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Der Enztäler.

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Fernsprecher Nr. 4.

.M 47.

Neuenbürg, Montag den 23. März 1968.

66. Jahrgang.

ULmAZchau»

Der Reichstag setzte am Donnerstag die Kolo­nialdebatte fort. Bei der langen Rede des Abg. Erzberger (Z.) gefiel sich der Abg. Groeber (Z.) darin, durch einen Zwischenruf mit einem kaum wiederzugebenden Ausdrucke die auf der Tribüne ihres Amtes waltenden Journalisten aufs gröblichste zu beleidigen. Sämtliche Journalisten verließen deshalb die Tribüne. Staatssekretär Dernburg machte zuvor Mitteilung von einem siegreichen, leider aber auch verlustreichen Gefecht gegen Simon Copper in Deutsch-Südwestafrika. Unter lautloser Stille gab hierauf Vizepräsident Kämpf den Gefühlen des Dankes und des Stolzes Ausdruck, mit denen das Vaterland der Heldentaten seiner Söhne in weiter Ferne gedenke. Die Mitglieder des Hauses erhoben sich zur Bestätigung dieser Worte von den Plätzen.

Am Freitag und Samstag dauerte der Jour­nalistenstreik fort. Einer Deputation der Presse, die vom Reichstagspräsidenten Grafen Stolberg emp­fangen wurde, sagte dieser zu, dahin wirken zu wollen, daß möglichst eine Genugtuung erfolge. Bis dahin werden die Berichte über die Reichstagssitz­ungen eingestellt werden.

Berlin, 21. März. Am Montag wird der Etat des Auswärtigen Amts im Reichstag ver­handelt werden. Die Londoner Blätter gaben tele­graphisch bekannt, daß sie, falls die Angelegenheit nicht erledigt werde, über diese Verhandlung des Reichstags keine Zeile veröffentlichen würden. Die gleiche Versicherung wurde auch von einer Reihe Berliner Vertreter anderer ausländischer Blätter ab­gegeben. Der Verein deutscher Zeitungsverleger, dessen Ausschuß zur Zeit in Berlin tagt, erklärte sich gleichfalls mit der Journalistentribüne vollkommen solidarisch. Die National-Zeitung kann mitteilen: Da der Reichskanzler unter diesen Umständen be­fürchtet, daß er für das, was er am Montag zu sagen hat, nur eine ungenügende Resonanz haben würde, ist heute morgen sein Adlatus, Unterstaats­sekretär v. Löbell, beim Grafen Stolberg gewesen.

DasBerliner Tagblatt" schreibt an leitender Stelle:Der lebendige Kontakt zwischen Volk und Volksvertretung hat aufgehört. Es gibt die paar Tribünenbesucher zählen nicht in dem Hause, das

die Oeffentlichkeit selber sein sollte, tatsächlich keine Oeffentlichkeit mehr und wenn der Umstand auch sein Lustiges hat, daß mancher eitle Dauerredner unter den Abgeordneten jetzt das Echo sucht, wie Peter Schlehmil seinen Schatten, so ist der Schaden zu groß, als daß das Lächerliche der Situation ihr den Ernst nehmen könnte."

Berlin, 21. März. Der Vorstand des Vereins Berliner Presse hat eine Resolution gefaßt, in der es u. a. heißt:Der Vorstand erwartet, daß die Journalistentribüne und die deutsche Presse die Be­richterstattung über die Reichstagsverhandlungen so­lange aussetzen werden, bis den beleidigten Jour­nalisten ausreichend Genugtuung gegeben ist und begrüßt mit Dankbarkeit das solidarische Verhalten der Journalisten und der Presse des In- und Aus­landes in Wahrung der Standesehre."

Der Zeitpunkt des Antrittes der neuesten Mittel­meerreise des Kaisers ist herangerückt; am 24. Mürz reist der Kaiser mittels Hofzuges von Berlin ab, begleitet von der Kaiserin, sowie von den beiden jüngsten Kindern des Kaiserpaares, dem Prinzen Joachim und der Prinzessin Viktoria Luise. Die Eisenbahnfahrt geht bekanntlich bis Venedig, von wo aus die kaiserlichen Herrschaften an Bord der Hohenzollern" die Seereise nach Korfu antreten. Dieselbe wird jedoch nicht direkt nach ihrem Ziele gehen, vielmehr unternimmt der Kaiser zunächst eine Kreuzfahrt im Adriatischen Meere, da, wie verlautet, die Wohnräume im Achileion erst noch vollständig fertiggestellt werden müssen. . Vor der Abreise von Venedig findet die angekündigte Begegnung des Kaisers mit dem Könige Viktor Emanuel von Italien statt, auf der Rückreise von Korsu besucht der Kaiser den Kaiser Franz Joses in Wien, um ihn zu seinem 60 jährigen Regierungsjubiläum persönlich zu be­glückwünschen.

Venedig, 21. März. Infolge der für Mitt­woch zu erwartenden Ankunft des deutschen Kaiserpaares ist der Zuzug von Fremden, haupt­sächlich von Deutschen, enorm.

Zwischen Kaiser Wilhelm und König Eduard hat, wie die Birmingham Post meldet, im Laufe des verflossenen Monats ein sehr herzlicher Brief­wechsel stattgefunden, worin nicht allein die Be­

ziehungen zwischen Deutschland und England, sondern die gelamte europäische Lage besprochen wurde.

Straßburg, 20. März. Die diesjährigen Kaisermanöver werden am 8., 9., und 10. Sep­tember zwischen dem 15. und 16. Armeekorps (El­saß-Lothringen) stattfinden. Die Paraden sind am 29. August beim 15. Armeekorps, am 27. August beim 16. Armeekorps. Für den 30. August ist beim 15. Armeekorps ein allgemeiner Feldgottesdienst in Aussicht genommen. Die Zeit vom 31. August bis 7. September beim 15. Armeekorps und vom 29. August bis 7. September beim 16. Armeekorps wird dann mit Manövern und Märschen ausgefüllt.

Württemberg.

Stuttgart, 21. März. Die Finanzkom­mission der zweiten Kammer trat heute zu einer Sitzung zusammen behufs Beratung verschiedener ihr zugewiesener Eingaben. Behandelt wurde in An­wesenheit des Kriegsministers v. Marchtaler zu­nächst die Eingabe des Veteranenbundes Württem­berg mit der Bitte, daß der Landtag für ein Eintreten unserer Regierung dahin sich ausspreche, daß allen unterstützungsbedürftigen Veteranen des Unteroffiziers­und Mannschaftsstandes vom Feldzug 1870/71 und früheren Kriegern eine Beihilfe auch ohne Voraus­setzung ihrer Erwerbsunfähigkeit zuteil werde. Hiebei wurde sich auf einen bezüglichen, einstimmigen Be­schluß der badischen zweiten Kammer berufen. Der Referent Abg. Keil beantragte nach eingehendem, materiellem und geschichtlichem Referat, die Eingabe zur Berücksichtigung mitzuteilen und wäre bereit, noch weiter zu gehen. Der Kriegsminister gab interessante Detailangaben über die Aufwendungen des Reichs und speziell in Württemberg für die Veteranen, zu­mal über die erweiterte Beihilfengewährung, konsta­tierte das weiteste Entgegenkommen der Regierung und bezweifelte, ob so große Mittel, wie nach dem Antrag Keil erforderlich, in jetziger Zeit aufzubringen sind. Die Mitteilung zur Erwägung dürfte deshalb sachgemäßer sein. Maier-Blaubeuren beantragte ein Eintreten für 1) Fortbezug der Beihilfe auf 3 Monate nach dem Tod des Empfängers für dessen Witwe, 2) daß die weiteren Mittel durch Erhebung einer Wehrsteuer durch entsprechende Vorlage an den Reichstag vorgesehen werden. Die Abgg. v. Kiene,

Frühlings-Anfang.

Bon Elimar Kern au.

- (Nachdruck verboten.)

Der Beginn des Frühlings ist wohl zu allen Zeiten und bei allen Völkern festlich und freudig begangen worden. Uralte Kulte wirkten hier mit und geboten eine würdevolle Feierlichkeit, die Be­achtung bis in die kleinsten Details hinein heischte. In die Zeit des Frühlingsanfangs fällt z. B. auch die Zeit der Feldbestellung. Man sät, dem Volks­glauben nach, am besten bei Vollmond aus, weht dabei der Wind vom Westen her und ist der Himmel trübe, dann ist's um so besser. Gerste soll man möglichst an einem Mittwoch, Erbsen an einem Donnerstag aussäen. Wer seinen Acker von schäd­lichem Gewürm etc. freimachen will, der muß um Mitternacht an drei Ecken seines Geländes Erde von einem frisch gemachten Graben hineinstreuen. Wer einen Teil seines Ackers zu besäen oder zu bepflanzen vergißt, dem steht sicherlich großes Un­glück bevor. Auch ein paar Zaubersprüche bei der Aussaat sind immer angebracht, wie z. B.:

Ich säe dich Weizen auf ein gut Land;

Ich säe Weizen und keinen Brand.

Oder auch:

Meinen Weizen will ich säen,

Die Vögel sollen ihn lassen stehen!

Wer hohen Flachs haben will, steckt ein Reis von einer bestimmten Länge auf das Flachsland und sagt dabei:

Reis, da steck ich dich her,

Flachs, so lang sollst du wer' (werden).

Aber die Freude überwog selbst alle eventuellen Befürchtungen. Die Hoffnung war in den Herzen aller erwacht und schickte sehnsüchtig ihre zarten Keime dem neuerwachten Lichte entgegen. Eine feine Naturbeobachtungsgabe zeichnete hierbei unsere Alt­vordern aus und bis ins späte Mittelalter hinein erschallten der Liedlein gar viele, die das Lob des neu erstandenen Lenzes sangen. Gar manche Proben dieser Art sind auf uns gekommen. Hier und da muten sie uns etwas hölzern an. Doch der literarische Geschmack ist ebenso gut dem Wechsel der Mode unterworfen, wie jeglicher andere. Des­halb dürfen wir nicht ungerecht urteilen. Da heißt es z. B. in der Mitte des 17. Jahrhunderts zu Köln erschienenenTrutz Nachtigall":

Der trübe Winter ist vorbei,

Die Kranich wiederkehren,

Nun reget sich der Vogelschrei,

Die Nester sich vermehren,

Laub allgemach Nun schleicht an Tag,

Die Blümlein sich nun melden,

Wie Schlänglein krumm

Geh'n lächelnd um

Die Bächlein kühl in Wälden.

Und in diesem Sinne geht dieses den Frühling ^ begrüßende Gedicht noch durch eine ganze Anzahl ! von Strophen weiter.

Doch zurück, nach dieser literarischen Abschweif­ung, zu den eigentlichen Frühlingsgebräuchen und ! Frühlingsbeobachtungen. So sagt man, daß Hirse

und Erbse gut geraten, wenn der Kranich bei seinem Eintreffen noch Schnee vorfindet. Viele Eier sollen die Hennen legen, wenn die Lerchen von solchen Stellen auffliegen, die von Schnee entblößt sind. Donnerrollen an einem wolkenlosen Frühlingstage bringt einen trockenen Sommer mit wenig günstiger Heu- und Kornernte. Kommen die Gewitter bereits, wenn noch nirgends ein Blättchen zu sehen ist, dann kann man eines länger andauernden Kälterückschlages gewiß sein. In diesem Sinne sagt man auch, daß es über dem belaubten Wald schneien wird, wenn es über dem unbelaubten donnert.

So werden wir allmählich zu den Bauernregeln geführt, die sich auf den Frühling beziehen. Viel ist es nicht, was wir anzuführen haben; immerhin aber möge es hier Platz finden:

Frühling schickt den Keim heraus,

Der Sommer kommt und zieht die Aehre draus.

Regen zur Aussaatzeit ist immer erwünscht: Während der Frühlingssaat Regen Ist Gottes Segen.

Der Kuckuck ist bekannt als Frühlingsvogel:

Wenn der Kuckuck ruft im Wald,

Regt sich wieder Jung und Alt.

Aber auch die Ente ist ein Lenzbote sondersgleichen: Kommt die wilde Ent'

So hat der Winter ein End'.

Sogar das Raubgevögel tritt als Witterungs­künder im Frühling auf:

Kommt die Weihe gezogen,

So ist der Winter verflogen.

Zu den bekannteren Frühlingsreimen gehört dieser: