Zweites
Blatt.
Der Lnztäler
Zweltes
Blatt.
^ 151.
64. Jahrgang.
B e st e l l ri u g e «
auf den
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für das IV. Quartal
werden von allen Poftanstalten und Postboten, von der Expedition und von unseren Austrägerinnen entgegengenonunen.
müssen — um noch Aufnahme z> V finden — längstens vormittags 8 Uhr aufgegeben werden.
Größere Anzeigen tags vorher.
vermlschrss.
Horb, 23. Sept. Ein heiteres Manöverstückchen passierte einem höheren Offizier, der sich von dein hohenzollernschen Orte E., wo er einquartiert war, in die Oberamtsstadt H. führen ließ. Vorsichtshalber hatte er sich beim Bürgermeister erkundigt, was ein Fuhrwerk nach H. koste; — 3 -/L war die Antwort. Dem Bauern aber, der den Herrn zu führen hatte, war das offenbar zuwenig; er gedachte mehr herauszuschlagen und es entwickelte sich folgendes Gespräch: „Ihr weret ebbas Besseres sei, i sieh's an der Montur." „Ja, ja," sagte der Offizier etwas verwundert. „No hend Ihr g'wiß au a schö's Eikomma — aber i woiß scho, dia Herra brauchet au viel." Lachend nickte der Herr seine Zustimmung. Mit Zähigkeit verfolgte der Rosselenker sein Ziel: „Ihr hend jedenfalls au reich g'heirat, suscht tütet 'r laufe." Zustimmendes Nicken. „So a Marka 20 000 wird uia Frau scho g'hett hau?" „No a bisle mehr" — sagte der Offizier jetzt laut lachend. „Hu Rösser" trieb der Fuhrmann jetzt seine Pferde zu einem strammen Tempo nach H. an. Auf dem Bahnhof angekommen, fragte der Offizier nach dem Fahrpreis. „6 war die Forderung. „Aber der Bürgermeister hat mir doch gesagt, es koste 3 „O
was do aunser Bürgermeister sait, Hot koi Wert, i kriag ällamol 6 wenn i nur a Fuhr Sana ge H. führ!" Die Unterhaltung bildet gegenwärtig das Manövergespräch.
Markirch, 22. Sept. Vom Schicksal schwer heimgesucht wurde die Tochter eines hiesigen Fürbe- reibesitzers. Sie kam vor einiger Zeit aus Frankreich zum Besuch ihrer Eltern und brachte zwei blühende Kinder mit. Eines der beiden Kleinen erkrankte und starb. Nun wollte es das Unglück, daß das andere Kind, ein dreijähriges Mädchen, in einen Kübel voll heißen Wassers fiel und sich dermaßen verbrühte, daß auch es verstarb.
Mannheim, 23. Sept. Ein hiesiger Postschaffner fand sein elf Monate altes Kind im Bette tot vor. Das Bübchen hatte sich infolge seiner Unbehilflichkeit selbst stranguliert. Die Schnur seines Gummilutschers war an dem Geländer der eisernen Bettstelle hängen geblieben, hatte sich um den Hals gezogen und das Kind war auf diese Weise erstickt.
Freiburg i. Br., 15. Sept. Eine Leserin schreibt der „Frkf. Ztg.": Wie manche Menschen reisen, davon erhielt ich in diesen Tagen eine nette Probe. Da kommt von vier eifrig im Bädeker studierenden fremden Damen plötzlich in der Nähe unserer „reißenden" Dreisam eine auf mich zu und fragt nach der „berühmten Kettenbrücke", die sie absolut nicht finden könnten. Erstaunt erwidere ich, daß mir eine derartige Sehenswürdigkeit in Freiburg nicht bekannt sei. „Aber es steht doch im Bädeker von der berühmten, großartigen Hängebrücke über die Saane." Nun ging mir ein Licht auf! Die Damen ließen sich durch unsere schöne Breisgaustadt durch den Schweizer Bädeker führen. „Da meinen Sie gewiß Freiburg in der Schweiz, der Fluß durch unser Freiburg heißt Dreisam." „Ja gibt es noch ein Freiburg?" Allgemeines Lachen beschloß diesen Vorfall.
Der eingeschriebene Briesf. Es sind meistens recht wichtige, öfters aber auch recht unangenehme Dinge, die dem Empfänger eines eingeschriebenen Briefes übermittelt werden. Nun kann jeder, der vermutet, daß der an ihn gerichtete eingeschriebene Brief ihm wenig Freude bereiten wird, die Annahme desselben verweigern; das ist sein gutes Recht. Die Sache hat jedoch ihr „Aber"; denn für die aus der Nichtannahme entstehenden Folgen hat der Adressat ebenso aufzukommen, als wenn er den Inhalt des Briefes gekannt hätte. Wird zum Beispiel jemand mittels eingeschriebenen Briefes eine Hypothek gekündigt, so besteht die Kündigung zu Recht, auch wenn die Annahme des Briefes verweigert worden ist. Eine interessante gerichtliche Entscheidung auf diesem Gebiete wurde soeben wieder in einem Mietprozesse gefüllt, über den das „Grundeigentum" berichtet. In der Urteilsbegründung heißt es: Ein
Einschreibbrief hat als zur Kenntnis des Adressaten gelangt zu gelten, da es nur eine Folge des eigenen Verhaltens desselben ist, wenn der Brief nicht zu seiner Kenntnis gekommen ist. Wenn der Beklagte, wozu er natürlich ein Recht hat, die Annahme verweigerte, so kann er anderseits nicht die Tatsache, daß der Brief ihm angeboten wurde, als nicht geschehen behandeln. Er mußte den Brief an dem Tage, an dem er ihm angeboten wurde, als empfangen gelten lassen. Nach den Grundsätzen von Treue und Glauben durste der Absender dies annehmen und brauchte nicht einen besonderen Boten zum Beklagten zu schicken, um ihm die Mitteilung persönlich zu machen. Der Beklagte hätte mit demselben Recht sich die Ohren verstopfen können, wenn ihm kurz vor dem Umzugstermin eine Bote jenes Mieters gemeldet worden wäre. Ebensogut, wie er die von ihm in dieser Weise nicht gehörte Mitteilung gegen sich gelten lassen muß, so muß er auch den Inhalt des an ihn bestellten und von ihm abgelehnten Briefes als zu seiner Keuntnis gelangt gelten lassen.
Die Schäfer sterben aus. Der „Frkft. Ztg." wird geschrieben: Der so poesievolle Beruf der Schäfer stirbt allmählich aus, der Glockenklang der weidenden Herden wird immer weniger gehört, und wenn man „über Feld" geht, sieht man selten noch einen Schäfer treiben. Es liegt das aber nicht etwa daran, wie vielfach behauptet wird, daß die Wollproduktion sich nicht mehr lohne, oder daß vom Fiskus die Hütegerechtsame abgelöst wurden, der Grund ist vielmehr darin zu finden, daß es vieler- orten keine Schäfer mehr gibt. Vielen Gemeinden ist es unmöglich wenn ein alter Schäfer gestorben ist, einen jungen zu bekommen, das Amt eines Schäfers erfordert eine längere Lernzeit, denn er muß mit den Schafkrankheiten einigermaßen vertraut sein. Der unterziehen sich aber heutzutage die jungen Leute auf dem Lande nicht mehr. Wenn sie auf Lohnarbeit gehen, verdienen sie ja mehr, und sie sind nach der Arbeit frei, der Schäfer aber muß ebenso gut des Sonntags wie an Wochentagen seines Amtes walten. Wegen der Unmöglichkeit, Schäfer zu bekommen, mußten viele Gemeinden die Schafzucht einstellen. Es ist sehr zu bedauern, daß der poesievolle Beruf des Schäfers in wenigen Jahrzehnten der Vergangenheit angehört haben wird. Schon das äußerliche Abzeichen, mit dem einst die Schäfer auftraten, und an dem man sie erkannte, die hohe, runde Pudelmütze mit grünem Bande ist völlig verschwunden. Es ist aber nicht allein das Stück überkommener ländlicher Poesie, dessen Ver-
Entlarvt.
Kriminal-Erzählung von C. G. Burg.
1) - (Nachdruck verboten).
An der bayrischen Grenze liegt das reiche Dorf Seehofen; im Süden erheben sich Berge, östlich und westlich breiten sich fruchtbare Felder aus, im Norden liegt der See, von dem der Ort den Namen hat. Dicht dabei ist ein Bruch und hier liegt etwas abseits vom übrigen Dorfe, näher den großen Waldungen, der Eschenhof.
Zur Zeit unserer Erzählung, noch vor dem großen Kriege gegen Frankreich, hatte Peter Meißner den Eschenhof in Besitz, ein Witwer von etwa sechzig Jahren, aber noch ein stattlicher Mann. Sein sechsundzwanzigjähriger Sohn Tedel hatte sich als einziger Anerbe mit des Schullehrers Tochter Doris verlobt; allgemein ward baldige Hochzeit erwartet.
Der Großknecht des Hofes, Kordel Lindner, stammte aus Tegethofen, nahe bei Seehofen gelegen, war selbst eines reichen Bauern Sohn und Tedels intimster Freund.
Bis dahin hatte eine Base des Bauern die Wirtschaft geführt; jetzt war sie gestorben, und Peter Meißner mußte sich per Zeitung nach einer anderen Wirtschafterin umsehen.
Dieses war der Zeitpunkt, in welchem der große Wirrwarr auf dem Eschenhofe entstand, der den Hintergrund unserer wahren Erzählung bildet.
Eines Tages, es war im Herbst, hatte man eben
die Mittagsmahlzeit eingenommen, als der Briefträger kam und ein an Peter Meißner gerichtetes Schreiben brachte: Der Bauer erbrach es und rief:
„Tedel, he, wir haben eine!"
„So?" lautete die Antwort.
„Ja! Mathilde Wurzner schreibt sie sich!"
„Hm! Alt oder jung?"
„Tedel, das steht mcht drin im Brief! Doch halt, wenn sie bereits hier und dort gedient hat, ist sie nicht allzu jung!"
„Gut, Vater!"
„Soll ich ihr Zusagen?"
Man kann es ja versuchen, Vater!"
„Na, da schreib' ich!"
Er ging, Kordel Lindner aber, der Groß- oder Oberknecht, wischte das Messer im Tischtuch ab und meinte:
„Wenn es nur nicht Methusalems Großmutter ist, so gehts noch!"
„Bah", lachte Tedel Meißner, „könntest schon längst im trocknen Unterschlupf sitzen, hast Gulden genug, willst aber nicht! Glaubs, das Scharmu- zieren mit den Frauensleuten bringt Dir noch einmal Unglück!"
„Ja," lachte Kordel, ein hübscher Kerl, „Du hast Deine Doris, aber unsereins!"
Nun mußte auch Tedel, ein echter Bauer, aber j sauber und schneidig, lachen. j
„Du, Du," sagte er drohend, „nimm Dich in acht, daß Du bald besser wirst, sonst gehts zu bösen Häusern!" !
Hiermit gingen sie dem Gesinde nach in die Stallungen.
Nun kam auch der Bauer wieder aus seiner Stube heraus, hielt den Brief in der Hand und murmelte:
„Wollte mir freilich der Vetter Stadtschreiber, dieser Bröcklein, seine Adelaide aufhalsen; aber was versteht die Stadtgans von Bauernwirtschaft? Nein, eine ordentliche Wirtschafterin soll es schon sein, wie die selige Base Urschel! Aha, da kommt der Bote zurück!"
So wurde der Brief denn besorgt.
Vier Tage später war sie da, die neue Wirtschafterin.
Ganz schmuck und niedlich sah sie aus, dunkel und langzöpfig und hatte tiefe Augen.
Der Bauer war zufrieden. Kordel Linder aber, der sie dem später vom Felde heimkehrenden Tedel beschrieb, zog den Mund spitz und schnalzte.
„Ein reputierliches Frauenzimmer! Aber ihre sechsundzwanzig hat sie weg!" lachte er.
"Hm!".
Jungfer Wurzner, wie sie sich rufen ließ, konnte Tedel keinen Beifall entlocken, das schien sie von Anfang an zu ärgern, denn zwischen den beiden kam schnell ein zugespitztes Verhältnis zustande.
Tedel dagegen war klüger, denn er wußte sich bald mit der Wirtschafterin auf freundlichen Fuß zu stellen und gewann sogar ihre Gunst, als Jungfer Wurzner erfuhr, daß er in guten finanziellen Verhältnissen lebte.
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