möge. Der Abg. Käß (Vp.) warf den Parteien der Rechten Verkehrsfeindlichkeit vor und legte fich scharf für den Kanal ins Zeug. Der Abg. Hauß- mann-Balingen (Vp.) übte eine längere Polemik gegen Konservative, Zentrum und Sozialdemokratie, in der wesentlich freundlichere Töne gegen Preußen zum Ausdruck kamen, als dies seitens des Abg. Elsas geschehen war. Ministerpräsident Dr. v. Weiz­säcker goß eine starke Dosis Wasser in den schäu­menden Wein des Abg. Mülberger hinsichtlich des Weiterbaues des Kanals, welche Frage viel späterer Zeit überlassen werden müsse, worüber Mülberger, wie er sagte, tiefe Wehmut empfand. Der Minister­präsident konstatierte dann auch, daß die Haltung Preußens im Hause freundlicher beurteilt worden und stellte fest, daß Preußen in diesen Verhand­lungen ein großes Entgegenkommen gezeigt habe. Dr. Lindemann (Soz.) polemisierte gegen Hauß- mann und bezeichnete ein nochmaliges Umfallen der Volkspartei in dieser Frage als nicht unmöglich, was Haußmann in einem Zwischenruf zugab, wenn das Landesinteresse dies erfordere, worauf Lindemannn erwiderte, es sei doch merkwürdig, daß das Landes­interesse sich immer mit der Stellung der Volks­partei decken solle. Diese Ausführungen wurden durch zahlreiche Zwischenrufe unterbrochen, wie über­haupt die Debatte mit den Ausführungen Hauß- manns einen recht lebhaft politischen Charakter trug. Haußmann ergriff nach Dr. Lindemann nochmals das Wort zu einer Polemik gegen die Sozialdemo­kratie, die er als unfruchtbar bezeichnete» worauf ihm von Keil zugerufen wurde: Bei den Landtagswahlen sind Sie aber froh an uns! Der Abg. Dr. Hieb er (D. P.) wies noch darauf hin, daß auch die am Dienstag in Heilbronn stattfindende Konferenz eine völlige Klärung der schwierigen Frage noch nicht bringen werde, so daß man der Resolution, der er, abgesehen von der ausschließlichen Aufbringung der Kanalbaukosten durch den Staat, prinzipiell zustimmen könne, wohl an die Kommission verweisen könne. Sehr bedauerlich wäre es, wenn die sich jetzt bie­tende Gelegenheit, im Laus der Zeit ein großes, West- und Süddeutschland umfassendes Wasser- straßensystem zu erhalten, ebenso versäumt würde, wie vor drei Jahrzehnten die günstige Gelegenheit für ein einheitliches deutsches Eisenbahnnetz ver­absäumt wurde. Am Dienstag wird die Etats­beratung fortgesetzt; anßerdem stehen auf der Tages­ordnung Wahlanfechtungen.

Stuttgart, 8 . Juni. Das Sommerfest der Volkspartei, das Heuer in Murrhardt gehalten werden soll, ist auf Sonntag, den 7. Juli ver­schoben worden.

Stuttgart, 6 . Juni. Der württ. Landes­hebammenverband hielt heute im Europäischen Hof seine 5. Jahresversammlung. Erschienen waren die Delegierten der 10 Hebammenvereine des Landes, sowie Vertreter der Stuttgarter Aerzte. Dem fach­wissenschaftlichen Teil wurde durch einen Vortrag des Ehrenpräsidenten des Stuttgarter Hebammen-

Schiffes mitzumachen. Die Majorin wollte mit Margot so lange in Kiel bleiben, bis das Schiff fort sei und das junge Mädchen dann noch eine Weile zu sich zu nehmen.

Auch der Amtsrat war mit diesem Plane ein­verstanden ; nur wollte er Margot nicht zu lange ent­behren; ihm allein wollte die rasche Verlobung nicht gefallen, und er schüttelte bedenklich den Kopf darüber.

-i- *

*

Weiche, milde Frühlingsluft lag über der Erde. Am Walde blühten Anemonen und Taubnesseln, Helle Schmetterlinge begannen die Schwingen zu regen und feine, süße Töne aus kleinen Vogelkehlen klangen durch den Wald. Maienzauber schmückte das Land, weit öffneten sich die Menschenherzen und selbst der finstere Pessimist rief aus:O Maien­zeit, die schönste Zeit"

Eine Gruppe Herren und Damen zu Pferde er­schien drüben auf der Straße plaudernd und lachend; auch sie genossen den schönen Abend, doch waren aller Gedanken trotzdem weit ab von den entzückten Worten.

Das vorderste Paar, ein junger Offizier neben einem frischen, hübschen Mädchen, war in so leb­haftes Gespräch vertieft, daß sie nichts um sich her sahen oder hörten. Dann folgte zwischen zwei älteren Herren eine auffallend schöne, lebhaft und kokett plaudernde Dame, Margot Vieregge; der Herr zu ihrer Linken, General von Martin, wandte kein Auge von ihr; ihr sprühendes Wesen, ihr silbernes Lachen hatten ihn völlig gefangen genommen. Der andere Herr war der Bruder des Generals, ihm gehörte Gut und Schloß, die anderen waren seine Gäste.

Vereins, Frauenarzt Dr. Schalter, Rechnung getragen, der über Schmerzstillung bei der Geburt sprach. Der Redner erörterte dabei zunächst die Einwirkung durch Chloroform und wandte sich dann der inter­essanten Errungenschaft der Neuzeit zu, der schmerz­losen Entbindung im künstlichen Dämmerschlaf mit­telst Skopolamineinspritzung. Das Skopolamin, ein im Bilsenkraut enthaltener Stoff bewirkt erstlich ruhigen Schlaf mit keiner oder geringer Schmerz­empfindung, des weiteren einen sogen. Dämmer­zustand, der darin besteht, daß die Erinnerung an die Vorgänge, die sich während des schlafartigen Zustandes abspielen, fehlen. Diese Methode erfordert aber andauernde sorgfältige Ueberwachung von seiten eines mit dem Verfahren vertrauten Arztes, um Schädigungen von Mutter und Kind sicher aus­zuschließen. Sie kann deshalb nur in Spezialkliniken unter fortwährender ärztlicher Kontrolle und stetiger Hilfsbereitschaft ausgeführt werden. In die allge­meine Praxis wird sie sich aus diesen Gründen zu­nächst nicht einbürgern können.

Der Gewerbeverein Stuttgart veranstaltet am 16. und 17. Juni d. I. einen Sonderzug nach Mannheim zum Besuche der Jubiläums- Ausstellung und zur Besichtigung verschiedener Fabriken, wozu die Mitglieder der übrigen württ. Gewerbevereine zur Beteiligung eingeladen sind. Sonntag, den 16. Juni: Uhr: Ankunft in

Mannheim. 10 Uhr: Besuch der Gartenbau- Ausstellung. Montag, den 17. Juni: 7ffs Uhr: Rundfahrt im Rhein- und Neckarhafen. 9 Uhr: Besichtung verschiedener hochinteressanter (in Stutt­gart und Umgebung nicht vertretener Industrien, welche nur ausnahmsweise gestattet wurde. 3V-- Uhr: Abfahrt nach Heidelberg mittelst Sonder­zug. In Heidelberg Besichtigung des Schlosses usw. 8^2 Uhr: Abfahrt. 10'/2 Uhr: Ankunft in Stuttgart. Preis der Teilnehmerkarte mit Vereins­abzeichen Mk. 7.50. Näheres darüber beim Vor­stand und Schriftführer des Gewerbevereins in Neuenbürg und Wildbad.

Die Zentralvermittlungsstelle für Obstverwertung in Stuttgart gibt weitere Berichte über die Kirschenernte. Dieselben bestätigen, daß die Ernte meist gering ist. Aus dem Oberamt Kirchheim melden mehrere Orte einen völligen Ausfall: Raupen zerstören alles". Die Meldung aus Ohmden lautet:In hiesiger Gegend kommen dieses Jahr weder Kirschen noch Aepfel und Birnen zum Verkauf". Die Zentralvermittlungsstelle gibt ferner auf Grund der Erhebungen des K. Statisti­schen Landesamts von Mitte Mai bereits eine Zu­sammenstellung über die Obstaussichten in Württem­berg. Sie lauten auf Sehr gut nirgens, auf Gut in einigen wenigen Oberämtern, für den weitaus größeren Teil des Landes auf Mittel und Gering, mit schwachem Vorwiegen von Mittel.

Gmünd, 4. Juni. Der Festausschuß für das Liederfest beschloß, zu der am Montag den 24. Juni stattfindenden Hauptprobe zur Hauptaufführung 25

MSrgot besuchte für einige Wochen ihre Pensions­freundin Lilli von Martin, zur selben Zeit, als der General anläßlich einer Generalstabsreise bei seinem Bruder eintraf.

Armer Hasso! Hätte er in dieser Stunde, den taubenhaft sanften und doch so berechneten Augen­aufschlag der Geliebten beobachten können, welcher den alten Offizier fesselte, sein Herz wäre gebrochen vor schneidendem Weh. Sie saß tadellos sicher und mit vollendeter Grazie zu Pferde; das dunkle, eng­anliegende Reitkleid, der schwarze Herrenhut mit blaßblauem Schleier hoben ihre Schönheit noch mehr sie war sich dessen genau bewußt. Sollte sie an diesem zauberhaften Tage des Bräutigams gedenken, der so ferne von ihr weilte?

Weshalb begleiten uns die Damen nicht einmal früh?" fragte der General;morgen wird ein ebenso schöner Tag. Wie wäre es, gnädiges Fräulein?"

O, da würden wir die Herren wohl in ihren topographischen Studien stören", lächelte Margot kokett.

Das wäre eine ganz reizende Unterbrechung des Dienstes", meinte der Offizier und wandte sich zu seinem Bruder, welcher das voranreitende Paar ver­gnügt beobachtete,Lilli würde doch mitkommen."

Hm, selbstverständlich. Dein Adjutant raspelt da vorne, wie es scheint, Süßholz; da hören die beiden nichts."

Verdenke es ihm nicht; mein Nichtchen ist ein allerliebstes Ding und man ist nur einmal jung."

Na, wer weiß, ob es ernst ist; heute hier, morgen dort; das ist die Gewohnheit des doppelten Tuches."

Oho, Herr Bruder, und das sagst Du mir.

Insassen des hiesigen Blindenasrfls unentgeltlich zu­zulassen und ihnen geeignete Plätze anzuweisen. Be­kanntlich sind die Blinden für Musik besonders empfänglich.

Bad Mergentheim, 9. Juni. Einen guten Kauf machte die Frau des Kohlenführers Quenzer hier. Sie erstand bei der Versteigerung des Nach­lasses von dem verstorbenen Kutscher Dehm einen Rock um ein paar Mark und fand in demselben zu Hause wohlversteckt 75 Mk. vor. Nach Anzeige beim Bezirksnotariat wurde ihr zu ihrer Freude bedeutet, daß das Geld ihr Eigentum sei.

Kus LtaSt» BeZlrk uns Umgebung,

Neuenbürg, 8 . Juni.

Zur Schwarzwaldwasserversorgung für Stuttgart wird demSchw. Merk." geschrieben: Es ist in gegenwärtigem Stadium nicht möglich bezw. verfrüht, der Oeffentlichkeit über Einzelheiten der geplanten Wassergewinnung im Schwarzwald Mitteilung zu machen. Hiedurch scheint verschiedenen Gerüchten und Vermutungen, die im Enztal im Umlauf sind, Vorschub geleistet zu werden. Die Befürchtungen, wie sie in der in der Merk.-Nr. 254 erschienenen Mitteilung geäußert worden sind, entbehren aber der Grundlage. Die geplante Wasserentnahme beziffert sich aus 300 Sekundenliter im Jahresdurchschnitt oder auf 4,9°/» der das Jahr hindurch im Einzugsgebiet vorhandenen Wassermenge (nicht 700 Sek.-Llr.). Hiebei soll der Wasserüber­schuß der Schneeschmelze in einer Talsperre aufge­speichert und in der wasserürmeren Jahreszeit durch Entleeren der Talsperre als voller Ersatz für abge­leitetes Quellwasser der Enz wieder zugeführt wer­den. Eine geordnete Wasserwirtschaft wird es er­möglichen, den Wasserbedarf von Stuttgart dadurch zu decken, daß ein Teil des nutzlosen oder schädlichen Wasserüberflusses zurückgehalten und daß in der wasserreichen Jahreszeit etwa 4,9°/» des vorhandenen Quellwassers entzogen wird, während in der wasser­ärmeren Jahreszeit kein Wasser ohne Ersatz weg­geleitet wird. Eine Schädigung berechtigter Inter­essen der Bewohner des Enztals wird also vermieden werden. Den Enztalgemeinden sind die Pläne der Stadt Stuttgart nicht zugänglich gemacht werden, es dürfte daher wohl irrtümlich sein, daß sich diese Ge­meinde mit diesen Plänen beschäftigt haben."

Hiezu wird uns aus beteiligten Kreisen geschrieben:

Die offenbar von maßgebender Seite Stuttgarts herrührende Notiz zur Schwarzwald Wasser­versorgung Stuttgarts hat für die Enztal­gemeinden nicht nur die beabsichtigte Beruhigung nicht gebracht, sondern ihre Sorge eher noch verschärft. Eine Erwiderung in mehrfacher Hinsicht ist notwendig. Die Notiz spricht davon, daß eine Wasserentnahme von nur 300 Sekundenliter im Jahresdurchschnitt geplant sei. Verschwiegen wird dabei, ob diese Menge das gegenwärtige Bedürfnis oder auch das Zukunfts­bedürfnis darstellt. In der Tat kann bei der Be­völkerungszahl Stuttgarts jene Wassermenge nur für

Hören Sie, gnädiges Fräulein, und verteidigen Sie mich armen, alten Mann."

In dem Augenblick ward der Gutsherr seines Inspektors ansichtig und ritt querfeldein zu demselben, um ihm "einen Auftrag zu geben. Ein glänzender Blick Margots traf den General zur Antwrrt.

Wissen Sie denn nicht, Herr General, daß das Militär in der Tat für wetterwendisch gilt, besonders wo ihr Aufenthalt vorübergehend ist und der Wind ein geflüstertes Wort verweht."

Aber er verweht es nicht immer, besonders wenn es aus dem Herzen kommt."

Woran soll ein Weib das erkennen?"

Wenn sie ein Herz hat, wird der Schlag des­selben sie lehren: er liebt mich von Herzen."

Ein klein wenig oder gar nicht."

Sollten Sie wirklich Undine sein und kein Herz besitzen?" flüsterte der General, sich mit heißem Blick zu ihr hinüberneigend. Sie wurde feuerrot.

Könnten Sie das von mir glauben, Herr Ge­neral", gab sie lächelnd zurück,sehe ich aus wie eine herzlose Willis, die"

Zauberisch können Sie lächeln, bis zum Wahn­sinn betören, aber bleibt Ihr Herz kalt dabei?"

Nehmen Sie sich in Acht, Herr General", das schöne Mädchen hob neckisch drohend die Reitgerte, wenn Undine gereizt wird, kann sie gefährlich werden. Sie wissen doch:Halb zog er ihn, halb sank er hin"

Welch ein berauschender Tod", klang seine er­stickte Stimme noch an ihr Ohr; dann flog die Rei­terin dahin, dem voranreitenden Paare nach.

Fortsetzung folgt.