Rechts. Das Urteil enthalte Widersprüche, wurde behauptet. Geprüft sei nicht, wie weit die Tötung der drei Zuschauer voraussehbar war. Nur Neudeck und der Stadtbaumeister hätten die Leute aus dem Hause weisen dürfen, da der Angeklagte keine Poli­zeigewalt hatte. Die Mitverantwortlichkeit der anderen beteiligten Personen sei nicht geprüft worden.

— Der Reichsanwalt bezeichnte sämtliche Rügen als unbeachtlich. Einen Widerspruch enthalte das Urteil nicht. Allerdings würden nach den Ausführ­ungen des Urteils noch andere Personen aus die Anklagebank gehört haben, aber das Urteil habe sich nur mit dem Angeklagten Rückgauer zu befassen.

— Das Reichsgericht erkannte auf Verwerfung der Revision.

Berlin, 22. März. Ein Automobil ist heute Nachmittag infolge Versagens der Steuerung am Lützowplatze mitsamt dem Chauffeur und den In­sassen, zwei älteren Damen und einem jungen Mäd­chen, in den Schiffahrtskanal gestürzt. Meh­reren Männern gelang es mit Hilfe von Stricken und eines Rettungskahnes, die Abgestürzten aus ihrem unfreiwilligen Bade zu befreien. Während der Chauffeur wegen Erschöpfung ins Krankenhaus gebracht werden mußte, konnten sich die Damen, die anscheinend mit dem bloßen Schrecken davongekommen sind, in ihre Wohnung begeben.

Berlin, 23. März. In einem Abteil eines Zuges der Wannfeebahn hat sich heute nachmittag ein 16jähriger Schüler erschossen, weil er, wie ein Vorgefundener Zettel besagt, nicht versetzt worden war.

Forbach, 23. März. Wie die Grubendirektion aus Kleinrosseln mitteilt, hat die Familie de Wendel den Familien der verunglückten Bergleute mitgeteilt, daß sie zu der Unfallrente, welche die Witwen und Waisen beziehen, dauernd so viel zu­zahlen werden, daß in jedem Fall für die Familien reichlich gesorgt ist.

Villingen, 22. März. Beim Postgebäudebau stürzte ein Giebel ein, wodurch ein Polier getötet und mehrere Arbeiter verletzt wurden.

Freiburg i. B., 23. März. In Löffingen sind 14 Gebäude abgebrannt. Das Feuer brach in vergangener Nacht 1 Uhr aus und verbreitete sich mit solcher Schnelligkeit, daß die Fahrnis größten­teils nicht gerettet werden konnte.

Mainz, 23. März. Beim Neubau des Post­amts in der Bahnhofstraße stürzte eine Beton­decke ein und verschüttete 6 Arbeiter, die zum Teil schwer verletzt in das Hospital gebracht wurden.

Speyer, 20. März. Bei der Verhaftung des flüchtigen Kassierers Müller von der Gewerbe­bank hat auch der Zufall mitgespielt. Ein Beamter der Bank, der nach Paris gesandt worden war, traf schon auf dem Wege zum Bahnhof auf den Flüchtigen. Sofort wurde ein Straßenpolizist ver­ständigt, der die Verhaftung vornahm.

Ein furchtbares Familiendrama hat sich in Löwenberg abgespielt. Der Einwohner Katz er ermordete seine gesamte, aus drei Personen be­stehende Familie durch eine Anzahl Revolverschüsfe. Der Mörder beging nach der Tat im Keller seines Hauses Selbstmord. Die mutmaßliche Veranlassung

wahres Freudengeheul an, wenn der Vermißte end­lich zurückkehrte.

Das Verhältnis zwischen Vater und Sohn wurde indes immer schlechter, bis dann der unselige Tag kam, der den Todeskeim in die Brust des alten .Hagemeisters legte. Eines Abends hatte er wieder einen heftigen Wortwechsel mit Johann gehabt und am nächsten Morgen war letzterer mit seiner ganzen Habe verschwunden. Aber wenn es nur das ge­wesen wäre! Schreckensbleich stand der alte, ehren­hafte Bauer vor seiner Schreibkommode. Alle Laden waren erbrochen und das gesamte Bargeld, einige hundert Taler, gestohlen. Kein Zweifel, sein Sohn, sein Aeltester, sein trotz allem noch immer geliebtes Kind war ein Dieb, ein gemeiner Dieb! Zuerst glaubte Hagemeister an einen bösen Traum, als er . aber das entsetzliche als fürchterliche Wahrheit«er- > kennen mußte, verfluchte er den Ungeratenen und ! fuhr noch am gleichen Tage in die Stadt zum Notar, um ihn zu enterben und Wilhelm als Erben des Hofes einzusetzen. Die arme Mutter erlag wenige Wochen darnach einem Herzschlage und auch der alte Hagemeister, dem niemals etwas gefehlt, fing an zu kränkeln und siechte langsam dahin. Bald übertrug er den Hof an Wilhelm, der inzwischen ein braves Weib heimgeführt. Er selbst schlich, ein Schatten seines früheren Selbst, umher, und wenn er sich unbeobachtet glaubte, rief er den treuen Türk zu sich und erzählte ihm von Johann, der einst ein so lieber, folgsamer Knabe gewesen. Mit klugen Augen sah dann das Tier zu ihm auf und winselte

j zu der Familientragödie ist Furcht des Katzer vor ! einer ihm drohenden gerichtlichen Bestrafung. Die ! vier Leichen sind von dem Staatsanwalt beschlag- - nahmt worden.

! London, 23. März. Das englische Schlacht- ! schiff „Afrika" ist im Kanal mit dem Dampfer „Orneuz" zusammengestoßen. Beide Schiffe sind beschädigt.

Petersburg, 22. März. Eine furchtbare Katastrophe wird aus Odessa gemeldet: Während einer Wohltätigkeits - Vorstellung im Saale des Hotels St. Petersburg, in dem die Feerie „Schnee­flocken" aufgeführt wurde, worin Kinder im Alter von etwa 10 Jahren mitwirkten, fingen plötzlich die Watteflocken an einem der Kinder Feuer. In wenigen Augenblicken war die ganze Bühne ein Feuermeer. Unter den Zuschauern brach eine furcht­bare Panik aus. Es spielten sich erschütternde Szenen ab. Die Kinder schrien herzzerbrechend um Hilfe. Alles hatte den Kopf verloren. 9 Kinder verbrannten, 10 sind schwer verletzt. Einige Mütter sind vor Schreck wahnsinnig geworden.

WürlleriwLrg.

Stuttgart, 24. März. Die Rückkehr des Königs aus Kap Martin bei Mentone und der Königin aus Dessau wird Mitte der Woche erwartet.

Stuttgart, 21. März. Die Finanz­kommission, welche heute die Beratung des Justizetats fortsetzte, genehmigte auf Antrag des Abg. v. Kiene gegen die Stimmen der Sozial­demokraten die Vorrückung des Vorstands des Amts­gerichts Stuttgart-Stadt in die Oberratsstellung. In Konsequenz dieses Beschlusses behielt man sich vor, die kürzlich abgelehnte Umwandlung der Stutt­garter Stadtdirektionsstelle in eine Oberratsstelle noch einmal zu prüfen. Die geforderten 209 Be­zirksnotarstellen — 15 mehr als im Vorjahre — wurden gutgeheißen, ebenso die 173 Amtsgerichts­sekretärstellen, deren Zahl um 12 vermehrt wurde. Referent Kraut regte an, den Betrag, über welchen hinaus die einzelnen Amtsgerichte ohne Befragen des Ministeriums nicht verfügen dürfen, zu erhöhen, was Minister v. Schmidlin prüfen will, dagegen äußerte er Bedenken gegen den von dem Abg. Graf gemachten Vorschlag, für das Hilfspersonal eine Betriebskrankenkasse für mehrere Departements gemeinsam einzurichten, ähnlich derjenigen bei den Verkehrsanstalten. Die Vorstandsstelle für die Strafanstalt Ludwigsburg wurde in eine Oberrats­stelle umgewandelt, die Umwandlung der Stelle in Heilbronn in eine Oberratsstelle verweigert.

Stuttgart, 23. März. Dem „Staatsanz." zu­folge hat das K. Finanzministerium angesichts der mit Wirkung vom 1. April 1907 an geplanten Aufhebung der Einzahlung in die Witwen- und Waisenpensions­kasse Einleitung getroffen, daß die Erhebung aller vom 1. April 1607 ab anfallenden Ein­trittsgelder und Jahresbeiträge. Nachhol­ung en von Staatsdienern, Lehrern an höheren Schulen, evangelischen Geistlichen und Volksschullehrern, sowie von monatlichen Abschlagszahlungen für Rech­nung der auf 31. Dez. 1907 fälligen Jahresbeiträge

^ leise, als ob es ihn verstände. Als der alte Mann > starb, war sein letztes Wort der Name seines ^ ^ ältesten Sohnes, den sein Herz trotz aller Kränkung, ! ! aller ihm zugefügten Schmach nicht vergessen konnte. ^ ! Türk aber wurde ein bösartiger, bissiger Hund, dem selbst die Hausleute nur mit Vorsicht nahen ^ durften und den man nur seiner Wachsamkeit wegen und aus Pietät gegen den Verstorbenen auf dem Hofe behielt. —

(Der Mensch und das Automobil.) Der fran­zösische Schriftsteller Octave Mirebeau ist, wie Paul Gsell in der „Revue" erzählt, vor einiger Zeit unter die Automobilisten gegangen und hat mit jenem ! Tage seine Ansichten über die Jntelligenzskala der lebenden Wesen einer gründlichen Revision unter­zogen. „Vor dem Automobil", so erklärte er jüngst, „ist das intelligenteste Wesen die Gans; dann kommt bald der Esel. Diese beiden Tiere wissen unter allen Umständen einen Zusammenstoß mit dem Auto zu vermeiden und sich selbst in den gefähr­lichsten Situationen sehr klug zu benehmen. Die am wenigsten intelligenten sind der Hund, der im Umgang mit dem Menschen vollständig verdummt ist, und das Huhn, das die Verkörperung törichter Furcht und unglaublicher Gedankenlosigkeit ist. Noch einige Stufen unter dem Huhn aber steht der Mensch. Er ist unzweifelhaft das stupideste aller lebenden Wesen!" Bleibt nur die Frage, zu welcher Gattung lebender Wesen Octave Mirbeau sich selbst zählt?

der aktiven und pensionierten Staatsdiener usw. zunächst unter dem Vorbehalt einer etwa erforderlich werden­den späteren Einziehung zu unterbleiben habe. Da auch die Aufhebung der Dienstanstellungssporteln vorgeschlagen ist, so wird in gleicher Weise auch der Einzug der sämtlichen vom 1. April 1907 ab zum Ansatz kommenden Dienstanstellungssporteln vorerst unterbleiben.

Stuttgart, 22. März. Die Kundgebungen zu Gunsten der Belastung des Hauptbahnhofs an der Schloßstraße mehren sich. Gestern haben sich der Stuttgarter Haus- und Grundbesitzerverein, sowie der Verein für Fremdenverkehr in diesem Sinne ausgesprochen. Alan befürchtet, daß durch die Ausführung des Schillerstraßenprojekts große Wertverschiebungen zum großen Schaden der Um­gebung des jetzigen Bahnhofs, der Hausbesitzer, wie der Geschäftsinhaber, eintreten würden.

Stuttgart, 22. März. Die Fremden­frequenz m Stuttgart bewegte sich im ver­gangenen Jahr, soweit sich dies aus den Einträgen in den Fremdenbüchern der Hotels und Gasthäuser feststellen läßt, in Höhe von rund 260 000.

Stuttgart, 23. März. „Wie schützen wir uns vor Lungenkrankheiten?" Ueber dieses in unserer Zeit so hochwichtige Thema sprach gestern abend im „Oberen Museum" aus Veranlassung des Landesvereins Württemberg für Krankenpflege in den Kolonien Professor Dr. Cornet (Berlin-Reichen­hall). Dem Vortrag wohnte auch Minister von Pischek an.

Aalen, 23. Mürz. Die Hebung des Schwarz- schen Hauses ist soeben nach östündiger Arbeit ohne Unfall durch Rückgauer beendet worden.

Duningen, 21. März. Gestern und heute befuhr ein neuer Motorwagen aus der Daimler- schen Fabrik in Berlin-Marienfeld, unter Leitung eines Ingenieurs, probeweise die Strecke Rottweil- Schramberg. Dieser neue Wagen weicht vom Typus der bisher hier verkehrenden ganz bedeutend ab und es scheint, daß alle Nachteile, welche die seitherigen Wagen aufzuweisen hatten, gründlich beseitigt wurden. Der neue Wagen wird elektrisch beleuchtet.

Äus LmSt, SeZlrk uns Umgrvung-

Postalisches. Versuchsweise wird gestattet, daß bei Paketen und offenen Karten mit Nach­nahme nach Orten innerhalb Deutschlands, welchen der Absender eine Postanweisung beizufügen be­absichtigt, die Befestigung der Postanweisung an der Postpaketadresse oder Karte anstatt mit Klammern durch einen die Verbindung gehörig sichernden halt­baren Falz erfolgt. Verlangt muß aber werden, daß diese Befestigung nicht an einer Seitenkante, sondern — wie auch bei Verwendung von Klammern — stets an der oberen Kante der Postpaketadresse oder Karte stattfindet.

Pforzheim, 23. März. Unsere Dampf­straßenbahn hat in letzter Zeit Unglück gehabt. Ver­schiedene Entgleisungen waren schon zu verzeichnen Heute abend 4 Uhr fand wieder eine solche statt-

(Gefährlicher Witz eines Wahnsinnigen.) Dem , „Bureau Reuter" wird aus Konstantinopel nach- ! stehendes amüsante Vorkommnis mitgeteilt. Ein ^ städtisches Hospital hat einen Seitenbau für Geistes- ^ kranke, in dem die leichteren Patienten häufig zur ^ Verrichtung von gewöhnlichen Diensten benutzt werden. Einer dieser Hilfswärter kam bei dieser Gelegenheit in die Leichenhalle des Hospitals. Er sah dort eine Leiche für den Beerdigungsdienst be­reitliegen und verfiel sofort auf eine merkwürdige Idee. Er versteckte die Leiche in einem Schrank und legte sich selbst, in täuschender Weise einen Toten markierend, an ihre Stelle. Bald darauf ! betrat ein Priester den Raum, um an der Leiche Gebete zu verlesen. Während er mit diesem

frommen Werke beschäftigt war, stieß die Leiche plötzlich einen gellenden Schrei aus, sprang in die Luft und stürzte sich auf den vor Schreck gelähmten Priester. Der unglückliche Priester wurde einige Stunden später in bewußtlosem Zustande in der Leichenhalle gefunden, aus der die Leiche ver­schwunden war. Das Auffinden der Leiche in dem Schranke hätte beinahe eine neue Panik hervor­gerufen, diente aber schließlich zur Aufklärung des ganzen Vorganges.

(Blitzschneller Erfolg.j Herr (zu einem berühmten Bühnensänger): „Sie, Herr Lerchenmayer, wie haben Sie eigentlich Ihre Frau Gemahlin kennen gelernt?" — Lerchenmayer: „Mich gehört — mir gehört!"