ermordet. Ihre Geschwister wurden mit einer Hacke erschlagen. Die Königin war sofort tot, der König lebte noch wenige Minuten. Als Ursache der Revolution wird die vor einigen Tagen aus Brüssel erfolgte Rückkehr des Bruders der Königin, des Tronkandidaten Lunje- witza, angegeben. Man hegte die Befürchtung, daß die Skuplschina den Letzteren zum Tronfolger ernennen werde. Sämmtliche überlebenden Mitglieder des Ministeriums sind in Haft genommen worden. Das Leichenbegängnis der Ermordeten findet am Sonnlag statt.
Berlin, 11. Juni. In den Kommentaren der Abendblätter über das Belgrader Blutbad kommt
übereinstimmend der Abscheu über diesen politischen Mord zum Ausdruck. Ebenso verhehlt man sich nicht, daß die Vorgänge leicht weitere Komplikationen nach sieb ziehen könnten, da die Großmächte zu den Ereignissen Stellung nehmen müssen. Vielfach wird daran erinnert, daß die Dynastie Obrenowitsch grade an demselben Tage geendet hat, an welchem vor 35 Jahren Fürst Michael, für welchen heute ein Requiem statlfinden sollte, ermordet wurde. Tie „National-Zeiiung" äußert sich dahin: Der Ausbruch schrecklicher politischer Leidenschaft in Belgrad lege die Frage nahe, welche internationalen Rückwirkungen von der serbischen Militärrevolution zu erwarten sind. Die Reisen der Staatsoberhäupter haben in ganz Europa die Zuversicht auf die Erhaliung des allgemeinen Friedens noch weiter verstärkt. Indessen bildet das Belgrader Ereignis ein warnendes Menetekel, welches die Erinnerung zurückxufk, daß die Epoche der KabinctSpolilik abgelaufen ist. Laß in unserem Zeitalter nicht allein die Fürsten und Regierungen cs sind, welche die Entwicklung der Staaten bestimmen. Dem Bomben- attentat von Saloniki ist das Blutbad auf dem Fuße gefolgt. Wenn die Regierungen aber auch keinen Einfluß besitzen, auf jene unsauberen Elemente, so können sie durch diplomatische Einverständnisse den sonst unberechenbaren Folgen revolutionär-anarchistischer Ausbrüche gewisse Grenzen ziehen. — Das „Berliner Tageblatt" führt die Ereignisse auf den jüngsten Gewaltstreich des Königs Alexander zurück. Das Schreckensregimcnt habe das Volk in Schranken gehalten, aber die Armee sei durch die Anhänger der Familie Karageorgiewitsch unterwühlt worden, während sich allgemein die Diplomatie, insbesondere aber die österreichische, der größten Sorglosigkeit hingab. Das Blatt schließt seine Betrachtungen wie folgt: Es sei nicht anzunehmen, daß aus der blutigen Saal für die Wohlfahrt von Land und Volk wirklich Ersprießliches werde entstehen können. — Die „Deutsche Tageszeitung" fragt: Was nun? Den Verschwörern scheine die Lösung der Frage leicht gewesen sein, indem sie Peter Karageorgiewitsch zum Könige proklamirtcn. Indessen dürfte Montenegro seine Absichten auf Serbien nicht so leicht aufgeben und wenn es hierüber zu Streitigkeiten käme, wäre ein Eingreifen Oesterreichs und Rußlands unvermeidlich. Es sei übrigens sehr die Frage, ob nicht Rußland 'chon einen eigenen Kandidaten für den serbischen Thron in Bereitschaft habe.
Genf, 11. Juni. Prinz Karageorgiewitsch hat bis heute Abend 7 Uhr noch keine einzige Depesche seitens seiner Verwandten in Serbien erhalten, nur einige Telegramme von Freunden aus Wien. Er hält das neue Ministerium für ein ausgezeichnet zusammengesetztes.
Prrmischies. °
Neues Handess-Adreßbuch für Württemberg und Hohenzollern. Im Auftrag des Württembergischen Handelskammertages hat der Sekretär der Stuttgarter Handelskammer, Prof. Dr. F. C. Huber, ans Grund amtlichen Materials ein neues Handelsadretzbuch für Württemberg und Hohenzollern bearbeitet, das demnächst zum Preise von etwa 3—4 bei der Deutschen Verlagsanstalt in Stuttgart erscheinen wird.
König Christian von Dänemark u n d d i e S ch l o ß w a ch e. Ein heiteres Erlebnis des Königs von Dänemark in Wiesbaden wird dem Berliner Lokalanzeiger mitgeteilt. Als der König erfuhr, daß die Kaiserlichen Prinzen ihm während seiner Abwesenheit einen Besuch hatten abstatten wollen, begab er sich sofort allein zu Fuß zum Schloß, um die Aufmerksamkeit zu erwidern. Tort aber wollten die Wachen ihn nicht einlasscn, da „das Hauptportal tkein Eingang für Zivilisten" sei. Der König ging nun ruhig zum Nebenportal, wo er erkannt und die Sache aufgeklärt wurde. König Christian aber war keineswegs beleidigt, sondern soll über den Vorfall herzlich gelacht haben.
Zur Keichsiagswahk.
Auf das „Eingesandt" in der Samstags- uummer LS. Bl. sehen sich verschiedene Wähler veranlaßt, Einiges zu erwidern.
Daß eine gedeihliche Entwicklung unseres gesamten Erwerbslebens nur dann möglich ist, wenn die Interessen von Landwirtschaft, Gewerbe und
Industrie gleichmäßig gewahrt werden, ist ganz richtig und auch unsere Ansicht, aber seither — bei der Caprivi'schen Zollpolitik — fehlte eben diese gleichmäßige Wahrung der gemeinsamen Interessen und es ist darum auch begreiflich und verständlich, wenn Schrempf als Freund des Mittel- und Bauernstandes bei den Zolltarifverhandlungen für die Interessen dieser Stände eingetreten ist.
Wenn z. B. beim Abschluß der Handelsverträge unter Caprivi die Einfuhrzölle auf landwirtschaftl. Erzeugnisse fast durchweg um 20—30 °/° ermäßigt, dagegen diejenigen für Industrie erhöht wurden, so ist hierin keine Gleichmäßigkeit zu erblicken.
Es ist deshalb auch erklärlich, daß die Landwirte ganz entschieden eine Erhöhung der Einfuhrzölle für landwirtschaftliche Erzeugnisse verlangen.
Wenn diese Zölle auf die gleiche Höhe wie unter Bismarcks Politik und teilweise etwas höher festgelegt werden sollen, so wird man das noch keine „einseitige Jnteresfenpolitik" heißen dürfen.
Eine Schädigung der Industrie wird deshalb nach unserer Ansicht jetzt so wenig ein treten wie damals.
Daß sich die Industrie unter Bismarck bei gleichmäßiger Berücksichtigung der Landwirtschaft gut befunden hat und daß trotz des von 1887 bis 1892 gültigen Fünfmark-Zolls auf Getreide die Brotpreise nicht gestiegen sind, wird niemand widerlegen können.
Auch wir sind der Ansicht, daß für unsere Exporlindustrie durch vertragsmäßig festgesetzte Zölle mit dem Ausland günstige Absatzverhältnisse geschaffen werden müssen, nur darf dies nicht in einseitiger Weise zu Gunsten deS Großhandels geschehen.
Wie deutsches Entgegenkommen vom Ausland belohnt wird, haben wir in der letzten Zeit zur Genüge erfahren müssen.
Die gleiche Rücksichtslosigkeit werden wir auch rn wirtschaftlicher Hinsicht für unser Entgegenkommen ernten, hauptsächlich von Amerika. Wenn man die Aeußerungen von Präsident Roosevelt „Amerika den Amerikanern" sich genau vorhält, dann muß man sich doch sagen, daß sich unsere Industrie auf das Ausland nicht allzusehr verlassen und daß deshalb der sichere Jnlandmarkt nicht vernachlässigt und geschädigt werden darf.
Zu diesem Zweck muß unsere londwinschaftl. Bevölkerung, die bisher bei ihrer großen Zahl eine große Bedeutung für unsere Industrie hat, kaufkräftig erhalten bleiben.
Daß in der Landwirtschaft zwischen Nord- und SüLdeutschland Unterschiede bestehen, ist ja zweifellos; aber im großen Ganzen sind die Verhältnisse doch gleich ungünstig, auch sind wir überzeugt, daß Schrempf sich bei den Beratungen im Reichstag nicht am Gängelband führen läßt, sondern daß er von vorne herein für unsere süddeutschen Verhältnisse und zwar für das Wohl der Landwirtschaft und der Industrie gleichmäßig ein tritt.
Auch wir wollen keine einseitige Jnteresfenpolitik, sondern stellen uns nur auf den Grundsatz: Was dem einen recht ist, ist dem andern billig!
Soffen wir, daß am Wahltag alle national und konservativ gesinnten Wähler für den Kandidaten Schrempf ein- treten, von welchem wir überzeugt sind, daß er jederzeit für das Wohl des gesamten Volkes, namentlich auch des Mittelstandes in der Landwirtschaft und Industrie eintreten wird. Hoffen wir auch, daß durch die künftigen Handelsverträge auch das Wort des Fürsten Bismarck wieder wahr werde: „Hat der Bauer Geld, so hats die ganze Welt!"
Bedauerlich wäre es jedenfalls, wenn der eine oder andere Konservative und deren liberale Gesinnungsgenossen durch Wahlent- halrung eben derjenigen Partei Vorschub leisten würde, mit deren Ansichten die Mißvergnügten in keiner