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Fernsprecher Nr. 4.

^ 182.

Neuenbürg, Samstag den 16. November 1907.

65. Jahrgang.

nrmSschau»

Berlin, 14. Nov. Der Bundesrat hat in seiner heutigen Sitzung das geplante Flottengesetz ge­nehmigt. Dasselbe enthält chie Absicht, die Ersatzfrist der Linienschiffe von 25 Jahre auf 20 Jahre herab­zusetzen. Die Begründung deckt sich mit den in der Presse bereits gemachten Angaben.

Berlin, 14. Nov. DasMarine-Verordnungs­blatt" veröffentlicht eine kaiserliche Ordre, wonach eine Anzahl Gefechts- und Kriegszüge der Schutz­truppe für Deutsch-Ostafrika und Kamerun aus dem Jahre 1905 und 1906 für die Pensionierung der Offiziere und für die Versorgung von Personen der Unterklassen des Reichsheeres, der Marine und der Schutztruppen als Kriegsjahre gelten sollen, wofür den Beteiligten eventl. 2 Kriegsjahre in Anrechnung zu bringen sind.

Mit lebhaftem Interesse verfolgt das deutsche Volk den Besuch des Kaiserpaares in England, der zweifellos ein bemerkenswertes Ereignis darstellt. Die über alles Erwarten warme, ja begeisterte Auf­nahme, welche der Kaiser und die Kaiserin jenseits des Kanales gefunden haben, hat bei uns in Deutsch­land in weiten Bevölkerungskreisen begreiflicherweise große Genugtuung hervorgerufen. Man darf des­halb vielleicht erwarten, daß sich die Gesamtbezieh- ungen zwischen Deutschland und England künftig noch um eine Nüance wärmer gestalten werden und daß die eingeleitete gegenseitige Wiederannäherung zwischen den beiden Reichen und Völkern nunmehr weitere Fortschritte machen wird. Diese Hoffnung erhält ihre Bekräftigung durch die Trinksprüche, welche zwischen König Eduard und Kaiser Wilhelm bei dem großen Staatsbankett in Schloß Windsor ausgetauscht worden sind. Denn wenn sie einerseits mit auffallen­der Wärme die nahen verwandtschaftlichen Bande be­tonen, welche das deutsche Kaiser- und das englische Königshaus seit langem umschlingen, so spiegeln die Toaste des Kaisers wie des Königs andererseits den aufrichtigen Wunsch wider, daß die deutsch-englischen Beziehungen im Interesse der Erhaltung des Welt­friedens sich auch fernerhin recht herzlich gestalten möchten alle Friedensfreunde diesseits wie jen­seits des Kanals werden in diesen Wunsch gewiß gern mit einstimmen!

London, 14. Nov. Westminster Gazette schreibt: Wenn jemals der geringste Zweifel an der Herzlich­keit des Empfangs des deutschen Kaisers bestanden hat, so wurde er, wie wir hoffen, durch den gestrigen Willkomm in London wirksam zerstreut. Der Kaiser braucht nicht zu befürchten, daß die Geschichte unter­lassen wird, ihm Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Wir hoffen, daß man mittlerweile in Deutschland erkannt hat, daß, indem wir die Ursachen eines Streites mit Frankreich und Rußland aus der Welt zu schaffen suchten, unser Ziel nur war, den Frieden zu fördern, nicht aber Bündnisse zu schließen oder Verbindungen zu fördern, um Deutschland zu iso­lieren. Das Blatt weist zum Schluß darauf hin, wie wichtig es fei, daß die Beziehungen zwischen England und Deutschland freundschaftlich und frei von Argwohn seien. Pall Mall Gazette meint, wenn so gewichtige Worte unter solchen Umständen gesprochen würden, so kämen sie beinahe einem feier­lichen Eid gleich.

Der Kaiser hat dem Herzog von Welling­ton den Schwarzen Adlerorden verliehen. Der Herzog äußerte bei einem Bankett, er sei überzeugt, daß der Kaiser ihm den hohen Orden vom Schwarzen Adler zur Erinnerung daran verliehen habe, daß ein Vorfahre von ihm als Kommandeur der eng­lischen Armee mit der deutschen Armee in einer sehr kritischen Zeit der Weltgeschichte gemeinsam im Felde gestanden habe. Er zweifle nicht, daß der Kaiser in Erinnerrng zu bringen wünschte, daß in früherer Zeit zwischen Großbritannien und Deutschland herz­liche Freundschaft bestanden habe und er hoffe von

ganzem Herzen, daß der Besuch des Kaisers in Eng­land zum Frieden und Heile Europas beitragen möge.

London, 14. Nov. Zwei Stunden, nachdem der Kaiser die Guildhall verlassen hatte, kam es an der Ecke der Cannon Street und der Queen Victoria Street zum Zusammenstoß zwischen der Polizei und den sog. Arbeitslosen, die bekanntlich von den Sozialisten zusammenberufen worden waren, um gegen die Bewirtung des Kapers durch die City zu protestieren. Ueber beide Straßen war ein Polizei­kordon gezogen worden, der sie aufhalten sollte. Die Polizei war nicht stark genug, zu verhindern, daß einige ihre Linie durchbrachen und in die Queen Victoria Street gelangten. Mehrere Polizisten ver­folgten diese Leute. Es entstand eine vollkommene Panik. Die Straße war voll von Menschen, die den Kaiserzug gesehen hatten und auf dem Nach­hausewege begriffen waren. Die Menschenmenge stob nach allen Seiten schreiend auseinander. Ein reitender Polizist, der im Galopp zwischen die Menschen ritt, erhöhte die Verwirrung. Schließlich gelang es den Polizisten, zwei der Demonstranten zu verhaften. Der Marsch der Arbeitslosen nach der City war von einem sozialistischen Redner in Vorschlag gebracht worden. Ueber die Reden am Tower Hill verlautet, daß sie sehr heftig und auf­hetzender Natur gewesen seien. Der Sozialist Williams erklärte, die Gesellschaft werde erst dann auf die Arbeitslosen hören, wenn das Eigentum bedroht würde. Die Arbeitslosen hätten sich am Morgen rechtzeitig vor der Guildhall versammeln sollen, dann würde die Artillerie mit der Polizei zusammen unfähig gewesen sein, bis zum Eintreffen des Kaisers Platz zu schaffen.

Die Offiziere des deutschen Kaisergeschwaders in Portsmouth gaben am Mittwoch einer Anzahl höherer englischer Marine- und Armeeoffiziere ein Fest an Bord derHohenzollern". Abends ver­anstalteten Admiral Lord Bosanquet und seine Ge­mahlin einen Ball zu Ehren der Offiziere der Kaiser- flotille. Am Donnerstag wurde ein Teil der Unter­offiziere der Kaiserflotille in der Artillerieschule in Rhalisland bewirtet. Nachmittags war Empfang für die deutschen Unteroffiziere in der Stadthalle, abends fand für sie Festvorstellung im Königstheater statt.

Zwischen dem Lordmayor von London und dem Berliner Oberbürgermeister Kirschner wurden anläßlich des Kaiserbesuches verbindliche Depeschen ausgetauscht. Hervorragende englische Persönlich­keiten, wie Ministerpräsident Campbell-Bannerman, Minister Crewe und der Herzog von Wellington feierten in verschiedenen Bankettreden den Kaiser­besuch in England.

In der französischen Deputiertenkammer hat man am letzten Dienstag und Mittwoch anläß­lich einer Interpellation wieder einmal über die Marokkopolitik der Regierung verhandelt. Das 'Ergebnis der zweitägigen Verhandlung war, daß mit großer Mehrheit eine das Vertrauen der Kammer in diese Politik aussprechende Tagesordnung angenommen wurde.

Venedig, 14. Sept. Heute fand hier für Prinz Arnulf von Bayern eine Trauerseier statt, der auch der Herzog und die Herzogin von Genua beiwohnte. Nach der Feier wurde der Sarg in einem Trauerboot, dem viele Gondeln, unter diesen die Königsgondel mit dem Herzog von Genua, folgten, nach dem Bahnhof übergeführt, um von dort nach München gebracht zu werden.

Die Leiche des Prinzen Arnulf von Bayern traf Freitag früh auf dem Hauptbahnhof in München ein, begleitet von der Prinzessin Arnulf und dem Prinzen Heinrich. Nach der Einsegnung durch die Geistlichkeit wurde die Leiche nach dem Wittelsbacher Palais übergeführt, wo die Aufbahrung stattfindet.

Der preußische Finanzminister v. Rheinbaben hat sich dieser Tage zu einem amerikanischen Zeitungs­manne über die deutschen Finanzverhältnisse ausgesprochen und dabei ausgeführt, daß das der Einkommensteuer unterworfene Vermögen in Preußen von 5704 Millionen Mark im Jahre 1893 auf 10 332 Millionen Mark im Jahre 1906 und für 1907 auf 11463 Millionen Mark gestiegen sei. Es habe sich also in vierzehn Jahren mehr als ver­doppelt und sei in diesem Jahre um mehr als 10 v. H. gestiegen. Dieselben Verhältnisse bestanden in allen andern deutschen Staaten. Als Sicherheit für die preußische Staatsschuld und den Anteil Preußens an der Reichsschuld, zusammen 10100 Mill. Mark, verwies der Minister aus das preußische Staatseigentum und zwar schätzte er die Forsten und Ländereien des Staates auf 7800 Millionen Mark, die Staatsbahnen auf 19 500 Millionen Mark und die Bergwerke und andern staatlichen Unternehmungen auf 700 Millionen Mark.

Diedenhofen, 15. Nov. Heute nachmittag stürzte während der Erweiterungsarbeiten an der Moselbrücke ein Brückenbogen ein. Acht Arbeiter wurden in die Tiefe gerissen, von denen sechs mehr oder weniger verletzt gerettet werden konnten, wäh­rend zwei unter den Betonmassen im Fluß begraben liegen. Bis 6 Uhr abends konnten die Leichen noch nicht geborgen werden.

Oesters und (Schweden), 15. Nov. Gestern abend sind 4 Personen, die einen aus dem Eis ein­gebrochenen Knaben retten wollten, mit diesem gemein­sam ertrunken.

Württemberg.

Stuttgart, 15. Nov. Die Legitimations­kommission der Zweiten Kammer hat die Berichte der Referenten über das Ergebnis von früher be­schlossenen Beweiserhebungen betreffend noch uner­ledigte Wahlanfechtungen entgegengenommen und hiebei die angefochtene Wahl für den Oberamts­bezirk Reutlingen (Abg. Kurz, Sozialdemokrat) einstimmig für gültig erklärt. Die Beratung der Wahlanfechtung von Geislingen wurde nach Ver­lesung des über die Vernehmung des Stadtpfarrers von Wiesensteig aufgenommenen Protokolls nochmals zurückgestellt. In der folgenden Sitzung wurden bei der Wahlanfechtung von Waiblingen die Vor­kommnisse in Hegnach und Reichenbach scharf ge­tadelt; da dieselben jedoch auf den Ausfall der Wahl nicht von entscheidendem Einfluß waren, so wurde einstimmig beschlossen, bei der Kammer die Gül­tigkeitserklärung der Wahl zu beantragen. In mehrstündiger Beratung über die Anfechtung der Landtagswahl von Oberndorf kam die Kommission heute noch zu keiner endgültigen Beschlußfassung. Nach den bisher vorgenommenen Abstimmungen über die vielen einzelnen Anfechtungspunkte wären dem gewählten Andre fünf Stimmen abzuziehen und dem nichtgewählten Hartmann zwei Stimmen zuzurechnen, wobei übrigens ein Beschluß nur mit 5 gegen 4 Stimmen gefaßt wurde.

Stuttgart, 14. Novbr. Der Staatsanzeiger veröffentlicht heute die Aufnahme des Herzogs Philipp Albrecht von Württemberg, ältesten Sohnes des Herzogs Albrecht von Württemberg, unter die Großkreuze des Ordens der Württem- bergischen Krone und des Friedrichsordens. Veran­lassung zu dieser hohen Ordensauszeichnung dürfte das Geburtsfest des Herzogs sein, der mit dem heutigen Tage sein 14. Lebensjahr abschließt. Der jugendliche Herzog steht zurzeit als Leutnant in der ersten Kompagnie des Grenadierregiments Königin Olga, I. württ. Nr. 119.

Stuttgart, 15. Nov. Die Ausgabe der neuen Zehnmarkscheine hat gestern bei der Reichs­schuldenverwaltung gegen Rückgabe von Reichskassen­scheinen zu 20 und 50 Mk. begonnen. Bei der Reichsbank wird die Verausgabung in den aller-