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im März 1902 und 2197 im März 1900. In der weiblichen Abteilung machte sich ein starker Mangel an Dienstboten fühlbar, namentlich fehlten jüngere Mädchen für Anfangsdienste. Im Zusammenhang damit dürfte ohne Zweifel die erheblich gesteigerte Nachfrage nach gewerblichen Arbeiterinnen stehen.

Eßlingen, 14. April. Bei 2 Grad unter Null und Schneefall in vergangener Nacht, stößt man heute früh allenthalben auf Eis, wodurch die zu den schönsten Hoffnungen berechtigenden Kirschen und Frühbirnen stark in Mitleidenschaft gezogen worden sind.

Neckarsulm, 13. April. Einen lebenden, 11 Monate alten Bären um 5 kaufte Wilh. Holdermüller, Schuhmachermeister hier, am letzten Osterfest von einem vagierenden serbischen Bären- treiber, der ihn erst vor wenigen Wochen von der Menagerie Hagenbeck in Hamburg zum Preise von 180 inkl. Transportkosten bezog. Meister Pez scheint den an ihn gestellten Anforderungen der höheren Tanzkunst nicht entsprochen zu haben, wes­halb er zur Ruhe gesetzt werden mußte. In einem außerhalb der Stadt gelegenen Bienenhausanbau genießt er nun bei seinem jetzigen Besitzer ein trames Heim, das er in stiller Behaglichkeit zu würdigen weiß.

Witten darf OA. Freudenstadt, 13. April. Unter großer Beteiligung der ganzen Gemeinde be­ging heute Schultheiß Friedrich Beilharz, der im 82. Lebensjahr steht und noch sehr rüstig ist, sein SOjähriges Amtsjubiläum. Der Jubilar hat seine Lebensschicksale selbst in einem Schriftchen, betitelt:Lebenslauf des Dorfschultheißen Beilharz von Wittendorf", erzählt und damit eine wahre Fundgrube für die Kulturgeschichte der letzten 50 Jahre aufgeschlossen.

Rottweil, 14. April. Bei der hiesigen Pulverfabrik ist in letzter Zeit eine Reihe neuer Arbeiter in Dienst genommen worden, auch wird in nächster Zeit die Fabrik eine Erweiterung er­fahren. Neben der bestehenden Salpeter- und Schwefelsäurefabrik werden Neuanlagen zur Her­stellung von Pikrinsäure errichtet. Die Erhebungen über den Brand im Gasthaus zumPflug" lassen keinen Zweifel zu, daß das Feuer absichtlich gelegt worden ist. Gegen die Ehefrau des Wirtschafts­pächters ist ein Haftbefehl erlassen worden.

Frankfurt a. M., 15. April. Der seit 14 Tagen gesuchte Raubmörder Detroit, der in Sponsheim bei Mainz seine alte Tante er­mordet und beraubt hat, wurde in der vergangenen Nacht von Mainzer Kriminalbeamten in einem hiesigen Cafe verhaftet.

Berlin, 15. April. Einer Londoner Depesche zufolge weiß derDaily Telegraph" aus Kopenhagen zu berichten, daß Kaiser Wil­helm und König Christian über die Cumber- land-Frage verhandelt hätten und daß der König von dem Ergebnis der Konferenz befriedigt sei. Es sei beschlossen worden, daß der deutsche Kronprinz im Sommer Prinz und Prinzessin Max von Baden besuchen und bei dieser Gelegenheit mit Prinzessin Alexandra von Cumberland zusammen treffen soll.

Berlin, 15. April. Aus Metz wird dem Lokalanzeiger" mitgeteilt, daß der kommandierende General des 16. Armeekorps, Generaloberst Graf von Häseler, der Ende dieses Monats sein 50- jähriges Dienstjubiläum feiert, den Kaiser gebeten habe, alsdann in den Ruhestand treten zu dürfen. Die meiste Anwartschaft, sein Nachfolger zu werden, soll der jetzige Gouverneur von Metz, Generalleutnant Stoetzer haben.

Berlin, 15. April. Wie demLokalanz." berichtet wird, wird in der dortigen katholischen Hofkirche wieder fürdie unglückliche Frau" gebetet, nachdem die ehemalige Kronprinzessin längere Zeit aus dem Gebet ausgeschlossen gewesen war.

Berlin, 15. April. Wie dasBerliner Tageblatt" berichtet, ist das SegelschiffMetta Heilkelina", mit Kohlen von England nach Deutsch­land bestimmt, mit der Besatzung in der Nordsee untergegangen.

Berlin, 15. April. Wie demLokal­anzeiger" aus Madrid gemeldet wird, ereignete sich unweit von Malaga ein schweres Unglück. Auf einem Wagen führten sechs Personen einen

Glas-Ballon mit Schwefelsäure mit, der unterwegs platzte. Alle sechs Personen erlitten so schwere Brandwunden, daß sie starben.

Eine Bluttat, S, ls, Brüsewitz, wird aus Essen a. Ruhr gemeldet. Ostersonntag be­gegnete gegen 11'/- Uhr der auf Urlaub hier weilende Seekadett Hüssener dem gleichfalls hier auf Urlaub befindlichen Artilleristen August Hart­mann, der in Begleitung eines Zivilisten war. Als Hartmann nicht grüßte, weil er nach seiner Angabe den Hüssener in der Dunkelheit nicht er­kannt hatte, forderte dieser den Artilleristen auf, ihm zur Polizeiwache zu folgen. Hartmann ging auch mit, in der Nähe des Landgerichts aber ergriff er die Flucht. Hüssener folgte ihm, griff zu seinem kleinen Marinesäbel und versetzte damit dem Hartmann zunächst einen Stich in den Rücken und dann in die Brust. Der Artillerist stürzte zu Boden und st a rb nach wenigen Minuten. Als Zivilisten hinzugekommen waren, erklärte Hüssener, ohne die geringste Spur von Reue zu zeigen:Das habe ich gethan, weil sich der Mann mir widersetzt hat." Es sind Zeugen vorhanden, welche das ent­schieden bestreiten. Hüssener wurde verhaftet. Der Erstochene ist der Sohn des in weiten Kreisen be­kannten Hoteliers Hartmann, Besitzer desBerliner Hofs" Hierselbst. Der Getötete war als ein braver, schlichter Mensch bekannt. Der Täter ist 19 Jahre alt. Er ist der Sohn einer Witwe des unlängst verstorbenen Fabrikdirektors der Kohlendeftillations- werke in Blumke. Er war anscheinend schon längst als rauflustig bekannt. Wenigstens wird von mehreren Seiten berichtet, daß er vor längerer Zeit in einem hiesigen Hotel Streit mit dem Geschäfts­führer anfing, der nur durch seine Besonnenheit einen blutigen Ausgang zu verhindern wußte. Vor wenigen Tagen fing er in einem Cafö nahe am Burgplatz mit einem Soldaten Streit an, der ihn nicht vorschriftsmäßig gegrüßt haben sollte. Und am Karsamstag ging er in den Straßen der Stadt spazieren und rief u. a. am Hauptbahnhof einen auf der andern Seite der Straße gehenden Soldaten an, der ihn bei dem dort herrschenden lebhaften Verkehr und der Breite der Straße vermutlich gar nicht bemerkt hatte.

Bremen, 15. April. Der Internat. Kongreß gegen den Alkoholismus wurde heute Vor­mittag mit einer Ansprache des Grafen Posa- dowsky eröffnet. Er führte aus: Die Entwicklung der modernen Kultur, die an die geistige und körper­liche Spannkraft des Einzelnen erhöhte Ansprüche stelle, erhöhe die Gefahr des übermäßigen Alkohol­genusses, weshalb die Bekämpfung der Alkoholgefahr um so notwendiger sei. Die Art, der Umfang und die Ziele der Bekämpfung würden nach der Eigen­art des Volks und nach den klimatischen Verhält­nissen verschieden sein. Die Gesetzgebung könne nur mechanisch eine Hilfsaktion leisten. Die innere Heilung des Nebels müsse ohne Beschränkung des Lebensgenusses aus veredelter Volkssitte hervorgehen. Im Kampf für die geistige und körperliche Gesund­heit der Menschheit stehen alle gebildeten Völker Schulter an Schulter. Redner schloß mit dem Wunsch, daß der Kongreß ein neuer Markstein sein möge auf dem Wege des Fortschritts der mensch­lichen Gesittung. Hierauf begrüßte Bürgermeister Pauli die Versammelten im Namen der Stadt.

Wien, 15. April. Drei Wiener Alpi­nisten, welche an den Osterfeiertagen einen Auf­stieg auf den Hoschwab unternommen hatten, werden seitdem vermißt. Man befürchtet, daß sie ab­gestürzt sind.

Saloniki, 16. April. Die maccedo- nischen Banden treiben ihre Kühnheit bereits soweit, daß sie sich bis in die Nähe der Städte wagen. Vorigen Sonntag ist eine Bande von 30 Mann in einen Meierhof in unmittelbarer Nähe der Stadt eiugedrungen. Eine Gendarmerie-Abtei­lung, welche die Bande einfangen wollte, wurde zurückgeschlagen. Der Kommandant der Abteilung und drei Gendarmen wurden getötet und mehrere verwundet.

Vermischtes.

Deutsches Turnfest in Nürnberg. Die Vorarbeiten für den am 19. Juli stattfindenden Festzug, an welchem sich 2225000 Mann be­teiligen werden, sind nun vollendet und die Nürn­

berger hoffen, mit demselben Ehre einzulegen. Zwischen den Turnergruppen werden sich 40 Musik­abteilungen, berittene Fahnenträger und Vorreiter, hauptsächlich aber ein historischer Festzug, in vier Abteilungen einfügen. Die erste Abteilung mit einem Festwagen behandelt die gymnastischen Heb­ungen im Altertum, die zweite zeigt die Blütezeit Nürnbergs, die dritte das Entstehen der Turnerei mit Jahn und feinen Zeitgenossen, Lützow'sche Frei­scharen nebst einer Gruppedie Turner im Dienste der Allgemeinheit" und die vierte Abteilung wird Nürnberger Spiele und Volksbelustigungen, wie Schnepperschützen, Schembartlauf, Büttnerstanz vor­führen. Auf einer 5 Lm langen Strecke ist Gegen­zug, so daß fast sämtliche Vereine sich gegenseitig sehen und begrüßen können.

Leo Wölfling. Wie derNeuen Freien Presse" gemeldet wird, haben die Verhandlungen des ehemaligen Erzherzogs Leopold, jetzt Leo Wölf­ling, mit dem Wiener Hofe und seinen Eltern, dem großherzoglichen Paare von Toskana, zu einem endgültigen Ergebnisse geführt. Die Abmachung enthält folgende Punkte: 1. Leo Wöfling wiederholt in rechtsverbindlicher Form seinen Verzicht auf alle Rechte und Ehrenvorzüge eines Erzherzogs von Oesterreich, königlichen Prinzen von Ungarn und Erbgroßherzogs, beziehungsweise Prinzen von Tos­kana. 2. Herr Wöfling unterfertigt einen Verzicht auf die künftigen Erbrechte nach seinen Eltern. 3. Er verzichtet auf jede Apanage aus der Hof- Staatsdotation und auf jede Quote aus den Er­trägnissen des Familienfonds. 4. Selbstverständlich bleiben die Ablegung der Offizierscharge und die Entlassung aus dem Heeresverbande, sowie der Verlust des Ordens vom Goldenen Vließe und der übrigen Orden aufrecht. 5. Herr Leopold Wölfling behält diesen seinen Namen und erwirbt die Schweizer, eventuell eine andere fremde Staatsbürgerschaft. Auch erklärt er, in die österreichisch-ungarische Monarchie nie wieder zurückzukehren. 6. Dagegen er­hält Herr Leopold Wölfling sofort eine Abfertigung von 200 000 Franks, sowie eine lebenslängliche Apanage aus den Privatmitteln des großherzog­lichen Hauses ToSkana. Wie der Korrespondent des genannten Blattes zu dem letzten Punkt erfährt, werde das gesamte Jahreseinkommen Wölflings nach Abzahlung seiner Verpflich­tungen rund 30 000 Franks betragen. Einen Teil der ihm bereits übergebenen Sustensationsrate habe er zur Begleichung von Schulden verwendet, und es scheine, daß er auch sonst an die Ordnung seiner Angelegenheit denke und seine Abreise vor­bereite. Wilhelmine Adamovic, die noch bei ihm in Montreux weile, habe ihre Schwester nach Genf berufen, und man spreche davon, daß es ein Ab­schiednehmen für lange Trennungszeit gelte.

Einen Selbstmord ungewöhnlicher Art hat in Berlin eine Artistin begangen. Sie machte sich aus Draht und Watte eine Maske, tränkte sie mit Chloroform, zog über sie Barchent, legte sich dann die Maske auf das Ge­sicht und streifte darüber noch die Bettdecke. Ihre Wirtin fand sie später mit der Maske vor dem Gesicht als Leiche im Bett. Der Grund zum Selbstmord war unglückliche Liebe.

König Eduards Mieter. Die Mieter des Königs von England sind glückliche Leute. Die Mieten, die sie zu zahlen haben, sind mehr originell als drückend. Der Herzog von Marlborough, der ewiger Mieter des Schlosses Woodstock ist, und der Herzog von Wellington, der Mieter der Burg Strathfields-Fsaye, begnügen sich, dem Monarchen alljährlich eine Fahne zu schicken, der elftere am 2. August, am Jahrestag von Blenheim, der zweite am 18. Juni, dem Jahrestage von Waterloo. Der Mieter des Schlosses Buckland in der Grafschaft Kent, dessen Vertrag nicht ewig ist, zahlt eine noch leichtere und gefälligere Miete: die erste rote Rose, die in seinen Gärten gepflückt wird. Es ist dies eine poetische Erinnerung an die blutigen Kämpfe der beiden Rosen. Prosaischer ist die Art der Miets­zahlung für den Schloßherrn von Bonburg, für das König Eduard VII 1300 Eier und 140 Hühner zu Ostern erhält.

Welches Volk hat den größten Appetit? Darüber weiß ein englischer Autor namens Eoghlan in einem jüngst veröffentlichten Werke folgendes mitzuteilen: Den Rekord in dieser