Gesellschaft, die gegenwärtig eine Schwebebahn zum Gipfel des Wetterhorns baut. Eine ganz ähnliche Linie soll nun vom Tal von Chamonir zum Gipfel der Aiguille du Midi führen. Nach dem Vertrag wird eine gewöhnliche Seilbahn die bestehende Bahn von Chamonir weiterführen; das System mit doppelten Luftkabeln wird bei der ersten Station nahe dem Gletscher des Bostons in einer Höhe von über 8000 Fuß beginnen. Tie Kosten werden auf 3 200 000 M veranschlagt, und man nimmt an, daß der Bau in vier Jahren vollendet sein wird. Die erste am leichtesten auszusührende Hälfte, soll nur ein Jahr erfordern, so daß bereits am Ende des nächsten Sommers Touristen zu dem genannten Gletscher in dieser Bahn hefördert werden können. Die Linie wird an einer Reihe von Gletschern und an jähen Abgründen entlang führen und wird den Besuchern der Alpen, die keine Klettertouren unternehmen wollen, eine Vorstellung von den Gefahren und den Vergnügungen des Bergsteigens vermitteln. Trotzdem ist man der Ueberzeugung, daß der Bau absolut sicher sein wird; denn jeder Fußbreit der Strecke ist von Ingenieuren aufs eingehendste studiert, und jede nur denkbare Vorsorge soll getrosten werden. An mehreren Stellen wird die Bahn über das Gletschereis hinwegfahren, so daß die Reisenden die Empfindung haben werden, als glitten sie im Schiff über das blaue Wasser. Die Ingenieure sind fest von der Ausführbarkeit des Planes überzeugt, wenn sie auch anerkennen, daß der Bau um so größere Schwierigkeiten bereiten wird, je weiter man zum Gipfel fortschreitel, da die Hindernisse, die durch den Gletscher, den tiefen Schnee und die Lawinengefahr bereitet werden, ständig wachsen. Auf den Strecken, auf denen häufig Lawinen niedergehen, sollen Tunnels gebaut werden, um alle Gefahren zu vermeiden, aber vier Fünftel der ganzen Linie werden unter freiem Himmel liegen. Die Elektrizität zum Betrieb der Bahn soll von der Arve geliefert werden. Zunächst soll eine Rückfahrkarte bis zum Gipfel 60 Mi kosten; aber man hofft, den Preis bald auf 40 und sogar auf 20 Mi herabsetzen zu können.
Herbstnachrichten.
Aus dem Markgräflerland, i. Okt. Mit wenigen Ausnahmen Beginn der allgemeinen Lese angesetzt. Nachfrage sehr rege, Preise ziemlich hoch getrieben. — Von der Nahe, 1. Okt. Allgemeine Lese wird dieses Jahr hinausgeschoben, so lange die Witterung es ermöglicht. Im Wein- geschäst herrscht noch immer Leben. Nachfrage sehr rege, die allgemeinen Weinpreise ziehen an. - Trier, l. Okt. Traubenbestand geht mit jedem Tage mehr zurück. Insgesamt wird man nunmehr, selbst wenn das Wetter bis zu der nicht fernen Lese günstig bliebe, meist nur Herbst ernten können.
Württemberg»
Stuttgart, 7. Oktbr. Die kirchliche Feier des Geburtsfestes der Königin fand heute statt. Dem Gottesdienst in der Schloßkirche wohnten die Minister und die Hofstaaten an. Die bürgerlichen Kollegien mit Oberbürgermeister v. Gauß und Stadtdirektor Nickel an der Spitze begaben sich in feierlichem Zug, dem sich auch die Stadtwache und die Feuerwehr angeschlosten hatten, vom Rathaus nach
etwas schüchtern zu dem imposanten Forstmann auf, der der Bruder ihrer Mutter war.
„Ich hoffe. Du wirst Dich bei uns wohl fühlen, liebe Inge, obgleich es gegen Dein Vaterhaus und gegen Berlin nur still und einsam ist bei uns. Da Du Dich aber erholen und kräftigen sollst, so wird Ruhe und Stille Dir gewiß wohl tun. Ich hab's meiner geliebten Schwester versprochen, daß Du Dich wohl fühlen sollst. Was an uns liegt, werden wir dazu tun."
Inge antwortete nicht, der Onkel hatte eine so bestimmte Art und Weife, wie sie sie kaum kannte, wie sie z. B. der Vater ihr oder der Mutter gegenüber nie in Anwendung brachte.
Sie musterte die stolze Gestalt in der kleidsamen grünen Uniform ihr zur Seite. Das Gesicht des Onkels gefiel ihr, trotzdem ein Zug von eiserner Energie und unbeugsamem Willen darauf lag, aber in den klugen, blaugrauen Augen las sie viel, viel Herzensgüte. Sie waren an den Wagen getreten.
„Bitte, Inge — steige ein," sagte der alte Herr mit einem Anflug von Ritterlichkeit, und er folgte, als sie Platz genommen hatte, fast mit jugendlicher Gewandtheit.
Der Kutscher hatte die kleinen Gepäckstücke neben sich untergebracht, und Inge sah sich nach ihrem großen Koffer um.
„Den bringt Fritz, der Forstlehrling," beantwortete der Onkel die stumme Frage, und „Vorwärts, Balzer," mahnte er.
Die schönen Braunen griffen aus, und im Nu
der Stiftskirche, wo Prälat v. Weitbrecht die Festpredigt hielt. In der kath. St. Eberhardskirche zelebrierte Kirchenrat Mangold ein levitiertes Hochamt mit Tedeum. Hier und in der Garnisonskirche wurden besondere Militärgottesdienste abgehalten.
Die Einnahmen aus dem württ. Post-, Telegraphen- und Fernsprechbetrieb im August 1906 betrugen im ganzen 1 367 491 Mi 85 -ff (mehr 52 685 M, 17 ch). Vom 1. April 1906 bis letzten August 1906 8130 883 M 54 H (mehr 487 268 -//L 16 Z).
Stuttgart, 5. Okt. Ein erschütterndes Familiendrama beschäftigte heute das Schwurgericht und zwar richtete sich die Anklage gegen den verheirateten 28 Jahre alten Maurer Berthold Weinstein von Ettlingen wegen versuchten Totschlags. Der Angeklagte, der seit 2 Jahren hier wohnhaft ist und als sparsamer Mann geschildert wird, geriet infolge Krankheit in Not, die noch dadurch gesteigert wurde, daß er längere Zeit ohne regelmäßige Beschäftigung war. Äm 14. Mai faßte nun der Angeklagte aus Verzweiflung über seine Notlage den Entschluß, sein 31-stähriges Söhnchen Berthold und sich selbst zu töten. Er schloß sich, nachdem seine Frau an die Arbeit gegangen war, mit seinem Kind in die Küche ein und öffnete den Gashahnen, um das Kind und sich zu vergiften. Der Hausbesitzer, auf den Gasgeruch aufmerksam gemacht, drang in die Küche ein, wo er Vater und Sohn bewußtlos am Boden liegend auffand. Ein rasch herbeigerusener Arzt nahm sofort Wiederbelebungsversuche vor, die von Erfolg hegleitet waren. Nach Aussage des Arztes waren die beiden dem Tode nahe. Vor der Tat schrieb der Angeklagte an seine Frau einen Abschiedsbrief, worin er sie um Verzeihung bat und ihr mitteilte, den Knaben nehme er mit, damit ihr die Last nicht zu groß werde. Sanitätsrat Dr. Fauser war der Ansicht, daß bei dem Angeklagten bei Begehung der Tat die freie Willensbestimmung wohl beeinträchtigt, aber nicht aufgehoben war. Der Vertreter der Anklage bat, die Schuldfrage zu bejahen, dem Angeklagten jedoch, da man ihm Mitleid nicht versagen könne, mildernde Umstände zuzubilligen. Die Geschworenen verneinten die Schuldfrage, worauf der Angeklagte unter Uebernahme der Kosten auf die Staatskasse freigesprochen wurde.
Stuttgart, 5. Okt. Die Berufung des Frhr. Oskar v. Münch auf Hohenmühringen gegen das Urteil des Landgerichts Rottweil, wonach Frhr. von Münch zur Gewährung einer monatlichen Alimenten- summe von 750 M an seine Frau, gegen die er eine noch nicht erledigte Ehescheidungsklage anhängig gemacht hat, verurteilt worden ist, wurde gestern vom Oberlandesgericht kostenpflichtig zurückgewiesen.
In Stuttgart-Stadt soll, wie der „Beob." mitteilt, der soz. demokr. Abg. Kloß eine Wiederwahl in den Landtag abgelehnt haben unter Hinweis auf die vielseitige Inanspruchnahme seiner Person und auf seine angegriffene Gesundheit.
Stuttgart, 7. Okt. Gestern nachmittag wurde ein junger Kaufmann festgenommen, der in einen: hiesigen Bankgeschäft einen gefälschten Wechsel über 6500 Mk. abzusetzen suchte. Der gleiche junge
lagen Bahnhof und Steindamm hinter ihnen; nicht weit von der Station bogen sie in die wohlgehaltene Chaussee ein, die zunächst durch Felder und Wiesen, i dann durch herrlichen Wald führte, der in reizvoller j Mischung Nadel- und Laubholz aufwies, i Hin und wieder tauchte in der Nähe oder Ferne ! ein Dorf, ein Gehöft, ein stattlicher Gutshof auf.
Inge schaute stumm um sich.
Sie war nie auf dem Lande gewesen. In Berlin ausgewachsen, hatten die Sommerserien sie mit den Eltern meist in dieses oder jenes Bad geführt. Die liebliche Schönheit ländlicher Gegend war ihr nie zum Bewußtsein gekommen. Der tiefe Frieden des Sommerabends legte sich beruhigend auf ihr Herz, das seit Tagen jchon gelitten hatte in der Aussicht auf die längere Trennung von den geliebten Eltern. Papa war durch Ueberarbeitung im Amt nervös geworden, und die Aerzte hatten einen Aufenthalt im Süden für unerläßlich erklärt. Die Mutter war als seine treue Pflegerin mit ihm gegangen, Inge aber sollte indessen, um andere Eindrücke als die des Krankenzimmers zu gewinnen, eine Zeit als Pflegekind bei Onkel und Tante Forstmeister bleiben.
Frau v. Fahlbusch versprach sich viel davon. Sie liebte ihren stolzen, energischen, tüchtigen Bruder, seine gütige, milde Gattin, die kluge, lustige Sophie und den freundlichen Konrad, der ebenfalls die Forstkarriere zum Beruf gewählt hatte und, als er die Akademie in Eberswalde besuchte, öfter Gast der Verwandten in Berlin gewesen war.
Alaun hat vor mehreren Tagen einen gleichfalls gefälschten Wechsel über 3500 Ml in einem hiesigen Bankgeschäft abgesetzt.
Stuttgart, 5. Oktbr. Unter der Spitzmarke „Stiller Boykott" schreibt die „Schw. Tagwacht: „Die Arbeiterschaft hat stillschweigend zu einem Abwehrmittel gegen die Wurstverteuerung gegriffen, das seine Wirkung teilweise schon getan hat; viele Ar- heiter in Fabriken und Werkstätten haben ihren Wurstverbrauch auf ein Geringes eingeschränkt." — Non der Sozialdemokratie ist auf kommenden Dienstag eine Volksversammlung einherufen worden, die sich mit der Lebensmittelverteuerung befassen wird.
Stuttgart, 6. Oktbr. Die hiesigen Klavierfabrikanten haben am 2. ds. sämtlichen Klavierarbeitern, die dem Holzarbeiterverband angehören, gekündigt.
Tübingen, 3. Okt. Am letzten Sonntag hielt der Gewerbeverein im Hanskarle eine Versammlung, in der Handwerkskammersekretär Freytag aus Reutlingen einen Vortrag über die Zukunft des Handwerks hielt. Der größte Teil der Handwerks- zweige habe noch immer gute Aussichten; dies gelte insbesondere von den Nahrungsmittelgewerben und vom Baugewerbe. Dem Handwerk müsse inan tüchtige junge Leute mit guter Schulbildung zuführen. Eine geordnete Buchführung sei unbedingt nötig. Die Fürsorge des Staats müsse hauptsächlich in einer größeren Berechtigung der Handwerksmeister, in der Eindämmung des Hausierhandels und in der Reform des Submissionswesens bestehen.
Heilbronn, 7. Okt. In einer heute hier abgehaltenen Versammlung der Vertrauensmänner des Bundes der Landwirte im Bezirk Heilbronn wurde Gemeinderat Wilhelm Haag von hier einstimmig als Kandidat des Bundes der Landwirte für den Oberamtsbezirk Heilbronn ernannt. Haag hat die Kandidatur angenommen.
Zuffenhausen, 7. Okt. Zur Steuerung der Fleisch not hatten findige Unternehmer von hier in Ungarn eine große Zahl Landgänse angekauft und teilweise schon hier und in der Umgebung um billigen Preis verstellt. Die drei Wagenladungen sollten um Mitte dieser Woche eintreffen, blieben aber aus. Dagegen lief ein Telegramm ein, daß die Wagen wegen Seuchengefahr von der deutschen Grenze zurückgehalten worden seien. Den Unternehmern dürfte großer Schaden erwachsen.
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Neuenbürg, 4. Okt. Das Oberamt erläßt eine Belehrung über die zweckmäßige Aufbewahrung von Fleisch in Kühlräumen. Es wird zunächst darauf Hingeiviesen, daß auch längere Zeit in Kühlräumen lagerndes Fleisch der Gefahr bakterieller Zersetzung unterliegt und besonders nach der Herausnahme aus den Kühlräumen rasch in Fäulnis übergeht. Damit das Fleisch in den Kühlräumen in gutem Zustande sich erhält, muß zur niedrigen Temperatur noch ein gewisser Trockenheitsgrad der umgebenden Luft treten. Die Erfahrungen haben gelehrt, daß schon gute Ergebnisse erzielt werden, wenn die Luft in den Kühlräumen neben 3—5 Grad
Einmal sogar zu einem Hausball! Da hatte er noch zwei Freunde mitbringen dürfen, und Frau v. Fahlbusch, die den Uniformen nicht abgeneigt war, war höchlichst befriedigt, zwischen den bunten Leutnants und Hauptleuten und den schwarzbefrackten Juristen, die bei ihnen verkehrten, auch die schmucken, grünen Uniformen der Forstakademiker zu sehen. —
„Du bist so still, Inge?" fragte der Onkel freundlich, „kommt das Heimweh schon?"
Inge schüttelte den Kopf und lächelte.
„Heimweh? Nein, ich glaube nicht, lieber Onkel, aber es ist so schön und so still hier — so friedlich — als wäre man in einer anderen Welt."
„Ja, ja, ein Unterschied mit Berlin ist das schon, mein Kind. Ich könnt's kaum aushalten in all dem Getöse. Gut, daß Deine Mutter, die doch mit mir auch auf dem Lande aufwuchs, sich so daran gewöhnt hat. Da in Berlin gehen die Nerven kaput. Hast Du etwa Nerven?"
„Ich glaube nicht, Onkel Forstmeister, aber ich weiß es nicht genau. Der arme Vater ist so nervös geworden —"
„Das wird schon alles wieder gut, Inge — darum darfst Du Dich hier nicht sorgen. Ihr sollt mir recht vergnügt sein. Du und die Sophie, und die Assessoren werden auch wohl mal für ein Tänzchen sorgen."
(Fortsetzung folgt.)