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Telegramm-Adreffe: Enztäler, Neuenbürg".

»Ak 17«

Neuenbürg, Freitag den 9. November 1906.

64. Jahrgang.

ZmnSschau»

Den Gerüchten über die Anbahnung eines Dreikaiser-Bündnisses wird von amtlicher .Seite mit Bestimmtheit entgegengetreten. Ein offi­ziöses Telegramm derKöln. Ztg." aus Berlin erklärt, bei einigermaßen ruhiger Ueberlegung müßte man sich doch sagen, daß sowohl Rußland wie Frankreich, obgleich man ja in beiden Staaten über die Flitterwochen hinaus ist, deutlich genug zu er­kennen gegeben haben, daß sie auf die Fortdauer des Bündnisses bedeutenden Wert legen. Ein Drei­kaiser-Bündnis würde also unter diesen Umständen eigentlich nur denkbar sein mit Frankreich als Vierten im Bunde, und da dies augenblicklich unwahrschein­lich ist, so kennzeichnen sich die Gerüchte von dem Dreikaiserbündnis als leere Redereien, bei denen man sich nur wundern muß, daß auch ernste Blätter diesen Gerüchten Beachtung geschenkt haben.

Darmstadt, 8. Nov. Die Großherzogin wurde heute früh von einem Prinzen entbunden. Die Nachricht wird im Hessenland große Freude Hervorrufen, nachdem die Hoffnungen auf einen Thronfolger schon einmal zunichte geworden sind und die Möglichkeit des Erlöschens der regierenden Linie im Mannesstamm nahegerückt schien.

Berlin, 7. Novbr. Aus London wird dem Berliner Tageblatt" gemeldet: Als zur Nieder­werfung der Heizerrevolte in Portsmouth Mannschaften von den dort liegenden Schiffen requiriert und aus diesen unter den Heizern der Zweck der Requisition bekannt wurde, entstand große Erregung und die Heizer demonstrierten zugunsten der Revoltierenden. Aus einem der Schiffe be­gannen die Heizer allerhand zu zerstören. Die älteren Heizer verhielten sich jedoch indifferent. Die Matrosen unterdrückten bald die Unruhen und arre­tierten eine Anzahl der jungen Heizer.

Berlin, 7. Nov. Wie demLok.-Anz." aus London gemeldet wird, ist der Eindruck der Rebellion von Portsmouth in ganz England ein vernichtender. Die Disziplin und Verläßlichkeit der Flotte galten für unvergleichlich höher, als die in der Armee, und über allen Zweifel erhaben. Das jähe Er­wachen aus dieser Selbsttäuschung ist so betäubend, daß bisher nur spärliche und zaghafte Aeußerungen der Presse vorliegen. Die leitenden Blätter schweigen. Andere, unionistische und liberale Zeitungen er­klären, daß der Name der britischen Flotte besudelt sei und daß die Revolte zu den schwersten Besorg­nissen Anlaß gebe.

München, 7. Novbr. Heute wurde vor dem Landgericht München I gegen den Oekonomie- handwerker Wilhelm König und den Münzarbeiter Wilhelm Ruf wegen des im September verübten Einbruchdiebstahls im Münzamt verhandelt. Das Urteil lautete gegen König auf 4 Jahre 2 Monate Gefängnis, gegen Ruf auf 4 Jahre 6 Monate Gefängnis nebst je 5jährigem Ehr­verlust. Der Staatsanwalt hatte gegen beide je 10 Jahre Zuchthaus beantragt. Das Urteil hat als strafmildernd angesehen die bisherige Straf­freiheit der beiden und insbesondere auch den Um­stand, daß bei der Verwahrung des Geldes und bei der Einrichtung der Münze gegen Diebstahl nicht genügende Vorsicht gewaltet hat.

Lützen, 6. Nov. Heute nachmittag fand die feierliche Grundsteinlegung der Gustav Adolf-Kapelle auf dem Schlachtfelde statt, deren Errichtung der Schenkung des Ehepaares Konsul Ekmann-Stockholm zu danken ist. Anwesend waren u. a. Regierungspräsident v. d. Recke, der schwedische Gesandte in Berlin, Graf Taube und Landrat d'Haussonville-Merseburg. Nach einem Gemeinde­gesang sprach Pastor Helander von der schwedischen Gemeinde in Berlin ein Gebet, worauf die Grund­steinlegungsurkunden in deutscher und schwedischer Sprache verlesen wurden. Graf Taube hielt als­

dann eine Ansprache, worauf die Grundsteinlegung folgte. Bischof von Scheele - Wisby sprach das Schlußgebet und den Segen. Dann bewegte sich der Festzug nach der Stadt zurück, wo auf dem Marktplatze der Regierungspräsident ein Hoch auf den Kaiser und König von Schweden ausbrachte. Graf Taube sandte alsdann ein Huldigungs­telegramm an den König von Schweden.

Das neue englische Ministerium hat im Parlament einen Gesetzentwurf durchgebracht, wonach der Ausfuhrzoll auf englische Kohlen aufgehoben wird. Am Tage, wo das Gesetz außer Kraft trat, fuhren schon um Mitternacht zahl­reiche mit Kohlen schwer beladene Schiffe aus ver­schiedenen englischen Häfen aus; sie hätten nach dem alten Gesetz 140 000 Mk. Kohlensteuer zu zahlen gehabt. Gerade die Aushebung dieses eng­lischen Kohlenansfuhrzolles dürste etwas ernüchternd auch auf die deutschen Bergarbeiter einwirken, da sie höchstens den englischen Kohlenbergwerken ihre Interessen fördern würden, ohne selbst für sich etwas zu erreichen.

Mit den Anarchisten in den Vereinigten Staaten wird jetzt wenig Federlesens gemacht. Aus New - Dort meldetWolffs Bureau": Die Anarchistin Emma Goldmann und zehn andere Anarchisten und Anarchistinnen wurden in einer Versammlung verhaftet, in welcher der Mörder des Präsidenten Mc. Kinley als Märtyrer gepriesen wurde. Es kam zu einem kurzen, aber heftigen Handgemenge, bevor die Verhafteten ins Gefängnis abgeführt wurden.

Die Schulbehörden von San Franzisko haben den dort lebenden Japanern untersagt, ihre Kinder in amerikanische Schulen zu schicken. Darüber entstand in Japan große Erbitterung und Präsident Roosevelt erkannte alsbald die Gefahr einer solchen Erbitterung; denn die Japaner schielen fortgesetzt nach den Philippinen. Daraufhin hat nun Präsident Roosevelt sich die größte Mühe ge­geben, den japanischen Bewohnern von San Fran­zisko Genugtuung zu verschaffen, damit sie ihre Kinder unbehelligt in die dortigen Schulen schicken können. Die Japaner begnügen sich aber nicht mit großen Versprechungen, sondern wollen Taten sehen und Bruder Jonatan wird also wohl oder übel in den sauren Aepfel beißen und die Japaner, die in Nordamerika leben, respektvoll behandeln müssen.

Württemberg.

Stuttgart. (Strafkammer.) Eine gewerbs­mäßige Haftgeldschwindlerin wurde gestern der Strafkammer in der Person der Dienstmagd Marie Rücker von Ravensburg aus der Untersuchungs­haft vorgeführt. Die Angeklagte, die schon zwölf­mal wegen Haftgeldbetrugs vorbestraft ist und erst kürzlich aus der Strafanstalt entlassen wurde, ver­dingte sich hier unter falschen Namen und ließ sich das Haftgeld geben, ohne jedoch den Dienst anzu­treten. Wegen zweier Verbrechen des Betrugs im Rückfalle erhielt sie 10 Monate Gefängnis. Der Vertreter der Anklage hatte eine Zuchthausstrafe beantragt.

Stuttgart, 5. Nov. Zu der Häusersenkung in Cannstatt schreibt man derWürtt. Bauztg." von unterrichteter Seite u. a.: Die Häuser, bei denen die Senkung erfolgt, stehen durchweg auf festem gewachsenem Lehm, der mit ca. 2,60 llg pro Qua­dratzentimeter belastet ist, sodaß die Fundalien der Häuser zu keinem Bedenken Anlaß gaben. Die Fundamente greifen ca. 1 Meter unter die natürliche Terrainoberfläche. Zur Kasernenstraße ist bis jetzt nur die bei den Häusern ca. 3 Meter hohe Auf­füllung hergestellt, und zwar schon seit längerer Zeit. Bei der Sockel- und Rohbauabnahme (ollen die Häuser noch vollständig intakt und in senkrechter Stellung gewesen sein. Es ist daher anzunehmen.

daß, nachdem die Dächer der Häuser eingedeckt waren, und das Regenwasser durch die Rinnen in größeren Mengen in die Auffüllung und in das natürliche Terrain sich ergoß, der Untergrund derart durch­weicht wurde, daß die Setzung nicht ausbleiben konnte. Es hätte hier gewiß durch sorgfältigere Ableitung des Abwassers viel vermieden werden können. Ein vorläufiges Wohnungsverbot hätte wohl auch müssen erlassen werden wegen des mangel­haften Zugangs zu den Häusern und des noch sehr feuchten und unfertigen Zustandes derselben. Die Bauleitung besorgte der Bauherr Ludwig Oßwald, früherer Bureaudiener' in Ostheim, selbst gemein­schaftlich mit dem ungeprüften Bauführer Joseph Götz in Cannstatt. Die Beton- und Maurerarbeiten führte der ungeprüfte Maurer Engen Bürkle von Schmieden aus.

Cannstatt, 8. Nov. Gestern nachmittag fand die Untersuchung des Baugrundes, auf dem die drei durch den Bauherrn Ludwig Oswald, resp. durch den ungeprüften Bauführer Joseph Götz erstellten Neubauten 14, 16 und 18 der Kasernenstraße auf­geführt sind, statt. Unter der Leitung der die Probebelastung ausführenden Jngenienre wurde zu­nächst ein Schacht von ca. 8 Kubikmeter ausgehoben, in diesen ein Sandsteinwürfel mit einer Grundfläche von 900 gern eingelegt und derselbe stusenmäßig bis zu einem Gesamtgewicht von ca. 3000 be­lastet. Der Würfel senkte sich hierbei in kürzester Zeit um etwa 35 em, während durch diese Belast­ung eine Senkung von höchstens 10t 2 cm Hütte hervorgerufen werden sollen. Die Angaben in der Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen und Elsaß-Lothringen, nach denen der in Frage kommende, festgewachsene Lehmboden mit etwa 2,6 !<» pro qcm beansprucht ist, so daß die Fundation der Häuser zu keinem Bedenken Anlaß gab, entspricht nicht den Tatsachen. Die Fundamente müssen teilweise einen Druck von über 50"/« der amtlich zugelassenen Höchstbelastung auf diesem Baugrund aushalten. Die gesetzlich höchstzulässige Bodenpressung beträgt auf festgewachsenem Lehmboden auf den qem 2,5 bis 2,6 KZ, während die Untersuchung auf dem fraglichen Baugrund eine Maximalbelastung von nur 2,0 KZ pro qcm zuläßt. Nach dieser Belast­ungsprobe müßten die Fundamente der in Frage kommenden Baulichkeiten, wenn von ihrer Abtragung abgesehen werden soll, um mindestens '/z ihrer jetzigen Breite verstärk werden. Weiter müssen sonstige technische Sicherungsmaßnahmen ausgeführt werden.

Heilbronn, 8. Novbr. Fabrikant Andreas Schneider von hier hat die ihm vom Ansschuß der Deutschen Partei angetragene Kandidatur für die Landtagswahl angenommen.

Aalen, 7. Nov. Als Kandidat für die Land­tagswahl wurde gestern abend von der Volks- partei ausgestellt Reichs- und Landtagsabgeordneter Storz - Heidenheim (Zählkandidat).

Böblingen, 7. Novbr. Der Meldungstermin um die hiesige Stadtschultheißenstelle, die mit einem Anfangsgehalt von 3600 ,/A. ausgeschrieben wurde, ist vorüber. Es haben sich viele Verwalt- ungs- und Notariatsleute gemeldet.

Heilbronn. Der Ehemann einer Bauernfrau aus Bönnigheim befindet sich wegen Verdachts der Brandstiftung in Untersuchungshaft. Am 31. vor. Mts. erschien nun bei dieser Frau ein etwa 35 Jahre alter Bursche, der sich für den Bruder des Gefängnisaufsehers ausgab und die Frau aufforderte, mit ihm nach Heilbronn zu fahren, um dort einen Verteidiger für ihren Ehemann aufzustellen und hiezu gleich sich tüchtig mit Geld zu versehen, da man dem Rechtsanwalt eine ordentliche Summe vorausbezahlen müsse, wenn man erwarten wolle, daß er etwas tue. Die Frau glaubte dies und händigte dem Burschen 25 ein, die dieser dem