gestern wieder. Nach Eröffnung des Abends durch den Männerchor des Vereins mit einem wirkungs­vollen Chor unter der tüchtigen Leitung des sich der Sache des Vereins hingebenden Hrn. Lehrer Weidle erhielt Hr. Dekan Uhl das Wort zu seinem inter­essanten Vortrag überLuther und die Bibel". Der verehrte Redner betonte zum Eingang: Wert Und Bedeutung der Bibel, dabei auch Aussprüche über die Bibel (Walter Skott, Göthe, Kant), er­wähnend. Dem deutschen Volke hat Luther die Bibel geschenkt durch seine echt volkstümliche Bibelübersetzung. Deutsche Uebersetzungen der Bibel hat es zwar schon vor Luther gegeben. Die älteste deutsche Bibel ist die des Westgoten Ulfilas aus dem 4. Jahrhundert. Bruchstücke derselben sind heute noch vorhanden. Das vollkommenste, best­erhaltene befindet sich in der Bibliothek der schwedi­schen Universität Upsala. Es ist dies die sogen, silberne Handschrift". Im Mittelalter war die Beschäftigung mit der Bibel unterdrückt durch das Veto der päpstlichen Kirche. Am schärfsten lauten die Bestimmungen der Synode von Toulouse 1229. Den Laien war Besitz und Gebrauch von übersetzten Bibeln aufs strengste verboten. Me die römische Kirche über die Bibelübersetzung und Bibelverbreit­ung grundsätzlich denkt, beweisen Aussprüche der Päpste Pius VII. (Bibelgesellschaften einePesti­lenz!") aus dem Jahre 1816 und Pius IX. (Em­pfehlung des Bibellesens einegiftige" Lehre!) aus dem Jahre 1850. Bekannt ist die Tatsache, daß noch im Jahre 1852 die Eheleute Madiai in Florenz zu mehrjähriger Zuchthausstrafe verurteilt wurden, weil sie die Bibel lasen und dadurch der Anklage aufKetzerei" sich schuldig gemacht hatten. Luther selbst hat die Bibel erst in seinem zwanzigsten Lebensjahr kennen gelernt. Als Student in Erfurt entdeckte er das Buch auf der Bibliothek der dortigen Universität. Auf der Wartburg machte er sich an die Uebersetzung des Neuen Testaments. Aber erst im September 1522 ging das Buch aus der Presse. Der Buchdrucker Melchior Lotther in Wittenberg besorgte den Druck. Schlicht und bescheiden lautete der Titel:Das Newe Testament. Deutzsch. Vuittem- berg". Luther hatte sich nicht einmal selbst als Uebersetzer genannt. Trotz der starken Auflage und ungeachtet des hohen Preises (25 -/L) war das Buch nach wenigen Monaten vergriffen. Schon im De­zember 1522 erschien die 2. Auflage. Ein Gegner Luthers, Johann Cochläus, Dekan in Frankfurt, urteilte:Luthers Neu Testament war durch die Buchdrucker dermaßen gemehrt und in so großer Anzahl ausgesprengt, daß auch Schneider und Schuster, ja, auch Weiber und andere einfältige Idioten, soviel deren dies neu lutherisch Evangelium angenommen, die auch nur etwas wenigs Deutsch auf ihr Lebzeiten lesen gelernt, dasselbe gleich als ein Bronnen aller Wahrheit mit höchster Begier lasen. Etliche trugen es mit sich im Busen herum und lernten es auswendig." August 1534 war die ganze Bibel fertig. Am meisten Schwierigkeit ver­ursachte das Buch Hiob. Humorvoll äußert Luther, Hiobwehre sich gegen das Uebersetztwerden noch mehr als gegen die Tröstungen seiner Freunde!" Wenn ein schönes Wort von Luther lautet:Für meine Deutschen bin ich geboren; ihnen will ich dienen", so hat er diesenDienst" durch seine Bibel reichlich erfüllt. Durch sie ist Luther auch der Schöpfer der neuhochdeutschen Schriftsprache ge­worden. Seit der Hohenstaufenzeit hatte es keine einheitliche deutsche Sprache mehr gegeben. Luther hat eine solche geschaffen. Manche Wörter sind ganz neu von ihm geprägt und dem deutschen Sprachschatz zugeführt worden (z. B.holdselig", Gottseligkeit"); gewisse reimartige Zusammenstell­ungen, wieDornen und Disteln",Stecken und Stab",Land und Leute",gäng und gäb", haben durch Luther dauerndes Heimatrecht in der deutschen Sprache gewonnen. Mit Luthers Bibel war ein Einheitsband geschlungen um alle Stände, und Klassen des Volkes. Sie war eine soziale Tat. Wenn durch die Biöelrevision, die nach 30jähriger Arbeit ihr Werk vollendet hat, einiges an der Luther­bibel verbessert worden ist, veraltete Ausdrücke in gangbare umgesetzt und unrichtige Uebersetzungen einzelner Stellen berichtigt worden sind, so ist dies ganz in der Ordnung. Luther selbst hätte am wenig­sten Einsprache dagegen erhoben. Ausdrücklich sagt er einmal:Niemand ist's verboten, etwas Besseres zu machen." Mit einem Appell an die Hörer, die Bibel fleißig zu lesen und in ihren Schatzkammern daheim zu werden, schloß der Redner. Lessings Wort über Klopstock wurde angewandt auf die Bibel:

Wer wird nicht einen Klopstock loben?

Doch wird ihn jeder lesen? Nein!

Wir wollen weniger erhoben

Und fleißiger gelesen sein!"

Aufrichtiger, lebhafter Beifall folgte diesem anregen­den, trefflichen Vortrag. Störend auf die Zuhörer wirkte, was nicht unerwähnt bleiben darf, die oft laute Unterhaltung der Gäste im vorderen Wirt­schaftslokal. Im Verlauf des Abends wechselten weitere schöne Liedervorträge des Sängerchors mit ernsten und heiteren Deklamationen (Frln. Heiner und Hartmann und die Mitglieder Gentner und Heiner), auch der Vortrag eines Lieds von Seiten der Frau eines Mitglieds wurde den zahlreich An­wesenden geboten. Gauvorstand Gentner von Schwann, der als treues Mitglied mit mehreren Mitgliedern aus Schwann erschienen war, sprach in beredten Worten dem Hrn. Dekan für den vortreff­lichen Vortrag den Dank aus, indem er in über­zeugender Weise die Bibel als ein köstliches Gut pries. Diesem aufrichtigen Danke schloß sich der hiesige Vereinsvorstand Seeger an. Während alsdann manche der Gäste, welchen Kassier Ade für ihre Teilnahme Dank darbrachte, den Heimweg antraten, blieben die zahlreichen Mitglieder noch länger zur frohen Feier des Abends vereinigt.

):( Neuenbürg, 12. Novbr. Am gestrigen Sonntag nachmittag fand im Saale des Gasth. zum Anker der Gauturntag des Unteren Schwarz­waldgaues statt, 'welcher mit Ausnahme der Ver­eine Niebelsbach, Obernhausen und Waldrennach äußerst zahlreich besucht war. Vormittags ging eine Turnwartsversammlung voraus, in welcher unter Leitung des Gauturnwarts Ferenbach die Frei­übungen für das im nächsten Jahre in Höfen statt­findende Gauturnfest zur Einübung gelangten. Die Nachmittagsverhandlungen wurden eröffnet mit einem Rückblick auf die verflossene Periode seitens des Gauvorstandes Vogt, welcher betonte, daß unser Gau in diesem Sommer schöne Erfolge zu verzeichnen gehabt habe, so auf dem Gauausflug in Dobel und auf dem Kreisturnfest in Heidenheim, bei welchem die Vereine Arnbach, Birkenfeld, Gräfenhausen und Schwann sich gut geschlagen haben. In gleichem Sinne sprach sich auch der Gauturnwart aus, welcher aber nebenbei bemerkte, daß die Turner leider zu schnell erlahmen, wenn sie ein gewisses Alter erreicht haben; dasselbe treffe bei den Teilnehmern an einem Kreisturnfest nicht zu, man könne da hauptsächlich Turner im reifen Alter beobachten, die dann auch ihre volle Körperkraft besitzen. Er sprach noch die Hoffnung aus, daß auch einmal ein Einzelsieger bei einem Kreisturnfest im Gau zu verzeichnen sei, wel­cher Wunsch von der Versammlung anerkannt und zu diesem Behufs beschlossen wurde, daß die Einzel­wetturner, welche an einem Kreisturnfest teilnehmen, von Zeit zu Zeit an einem beliebigen Platz gemein­schaftlich üben sollen. Der Kassenbericht, erstattet von Gankassier Rieger, gab ein befriedigendes Bild. Der derzeitige Mitgliederstand beträgt 1266. Nun folgten nähere Mitteilungen des Gauschrift­führers Vollmer über die gepflogenen Unterhand­lungen mit der Unfall- und Haftpflichtversicherung in Frankfurt a. M. Während man seither mit anderen Versicherungen unliebsame Erfahrungen gemacht hat, sah man sich genötigt, dem Beispiel der deutschen Turnerschaft folgend, mit obiger Versicherung in Verbindung zu treten, welche sich dazu herbeiließ, der deutschen Turnerschaft eine Ertravergünstigung zu gewähren. In Anbetracht dieser Ausführungen wurde beschlossen, den gesamten Gau bei dieser Ver­sicherung betreffs Haftpflicht aufnehmen zu lassen und die Prämienzahlung aus der Gaukasse zu be­streiten, während es den einzelnen Vereinen über­lassen bleibt, sich gegen Unfall extra zu versichern, jedoch dies bei derselben Gesellschaft. Ein Antrag eines Vertreters von Birkenfeld, dieselben Freiübungen wie beim Kreisturnfest in Heidenheim beim Turnfest in Höfen vorzuführen, wurde nach langen Erörter­ungen, nachdem dieselben schon in Dobel zur Schau gebracht wurden, zurückgezogen; desgleichen ein An­trag von Engelsbrand, daß künftig die Hälfte der Preisrichter außer Gnu gestellt werden sollen. Ein Antrag des Turnvereins Wildbad um Ueberlassung des übernächsten Gauturnfestes anläßlich ihres 25- jährigen Jubiläums wurde als verfrüht erachtet und nochmals zurückgestellt. Der Vorstand des Turn­vereins Höfen, Hr. Barth, nahm hierauf Gelegen­heit, die Gauvereine zum nächsten Gauturnfest freund- lichst einzuladen, einen schönen Verlauf desselben in Aussicht stellend. Es wurde noch angeregt, künftig bei Gauturnfesten den Nachmittag mit Turnspielen auszufüllen, welche Anregung lebhafte Unterstützung fand. Gauvorstand Vogt schloß sodann mit einem warmen Appell zur Weiterarbeit die schön und sach­lich verlaufene Versammlung.

Pforzheim, 11. Nov. Der Stadtrat beschloß die Uebernahme der Reinigung der Pflasterstraßen durch die Stadtgemeinde bis spätestens 31. Dez.

ds. Js. in die Wege zu leiten; wegen der Statu- ierung einer Verpflichtung der Privaten zur Gehweg­reinigung soll Ortsstatut herbeigeführt werden. Dieser Beschluß ist durch das Vorgehen des hiesigen Hausbesitzers Otto Katzenberger veranlaßt worden. Dieser weigerte sich, die Straße und den Gehweg vor seinem Hause zu reinigen und trieb die Sache als er gestraft wurde, bis vor das Oberlandes­gericht. Dieses stellte sich auf den Standpunkt, die Stadtgemeinde habe die Verpflichtung, die Straßen und Gehwege zu reinigen; die Hausbesitzer hätten dies somit nicht nötig. Katzenberger unterläßt seit­dem die Reinigung und hat beim Bezirksamt dieser Tage Strafantrag gegen die Stadtgemeinde gestellt, weil diese es unterlasse, entgegen den gesetzlichen Bestimmungen den Platz vor seinem Hause reinigen zu lassen.

Pforzheim, 12. Nov. Ueber einen Schwindler, der mit gefälschten Postanweisungen sich auch hier Geld verschafft hat, wird bekannt, daß es ihm an einzelnen Orten gelungen ist, das Geld zu bekommen. Er gibt sich als Dr. Reißer von Freiburg aus und tritt sicher und gewandt auf. Vermutlich ist er identisch mit dem in Geislingen wegen gleicher Schwindeleien festgenommenen Gauner.

Alten steig, 10. Novbr. Die Kosten für die Schloßberganlagen, welche die Firma Bertz und Schwede in Stuttgart im Auftrag der Stadt aus­führte, belaufen sich auf ca. 12 000 ^

Leist« Nachrichten u. Telegramm«

Berlin, 13. Nov. In der Stiftungsurkunde des Kaisers zu dem Modell eines der im Bau befindlichen Kriegsschiffe entbietet der Kaiser zu­nächst dem Deutschen Museum seinen Gruß und Glückwunsch und weist auf die Ausgabe des Museums hin, eine alle Zwecke der Kultur, Wissenschaft und Technik umfassende Sammlungsstätte zu werden und deutscher Arbeit rechte Anregung zuzuführen. Die Urkunde schließt mit der Stiftung des Modells als Merkzeichen der Errungenschaften des deutschen Ge­werbefleißes und der im Reich geeinten Wehrkraft des deutschen Volkes.

München, 13. Nov. Um ffs12 Uhr fuhr das Kaiserpaar zum Bahnhof, begleitet von Prinz und Prinzessin Ludwig und Prinz Ruprecht. Die Maje­stäten verabschiedeten sich von den Anwesenden in herzlichster Stimmung. Um 11 Uhr 45 Min. ging der Zug der Kaiserin aus der Halle; die Abfahrt des Kaisers erfolgte um 11 Uhr 55 Min.

Köln, 13. Nov. DerKöln. Ztg." wird über die von der Regierung wegen der Fleischteuer­ung zu treffenden Maßnahmen gemeldet: Aller Voraussicht nach wird die verstärkte Versorgung mit ausländischem Fleisch dadurch erleichtert werden, daß die Regierung zur Errichtung von Schlacht­häusern an der Grenze ihre Zustimmung gibt, worin das vom Ansland kommende Vieh sofort ge­schlachtet wird und zur Weiterverwendung fertig gemacht werden kann. Die Maßnahme dürfte be­sonders auf die holländische Grenze Anwendung finden.

Landau (Pfalz), 13. Nov. Der verstorbene Adjunkt Stößel hat der Stadt die Hälfte seines Vermögens im Betrage von ungefähr 300 000 Mk. zu gemeinnützigen Zwecken vermacht.

Altona, 13. Novbr. Heute vormittag wurde der Mörder des Zahnarzts Klausen von dem Krimminalpolizeiinspektor Engel gefaßt. Er hat nach längerem Leugnen die Tat eingestanden. Der Mörder ist der aus Oesterreich gebürtige, in Altona wohnhafte 18jährige Gärtnergehilfe Thomas Rücker. Ueber die Verübung der Tat bringt der Hamb. Korresp. noch folgende Einzelheiten: Schon dem Zugschaffner in Altona war ausgefallen, daß der junge Reisende, auf den sich später der Verdacht der Täterschaft lenkte, augenscheinlich ein bestimmtes Abteil suchte. Er hat sich die Tür zu dem Abteil ganz vorn am Zug selbst geöffnet.

Wechselrätsel.

Sucht mich in Afrika auf. Mein Name enthält

sieben Laute.

Habt ihr den Fuß mir geraubt, trage ich eine

Tonsur.

Auflösung der Umstellungs-Aufgabe in Nr. 177.

Braunschweig.

Richtig gelöst von Eugen Mayer, Neuenbürg: Otto Schweizer, Herrenalb; Friedrich Kusterer, Schwarzenberg.

WM" Hiezu zweites Blatt. EMU