München. 14. Nov. Der langjährige General­adjutant des Prinzregenten Graf Pappenheim ist gestorben.

In Bayern hatte sich der Landtag einen Tag lang mit einer Interpellation beschäftigt, welche die Reform der Kammer der Reichsräte zum Zweck hatte. Es wurden schöne Reden gehalten, aber die ganze Aktion fand ihre Erledigung in der Erklärung des Ministeriums, daß die Berufung in die Erste Kammer ein Vorrecht der Krone sei, über das dem Landtag keine Entscheidung zusteht. Er­giebiger dürfte sich ein anderer gesetzgeberischer Plan gestalten, mit dem der Landtag sich zu befassen hatte, nämlich die Verwertung der Wasserkräfte von Loisach und Isar, sowie des Walchensees, die seit Jahrett ein Lieblingsprojekt des durch seinen Prozeß mit Peters noch besonders bekannt gewordenen Majors a. D. v. Donat ist. Es sollen damit fabelhafte Kräfte der Industrie und dem Verkehr zugeführt werden, die beiläufig auf 100 000 und noch mehr 8k beziffert werden, lieber 100 Abgeordnete waren zum Studium der Frage ins Gebirge gefahren und haben sich dort über die Ausführbarkeit des Projekts unterrichtet. Wenn Bayern den Plan wirklich aus­führt, so wird er eine völlige Umgestaltung seines Eisenbahnwesens und eine ganz bedeutende Erweiter­ung der Industrie in den oberbayrischen Bezirken zur Folge haben.

München, 12. Novbr. Das Ministerium des Innern veröffentlicht eine umfassende Denkschrift über die Ausnützung der Wasserkräfte des Landes. Die Regierung kommt unter Mlehnung der Projekte des hessischen Ob^rsekretärs Schmick und des Majors v. Donat zu dem Vorschlag, die Isar und den Rißbach in gedrängten Stollen dem Walchensee zuzuleiten. In die Isar und den Riß­bach werden an Stelle von Talsperren Wehre ein­gebaut. Für die Zuleitung des Rißbachs wird die Erbauung eines Aquädukts über die Isar erforder­lich. Die Gesamtwasserkräfte, die so bei einer mög­lichst vollkommenen Ausnutzung der verfügbaren Wassermenge und Gefälle erzielt wird, betragen rund 56 000 k8. Die Gesamtkosten für den Aus­bau dieser Kraft sind mit 17'/2 Millionen Mark berechnet. Die Staatsregierung will die Ausnützung der meisten noch verfügbaren Wasserkräfte dem Staate Vorbehalten, Wasserkräfte an Private hin­gegen in der Regel verpachten oder mit Privaten gemeinsam verwerten. Zur Ausarbeitung aller gegenwärtigen und künftigen Projekte werden beson­dere Kommissäre eingesetzt.

München, 13. Nov. In Sachen der Personen­tarife wird in Berlin eine Konferenz von Ver­tretern derdeutschenBundesstaaten mit Eisen­bahnbesitzern zusammentreten, um sich mit gewissen Unstimmigkeiten des neuen Tarifes zu beschäftigen und sie womöglich aus der Welt zu schaffen.

In der sächsischen Kammer teilte FinHnz- minister Dr. v. Rüger mit, daß, nachdem die Ver­handlungen über die von Württemberg vorgeschlagene Betriebsmitteigemeinschaft fehlgeschlagen seien, Ver­handlungen über bayrische Vorschläge stattfinden, die vor allem eine bessere Ausnutzung des Güter­wagenverkehrs gewährleisten sollen. Die loyale Haltung der preußischen Regierung lasse erhoffen, daß die außerordentlich schwierigen Verhandlungen zu einem befriedigenden Ergebnis führen werden.

Die Königin von Italien wurde gestern früh von einer Prinzessin entbunden, die den Namen Johanna erhalten soll.

Petersburg, 14. Nov. Heute wurde nach der .Ankündigung der Regierung die Duma feierlich eröffnet.

London, 14. Nov. Auf dem gestrigen Fest­mahl der Londoner Handelskammer kam ein Brief des Sekretärs der Admiralität Robertson zur Ver­lesung, in dem angekündigt wird, daß die Admira­lität infolge des Ergebnisses und der Enttäuschung von Hoffnungen, welche sich an die Haager Konfe­renz knüpften, beschlossen habe, mit dem Bau von Schlachtschiffen fortzufahren.

Berlin, 13. Nov. Die Beschlußkammer des Landgerichts I Berlin wies als unbegründet die Beschwerde Maximilian Hardens gegen den Be­schluß des Amtsgerichts Berlin-Mitte zurück, wodurch die Privatklage des Grafen Moltke gegen Harden eingestellt wird.

Justizrat von Gordon hat sein Mandat als Vertreter Moltkes in seinem Prozeß gegen Harden niedergelegt. Nach vorausgegangener Verstän­digung wird Justizrat Dr. Sello als Vertreter des Nebenklägers in dem neuen Offizialverfahren fun­gieren, da er durch die Führung des von Moltke- schen Ehescheidungsprozesses mit den in Betracht kommenden Tatsachen am vertrautesten ist.

Leipzig,, 14. Nov. Das Reichsgericht hat die Revision des Zirkusdirektors Niederhofer, der am 24. Oktober vom Münchener Schwurgericht wegen Raubmords, begangen an dem Kaufmann Hendschel, zum Tode verurteilt worden ist, verworfen.

München. 14. Novbr. In Neustadt a. d. Haardt ist in der vergangenen Nacht die Maschinen­fabrik Kanzler u. Söhne vollständig niederge­brannt. Man vermutet Brandstiftung.

Karlsruhe, 12. Novbr. Aus Karlsruhe ist nach Unterschlagung von 636 Mark der 25jährige Knecht Emil Siegrist geflüchtet. Ihm fehlt am Zeigefinger der rechten Hand das erste Glied. Auf dem rechten Unterarme hat er zwei Mädchenbilder, auf dem linken Arm das Bildnis des Hau, einen Stern und die WorteRache ist süß" tätowiert.

Bühlertal, 13. Nov. Gestern abend 10 Uhr brach in der Sägmühle von Baumann u. Cie. Großfeuer aus, das die Mühle vollständig zerstörte. Die Entstehungsursache ist unbekannt.

Pariser Blättern zufolge fanden in Lori ent Schießversuche mit neuen Granaten statt, welche die Eigenschaft haben, daß sie in dem Augenblick, wo sie ihr Ziel erreichen, ein starkes Licht ver­breiten. Die Leuchtgranaten, die aus 75 Milli­meter-Geschützen abgefeuert werden, sollen der Ar­tillerie in der Nacht ein genaues Zielen ermöglichen.

Infolge wolkenbruchartiger Regengüsse stehen in Livorno verschiedene benachbarte Ort­schaften unter Wasser. Viele Felder sind verwüstet und Brücken fortgerissen worden. Der Verkehr ist unterbrochen. Zwei Menschen sind umgekommen. Militär und die Behörden sind zur Hilfeleistung herbeigeeilt. Am Samstag und Sonntag tobte 24 Stunden lang ein Gewitter mit Wolkenbruch über Rom, der Campagna und dem westlichen Tos­kana. Am härtesten betroffen ist, wie schon be­richtet, Elba, wo es sechs Tote gab. Die Eisen­bahn Pisa-Rom ist durch einen Brückensturz bei Recina und S. Paolo bei Rom infolge Ueber- schwemmungen unterbrochen. Der Verkehr Rom- Neapel ist erschwert. Die Campagna ist im Süden und Osten von Rom auf Kilometer in einen See verwandelt. Viele Häuser und Mauern sind einge­stürzt. Auch die Straßenbahnen des Albanerge­birges sind verschüttet.

Aus Valence für Rhone wird gemeldet, daß ein Bergsturz 40 Häuser des Dorfes Felnies, dar­unter das Pfarrhaus und die Schule, zerstört hat. Die Einwohner konnten sich rechtzeitig flüchten.

Württemberg.

Stuttgart, 13. Nov. Der König hat an­läßlich des Ablebens des Prinzen Arnulf von Bayern dem bayrischen Gesandten seine Teilnahme ausgesprochen. Der württ. Hof legt achttägige Trauer an.

Ludwigsburg, 13. Nov. In Anwesenheit, der Königin und der Frau Prinzessin Max zu Schaumburg-Lippe beging am Montag die Char­lottenkrippe die Feier ihres 25jährigen Bestehens.

Ulm, 14. Nov. Um Ausnahme in das B ü r g e r- recht haben sich hier gegen 600 Personen beworben.

Ulm, 10. Nov. Die Bäcker von Ulm, Neu- ulm und Umgebung beschlossen, das sog.Drein- brot" und das Trinkgeldgeben vom 1. Dez. an ab­zuschaffen. Sie wollen sich durch hohe Konventional­strafen gegen jede Uebertretung ihres gefaßten Beschlusses binden.

Spaichingen, 13. Nov. Bei dem gestrigen Verkauf des Rittterguts Hohenberg erfolgte der Zuschlag um 149 300 Mk. an die Gemeinde Schörz- ingen O.A. Spaichingen. Das vollständig arron­dierte Gut umfaßt ca. 67 Hektar Güter, 16 Hektar Weide und 46 Hektar Wald. Das Gut war zuletzt im Besitze der Herren v. Ow.

Tuttlingen, 11. Nov. Wenn auch die Ueber- schuldung der in Konkurs geratenen Firma Storz u. Manz hier den Betrag von 800000 Mk. nicht erreichen wird, so ist bis jetzt doch so viel sicher, daß ganz bedeutende. Wechselreitereien mit einer Firma" in England getrieben worden sind, welche sich zum Nachteil einer württembergischen, einer schweizerischen und einer badischen Firma auf zu­sammen etwa 300 000 Mk. belaufen. Auch die Nachricht, daß Waren nach England geschafft oder wenigstens zu Schleuderpreisen dorthin veräußert worden sind, bestätigt sich ff dies geschah vermutlich, um jenerFirma" wenigstens einiges Entgegen­kommen zu beweisen.

Waiblingen, 12. Nov. Gestern abend wurde gegen den Personenzug, der 10.10 Uhr von hier nach Schorndorf abgeht, am Bahnübergang nach Fellbach von einem jungen Menschen ein Stein geworfen, wodurch ein Wagenfenster zertrümmert wurde. Durch

Glassplitter ist eine im Zuge befindliche Dame nicht unerheblich verletzt worden.

Lauffen a. N., 13. Nov. Wie wir in Er­fahrung bringen, ist es dieser Tage gelungen, einen Weindieb auf dem hiesigen Bahnhof zu ermitteln. Dieser scheint, es sich mit einigen Genossen zur Auf­gabe gemacht zu haben, die eingelieferten vollen Weinfässer teilweise ihres Inhalts zu berauben. Man glaubt, daß noch einige Reklamationen von den Weinempfängern eingehen werden. Die Burschen sollen nach vollbrachter Tat jeweils in der Güter­halle ihren Rausch ausgeschlafen haben.

Schw. Hall, 8. Nov. Heute früh ist in der Bäckerei des Emil Weiß hier einer der Bäcker­gehilfen tot aufgefunden worden. Der andere im gleichen Zimmer schlafende Gehilfe ist durch Uebel- werden aufgewacht und rettete sich. Die Ursache ist Ausströmen von Kohlengas aus einem neu eingebauten Backofen. Weiß selbst dient zur Zeit als Reservist beim Trainbataillon Ludwigsburg.

Dürrmenz-Mühlacker, 21. Novbr. Im Lamm" fand gestern die Generalversammlung des hiesigen Gewerbevereins statt, welche an Stelle des ausgeschiedenen ersten Vorsitzenden (des gewesenen Darlehenskassenvereinskassiers) Hahl, durch den Schriftführer Lehrer Munk geleitet wurde. Als neuer Vorstand wurde Karl Bergle, Bauunter­nehmer, gewählt.

Dürrmenz-Mühlacker, 13. Nov. Eine hiesige Frau stellte dieser Tage die gefüllte Wärmeflasche in den heißen Ofen, um sodann anderer Beschäftig­ung nachzugehen. Plötzlich ein Knall, ein Krach und der Ofen flog auseinander die Wärmeflasche war explodiert, denn die Frau hatte vergessen, den Verschluß offen zu lassen. Einzelne Trümmer des Ofens wurden auf eine Kinderbettstelle geschleudert, worin noch kurz vorher ein Kind gelegen hatte.

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Die K. Regierung des Schwarzwaldkreises hat am 12. Nov. ds. Js. die Wahl des geprüften Ver­waltungskandidaten Gustav Hermann von Roten­bach (Dennach), z. Zt. Assistent bei der Gemeinde­behörde für die Einkommensteuer in Stuttgart zum Ortsvorsteher der Gemeinde Schömberg be­stätigt.

ß. Neuenbürg. Unter Bezug auf das ober­amtliche Ausschreiben im heutigen Blatt machen wir darauf aufmerksam, daß es sich für diejenigen, welche das Bürgerrecht mit Rücksicht auf die vom 1. Dezember ds. Js. an eintretende Ermäßigung der Bürgeraufnahmegebühr erst von diesem Zeitpunkt an erwerben, jedoch bereits an den im nächsten Monat stattfindenden Gemeinderatswahlen teilnehmen wollen, empfiehlt, ihre mit den erforderlichen Be­legen versehenen Eingaben so zeitig bei den Ge­meindebehörden einzureichen, daß die Beschlußfassung über die Erteilung des Bürgerrechts sofort in den ersten Tagen des nächsten Monats erfolgen kann.

* Neuenbürg, 11. November. Freunde der Mäßigkeitssache hatten sich in bedeutender An­zahl am gestrigen Abend zusammengefunden, um den angekündigten Vortrag des Hrn. Baurat Fuchs aus Karlsruhe überAlkohol und Volkswohl" anzuhören. An Stelle des durch Unpäßlichkeit ver­hinderten Redners ergriff der Veranstalter der Ver­sammlung und rührige Vorkämpfer der Mäßigkeits­bestrebungen m unserem Bezirk, Hr. Pfarrer Renz von Ottenhausen, das Wort und führte in klarem, von reicher Sachkenntnis zeugenden Vortrag aus: Das Verständnis für die Alkoholfrage ist erfreulicher­weise neu erwacht in unserer Zeit, und die Sache der Mäßigkeitsfreunde, wie sie besonders imVerein gegen den Mißbrauch geistiger Getränke" gefördert wird, ist entschieden im Vordringen begriffen. Di Arbeit dieses Vereins ist eine überaus wichtige und wahrhaft vaterländische, denn er hat sich in erster Linie die Aufgabe gestellt, die noch in weiten Kreisen herrschenden Jrrtümer, der Alkohol gebe Kraft, er ernähre und sei vor allem ein wertvolles Kräftig­ungsmittel für Kinder, zu widerlegen. Längst ist es durch einwandsfreie Versuche bewiesen, daß der Alkohol die geistige Leistungsfähigkeit nicht vermehrt, sondern herabsetzt; man hat z. B. die Arbeit von Schriftsetzern, denen man mäßige Alkoholgaben ver­abreicht hatte, geprüft; die Leute hatten das Gefühl, daß sie leichter und besser gearbeitet hätten. Aber das Gegenteil war der Fall gewesen, was durch die Anzahl der Druckfehler mit Leichtigkeit nachgewiesen werden konnte. Aber auch bei schwerer Muskel­arbeit bewirkt*der Alkohol nur eine Hemmung; ein Beweis dafür sind die Gewohnheiten und Vorschriften unserer Sportvereine. Körperliche Höchstleistungen sind nur möglich bei äußerster Sparsamkeit, am besten bei vollständiger Enthaltsamkeit von geistigen