Kus StaSt. Bezirkr uns Umgebung.
Zur Landtagsnachwahl am 18. Dezember.
Neuenbürg, 16. Dezbr. (Korr.) Vor einer sehr gut besuchten Versammlung sprach heute abend noch einmal der Kandidat der Volkspartei, Hr. Professor Ho ff mann, und der Reichs- und Landtagsabgeordnete K. Haußmann. Um den von der Deutschen Partei aufgestellten Behauptungen der Vereitelung eines Zusammengehens der beiden liberalen Parteien entgegenzutreten, kamen beide Herren aus die Wahlvorgeschichten zu sprechen, speziell auf die Verhandlungen, die schon im Mai ds. Js. zwischen Volkspartei und der Deutschen Partei stattfanden, wobei die Volkspartei wie in Baden und Bayern einen liberalen Block mit Einschluß der Sozialdemokratie vorschlug, da man diese Partei ihrer starken Zahl wegen billigerweise nicht ausschließen könne. Der deutschen Partei sei eine Anzahl von Bezirken garantiert worden, was aber die Deutsche Partei ganz entschieden und scharf ablehnte, weil sie eine solche Befleckung oder Prostetution ihres Zettels durch sozialdemokratische Namen niemals eingehen werde. Die Volkspartei erklärte gleich damals, wenn sich die Deutsche Partei nach rechts verbinden wolle, dann werde sie auch in der Stichwahl von keiner Unterstützung der Volkspartei rechnen können, weil diese mit Gröber, Schrempf und Genossen nie Zusammengehen werde, indem diese jeden Fortschritt zu verhindern suchen. Die Deutsche Partei habe sich dann im ganzen Lande mit den Konservativen und Bauernbund verhängt, aber bei der ersten Wahl doch schlecht abgeschnitten und kam nun zu der Volkspartei, um eine Anzahl Plätze auszutauschen, worauf sich aber die Volkspartei sagen mußte: Nachdem Ihr Euch so rückschrittlich verschwägert habt, bedauern wir zu unserem Schmerze, mit Euch Zusammengehen zu können. — Hr. Professor Hoffmann kam dann auf die Deutsche Partei im Bezirk zu sprechen. Ein mit Namen genanntes Mitglied dieser Partei habe sich ihm gegenüber über die Unstätigkeit und Zerfahrenheit der Neuenbürger Parteileitung beklagt, die sich auch dadurch äußerte, daß sich die Kandidatur viel öfter änderte, als öffentlich bekannt geworden sei. Im Bezirk wollte die Deutsche Partei nur dann mit der Volkspartei Zusammengehen, wenn die Kandidatur eine deutschparteiliche gewesen wäre. Mit Recht wies Hr. Hoffmann und später auch Hr. Haußmann darauf hin, daß dies in einem durch seine Industrie so sehr nach links gravierenden Bezirk ein unmögliches Verlangen sei, was schon die letzte Reichstagswahl gezeigt habe. Ruhig und ohne jede Gehässigkeit kam Hr. Hoffmann auf seine ihm zum Vorwurf gemachte Agitation zu sprechen. Er habe nach den wunden Stellen gesehen, und, soweit es ein ehrlicher Mann könne, Abhilfe versprochen. Die Wähler dürfen aber überzeugt sein, daß er in seinem 61. Lebensjahr keine Versprechungen mache, die er nicht halte. Sein Grundsatz sei immer gewesen, jedermann seine Ehre zu lassen und er könne heute ruhig mit seinem Gegner an einem Tische sitzen. Es sei aber fast kein Tag vergangen, wo man ihn nicht heruntergerissen Hütte. Daß er die Wähler durch seine Agitation zur Sozialdemokratie getrieben Hütte, sei nicht wahr, das Gegenteil sei richtig, denn die Herren von der „äußersten Linken" hätten schon beim ersten Mahlgang auf einen Sieg gehofft. Daß die Volkspartei die Kompromißkandidatur im Bezirk vereitelt habe, sei ein „Gefasel", Hr. Sanitätsrat Haußmann in Wildbad habe zu Anfang der Wahlagitation erklärt, daß sich die deutsche Partei wegen des Proporzes auf eine solche nicht einlassen könne. Hr. Konrad Haußmann machte noch besonders darauf aufmerksam, wie schon bei den Maiverhandlungen viele Parteiangehörigen die Deutsche Parteileitung gewarnt hätten, nicht mit der Volkspartei zu brechen und wie sogar heute noch die Deutsche Parteileitung in Stuttgart selbst Parteioorstände wegen ihrer Wahltaktik gegen sie hätte. Nachdem sich in Württemberg durch Bauernbund, Zentrum und Deutsche Partei eine „Rechte" gebildet habe, sei für die Volkspartei nichts anderes übrig geblieben, als sich zu einer „Linken" zusammenzuschließen. Besonders die Bestrebungen des Zentrums seien zu bekämpfen. Wenn die Deutsche Partei seinerzeit im Mai ein Zusammengehen mit der Volkspartei gewollt hätte, wäre der Kampf zwischen den beiden bürgerlichen Parteien nicht entbrannt. Viele Deutschparteiler seien von der jetzigen Situation nicht überrascht, sondern Hütten sie durch das Verhalten der Deutschen Partei vorhergesagt! Hr. Konrad Haußmann kam dann noch
auf die Zornickels- und Rachepolitik der hiesigen Deutschen Partei zu sprechen, die auch der seit einigen Tagen veränderten Situation durch Auflösung des Reichstages nicht Rechnung tragen könne. In Berlin schicke man den Reichstag wegen des Zentrums und der Sozialdemokratie heim; hier aber werde die Sozialdemokratie indirekt von der Deutschen Partei unterstützt. Wenn wirklich der Sozi im Bezirk durchkomme, so betonte Hr. Haußmann feierlich, so werde dieses Verhalten der Deutschen Partei in ganz Württemberg nicht vergessen werden. Beide Reden waren in sehr ruhiger und offener Weise gehalten und fanden daher auch allgemeinen, großen Beifall.
Neuenbürg, 15. Dez. (Eingesandt.)
Das am Freitag ausgegebene Flugblatt und der zugleich im Enztäler erschienene Artikel sind merkwürdige Erzeugnisse einer Politik der Kopflosigkeit, der Ohnmacht und des verletzten persönlichen Ehrgeizes. Aus allen Zeilen spricht der Aerger der Verbissenheit.
Es ist allerdings ein beschämendes Urteil über die Führer der Deutschen Partei und ihrer Politik, das die Wähler des Bezirks Neuenbürg am 5. Dezember abgegeben haben. Wenn man solche Ueberraschungen erleben muß, so ist das freilich schmerzlich, und so läßt sich die Stimmung dieser Herren wohl begreifen. Diese Abstimmung ist aber ein Volksurteil, dem sich jede Partei, auch die Deutsche Partei fügen muß.
Nun, weil die Deutsche Partei für den Bezirk nicht mehr in Betracht kommen kann, soll ihn die Volkspartei auch nicht haben; also soll ihn lieber die Sozialdemokratie haben. Damit ist die ganze kleinliche Politik dieser Herren gekennzeichnet. In dem Artikel des „Enztälers" wird als Grund für das unbegreifliche Verhalten das Wahlbündnis der Volkspartei mit der Sozialdemokratie angeführt. Weiter unten wird in dürren Worten gesagt, daß die Deutsche Partei ihr Verhältnis zur Sozialdemokratie revidieren und mildern werde. Mau kann das nur so verstehen, daß sich diese Herren mit der Sozialdemokratie auf guten Fuß stellen werden. Hat denn der Hr. Einsender diesen Widerspruch nicht gefühlt, daß nachher das für die Deutsche Partei empfohlen wird, was vorher der Volkspartei zum Vorwurf gemacht wurde? Diese Herren wollen mit der Sozialdemokratie auf guten Fuß kommen, die sie doch im beiliegenden Flugblatt als „Tod feind in" bezeichnet.
Wie muß es in den Köpfen dieser Herren spuken, daß sie sich in ihrer Verbissenheit solche Blößen geben! Wenn sich diese Leute trotzdem noch liberal und national nennen, so nimmt sie niemand mehr ernst. Ein besseres Verhältnis zur Sozialdemokratie befürworten diese Herren, die sich sonst gebärden, als ob sie den Patriotismus allein für sich gepachtet Hütten, die an vaterländischen Gedenktagen und bei andern festlichen Gelegenheiten von patriotischen Phrasen überströmen und dann absichtlich die Sozialdemokratie unterstützen. Wenn sich diese Herren künftig noch als Staatsretter und alleinige Vertreter des nationalen Gedankens aufspielen wollen, so haben sie jetzt durch ihr Verhalten das Recht dazu verwirkt.
Wenn diese Herren von nicht einwandfreier Agitation reden, so wollen wir sie nun daran erinnern, was sie sich vor 6 Jahren gegen Schöninger geleistet haben. Unsere Agitation sticht dagegen sehr vorteilhaft ab. Wenn mit diesem Ausfall zugleich die Wähler Hoffmanns als urteilslose, leicht zu verführende Masse, gebrandmarkt werden sollen, so werden diese am Wahltag die Antwort nicht schuldig bleiben.
Wenn denn noch immer von einem Zusammengehen geredet wird, so werden diese Herren hoffentlich endlich einmal begreifen, daß mit der Deutschen Partei so lange nicht paktiert werden kann, so lange sie an der Spitze stehen. Erst wenn diese Herren vollends abgewirtschaftet haben werden, kann die Deutsche Partei vielleicht wieder ihre berühmte „Stoß- und Werbekraft" erlangen, und wir von der Volkspartei werden die ersten sein, die ihr die Hand reichen.
Zum Schluß wird in dem Artikel noch gesagt, daß das Auftreten des Hrn. Professor Hoffmann auf jeden unbefangenen Mann von Bildung abstoßend gewirkt habe. Ja, woher kommen denn die 1800 Stimmen? Hr. Kehm hat nur wenig mehr als die Hälfte. Was folgt daraus? —
Zu solchen Entgleisungen führt blinde Gehässigkeit. Im übrigen haben wir aber die gute Hoffnung zu den Wählern unseres Bezirks, daß sie ihrem gesunden eigenen Urteil folgend, ein noch deutlicheres
Redaktion, Druck und vertag so« L. Meeh tn Arrrendürg,
Wort über eine solche Politik der Kopflosigkeit und des gekränkten Ehrgeizes sprechen werden.
Wir fordern daher alle Wähler des Bezirks, die nicht wollen, daß unser Bezirk sozialdemokratisch vertreten wird, auf, für den Kandidaten der Volks- Partei, Hrn. Professor Hoffmann zu stimmen.
Neuenbürg, 15. Dez. (Eingesandt.)
Tödliche Feinde!
Unter dem Aushängeschild „Einigung des Liberalismus, des freigesinnten Bürgertums," hat die Volkspartei zum Kampfe im ersten Wahlgang aufgerufen, gegenüber dem Ansturm auf das liberale Bürgertum von rechts und links. In die Toga eines „Wächters am roten Meere" warfen sich die Führer dieser Partei und warnten gar eindringlich vor den Gefahren, die dem freien Bürgertum durch den Sozialismus drohen! Und wie steht es heute??? Verschwunden ist bei diesen Wächtern der gemeingefährliche Zug im Bilde der Sozialdemokratie, begraben und vergessen ist ihr Zukunftsstaat und Gesellschaft, Gesittung u. Volkswirtschaft völlig zerstörendes Grundwesen, vergessen Bebels Spruch vorn „Todfeind der bürgerlichen Gesellschaft". Mit eigener Hand haben jene Wächter der schützenden Dämme gegen das „rote Meer" niedergerissen und die angeblichen Hüter des Liberalismus haben sich mit dem Sozialismus zu einem unnatürlichen Wahlbund durch das ganze Land geeinigt. Schlechte Hüter! Hören wir den Ausspruch eines liberalen Politikers: „. . . Sozialismus und Liberalismus sind tödliche Feinde. Alle anderen Gefahren, welche der Freiheit drohen, reichen an Gefährlichkeit nicht an die Gefahr heran, der die Freiheit von seiten des Sozialismus ausgesetzt ist. Mit der bürgerlichen Freiheit wird es in dem Maße zugrunde gehen, wie sie nicht imstande ist, sich dieses schlimmsten Feindes zu erwehren."
Wer sagt das wohl? Etwa ein Deutschparteiler, der glaubt, seinen Liberalismus in Sozialistenfresserei betätigen zu müssen, der zu unreif ist, um die Weisheit des „liberalen" Blocks der Linken einschließlich der Sozialdemokratie verstehen zu können? O nein, so sprach sich Dr. Theodor Barth aus, derselbe Dr. Theodor Barth, der heute Arm in Arm mit der Sozialdemokratie Wahlen macht und jeden einen Reaktionär schilt, der eine Verbrüderung mit der Sozialdemokratie ablehnt.
Soll das schwäbische Volk politischen Wetterfahnen folgen, die gestern als den „tödlichen Feind des Liberalismus" bezeichneten und heute aus krassem Parteiegoismus, äußerlich mit der scheinheiligen Begründung „Rettung des Liberalismus vor der Reaktion" tausende von liberalen Wühlern ins Lager ihrer „tödlichen" Feinde führen wollen? Wir sind der Ueberzeugung, daß die Mehrzahl der volksparteilichen Wähler genügend von dem „freiheitlichen schwäbischen Geist", der eine so große Rolle in den Reden ihrer Führer spielt, besitzt, um der überschlauen Politik, die in die Irre führt, die Gefolgschaft zu verweigern.
Wir hegen die feste Zuversicht, daß aus der derzeitigen Parteizersplitterung sich mit einer gewissen Naturnotwendigkeit eine Einigung aller wirklich liberalen Elemente zu einem festen Gefüge vollziehen muß, der einen Damm bildet gegen jede Klassen- und Jnteressenpartei. Den Weg durch das „rote Meer" aber, der mit der Gefahr des „Untergehens" verbunden ist, halten wir für einen Irrweg, der jedem Wähler, der sein Vaterland lieb hat und die bestehende Ordnung hochhält, ein energisches „Halt" gebietet. Möchte daher jeder Wähler in Stadt und Land dessen eingedenk sein und dem demokratisch-sozialdemokratischen Wahlbündnis den Rücken kehren, das in unserem Staatsleben keine guten Früchte zeitigen kann.
Rätsel.
Rufst du es dem Kutscher, dem Steuernrann zu.
So folgt der Bewegung nun Stillstand und Ruh. Und wenn sich im Range die Silben verdrehn. Siehst du ein gesegnetes Ländchen erstehn.
Auflösung des Logogriphs in Nr. 197.
Base, Hase, Nase, Vase, Oase.
Richtig gelöst von Karl Eberhardt, Karl Blaich in Neuenbürg: Eugen Bachteler in Arnbach; Rosine Keller, Gustav Seufer in Obernhausen; Friedrich Mast in Gaistal.
Anreisen §>--;
Uhr aufgegeben werden.
um
noch längstens
Aufnahme zu
morgens 8