Neue Art des Duells. Die fortschreitende Zivilisation verfeinert die Sitten der Menschheit zusehends. Jetzt ist man schon dazu gekommen eine neue Art des Duells anzuwenden bei der sogar bei tödlichem Ausgang der Kampf vollkommen unblutig verläuft. Einen solchen vom Standpunkt der Menschlichkeit gewiß als Fortschritt zu begrüßenden Zweikampf schildert ein französisches Blatt in folgender Weise: Der Chefredakteur eines römischen Blattes erhielt eines Tages folgendes Schreiben: „Da man seine Zeugen einem Schuft, wie Sie sind, nicht schickt, so ohrfeige ich Sie durch diesen Brief. Betrachten Sie sich also von mir als auf beide Backen geohr- feigt, und danken Sie Gott, daß ich Sie nicht mit meinem Stock gezüchtigt habe." Der also Angegriffene zog seinen Federwisch und — antwortete: „Unvergleichlicher Kämpe. Ich erfülle Ihre Bitte und danke Ihnen herzlich für die an Stelle wirklicher Hiebe übersandten schriftlichen Maulschellen. Da Sie mich brieflich geohrfeigt haben, schieße ich Ihnen schriftlich sechs Revolverkugeln in den Schädel und töte Sie. Betrachten Sie sich also als tot, wenn Sie die letzte Zeile dieses Schreibens gelesen haben. Ihren Leichnam bestens grüßend . ."
Der König von Spanien gegen das Duell. König Alfons hat das Ehrenpräsidium der spanischen Antiduelliga angenommen. Dieser Entschluß des jungen Monarchen ist für die Geschichte der Antiduellbewegung von außerordentlicher Bedeutung. Denn mit einer besseren Würdigung und eindringlicheren Empfehlung könnten die gegen daß Duellunwesen unserer Tage gerichteten Bestrebungen nicht ausgezeichnet werden, als durch die Uebernahme des Ehrenpräsidiums der spanischen Liga durch den König selbst. Ein derartiges Beispiel ist von um so größerer Bedeutung, als wohl niemand jetzt mehr wird wagen können, zu behaupten, es sei der Kampf gegen den Duellzwang nicht vereinbar mit kavaliermäßigen Ehrbegriffen. Eine solche Einrede ist bestens widerlegt, wenn sich ein regierender Monarch persönlich an die Spitze der Duellgegner stellt. Wird das von Spanien ausgehende gute Beispiel nicht bald auch anderwärts zur Nachahmung bestimmen?
Gebetbuch Karls des Großen. Bei Gelegenheit der Taufe des „Königs von Rom" am 9. Juni 1811 brachte die Stadt Toulouse dem Kaiser Napoleon als Geschenk das sogenannte „Gebetbuch Karls des Großen" dar. Dieses kostbare Manuskript wurde auf Befehl Karls des Großen und seiner Gemahlin Hildegardis um das Jahr 781 zur Erinnerung an die Geburt ihres ältesten Sohnes Karloman, später Pipin genannt, hergestellt. Dasselbe enthält 242 Evangelien für das Jahr, einen christlichen Kalender, den Osterzyklus für die Jahre 779—817. Eine Bemerkung bei dem Jahre 781 weist darauf hin, daß Pipin in jenem Jahre von dem Papst zu Rom getauft wurde. In diesem merkwürdigen Buche befinden sich verschiedene Miniaturbilder, die ihres hohen Alters wegen einen hohen Wert haben. Karl der Große schenkte es gelegentlich einer Reise nach Aquitanien der Abtei St. Sernin zu Toulouse und von dieser kam es später in den Besitz der Stadt, die es dann 1811 Napoleon überreichen ließ.
(Die Rache der Köchin.) Eine ebenso heitere wie nachdenkliche Geschichte erzählt die „Wochenztg." aus den Niederlanden: „In Löwen hatte eine Familie die Vornehmen der Stadt zu einem Essen eingeladen. Alle waren erschienen. Das Essen war vorzüglich, namentlich die Ochsenschwanz-Suppe hat ausgezeichnet geschmeckt. Beim Anblick lieblich duftender Schnepfen wurde ein bekannter Parlamentarier von wirklicher Begeisterung ergriffen und feierte die Hausfrau in dichterischen Worten. Plötzlich aber stockte der Redefluß. Er wurde bald rot, bald blaß und stürzte schließlich auf den Hausherrn los, dem er einige Worte ins Ohr flüsterte. Dieser lächelte verständnisinnig und geleitete ihn zur Tür hinaus. Im selben Augenblick wurde der Frau des Hauses, die soeben von ihrem blassen Antlitz einige Schweißtropfen abgewischt hatte, von zwei Tischgenossinnen eine sehr verschwiegene Mitteilung gemacht, worauf sich alle drei schleunigst entfernten. Dieses Verschwinden schien auf die übrigen Tischgenossen ansteckend zu wirken, denn plötzlich stürzten alle dem Ausgang zu. Die Auftritte, die nun folgten, lassen sich nicht beschreiben. Jeder kann sich selbst eine Vorstellung davon machen, wenn er bedenkt, daß die Köchin, der zum 1. November gekündigt worden war, eine starke Gabe Jalape (bekannt als Purgierwurzeln schwarzer Rhabarber) in die Suppe geschüttet hatte. Das Gericht hat die Uebeltüterin streng verhört. Voraussichtlich wird
sie einen tüchtigen Denkzettel erhalten; denn der höchste Gerichtsbeamte selbst hat von der Jalape genascht.
Regenbogen aus dem Züricher See. Ein Beobachter schreibt der „Neuen Züricher Zeitung": Jedes Jahr kann man an schönen ruhigen Novembertagen (2—4 Tage) auf der Seefläche mehrere Ar große Stellen bemerken, die von weitem in den Regenbogenfarben leuchten. Vorn Lande her aus erhöhter Lage erscheinen diese Farbenflecke besonders schön, vorausgesetzt, daß man die Sonne im Rücken hat. Fährt rnan im See durch jene Stellen hindurch, so sieht man einen intensiven Regenbogen, der tief in den See hinunterzusteigen scheint; besonders deutlich ist die Erscheinung in einem Ruderschiff zu beobachten. Bei näherem Zusehen konstatiert man auf der Oberfläche eine schwärzlich glitzernde dünne Decke, die man am ehesten für Ruß halten könnte. Bei der mikroskopischen Untersuchung zeigt es sich aber, daß sie aus Milliarden kleiner Krebstierchen besteht, die nur für ganz wenige Tage im Jahre aus der Tiefe an die Seeoberfläche kommen. Die Regenbogenfarben sind nur dort zu sehen, wo diese Tierchen massenhaft zusammen sind, und zwar niemals zu anderen Jahreszeiten. Heuer war die Erscheinung ausnahmsweise früh und lange dauernd zu beobachten, vom 18. bis zum 24 Oktober; die Ausdehnung der einzelnen Farbenflecke war viel geringer als andere Jahre. Es mag dies davon herrühren, daß die verschiedenen Flecke, d. h. Tierhaufeu nicht gleichzeitig zum Vorschein kamen, sondern nacheinander auftraten; die Strahlenbrechung dürfte durch die Tierchen selbst bedingt sein.
Sprach ecke. Man hat zwar versucht, Telephon äußerlich etwas einzudeutschen und es Telefon zu schreiben, aber die amtliche Rechtschreibung verlangt noch immer wie in anderen Fremdwörtern aus dem Griechischen das pH. Telephon bleibt also fremd und undeutsch in der Schrift, und in der Allssprache schwankt man zwischen der Betonung der ersten und der der dritten Silbe hin und her. Wäre es da nicht vernünftiger, wenn sich der allgemeine Gebrauch für seinen deutschen Ersatz „Fernsprecher" entschiede? Aber wie ist es damit? Amtlich ist vor wenigen Jahren für die württembergischen Verkehrsanstalten ein Erlaß ergangen, nach welchem statt „Telephon" überall, also auch in Zusammensetzungen „Fernsprecher" gesagt werden soll; in amtlichen Bekanntmachungen heißt es auch anderswo im Reiche: Fernsprecheinrichtung, Fernsprechamt, Fernsprechanschlüsse, Stadtfernsprechbetrieb, Fernsprechstelle, Fernsprechleitung, auch nur Sprechstelle, Gesprächsgebühr, und z. B. Gesprächsverbindung statt Telephonver- bindung. Ja die Einrichtung hat auch die Wörter Fernort und Ferngespräch (im Gegensatz zu Ortsgespräch) erzeugt. So — Dank sei Stephan — die Amtssprache! Aber das verehrliche Publikum kehrt sich meist leider gar nicht an die amtlichen Bezeichnungen, sondern „es geht ans Telephon" und es „telephoniert", versucht wohl gar noch den zu verhöhnen, der es auf die Stephanschen Ausdrücke aufmerksam macht. So scheint sich denn leider das Fremdwort immer mehr einzubürgern, und immer seltener nur wird Fernsprecher angewendet. Besonders im städtischen oder Ortsverkehr. „Das ist kein Ferngespräch" meinte neulich ein Kluger, „wenn ich von der Müllerstraße nach der Moltkestraße spreche. Fernsprechen kann man nur von Berlin nach Paris!" So liest man denn auch fast auf allen Schaufenstern, in den Anzeigen, auf den Geschäfts- wagen usw.: Telephon oder Tel. „Ich will telephonieren, ich habe telephoniert," heißt es allenthalben. Und doch kann man so gut sagen: „Ich will fernsprechen, ich habe ferngesprochen, ich gehe zum Fernsprecher, sprechen Sie durch den Fernsprecher." Und natürlich ist „Fernsprecher" im Nahverkehr ebensogut anwendbar wie im Fernverkehr, denn es ist doch schon für Sprechen und Sich- verständigen eine ganz ansehnliche Entfernung auch schon eine solche von Straße zu Straße. Im Sinne Stephans und des allgemeinen deutschen Sprachvereins ist darum immer wieder zu mahnen, Telephon und telephonieren zu meiden und sich der von unserer Post eingeführten Wörter Fernsprecher und fernsprechen zu bedienen.
sBenützte Gelegenheit.) Student: „So, Du bist diesen Sommer hierher versetzt worden? — Onkel (Bahnbeamter): „Ja, zur Aushilfe!" —
.: „Das paßt sich gut. Da kannst Du
vielleicht auch mir aushelfen und zwar mit 50 Mk.!"
sEin aufmerksamer Gatte.) Chef (zum Buchhalter): „Besorgen Sie nur gleich für meine Frau ein Rundreisebillet nach Ostende und zurück, sie hat nun schon zweimal im Schlaf davon gesprochen!"
Redaktion, vrnck »nd Verlag so« L. Meeh tn Resen-Ürg-
(Ausverkauf.) Hr. Lilienmilch macht seine erste Seereise. Das Schiss läuft auf einen Felsen und beginnt zu sinken. Rettung ist so gut wie ausgeschlossen, da sagt Lilienmilch zu seinem Freunde Barches: „Weißt Du, ich habe Dir gestern nicht meine Uhr wollen verkaufen für 50 Alk., gieb mir jetzt zehn Mark, und Du sollst se haben."
sZurückgegeben.) Arzt: „Nun, wie gehts heute mit dem Drucke auf der Brust?" — Patient: „Aus der Brust fühl' ich mich, Gott sei Dank, viel leichter, aber im rechten Schienbeine, da Hab' ich grausliche Schmerzen!" — Arzt: „Wenns nur mit der Brust besser geht, das ist die Hauptsache, aus den Schmerzen im Schienbein mach' ich mir nichts." — Patient: „Das glaube ich Ihnen gerne, Herr Doktor, wann Sie's hätten, macht' ich mir auch nichts d'raus!"
Aufgabe.
Mit welcher Zahl muß man 10 und mit welcher anderen Zahl muß man 11 multiplizieren, um als Summe der beiden Resultate 1483 zu erhalten? Der Unterschied der beiden gesuchten Zahlen soll kleiner sein als 10.
Anmerkung: 10. 11. 1483 „Geburtstag Martin Luthers."
Wortspiel-Rätsel.
Es ist als schöne Stadt bekannt:
Und viel besucht im Schweizerland.
Ihr Name hat der Zeichen vier.
Vier mal verändern läßt sich's hier.
Verändert man das erste, nennt
Es, was man meist aus Früchten kennt.
Verändert man das zweite, dann Jst's, was dir Wasser spenden kann.
Verändert man das dritte, gern Dient es beim Laufen seinem Herrn.
Verändert man das letzte gar.
Zur Höhe ragt es immerdar.
Gedankensplitter.
Die Begehrlichkeit kennt keine Schranke, nur Steigerung. Gib nie dein Geld aus, ehe du es hast.
Ein Mann, der imstande ist, nur eine Stunde seiner Zeit zu verschwenden, hat den Wert des Lebens nicht erkannt.
Niemals vergißt man sich leichter, als wenn man zu viel an sich denkt.
Die beste Art, auf seiner Hut zu sein, ist: nie unrecht zu handeln.
Literarisches.
Ein aller lieber Freund ist auf dem Büchermarkt in neuem Gewand erschienen. Eigentlich drei Freunde, die sich zum erstenmale in einem Band zusammengefunden haben, obwohl sie innerlich stets zusammen gehört haben: „Tobias Knopp" von Wilhelm Busch, dem alten lieben Nationaldichter, der längst der Geschichte, fast möchte man sagen, den Klassikern angehört, obwohl er noch heute als 74 jähriger in seinem Geburtsorte Wiedensahl in Hannover lebt. Wer kennt sie nicht, die „Abenteuer eines Junggesellen"? Wer hat nicht schon mit Behagen die Schicksale von „Herrn und Frau Knopp" und ihrer einzigen Tochter „Julchen" gelesen, die jetzt in einem stattlichen Bande bei Fr. Bassermann in München vereinigt sind? Wer das Buch in die Hand nimmt, der feiert ein fröhliches Wiedersehen mit einem lieben Jugendfreund, den man vielleicht eine Reihe von Jahren nicht gesehen hat, der aber der alte geblieben ist und über dessen unerschöpflich gute Laune man heute noch so herzlich lacht, wie man vor Jahren darüber gelacht hat. Gleich sein Eintreten verscheucht alle Sorgen und trüben Gedanken. Wie so oft begrüßt er uns mit einer tiefsinnigen Wahrheit, die längst im Büchmann stehen müßte, wenn sie nicht im Busch stände, dessen Werke an sich schon ein Zitatenschatz sind:
Sokrates, der alte Greis,
Sagte oft in tiefen Sorgen:
„Ach, wie viel ist doch verborgen,
Was man immer noch nicht weiß."
Und so ist es. — Doch indessen Darf man eines nicht vergessen:
Eines weiß man doch hienieden,
Nämlich, wenn man unzufrieden.
Wir wollen, um die Erinnerung wieder auszufrischen und die Aufmerksamkeit von neuem auf das lustige Buch mit den unnachahmlichen Illustrationen zu lenken, einige der bekanntesten Verse zitieren, zunächst die Lebensregel: „Rot- wein ist für alte Knaben, Eine von den besten Gaben." — „Ei spricht Dabisch, dieses ist, So zu sagen Taubenmist." — „Bums, er fällt in einen Kübel, Angefüllt mit dem, was übel." — „Heißa! rufet Sauerbrod — Heißa! meine Frau ist tot! Hier in diesem Seitenzimmer, Ruhet sie bei Kerzenschimmer." — „Es schwellen die Herzen, Es blinkt der Stern, Gehabte Schmerzen, Die Hab' ich gern." — „Oh, ihr Mädchen, oh, ihr Weiber, Arme, Beine, Köpfe, Leiber, Augen mit den Feuerblicken, Finger, welche zärtlich zwicken, Und was sonst sür dummes Zeug, Krökel, der ver- achtet Euch. Mir ist alles einerlei, Mit Verlaub ich bin so frei." — „Und die Liebe Per Distanz, Kurz gesagt, mißfällt mir ganz." So könnte man von jeder Seite ein Zitat holen. Daher zum Schluß noch eins, das wohl das bekannteste von allen ist: „Vater werden ist nicht schwer — Vater sein dagegen sehr."