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Der Lnztäler.

Anzeiger für das Enztal und Umgebung.

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Fernsprecher Nr. 4.

15S.

Neuenbürg, ÄMwoch den 10. Oktober 1906.

64. Jahrgang.

Einen Nachklang zum jüngsten Besuch des Kaisers in Karlsruhe bringt dieFkf. Ztg.". Sie weiß auf Grund von Informationen aus Karls­ruher Hofkreisen mitzuteilen, daß der Kaiser bei seinem Einzuge in die badische Hauptstadt ersichtlich sehr verstimmt gewesen sei, nachdem ihm bei seiner Ankunft auf dem Bahnhofe eine Depesche übergeben worden sei, der zufolge er bei den Jubiläums­festlichkeiten am Karlsruher Hofe auch den Herzog von Cumberland antreffen würde. Erst als sich diese Meldung nach der Ankunft im Schlosse als unbe­gründet erwiesen habe, sei die Stimmung des Kaisers wieder eine bessere geworden. Es muß natürlich durchaus dahingestellt bleiben, ob diese ein wenig nach Sensation schmeckende Nachricht des Frank­furter Blattes wirklich den Tatsachen entspricht.

Berlin, 8. Okt. Für die am nächsten Sonntag stattfindende Luftballonsahrt hat der Kaiser einen Preis gestiftet.

Der Reichskanzler Fürst Bülow hat am Samstag den deutschen Botschafter am Petersburger Hofe, v. Schön, in Homburg in längerer Unter­redung empfangen. Ueber Anlaß und Zweck der­selben verlautet einstweilen noch nicht das geringste.

Berlin, 6. Okt. Die neue Felduniform. Bekanntlich werden seit längerer Zeit im deutschen Heere Versuche mit neuen Felduniformen gemacht, ohne daß einer der vielen Versuche dahin geführt hätte, eine neue Felduniform aufzustellen. Die beiden neuesten Versuche, die man jüngst gemacht, haben jetzt bei den Kaisermanövern vor dem Kaiser ihre Probe abgelegt, sollen aber in allen Punkten nicht befriedigt haben. So trug das Feldartillerie-Lehr- Regiment der Jüterboger Schießschule eine dunkel­graue, die Lübbener Jäger eine graugrüne Versuchs- uniform. Bei beiden Versuchen hat man besonderen Wert darauf gelegt, alles Blanke und Leuchtende zu beseitigen und die Uniform dem Gelände mehr an­zupassen. Die Helme waren aus Tuch, die Schup­penkette war durch einen Lederriemen ersetzt, das Lederzeug war stumpf und von der Farbe des Rockes, die Knöpfe waren bronziert, Zeltbahn, Feldflasche und Brotbeutel waren ebenfalls von der Farbe des Tuches, desgleichen die Patrontafchen. Mit dieser Uniform konnte der Mann sich dem Gelände gut anpasfen; an ihr brauchte auch nichts Blankes geputzt zu werden, was eine Erleichterung des Manöverge­päckes zur Folge hatte. Diese Versuche haben aber nicht den Beifall des Kaisers gefunden; die beiden Truppenteile werden also ihre Uniformen zum 1. April 1907 wieder abgeben. Die Versuche sollen im nächsten Jahre mit drei andern Farben, kaki­braun, grau und graugrün fortgesetzt werden; man will dann auch den Schnitt des Rockes gänzlich ver­ändern und ihn mehr dem Schnitte der Litewka nähern, d. h. den Rock bequemer und für den Luft­zutritt geeigneter schneiden und die steifen Kragen durch Umlegekragen zu ersetzen. In den diesjährigen Kaisermanövern hat es sich namentlich gezeigt, wie ungeeignet unsere jetzige Uniform ist, mußten doch, um die Mannschaft inarschfähig zu halten, stets Kragen und oberster Knopf des Waffenrocks offen gehalten werden. Weiter soll die Halsbinde, das Marterwerkzeug des Soldaten, abgeändert werden, auch will man Versuche mit einer neuen Kopfbedeck­ung nach Art der französischen Jnfanteriemütze machen. Eine solche Kopfbedeckung dürfte aber schwerlich Eingang finden, da die preußische Pickel­haube bisher sich gut bewährt hat und auch stets von den Mannschaften lieber als die enganschließende Feldmütze getragen wird. Das Lederwerkzeug soll im Tone des Stoffes gehalten werden und stumpf bleiben. Jedenfalls dürfte noch geraume Zeit ver­gehen, bis eine neue deutsche Felduniform allgemein eingeführt werden kann.

Mannheim, 5. Okt. Die Firma Benz u. Cie. wird, nachdem es ihr gelang, mit den in Betracht kommenden Grundbesitzern eine Einigung zu erzielen, nicht von Mannheim wegziehen, sondern voraussicht­lich ihre Anlagen nach dem Jndustriehafen verlegen.

Graudenz, 8. Okt. In der bis auf den letzten Platz gefüllten Hauptkirche hatte heute abend aus Anlaß der Generalversammlung des evangelischen Bundes ein Festgottesdienst statt,.bei dem Prälat Herrmann-Stuttgart über den Tert predigte: Von Gottes Gnaden bin ich, daß ichs bin und seine Gnade in mir, ist nicht vergeblich gewesen. Die Predigt machte aus die Zuhörer einen tiefen Eindruck. In der gestrigen Begrüßungsversammlung verlas der Bundesdirektor Lic. Everling eine Reihe von Glückwunschschreiben. In seiner Ansprache wurde auf die Friedensversicherungen der Katholikenver- sammlung in Essen Bezug genommen. Man habe dort einen Frieden auf Kündigung proklamiert mit dem Unterschied zwischen politischer und dogmatischer Toleranz. Für einen solchen Frieden danke der Evangelische Bund. Ein wirklicher Friede sei nur möglich, wenn von den Katholiken erklärt werde: der Protestantismus ist eine berechtigte Erscheinung des Christentums. Ohne diese Anerkennung sei ein dauernder Friede nicht möglich. Seine Schlußworte klangen aus in einer Huldigung für Luther und den Fürsten Bismarck und in der Mahnung: deutsch und evangelisch. Nach dem Jahresbericht des Evangel. Bundes, der die heutige Mitgliederversammlung be­schäftigte, zählt der Bund gegenwärtig 1506 Zweig­vereine mit etwa 300 000 Mitgliedern. Die Zahl der ersteren hat sich seit dem vorigen Jahre um nahezu 400, die der Mitglieder um über 40000 gesteigert.

Die Füelbecker Talsperre bei Lüdenscheid ist am Ende ihrer Leistungsfähigkeit angelangt, sie ist vollständig leer und nicht mehr in der Lage, den unter der Sperre liegenden Werken die notwendige Betriebskraft zu liefern. Die Werke haben schon seit längerem nur halbe Tage arbeiten können und müssen jetzt, soweit sie auf Wasserkraft angewiesen sind, den Betrieb einstellen, da auch der Rahmeder- bach nur wenig Wasser führt.

Der DampferBremen" hat auf der Fahrt nach New-Uork drahtlose Telegramme mit deutschen Apparaten bis aus eine Entfernung von 2500 Kilometer klar empfangen.

Hannover, 9. Oktober. Unter dem Namen Hannoversche demokratische Vereinigung hat sich eine neue Welfenpartei gebildet, der bereits 2000 Per­sonen beitraten.

Fr ei bürg, 6. Okt. Vor der Strafkammer des Landgerichts Freiburg fand heute im Wiederauf­nahmeverfahren der Prozeß gegen den Pfarrer Gaisert wegen Meineids statt. Der Angeklagte er­klärte auch in der heutigen Verhandlung sich für unschuldig; er habe nicht gewußt, daß Zeugen be­eidigt werden. Den Brief an den Malermeister Kramer habe er nur geschrieben, um demselben einen moralischen zuverlässigen Ausweg zu zeigen; auch habe er geglaubt, der Zeuge Kramer habe sein Ge­spräch mit dem Wirt Faller nicht gehört. Aus die Frage des Vorsitzenden, wie er sich ausweichende Antworten denke, bei denen man mit der Eidespflicht nicht in Kollision gerate, schweigt der Angeklagte. Immer wieder erklärt Gaisert, daß er sich nichts gedacht habe, und bei der Einvernahme durch den Staatsanwalt, der sofort mit Verhaftung gedroht, nicht mehr gewußt habe, was er sage. Die Einver­nahme des Angeklagten dauerte mehrere Stunden. Nach zweistündiger Beratung des Gerichts wurde Pfarrer Gaisert wegen Verleitung zum Meineid zu einem Jahr Zuchthaus verurteilt.

Berlin, 7. Okt. Eine Diebesgesellschaft macht in letzter Zeit den Westen von Berlin unsicher. In letzter Nacht statteten sie dem Kaufmann M. in der Starnberger Straße einen unliebsamen Be­

such ab. Sie erkletterten vom Vorgarten aus den Balkon der im ersten Stock des Vorderhauses be- legenen Wohnung und verschafften sich durch Ein­drücken der Balkontür Eingang in die Vorder­zimmer, während Herr M. mit seiner Familie in einem Hinterzimmer im tiefstem Schlaf lag. Die Diebe zündeten ein auf dem Tisch stehendes Licht an und durchsuchten drei Zimmer auf das sorg­fältigste. Alle Behälter wurden erbrochen. Die Einbrecher fanden Goldsachen und Brillanten im Werte von etwa 30 000 Mk. Bisher ist es der Polizei noch nicht gelungen, irgend eine Spur von den Dieben zu entdecken.

Der Norddeutsche Lloyd hat die Zwischen­deckpreise im Postverkehr nach Newyork auf 140 ermäßigt.

Ein geheimnisvoller Gelds und wurde dieser Tage in dem Briefsaale des Hauptpostamtes in Braunschweig gemacht. Unter den mit der Bahn eingetroffenen Briefsäcken fand sich ein Paketchen, bestehend aus zwölf Einhundertmarkscheinen. Es wurden sofort Nachforschungen zur Aufklärung an­gestellt; man vermutet, daß es sich um einen Dieb­stahl handelt. Wie wir vor einiger Zeit meldeten, ist auf dem genannten Hauptpostamt ein Wertbrief über 7000 Mk. spurlos verschwunden. Ob der jetzige Fund hiermit in Verbindung zu bringen ist, wird die weitere Untersuchung ergeben.

Eine pietätvolle Feier fand am Sonntag in Tours statt. Aus dem Kirchhofe Saint Sym­phonien wurde ein Denkmal eingeweiht, das über einem Grabe errichtet worden ist, in dem 11 preußische und 29 französische Soldaten ruhen, die 1870 gefallen sind. Es sprachen mehrere Redner, darunter der kommandierende General des 9. Armee­korps, als Vertreter des Kriegsministers Etienne.

Paris, 8. Okt. Taucher bargen von dem Wrack des bei Carthagena gesunkenen Dampfers Sirio" den Geldschrank, worin man wichtige Pa­piere und größere Geldbeträge vermutet hatte. Zu allgemeiner Ueberraschung wurde der Geldschrank völlig leer gesunden. Die Tatsache wird von meh­reren Blättern lebhaft kommentiert. Man beschuldigt die italienischen Matrosen, vor Verlassen des Schiffes alles geplündert zu haben.

London, 8. Okt. Unberührte Kohlenselder sind bei Dover entdeckt worden. Sie sollen die größten in Großbritannien und Irland sein und sich über ein Gebiet von 100 englischen Ouadrat- meilen erstrecken.

In Mailand wurde eine Bande von Juwelen­dieben und Hehlern entdeckt. In einem geheimen Versteck fand die Polizei eine Menge Schmucksachen im Wert von 250 000 Lire, welche wahrscheinlich von auch im Auslande begangenen Diebstählen her­rühren.

Württemberg.

Stuttgart, 9. Oktober. Durch Kgl. Ver­ordnung ist der Wiederzusammentritt der Ständeversammlung auf Dienstag, den 16. Oktober ds. Js. bestimmt.

Landtagskandidaturen. In Tübingen- Stadt wurde der seitherige Abgeordnete Liesching wieder ausgestellt. Eine Einigung aller liberalen Elemente des Bürgertums ist zwischen der Volks­partei und der Deutschen Partei in Tübingen ange­strebt worden, die Verhandlungen in dieser Richtung sind aber, wie Liesching in einer Tübinger Versamm­lung mitteilte, ergebnislos verlaufen. Staatsrat v. Balz hat sich zur Annahme einer Kandidatur in Brackenheim bereit erklärt. Es wird als zweifel­haft bezeichnet, daß die Volkspartei eine eigene Kan­didatur normiert. In Crailsheim wurde von einer Vertrauensmännerversammlung des Bundes der Landwirte und der Konservativen der seitherige Abgeordnete Berroth wieder aufgestellt. In