Württemberg.

Stuttgart, 13. Sept. Auf Schloß Assumstadt starb, wie schon mitgeteilt, der frühere württember- gische Reiteroberst Frhr. Josef v. Ellrichshausen im Alter von 74 Jahren. DerSchwab. Merkur" erinnert daran, daß dieser Offizier der einzige Zeuge war bei der weltgeschichtlichen Begegnung zwischen Bismarck und Kaiser Napoleon in Doncherq. Er hatte mit seiner Feldeskadron dort 137 gefangene französische Offiziere zu übernehmen, als plötzlich Kaiser Napoleon ungefähren kam, ganz gehrochen, ein geschlagener Kaiser und kranker Mann, eine Ruine von der glänzenden Erscheinung, als die ihn Ell­richshauseu während der Zeit seiner Kommandierung zur Gesandtschaft in Paris kennen gelernt hatte. Kaum war Napoleon erschienen, da hörte man Pferdegetrappel: Bismarck kam herbeigeritten. Ell­richshausen ging ihm entgegen und meldete ihm die Anwesenheit Napoleons. Alsbald stieg Bismarck vom Pferde und ging aus Napoleon zu, um ihn, fast untertänig zu fragen:8ire, qu'est ee que vous ctsLire/ ?" In dem Hause selbst konnte dann die Unterredung zwischen den beiden nicht stattfinden, da es mit Leichen und Verwundeten angefüllt war, und so brachten Ellrichshausen und seine Leute die zwei historischen Stühle vor das Haus. Diese Teilnahme an einer weltgeschichtlichen Episode hatte dann für Ellrichshausen noch ein Nachspiel. Er erhielt im Jahre 1888 als Reichstagsabgeordneter eine uner­wartete Einladung zu Bismarck.Die Presse", so redete ihn der Fürst an,wirft mir vor, ich hahe Napoleon in Doncherq roh hehandelt. Sie sind mein einziger Zeuge bei jener Begegnung gewesen. Sagen Sie, wie es damals zugegangen ist." Ell­richshausen konnte bestätigen, daß Bismarck den ge­schlagenen Kaiser mit außerordentlicher Höflichkeit behandelt habe. Ellrichshausen hat im Kriege gegen Frankreich mit seinem Feldjägerkorps in der Schlacht bei Wörth sämtliche Feldzugspläne der französischen Armee und auch den Prunkwagen des Generals Ducrot erbeutet. Sowohl als Reichstagsabgeordneter (t8871890) wie als ritterschaftliches Mitglied der württembergischen Abgeordnetenkammer hat sich Ell­richshausen stets im fortschrittlichen Sinne gezeigt. Der populäre Offizier konnte im Jahre 1901 sein öOjähriges Militärjubiläum feiern.

Stuttgart, 12. Sept. Nach Heilbronn und Ulm hat nun auch die Landeshauptstadt Stuttgart ein Krematorium erhalten. Das Bauwerk, eine Schöpfung des Stuttgarter Architekten Prof. Schalter, ist in edlen Formen gehalten und gereicht dein Fried­hof und der Stadt zur Zierde. Der würdig ausge­stattete Versammlungsraum faßt über 600 Personen. Die Kosten des Kolumbariums betragen 70 000, die des Krematoriums 160000 M Die Krematorien von Heilbronn und Ulm werden auch von auswärts häufig in Anspruch genommen. Nach Heilbronn, Ulm und Stuttgart wird in Württemberg zunächst noch die Stadt Reutlingen ein Krematorium erhalten.

Cannstatt, 15. Sept. Nachdem die baldige Eröffnung des Stuttgarter Krematoriums bevorsteht, soll hier auf dem Uffkirchhos ein Urnenhain erstellt werden. Der Platz wird an der Ostseite des Kirch­hofs durch Einbeziehung der alten Untertürkheiiner Straße gewonnen, die nach Durchführung der Tauben- heimerstraße schon jetzt überflüssig ist. Für die An­lage des Unternehmens liegen sehr wohlgelungene Pläne vor.

Stuttgart, 16. Septbr. Die Landesver­sammlung des Hauptvereins des Evangelischen Bundes fand heute bei zahlreicher Beteiligung in Oehringen statt. Nach einer Vorfeier im Hos- garten, bei welcher Professor Lechler-Heilbronn eine Ansprache hielt, und einem Festgottesdienst in der Stiftskirche begann um 3 Uhr die gesellige Vereinig­ung in der dichtbesetzten Turnhalle. Professor Dr. Hieber begrüßte in gehaltvoller Ansprache die Ver­sammlung. Ille. Everling-Halle sprach sodann überProtestantische und politische Bedenken wider den Evangelischen Bund."

Bezugnehmend auf den Beschluß des Diözesan- vereins Tübingen vom 22. Juli betr. das Mit- bringen von Vereinssahnen in die Kirche hat der Diözesanverein Stuttgart Amt mit Mehrheit folgende Resolution angenommen:Der Diözesan­verein Stuttgart Amt empfindet das Mitbringen der Fahnen von Vereinen, die einen idealen Zweck verfolgen, in die Ktrche an und für sich nicht als etwas anstößiges. Er hält es für wünschenswert, wenn es bei dem bisherigen Rechtszustand belassen wird. In zweifelhaften Füllen hat er das Zu­trauen zu den Kirchengemeinderäten, daß sie eine der Kirche würdige Entscheidung treffen werden."

Stuttgarter Schillerhäuser. In Stutt­gart wird, wie dieMünchn. N. N." mitteilen, gegenwärtig die ehemaligeLegionskaserne", ein um­fangreiches Bauwerk aus der Zeit des Herzogs Karl Eugen, abgetragen. Mit diesem Gebäude schwindet wieder eine wichtige Stätte der Erinnerung an Schiller. DieLegionskaserne" beherbergte näm­lich einst das Grenadier-Regiment Auge, zu dessen Medikus der junge Schiller nach Abschluß seiner Akademiestudien mit 18 Gulden Monatsgabe von Herzog Karl ernannnt wurde. Wahrscheinlich hat er hier auch als Regimcntsmedikus zuerst gewohnt, ehe er sich, mit Leutnant Kaps zusammen, bei der Hauptmannswitwe Bischer im Haugschen Hause ein­logierte. Der Regimentsmedikus hatte vorschrifts­mäßig jeden Morgen die Kranken des Regiments Auge in der Kaserne zu besuchen und sich dann zum Rapport auf der Wachparade einzufinden, lieber Schillers ärztliches Wirken in der nunmehr vom Schauplatz verschwindenden Kaserne melden zeitge­nössische Berichte übereinstimmend, daß Schiller auch in der Medizin Kraftstücke liebte und mit seinen kranken Grenadieren sehr kühne Versuche anstellte. Ich möchte ihm lieber zehn Pferde als meine Frau zur Kur übergeben", spottete Schiller selbst über sein Wirken als Regimentsarzt. Mit der Flucht nach Mannheim endete für immer seine ärztliche Tätigkeit. Am Morgen des 22. September 1782 fand er sich zum letzten Male in der Kaserne zum Dienst ein; am Abend desselben Tages entfloh er in Zivilkleidern, alsDr. Ritter" begleitet von Freund Streicher, durchs Eßlinger Tor. In der Regimentsliste wurde er mit der Bezeichnungausgewichen" am 31. Ok­tober 1782 in Abgang gebracht. Die alte denk­würdige Kaserne weicht jetzt einem modernen Prunk­bau mit Schauläden und Geschüftsbureaus. Der Abbruch der ehemaligen Karlsschule wird auch nicht mehr lange aus sich warten lassen. Die Beseitig­ung des alten Akademiegebäudes ist längst beschlossen; lediglich finanzielle Rücksichten haben bisher den Ab­bruch und den Ersatz durch Neubauten verzögert. Das Haus, in dem Schiller bei der Hauptmanns­witwe Bischer wohnte, hat schon vor vielen Jahren einem Neubau Platz gemacht. Erhalten ist in der Altstadt erfreulicherweise noch Schillers Stammkneipe, das GasthausZum Ochsen." Dort hat der Regi­mentsmedikus debattiert und pokuliert, gekegelt und Karten gespielt. Schillers Stammtisch, ein Ecktisch am Fenster der oberen Stube, ist leider vom vorigen Wirt veräußert worden. Erhalten ist auch noch das alte bescheidene Gartenhaus, in dem Schiller bei seinem Besuch 1794 wohnte. Es hat aber seine Poesie eingebüßt. Schillers Arbeitszimmer, in dem wichtige Abschnitte desWallenstein" entstanden, dient jetzt als Lagerstätte für Eisen und Eisenwaren. Der Fremde findet dieses Schillerhans nicht leicht, da das Gebäude (in der jetzigen Augustenstraße) durch vorgebaute Häuser verdeckt ist. Der Zugang ist neben der FreimaurerlogeZur ausgehenden Sonne."

H.-X. Horb, 17. Sept. (Vom Manöver.) Mit dem heutigen Tage gehen die Manöver beider Divisionen zu Ende; morgen ist Rasttag, am Mitt­woch beginnen die Korpsmanöver, die sich vom 19.22. Sept. in den Oberämtern Horb, Freuden­stadt, Sulz, Oberndorf abspielen. Zu diesem Zwecke wurde heute der Generalstab des Armeekorps nach Horb befördert, wo er bis 21. ds. Mts. verbleibt. Ferner begab sich heute ins Manövergelünde der Stab des 1. Bat. des hohenzoll. Fußart.-Reg. 13 (Ulm), 1.3. Batterie und 1. Flaggenbatterie; die .Bespannungsabteilungen hiezu von den Fußartillerie- Regimentern 8 (Metz) und 10 (Straßburg), welche auch an den bereits beendigten badischen Manövern teilnahmen, sind heute und morgen mit den Truppen vom Fußartillerie-Regiment 13 in Freudenstadt ein­quartiert. Dem Eingreifen dieser schweren Artillerie des Feldheeres (Haubitzbatterien) in die Korps­manöver wendet sich wieder besonderes Interesse zu. Von heute ab tritt das Infanterie-Regiment 180 von der 27. zur 26. Division und der Stab der 26. Kavallerie-Brigade und das Dragoner- Regiment 25 von der 26. zur 27. Division für den Schluß der Manöver über.

Oberje singen, 13. Sept. Fritz Hammer von hier verkaufte heute ein Paar ausnahmsweise große und schwere Ochsen an Mar Obenheimer von Bruch­sal um die stattliche Summe oon 1700 und 10 Mark Trinkgeld. Es dürfte dies somit der höchste Preis sein, der bis jetzt in unserem Bezirk für ein Paar Ochsen erzielt wurde. Der seitherige Besitzer kaufte diese Ochsen vor etwa Jahresfrist um 1000 Ml

Dürrmenz-Mühlacker, 14. Septbr. Der weithin bekannte Besitzer des hiesigen Gasthauses zurKrone", Eugen Leo, ist heute vormittag nach längerem Leiden im Alter von 46 Jahren gestorben.

Vom Bodensee, 14. Sept. (Obstmarkt.) Dem Uebcrlinger Obstmarkt waren gestern 1120 Ztr. Obst, Tafel- und Mostobst, und 150 Körbe Zwetsch­gen zugeführt. Erlöst wurden aus dem Tafelobst 57 M, aus dem Mostobst 2.503.50 M., aus dem üss Zwetschgen 1018 -ff. (Hopfenpreise vom Tettnanger Markt.) Späthopfen 7090 M7, Frühhopfen 90110 Mi; prima Qualität erzielte bis 120 .77 je per Zentner.

Mundelsheim, 13. Sept. Für das Bespritzen der Reben mit Kupservitriolbrühe ist in unserer Gemeinde im heurigen Jahr die Summe von 10 000 Mark verausgabt worden. Und was wird der Er­folg dieses verzweifelten Kampfes sein? Man kann hier höchstens mit einem '/s Herbst rechnen, mit einem Ertrag von etwa 2500 Hektoliter. Immer­hin ist das noch wesentlich günstiger als an ande­ren Orten.

Stetten i./R., 14. Sept. Die hiesigen Wein­berge sind noch vollständig belaubt. Manche haben freilich durch die Peronosporakrankheit gelitten. Doch rechnet ein Teil der Weingärtner noch auf einen schönen Ertrag. Der hiesige rührige Obstbauverein wird sich an der Stuttgarter Jubiläumsausstellung beteiligen.

Stuttgart. 15. Sept. ^Wochenbericht der Zentral­vermittlungsstelle für Obstverwcrtung.' Engros-Markt bei der Markthalle am 15. Sept. 1906. Preiselbeeren per 10 Kilogramm 2228 ff, Brombeeren per 0- KZ 25 ff, Zwetschgen per 14 KZ 712 Reineclauden per 0- KZ 8-10 Pfirsiche per 10 KZ 10-35 Nüsse per 10 KZ 3540 ^!, Birnen per 10 KZ 720 ff. Aepsel per 10 KZ 8 14 Bei starker Zufuhr rascher Absatz. Mostobst- Markt aus dem Wsthelmsplatz am 15. Sept. 1906. Zufuhr 700 Zentner. Preis 4.505.40 per 50 KZ.

tius StaSt» Bezirk uns Umgebung»

Neuenbürg, 15. Septbr. Auf dem hiesigen Rathaus tagte am heutigen Samstag die Amts- versammlung unter dem Vorsitz von Oberamt­mann H o r n u n g. Als erster Punkt der reichhaltigen Tagesordnung kam der Bezirkskrankenhaus­neubau zur wiederholt eingehenden Beratung. Der Vorsitzende gab eine erschöpfende Uebersicht über die ganze Sachlage. Die letzte Amtsversammlung vom 18. Mai ds. Js. erklärte sich bekanntlich mit 16 gegen 7 Stimmen für den Platz in denunteren Hausäckern", unter dem Vorbehalt, daß, wenn ein günstigerer Bauplatz gefunden werden sollte, eine endgültige Beschlußfassung erfolgen solle, und es wurden beschlußgemäß mehrere Grundstücke in den unteren Hausäckern in Höhe von zus. rund 8 400 Ml provisorisch angekauft; ebenso wurde inzwischen mit den Grundstücksbesitzern des gegenüber der Wilhelms­höhe in Aussicht genommenen Geländes verhandelt, weil der Amtsversammlungsausschuß in seiner Sitz­ung vom 28. Juli ds. Js. beschlossen hatte, auch diesen Platz in Vorschlag zu bringen. Die Kosten für dies letztgenannte Areal würden etwa 12 000 bis 14000 betragen. Unangenehm berührt hat dabei der Umstand, daß die Gemeinde Grüfenhausen entgegen ihrer früheren Zusicherung für ein notwendiges Waldareal von etwa ft- Morgen 1 Mk. pro gm forderte. Während nun diese Höhenlage als ein ideal schöner Platz bezeichnet wurde, der nur den Nachteil zu weiter Entfernung von der Stadt habe, was auch höhere Betriebskosten des Kranken­hauses verursachen würde, und zugunsten der unteren Hausäcker geltend gemacht wurde, daß dieser Platz mindestens ebenso sonnig und dazu für Neuen­bürg, zugleich auch mit Rücksicht auf die Nähe des Bahnhofs, günstiger gelegen sei, daß aber dieser Platz wegen des Lärms der Sensenfabrik die Stimm­ung gegen sich habe, brachte Stadtschultheiß Bätzner- Wildbad das der Stadt gehörige sogen. Schnepf'sche Feld an der Wildbader Straße in Vorschlag, das geschickt im Tal bei der Stadt gelegen sei, auch wür­den die Baukosten aus diesem Terrain geringere werden. Obwohl von verschiedenen Seiten als Nachteil dieses Platzes an der^ Wildbaderstraße geltend gemacht wurde, daß daselbst die Lärm- Aussichten noch schlimmere seien, da man ja neben den nahe gelegenen Fabrik- und Wirtschaftsbetrieben auch mit einer Eisenbahnhaltestelle und später mit einer neuen Straße nach Waldrennach zu rechnen habe, stimmten von den 26 stimmberechtigten Mit­gliedern der Amtsversammlung 14 für die Erbauung des Bezirkskrankenhauses auf dem Schnepf'schen Feld, während für den Platz bei der Wilhelmshöhe nur 9 Vertreter von den auf der linken Seite der Enz liegenden Bezirksorten stimmten. So ist nun endlich die in der letzten Zeit jo viele Gemüter bewegende, die Oeffentlichkeit in hohem Maße in Anspruch nehmende Frage zur Entscheidung gekommen, eine Frage, bei der die Meinungen stürmisch hin- und herwogten, wie dies meist nur beiPlatzfragen" zu