Baden-Baden, 1. Sept. Gestern mittag ge­lang es einem Pforzheimer Kriminalschutzmann auf dem Jffezheimer Rennplatz einen gefährlichen Taschen­dieb abzufassen. Ein 24jähriger Reisender aus Wien, der sich Leopold Weichherr nannte, hatte einem Kaufmann aus Frankfurt aus der Juppen- tasche 5 Tickets ä 100 Mk., die auf den Sieger Hamurabi" gesetzt waren, entwendet. Er konnte sich aber seines Raubes nicht lange erfreuen, er wurde festgenommen und nach Nummer Sicher ge­bracht.

Baden-Baden, 2. Septbr. In ein hiesiges Hotel drangen nachts Diebe ein und stahlen der Baronin Ephruffi aus Wien Schmucksachen im Werte von 90 000 Mk., und dem Baron Gold­schmidt-Rotschild-Paris die Barschaft von 100 000 Franken. Der Direktor des Hotels glaubt, daß Hotelgäste, die früh abreisten, den Diebstahl be­dangen haben. Die Karlsruher Staatsanwalt­schaft veröffentlicht folgendes Verzeichnis der ge­stohlenen Gegenstände: Brillant-Diadem mit 31 Steinen, Wert 44000 Mk., Brillant-Kollier, drei­teilig, Wert 20 000 Mk., Rubin-Brillantschleife, Wert 6000 Mk., Brillantschleife, Wert 5000 Mk., sowie weitere Brochen, Halsketten und Armbänder, Gesamtwert 88 000 Mk., außerdem 15 schweizer­ische Hundertfranken-Noten, eine österreichische Tausend-Kronen-Note, 11600 Mk. in zehn Tausend- Mark-Noten, 15 Hundert-Mark-Noten und einer englischen Fünfpfund-Note.

Niederrödern i. Elf., 30. Aug. Ein Rebstock in Schweighausen, welcher nach einem Berichte mit ungefähr 600 Trauben behängen ist, wird durch die Rebe eines hiesigen Wirts noch bei weitem übertroffen. Letztere (eine Amerikanerrebe) trägt dieses Jahr, wie auch früher schon, mindestens 1000 wohlausgewachsene Trauben.

Bonndorf, 2. Sept. An einem elektrisch be­triebenen Webstuhl in Hottingen wurden drei Frauen vom Blitz getroffen; eine wurde getötet.

Thorn, 2. Sept. In Lemberg bei Konojad (Kreis Strasburg in Westfalen) schlug gestern vor­mittag während des Gottesdienstes der Blitz in die Kirche, zündete, tötete 4 und verletzte 16 Personen.

Aus Magenta wird berichtet: Sonntag morgen gegen halb 5 Uhr durchbrach ein Automobil, in welchem sich Marquis Pallavicini, der Advokat Malvano, ein Chauffeur und ein Mechaniker be­fanden, eine geschlossene Eisenbahnschranke und stieß mit einem durchfahrenden Güterzuge zusammen. Das Automobil wurde zertrümmert; der Benzinbehälter explodierte. Der Mechaniker blieb unverletzt und entfloh; der Chauffeur erlitt unbedeutende Verletz­ungen. Malvano war sofort tol,* während Marquis Pallavicini gleich darauf starb.

Württemberg.

Stuttgart, 2. Septbr. DerStaatsanzeiger" meldet: Se. Maj. der König hat die Leitung der Frauen-Klinik der Universität Tübingen und die ordentliche Professur für Geburtshilfe dem Pro­fessor Dr. Sellheim in Düsseldorf übertragen.

Seine Majestät der König hal eine Haupt­lehrstelle an der städtischen Gewerbeschule in Heil- bronn dem Mittelschullehrer Frank daselbst (früher in Neuenbürg) übertragen.

Stuttgart, 1. Sept. Der 49. Verbandstag der Württ. Gewerbevereine fand heute in Backnang statt. Die Stadt hatte Festschmuck an­gelegt. Von der K. Staatsregierung waren erschienen: der erst gestern aus seinem Urlaub zurückgekehrte Präsident der K. Zentralstelle für Handel und Ge­werbe v. Mosthaf und Ministerialrat Köhler vom Ministerium des Innern. Verbandsvorsitzender Schindler begrüßte in herzlichen Worten die zahl­reiche Versammlung und ganz besonders die an­wesenden Regierungsvertreter. Ministerialrat Köhler dankte im Namen des Ministers v. Pischek für die Einladung und wies auf die Bedeutung der Frage der Tarifgemeinschaften hin, die ein Kind unserer Zeit und ein Produkt der modernen Entwicklung des Wirtschaftslebens sei. Die Regierung nehme lebhaften Anteil an den Beratungen und wünsche, daß dieselben dem Wohl und Besten des heimischen Gewerbestandes dienen mögen. Präsident von Mosthaf wies auf die segensreiche Tätigkeit des Verbandes hin, wodurch das Gewerbe eine mächtige Förderung erfahren habe. Ueberall habe der Ver­band durch hingebende, unermüdliche Arbeit belebend und befruchtend gewirkt und eine Aufwärtsbewegung des Handwerks hervorgerufen. Er wünschte, daß sich alle Hoffnungen, die sich an die glückliche Ent­wicklung knüpften, in Erfüllung gehen möchten. Nach

weiteren Begrüßungsansprachen des Stadtschultheißen Eckstein und des Vertreters des Kgl. Oberamts dankte Verbandsvorsitzender Schindler für die freundlichen Begrüßungsworte und gab dem Wunsche Ausdruck, daß das schöne Verhältnis zwischen Staats- regierung und Gewerbevereinen auch in Zukunft be­stehen bleibe. Nach einem Hoch auf den König und nachdem ein Huldigungstelegramm an den Landes­herrn abgesandt war, wurde in die Tagesordnung eingetreten. Verbandsvorsitzender Schindler ge­dachte noch in anerkennenden Worten des verstor­benen Ministerialrats Wendel und erstattete darauf den Rechenschaftsbericht, der eine Darstellung der glücklichen und fortschreitenden Entwicklung des Ver­bandes gibt. Dem Verband gehören 172 Vereine an. Korporativ beigetreten sind die Buchbinder­meister und Konditoren. Auf dem Gebiete der Vor­trüge wurde eine reiche Tätigkeit entwickelt. Die Verträge mit dem Allgemeinen Deutschen Versicher­ungsverein in Stuttgart für Haftpflicht und der Ge­sellschaft Nordstern in Berlin für Unfallversicherung haben sich als vorteilhaft erwiesen. Auch von der Sterbekasse ist nur Erfreuliches zu berichten. Eine weitere wohltätige Einrichtung des Verbandes ist die Möglichkeit des Unterkommens im Handwerker-Er­holungsheim Friedrichshort des Landesverbands der badischen Gewerbevereine. Zum Schluß kam Vor­sitzender Schindler auch auf die gegen ihn gerichteten Preßangriffe zu sprechen und betonte, daß er in der Ersten Kammer nur wirtschaftliche Interessen zu vertreten habe, da er nicht von einer Partei oder Konfession gewählt worden sei. Er werde die ein­genommene Haltung auch fernerhin beobachten und sich durch die Angriffe nicht beirren lassen. Er habe den Takt gewahrt und sei der Ansicht, daß, wenn Polizeigezänk und Konfessionshader in die Reihen der Gewerbevereine hineingetragen werde, der Ver­band in einem Jahr gesprengt sei. Handelskammer­sekretär Professor Dr. Huber sprach sodann über die Tarifgemeinschaften. Er gab einen historischen Ueberblick über die Entwicklung der Gewerkschaften in England und Deutschland und betonte die Ver­schiedenartigkeit des Charakters der englischen und deutschen Gewerkschaftsbewegung. Die Licht- und Schattenseiten der Tarifverträge wurden eingehend geschildert und die Notwendigkeit der politischen Neutralität der Gewerkschaften anerkannt. Das Ziel der Sozialdemokratie sei Unzufriedenheit in den Reihen der Arbeiterschaft hervorzurufen, zu wühlen und zu terrorisieren. Die Sozialdemokratie bezeichnte Redner als einen Krebsschaden am deutschen Volk. Die Großindustrie müsse ihr Pulver trocken halten, das Gewerbe sich zusammenschließen. Korreferate erstatteten Malermeister Breitenbach-Heilbronn und Schullehrer Massa-Vaihingen. Es wurden dann der Versammlung verschiedene Anträge unter­breitet. Der Antrag des Handels- und Gewerbe­vereins Gmünd bezüglich Aenderung der Telephon­gebühren wird den Ausschuß nochmals beschäftigen, ein Antrag des Gewerbevereins Möckmühl bezüglich Abgabe von Gutachten über Lehrlingsarbeiten wurde angenommen, nachdem Präsident v. Mosthaf hatte erklären lassen, daß er die Angelegenheit wohlwollend prüfen werde. Die Gewerbevereine des Achalm- gaues beantragten, daß an den Fachschulen den Preisberechnungen mehr Aufmerksamkeit geschenkt werde. Auch diesem Anträge wurde zugestimmt. Ein Antrag des Gewerbevereins Zuffenhausen wünscht eine kräftige Unterstützung der Handwerker seitens der Staatsbehörden bei Vergebung von Lieferungen. Weiter wurde eine Resolution angenommen, in der der gute Wille der Regierung, eine Aenderung der Bestimmungen über das Submissionswesen herbei­zuführen, anerkannt wird, gleichzeitig aber der Wunsch zum Ausdruck gelangt, daß die beabsichtigte Reform im Sinne der von Minister v. Pischek abgegebenen Erklärungen zur Ausführung gelangt. Der Kassen­bericht wurde als ein sehr günstiger bezeichnet. Da­rauf wurde der bisherige Verbandsvorstand ein­stimmig durch Zuruf wieder gewählt. Zum Ort des 50. Verbandstags würde Heidenheim bestimmt, nachdem die Vertreter der Gewerbevereine von Rottweil und Ebingen im Hinblick darauf, daß der Gewerbeverein Heidenheim im nächsten Jahre sein Jubiläum feiert, die Einladungen zurückgezogen hatten.

Die württ. Aerzte wollen der Kurpfuscherei in energischer und systematischer Weise aus den Leib rücken. Die im Eßlinger Delegiertenverband vereinigten Aerzte haben in ihrer letzten General­versammlung den Beschluß gefaßt, alle von Kur­pfuschern herrührenden Inserate während eines Vierteljahrs zu sammeln, um das gesammelte Material, nachdem es von der vom Eßlinger Delegiertenverband mit dem Landesverband gemein­sam eingesetzten Kurpfuscherei-Kommission gesichtet

und geordnet worden ist, den Reichstagsabgeordneten ihrer Bezirke als lehrreichen Beweis der Ausdehn­ung der Kurpfuscherei und zur Verwertung für die im Reichstag zur Verhandlung kommende Novelle zum Gewerbegesetz zu übergeben. Auch dem Mini­sterium des Innern soll das Material unterbreitet werden.

Böckingen, 3. Septbr. Seine Majestät der König spendete dem Kindergarten in Böckingen zu seinem Neubau einen Beitrag von 1000 Mk.

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* Neuenbürg, 1. Septbr. Zum Festort für das alljährlich wiederkehrende Bezirks missions­fest war nach langer Pause wieder einmal Calm­bach gewählt. Am heutigen, vom schönsten Wetter begünstigten Nachmittag füllte sich die dortige Kirche mit andächtigen Festbesuchern. Daß es Leute gibt, in welchen die Liebe zur Mission eine Macht und das Verständnis für die missionarische Aufgabe der Christenheit zu einem Verlangen nach Missionskunde geworden ist, bewies der stattliche Zuzug von nah und fern. Die Festpredigt, welche das Schriftwort 2. Kor. 4,6 zum Text genommen hatte, hielt in frischem Tone Pfarrer Weitbrecht von Schömberg. Einen Einblick in die Leiden und Freuden, in die Kämpfe und Ergebnisse des Missionsdienstes gaben die Missionare Schaible und Hole, jener ein geborener Gaugenwalder durch ergreifende Er­zählungen aus dem chinesischen Arbeitsgebiet, dieser durch bündige, wohlgrupvierte Schilderung der Hauptschwierigkeiten, mit welchen die indische Mission zu kämpfen hat, sowie erfreulicher Erlebnisse und glaubenstärkender Siege, die den Beruf des Missionars zum schönsten machen, den es überhaupt gibt. Gerade in diesem Jahre feiert die evangelische Mission in China ihren hundertjährigen Geburtstag, denn am 5. September 1807 hat einst der aller­erste evangel. Missionar, der Engländer Morrison, den Boden Chinas betreten. Welcher Gegensatz zwischen damals und heute! Morrison durste sich vor chinesischen Beamten nicht blicken lassen, er mußte sich versteckt halten und sich Hetzen lassen wie das Wild, heute dagegen finden sich Abgesandte hoher chinesischer Würdenträger, mächtiger Vizekönige und Gouverneure, auf Missionskonferenzen ein und über­bringen die Grüße ihrer Herren, wie dies z. B. Heuer in Schanghai der Fall war, wo Ende April und Anfang Mai in der sogenanntenMärtyrer- Gedächtnis-Halle" (erbaut zum Andenken an die zahlreichen im Jahr 1900 in China gefallenen Mär­tyrer) eine große, von etwa 1170 europäischen und amerikanischen in China arbeitenden Missionsleuten besuchte Jubiläums - Konferenz stattgefunden hat. Missionar Hole legte das Wort Apostelgesch. 8,26 zu Grund:Stehe auf und gehe gegen Mittag auf die Straße, die von Jerusalem gehet hinab gen Gaza, die da wüste ist", und versuchte aus seinen eigenen Erlebnissen und Wahrnehmungen heraus zu zeigen, wie die Mission unter den Hindus eine Ar­beit sei zwar auswüster" Straße, aber auf einer Straße, wo den Arbeiter der Herr der Ernte erquickt. Der von Dekan Uhl erstattete Jahres­bericht konnte zur Kenntnis bringen, daß die im Jahre 1906/07 angefallenen Missionsgaben den Gesamtertrag von 5655 ^ als Beitrag unserer Diözese zum Betrieb des Missionswerkes ergeben haben. Die höchsten Beträge weist diesmal in­folge einer Einzelgabe von 200 das Kirch­

spiel Schömberg auf mit 896 ^!; es folgen die Kirchspiele Neuenbürg mit 851 Wildbad mit 691 Gräfenhausen mit 558 Langen­brand mit 456 l/L Was überdies aus dem Bezirk noch durch einzelneGemeinschaften" direkt an die Missionskasse abgeliefert wurde, entzieht sich der kirchlichen Kontrolle, ist aber jedenfalls nicht ohne Belang, und sehr erfreulich ist, daß sowohl unsere altwürttembergischen" als unsereHah- nischen" Gemeinschaften fest und treu zu Basel halten, dessen Missionswerk gerade uns Württem- bergern durch eine bald hundertjährige Verbindung und Gemeinschaft des Gebens wie des Nehmens in erster Linie in Fürbitte und Fürsorge befohlen ist. Damit ist durchaus nicht der Engherzigkeit das Wort geredet, denn engherziges Wesen würde sich mit dem Sinn der zweiten Bitte im Vaterunser nur auch gar nicht vertragen, wohl aber wäre es doch ein Unrecht und ein Undank dazu, wollten wir nicht die Linien der geschichtlichen Entwicklung, wie sie nun einmal vorliegen, als Fügung und Fingerzeig der Vorsehung respektieren. Eine gesellige Nachfeier imHirsch" gab Gelegenheit, mit den beiden Missionaren noch im engeren Kreise persönlichen Austausch zu pflegen. Missionar Schaible erzählte von kritischen Momenten