Murrhardt und Sulzbach fanden am Sonntag Versammlungen der Volkspartei statt, in denen der Abgeordnete Küs gebeten wurde, bei den kommenden Landtagswahlen eine Kandidatur für Backnang wieder anzunehmen. Der Abgeordnete Käs behielt sich eine endgültige Entscheidung vor.
Herrenberg, 6. Oktbr. Gegenwärtig finden hier die Grunderwerbungen zum Eisenbahnbau Herrenberg-Tübingen, für die bekanntlich die Stadtgemeinde Herrenberg aufzukommen hat, statt. Dieselben gehen im allgemeinen für beide Teile in zufriedenstellender Weise vor sich. Nur wenige Gutsbesitzer wollen sich mit den gebotenen Preisen nicht zufrieden geben. Doch hofft man, daß auch mit diesen ein Uebereinkommen erzielt wird. Bezahlt wurden von 25 Z bis 1 50 Z für den
Quadratmeter.
Stuttgart, 8. Okt. Ein Liebespaar wurde heute morgen in einem Hause der Rotebühlstraße erschossen im Bett aufgefunden. Die jungen Leute waren seit 14 Tagen verlobt. Der Bräutigam hat anscheinend seine Braut veranlaßt, mit ihm in sein Zimmer zu gehen .und hat darauf zuerst sie und dann sich selbst getötet.
Balingen, 8. Okt. Als am Samstag abend der Bäckermeister Karl Ehinger seinen 16 Jahre alten Lehrling Gustav Jetter zur Arbeit rufen wollte, gab dieser keine Antwort und als auf wiederholtes Rufen und Pochen an der fest verschlossenen Türe keine Antwort kam, drang man in das Zimmer. Der Junge lag entseelt, mit einem Schuß in der Schläfe, auf 1 einem Bett. Den Revolver, aus dem er den Schuß abgefeuert hatte, hielt er noch in der erstarrten Rechten. Der Beweggrund zu der Tat ist unbekannt.
Ulm, 5. Okt. Sehr bedeutende Diebstähle sind in einem hiesigen Geschäft für Kleiderstoffe und Aussteuerartikel aufgedeckt worden. Nicht weniger als 7 Ladenfräulein sitzen in Untersuchungshaft. Wie man vernimmt, sind die Verhafteten bei ihren Unredlichkeiten gemeinsam zu Werk gegangen uud haben aus neu eintretende Mädchen einen förmlichen Zwang zur Teilnahme an den Diebstählen ausgeübt. Nach einer oberflächlichen Schätzung des Geschäftsinhabers müssen ihm an Bargeld mehrere tausend Mark und an Waren über 10 000 M, weggekommen sein. Die Veruntreuungen an Bargeld geschahen vielfach auf dem indirekten Wege der Aneignung von Rabattsparmarken, die dann teils durch die Mädchen selbst, teils durch Anverwandte an der Geschäftsstelle des Rabattsparvereins umgewechselt wurden. Eines der Mädchen, das in der Umgebung beheimatet ist, hat die gestohlenen Kleiderstoffe und Wäschestücke auf dem väterlichen Acker vergraben; bei der nach einer anonymen Anzeige erfolgten Ausgrabung durch die Gerichtsbehörde hat sich in dem Acker ein ganzes Warenlager vorgefunden, das zum Transport in die Stadl einen Wagen notwendig machte. Besonders unangenehm war die Entdeckung der Diebstähle für eine der Diebinnen, indem sie von der Hochzeitsreise weg in Haft genommen wurde. Ein höherer Geldbetrag und fast die ganze Aussteuer, die bei ihr vorgefunden wurde, sollen unrechtmäßigerweise aus dem Laden ihres vormaligen Geschüftsherrn erworben sein. Ueber die Entdeckung der Diebstähle wird erzählt, daß eine der Ladnerinnen, die von einem Damentuchstück 12 m für eigenen Gebrauch abgeschnitten hatte, vergessen haben soll, die Meterzahl am Stück abzuschreiben, so daß die Notierung und die wirklich noch vorhandene Meterzahl nicht übereinstimmten. Genaueres über die Vorkommnisse, die großes Aufsehen erregten, wird die demnächst stattfindende Verhandlung vor der Strafkammer , ergeben. (St.-Anz.)
Friedrichshafen, 9. Oktober. Bei schönem Wetter fand heute nachmittag der erwartete Aufstieg des Ballons des Grafen Zeppelin statt. Kurz nach 12 Uhr kam der Ballon aus der Halle; er wurde von dem kleinen Dampfer „Buchhorn" herausgezogen. Dann stand er etwa ffs Stunde ganz nahe über dem Wasser, bis er sich endlich gegen 1 Uhr erhob. Er trieb eine zeitlang, aber selbständig, in der Richtung nach Konstanz etwa 1—2 Kilometer in der Luft; er drehte sich dann wieder der Länge nach und führte mehrere Manöver mit großer Sicherheit aus. Sodann flog er südöstlich in der allgemeinen Richtung aus Rorschach, von wo er etwa um ^2 3 Uhr in nordwestlicher Richtung auf Friedrichshafen und Manzell zurückkehrte. Auf dem Rückweg kam er bei Friedrichshafen unter Beschreibung eines Kreises in ziemlicher Nähe der Schloßterrasse vorbei, von wo der König
und die Königin die ganze Fahrt verfolgten. Im Ballon befand sich Graf Zeppelin selbst, ein Ingenieur und sechs Monteure. Die beiden Majestäten fuhren auf der K. Dacht „Kondwiramur" dem Ballon nach, um die Landung zu beobachten. Diese ging, nachdem der Abstieg glücklich vollzogen war, glatt von statten, wie denn auch die ganze Fahrt, während der mehrmals mit Sicherheit gegen den Wind gesteuert wurde, als durchaus gelungen bezeichnet werden kann.
Vom Bodensee, 4. Okt. Der Mostobst- handel ist zurzeit nun in der Seegegend recht lebhaft. Das meiste Obst geht hauptsächlich nach Württemberg; auf der Bahnlinie Singen - Jmnien- dingen ist der Hauptverkehr mit Obst. Es ist zurzeit von so bedeutendem Umfang, daß auch Sonntags Obstzüge geführt werden müssen.
Die württ. Ernte 1906. Nach den von Kommerzienrat Kreglinger-Stuttgart gefertigten Zusammenstellungen der Berichte der Vorstände der landwirtschaftlichen Vereine des Landes stellt sich das bisherige Ernteergebnis — die Zahl 100 als Mittel angenommen — wie folgt: Dinkel 102,95 (Vorjahr 105,7,2), Winterweizen 101,15 (105,31), Roggen 89,33 (101,63), Gerste 98,87 (93,18), Sommerweizen 99,28 (90,42), Hafer 111,78
(81,05), Erbsen 98,20 (85,79), Ackerbohnen 96,94 (87,48). Demnach stellt sich das Ernteergebnis nur bei Dinkel, Winterweizen und Hafer über mittel; weitaus am günstigsten, namentlich auch im Vergleich zum Vorjahre, fiel die Haferernte aus. Was die Ernteergebnisse in den verschiedenen Gegenden des Landes anbelangt, so war die Dinkelernte am geringsten im Neckarkreis, die Roggen- und Gerstenernte im Jagstkreis; Hafer stand am schwächsten im Donaukreis, Sommerweizen im Schwarzwaldkreis.
Stuttgart. sLarrdeSproduktenbörse.1 Bericht vom 8. Oktbr. von dem Vorsitzenden Fritz Kreglinger. Der außergewöhnlich niedrige Wasscrstand des Rheins, in- folgedessen die Frachtsätze auf eine seit Jahren unerreichte Höhe getrieben werüen konnten, dazu noch relativ hohe Auslandssorderungen erschweren den Import aller Getreide- arren in hohem Maße. Die greifbaren Vorräte nehmen naturgemäß rapid ab. die inländischen Zufuhren bleiben recht schwach und der Wassermangel der Mühlen wird immer intensiver. Weizen und Mehle in disponibler Ware finden anhaltend flotten Absatz. Der Konsum zahlt jedoch nickt annähernd die heutigen Herstellungspreise. Die Inlands- Märkte sind wegen der Herbstgeschäste noch schwach befahren, haben aber scklanken Absatz. Roggen. Der Export dieses Artikels nach Nord-Rußland hält an, das Angebot bleibt knapp, die Nachfrage gut; trotzdem haben die Preise sich nur wenig erhöht. Brau- und Futtergerstc fest bei etwas erhöhten Preisen. Hafer fest. Mais unverändert fest. Tendenz fest. — Mehlpreise per 100 ßg inkl. Sack: Mehl Nr. 0: 30 Mk. - P'g. bis 3l Mk. - Pfg., Nr. I: 28 Mk. 50 Pfg. bis 29 Mk. 50 Pfg., Nr. 2: 27 Mk. - Pfg. bis 28 Mk. — Pfg., Nr. 3: 25 Mk. 50 Pfg. bis 26 Mk. 50 Pfg., Nr. 4: 23 Mk. — Pfg. bis 24 Mk. — Pfg. Suppengries 30 Mk. — Pfg. bis 31 Mk. — Pfg. Kleie 9 Mk. 50 Pfg. — 10 Mk. - Psg.
Herbstnachrichten.
Jngelfingen, 8 Okt. In gestriger Herbstversammlung wurde festgestellt, daß trotz mehrfacher Bespritzung der Reben der falsche Mehltau und der Sauerwurm den Herbst- errrag bereits ganz vernichteten und die Weinbau- gememden des Bezirks Künzelsau einschließlich der Wein- gärlnergesellschatt hier Heuer leider keinen neuen Wein zum Verkaufe bringen können. Die noch vorrätigen l904er und 1905 er la. Natur-Weißweine letzterer Gesellschaft finden guten Absatz. Der Schaden, Len die Künzelsauer Kocher- tal-Gemeinden durch den Herbstausfall erleiden, wird auf gegen 400 000 geschätzt und tut Hilfe sehr dringend not. Es wurde deshalb über Mittel und Wege geraten, wie dieser Notstand der Weingärtner gelindert werden kann. Man kam zu dem Ergebnis, daß die bürgerlichen Kollegien der beteiligten Gemeinden um Nachlaß der Weinbergsgrundsteuer und Stundung der Einkommensteuer pro 1906/07 für die Weingärtner nachsuchen sollen und als Notstandsbau die sofortige Fortsetzung der längst ge. wünschten Eisenbahn im mittleren Kocherial in Betracht käme. Es wurde auch die voraussichtliche Tagesordnung für das am 8. November in Berlin zusammentretende Weinparlament besprochen und sich dahin geeinigt, daß eine einheitliche schärfere Weinkontrolle von Sachverständigen im Hauptamt im ganzen Reiche stattfinden soll, keinerlei Verbot des Veischnitts von Rot- mit Weißwein, sondern höchstens die Deklarationspflicht desselben eingeführt werden dürfe.
Hessigheim a. N., 8. Okt. Verschiedene Käufe Frühgewächs bis zu 150 ^ pro 3 Hektoliter. Die Besucher und Käufer staunen ob dem schönen Stand der Weinberge mit ihren reifen Früchten. — Besigheim, 8. Okt. Bei dem von der Weinbaugenossensckast am Samstag vorgenommenen Verkauf des Weinmostes von Frühtrauben wurden 45 ^ pro Hektoliter erzielt. (S. Inseratenteil.)
Kus StaSt. öeZjt'k uns AmgedunS
ch Neuenbürg, 10. Okt. Heute nacht ist es vorgekonunen, daß ein hiesiger Briefträger dadurch beinahe verunglückt wäre, daß er mit seinem Fahrrad in der Dunkelheit in einen auf der Straße unbeleuchtet ausgestellten Wagen hineinfuhr. Seine Kleider wurden dadurch zerrissen. Dem Un
fug, daß bei Nacht Fuhrwerke auf den Straßen aufgestellt werden, sollte.gründlicher gesteuert werden.
Neuenbürg, 9. Okt. (Mostobst.) Auf dem Bahnhof kosten: Birnen 5 und 5 ^ 30 Z, Aepfel 5 80 I und 6 der Zentner.
Gräfenhausen. In der Notiz über den Brandfall am 5. ds. im letzten Samstagsblatt ist u. a. gesagt, daß ein Knabe mit einer brennenden „Erdöllampe" in der Hand übereinen am Boden liegenden Balken gestürzt sei. Um der Meinung zu begegnen, als ob zur Beleuchtung des Dachraumes in der Scheuer unvorsichtigerweise eine gewöhnliche Erdöllampe (Zimmer- oder Küchenlampe) verwendet worden wäre, sei noch mitgeteilt, daß es eine sogen. Sicherheits-Erdöllaterne (Sturm- oder Wagenlaterne) gewesen, welche durch den Fall auf dem Heuboden zertrümmert wurde und so die Ursache des Brandunglücks geworden ist.
Pforzheim, 5. Okt. Ein sensationeller Vorgang hat sich heute früh hier ereignet. Das seit 8 Jahren bei der sehr angesehenen Familie Z. hier bedienstete Hausmädchen R. wurde heute früh tot aufgefunden. Wie sich sofort ergab, hatte das Mädchen Morphium, das Fabrikant Emil Z. in seinem Schlafzimmer aufbewahrte, um es gelegentlich als Schlafpulver zu verwenden, in solcher Menge zu sich genommen, daß der Tod erfolgen mußte. Fabrikant Z., der sich als Ursache des Unglücksfalles hetrachtete, weil er das Pulver nicht sicher genug aufbewahrt hatte, geriet darüber in solche Aufregung, daß er einen Selbstmord-Versuch unternahm, indem er sich einen Schuß in die Bauchhöhle beibrachte. Z. schrieb zuvor einen Brief an die Staatsanwaltschaft, in dem er das Vorkommnis, wie hier geschildert, anzeigte. Z. ist schwer verletzt, dürfte aber mit dem Leben davon kommen. (Gr.)
Calw, 9. Okt. Die Imker sind mit dem heurigen Ho nigertrag, wie allerwärts, so auch hier, nicht zufrieden. Seit Menschengedenken gab es kein solches Fehljahr. Nur starken Völkern konnte etwas Honig abgenommen werden. Die Schwärme mußten künstlich ernährt werden. Das Oehmdgras und der Wald boten keinen Honig. Der Bienenzüchter muß Heuer tief in die Tasche greifen, um die Fütterungskosten zu decken. Es ist daher nicht zu verwundern, daß pro Pfund echten Honigs 1,30 Mk. bezahlt wird.
Nagold, 9. Okt. Der 10. landwirtschaftliche Gauverband hat auf der Domäne Sindlingen, Bezirk Herrenberg, eine Schweinezuchtstation errichtet. Aus derselben gingen bereits eine große Zahl Rassenschweine hervor, die vorzugsweise zur Nachzucht verwendet werden. Die jungen Tiere werden im Alter von zwei Monaten abgegeben. Es stellt sich der Preis für ein männliches Tier auf 36 Mk., für ein weibliches aus 32 Mk. Es lohnt sich, die musterhafte Einrichtung der Station zu besichtigen.
Dürrmenz-Mühlacker, 9. Oktbr. In der Nähe des Bahnhofs bei der Maschinen-Fabrik Händle wurde von einer auswärtigen Firma ein größeres Areal zur Anlage einer Fabrik angekauft. — Heute nacht gegen 12 Uhr wurde der 35 Jahre alte Wagenausschreiber Geisel von hier von dem Ulnier Güterzug Nr. 6201 überfahren. Es wurden ihm beide Beine oberhalb des Knies und vier Finger von der rechten Hand abgefahren. Den Schwerverletzten brachte man sofort in das naheliegende Bezirkskrankenhaus, wo er kurze Zeit darauf verstarb. Er hinterläßt eine Frau und vier kleine Kinder.
Letzte Aachrichlen u. Telegramms
Graudenz, 9. Okt. Gestern abend fand hier unter großem Andrang die erste Vollversammlung des Evang. Bundes statt. Es sprachen Prof. Scholz-Breslau und Pfarrer Niemöller- Elberfeld über das Thema: „Das Einheitsband der evangelischen Deutschen." Beide Redner fanden reichen Beifalll Heute vormittag fand eine Sitzung des Gesamtvorstandes statt, in der u. a. über eine Kundgebung gegen die Aufforderung des Essener Katholikentags zum gemeinsamen Vorgehen aller Gläubigen gegen den Unglauben und gegen den Umsturz gefaßt wurde.
Berlin, 9. Oktbr. Die nach den Karras - bergen geflüchteten Hottentottenbanden, verstärkt durch Zuzug der nach dem Oranje zurückgewichenen Teile, sowie durch ehemalige Morengaleute, machten wiederholt Angriffe auf Wachen und Transportbedeckungen. Nur wenige Tiere fielen in Feindeshand. Die Angriffe wurden überall abgeschlagen.