Die Schwaben in Amerika

sind, wie alle Württemberger iw Auslande, anhäng­lich an ihr engeres Vaterland. Sie haben der Er­innerung an ihr teures Heimatland verschiedene Feiern gewidmet; so findet alle Jahre ein Cann- statter- oder Schwaben-Volksfest statt. Dem Ges." wurde dieser Tage die 1. Nr. des 30. Jahr­gangs der Festzeitung für das 30. Große Volksfest in Brooklyn von: 20. August zugesandt, welcher folg. Artikel entnommen ist, der in schönster Weife illu­striert, wie sehr die Schwaben in Amerika an ihrer alten Heimat hangen:

Unser Fest.

Wo Gottes Sonne dir zuerst gelächelt Und dich des Himmels Sterne froh begrüßt,

Wo milder Windhauch dich zuerst umfächelt Und Träume dir dein Leben hold versüßt,

Wo zuckend Blitze dich zuerst umgrausten,

Mit heil'gem Schreck' dir kündend Gottes Hand,

Und dir die Sturmwind' durch die Seele brausten,

Da ist die Liebe, da dein Vaterland.

Wo sich das erste Menschenauge neigie Hin über deine Wiege in der Liebe Zug,

Wo deine Mutter dir zuerst bezeigte

Ihr Glück, da sie auf ihrem Schoß dich trug,

Wo dir zuerst dein Vater weise Lehren In's Herz eingrub und dich mit Gott verband,

Und du die Eltern durftest kindlich ehren,

Da ist die Liebe, da dein Vaterland.

Und sind es öde Inseln, kahle Berge,

Und wohnen Müh' und Armut dort mit dir Und wachsen selbst die Bäume kaum als Zwerge Und drückt der Mangel dich zu Boden schier:

Du mußt das Land im Herzen treu behalten

Du bist ein Mensch, der aus dem Staub erstand!

Hab's ewig lieb! denn deine Lippen lallten Zuerst beglückt hier: Liebe, Vaterland.

Liebe! Vaterland! Gibt es einen Menschen auf Gottes weiter, schöner Erde, dessen Blut beim Nennen dieser Worte nicht rascher pulsiert, dessen Brust sich nicht höher hebt, dessen Sehnen nicht intensiver, dessen Denken und Sein momentan sich nicht auf jenen Fleck konzentriert, ivo seine Wiege stand, wo Mutterarm ihn umschlungen, wo Vater- Hände ihn getragen, wo er mit züchtigen, verschämten Wangen die Jungfrau vor sich stehen sah, wo sein Himmel im kindlich reinen Sinn auf Erden war!

Liebe! Vaterland! Waren sie es nicht, welche vor 30 Jahren unseren Schwäbischen Sängerbund veranlaßten, ja instinktiv man verzeihe uns den allein richtigen Ausdruck dazu trieben, ein Volks­fest abzuhalten, um die Liebe zur Heimatscholle, zum angestammten Vaterlande auch hier ewig wach zu halten! War es nicht die Liebe zu den heimatlichen Sitten und Gebräuchen, zu den heimatlichen Ge­bräuchen, zu den heimatlichen Gebirgen und Tälern, zum heimatlichen Himmel, der sich so klar spiegelt in den Gebirgsbächen und im schönen, unvergeßlichen,

stuhls, in dem wir saßen, zu treten. Er sah mich immer an. Seine Augen sagten mehr, als sein Mund sprach. Eines Tages bemerkte ich, daß er mir einen Brief unter dem Schutze seines Feder­hutes zustecken wolle. Das erstemal habe ich den Brief nicht angenommen, am nächsten Feiertag aber flüsterte er:Sie retten eine Seele!" Ich nahm den Brief, las ihn, las die heißesten Liebes- beteuerungen. Ich war glücklich, daß mich jemand auf dieser Welt liebe. Seitdem hat er mir öfters in der Kirche kleine Billete zugesteckt. Vor etwa einer Woche schrieb er mir: Sie werden heute eine zusammengerollte Strickleiter unter ihrem Fenster finden. Sie liegt ganz unauffällig unter Steinen da. Nehmen Sie sie zu sich. Ich muß mit Ihnen sprechen, ich muß. Sie werden doch einmal sich der Aufmerksamkeit ihrer Wächter entziehen können. Ich werde von heute ab täglich ganz unauffällig Schlag Mitternacht durch Ihre Gasse gehen. Möchte ich die Strickleiter herabgelassen finden! . . . ." Das Mädchen, schamrot geworden, seufzte, blieb eine Weile stumm und fuhr dann fort:

Ich bin wirklich so töricht gewesen, die Leiter in's Haus zu nehmen und habe sie an zwei Abenden vom Balkon heruntergelassen. Aber der Hausdrache sieht mit seinen alten Augen sehr scharf. Er schleicht Tag und Nacht umher, hört alles, durchstöbert alles. Heilte morgen fand ich auf meiner Kammer die verschlossene Lade, in der ich meine Briefe ver­wahrte, erbrochen und als ich zu meinem Oheim kam, lagen die Briefe neben ihm aus dem Tische! O, hätte ich sie nie mit einem Finger angerührt, hätte ich doch lieber in feurige Kohlen gegriffen! Mein Oheim war wütend er drang in mich, ihni den Namen des Offiziers zu nennen und ich habe ihn ihm genannt. Nun ließ er mich auf meinem Zimmer bewachen und als es Nacht wurde, zwang er mich, mich so anzukleiden, wie Sie mich da sehen, im Seidenkleid, den Brautschleier im

rebenumkränzten Neckar, welche das Band der Freund­schaft um die biederen Söhne und Töchter der Suevia schlang, um sie für immer zusammenzuhalten, zu verbinden zu einem harmonischen Ganzen!

Waren es nicht unsere Geistes - Heroen, wie Schiller, Schubert, Uhland, Keppler u. s. w., welche uns den Impuls dazu gaben, in dieser Beziehung bahnbrechend zu wirken, wie es ja tatsächlich der Fall ist!

Ein Konradin von Hohenstaufen hat in fremden Landen sein Leben gelassen für seine ihm über alles geliebte Schwaben, ein Häuflein Weiber von Weins­berg hat der Welt gezeigt, was treue, hingebende Liebe ist, ein einfacher Schäfer im Wams trug seineil Landesherrn in der Stunde der Not und Gefahr auf denl Rücken über wenig bekannte Gebirgspfade, Graf Eberhard im Bart wurde auf dem Reichstag zu Worms als der reichste Fürst, dessen Land Edel­steine trage, bezeichnet und wir sollen das herrliche Land, das uns geboren, vergessen und verleugnen!

Liebe! Vaterland! Jedes unserer Feste atmete die Liebe, die treue Anhänglichkeit ans alte Vater­land. Gewiß! Aber dabei darf ein Verein nicht stehen bleiben.

Und der Schwäbische Sängerbund, unter dessen Auspizien ja diese Volksfeste stattfanden und statt­finden, blieb auch nicht auf halbem Wege stehen, und es ist heute ein hervorragender Moment man mag uns deshalb vielleicht entgegenlächeln daß die Schwaben in jeder Beziehung in Front marschieren.

Liebe! Vaterland! Der Schwäbische Sänger­bund steht heute noch unerreicht da, richtig begriffen zu haben, was diese Worte bedeuten im Adoptiv- Vaterlande.

Gewiß ist es, wer sein altes Vaterland nicht ge­liebt hat, der faßt auch hier nicht Grund und Boden, derjenige aber, der mit dem festen Vorsatz hierher- komnlt, eine neue Heimat zu finden, der ist es, dein die Volksfeste etwas vorführen, etwas zeigen, etwas Greifbares geben sollen.

Tun sie es im allgemeinen? Wir wagen nicht, eine Antwort zu geben. Aber das wagen wir zu beweisen, daß etliche weitsehende, mit Vernunft be­gabte Männer Namen tun hier nichts zur Sache des Schwäbischen Sängerbundes nach und nach einsahen, ein bloßes Volksfest mit allem Drum und Dran kann auf die Dauer nicht fesseln und nicht ziehen, von erziehen gar keine Rede. Und da hatten sie wieder eine Vorlage, so gesund, wie sie nirgends in Deutschland zu finden war in dem Cann- statter Volksfest.

Die Liebe zum alten Vaterlande haben wir gehegt, die Liebe zu neuem aber müssen wir wecken und pflegen," dachten deshalb jene klarsehenden

Haar, den verwünschten Schleier! Wie eine Närrin stehe ich da. Aber nie, nie hätte ich eine Strafe erwartet, wie die, die mir jetzt zuteil werden soll. Und nun habe ich Ihnen alles gestanden. Sie wissen alles. Mein Oheim selbst hat heute im Dunkeln die Strickleiter an dem Balkon befestigt, um ihn heraufzulocken!"

Heinrich Martin, der nun den Sachverhalt klar einsah, war dessen ungeachtet über die Verkettung der Umstände maßlos betrosten. Es war doch wahr, der Zufall mischte sich mehr als wie bei anderen in sein Leben und trieb mit ihm das wunderlichste Spiel. Es war ihm, als sei über ihn das Wort gesprochen: er habe auf seinen eigenen Willen zu verzichten und habe nach dunklen, verborgenen Ab­sichten zu handeln. Er brauchte eine Zeit, bis er sich faßte. Dann sagte er:

Sie haben mir, Fräulein, ein hohes Vertrauen bewiesen. Sie sollen sehen, daß ich dessen wert bin. Ist Ihr Oheim in der Nähe?"

Ich denke, daß er sich im großen Saale auf- hült. Ich glaube dort seinen Schritt gehört zu haben."

Wollten Sie ihn rufen?"

Sehr gern!"

Bianca öffnete die Tür, doch schon kam ihnen der alte Herr mit ironischer Höflichkeit entgegen.

Herr," sagte Martin mit der festesten Miene, die ihm zu Gebote stand, und er meinte in der Tat, alles in Einklang mit seiner Ehre in's Reine bringen zu können,ich wiederhole Ihnen noch ein­mal, daß Sie sich in meiner Person täuschen. Ich habe mich, von Strolchen verfolgt, auf Ihren Balkon geflüchtet, von welchem eine Strickleiter herabhing. Das ist alles. Sie verlangen von mir, daß ich Ihre Nichte heirate. Stellen Sie diese Aufforder­ung an den, den es angeht. Mich zwingen Sie nicht und auch den Gefühlen des jungen Fräuleins werden Sie solchen Zwang nicht antun düsten. Wir leben in einem Jahrhundert, in welchem Gesetze die

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Schwaben. Und durch ivas und wodurch kann denn das besser und anschaulicher geschehen, als durch eine Ausstellung. Sehet hin, ist das nicht ein reiches Land, der Liebe wert, welches solche Früchte, solche Blumen und Pflanzen ausweist! Sehet hin, ist das nicht ein Land, dem du deine alte Liebe entgegen­bringen kannst, wo Menschenhand, menschliche Energie, menschlicher Fleiß, menschlicher Geist solche Gebilde zutage fördert! Sehet hin, ist das nicht ein Land, wo sich alle als Bürger der ganzen Welt fühlen müssen, ivo du als ganzer Mensch dich deiner Heimat, wo du auch immer Herkommen magst, würdig zeigen kannst.

Vor dreißig Jahren predigte das Caunstatter Volksfest in erster Linie Liebe zum alten Vaterlande seit Jahren aber auch, und erst recht, Liebe und Treue und Anhänglichkeit zu deinem Adoptiv-Vater- lande. Das bedeutet die Ausstellung und darin liegt der kolossale Fortschritt. Welche Wendung durch richtige Erkenntnis!

Warum also sollen wir nicht getrost diesem alten Jubiläumsfeste entgegensehen. Unser Motto war stetsVorwärts!" und zu allerletzt, weil wir's noch niemals an die große Glocke hingenWohl­tun und mitzuteilen!"

Aufgabe.

Ein für unser Kaiserhaus denkwürdiger Tag läßt sich mit Hilfe der folgenden Angaben bestimmen:

Vermehrt man die 172fache Datumszahl um die 174fache Monatszahl, so ist die Summe der Jahreszahl. Vermindert man die 290fache Monats­zahl um die 3! fache Datumszahl, so ist der Rest ebenfalls der Jahreszahl.

Welcher Tag ist gemeint?

Auflösung des ZahlcN'Rälselö in Nr. 143.

Matt, Athen:, Thema, Mama, Amme, Emma, Ethik.

Nt a t h ematik.

Das Schachspiel ist aus, der Sieger ruft: matt. Der Mensch, so lang er lebt, noch Athem hat.

Das Thema, dem Schüler noch unbewußt.

Zum Examen er geht mit beklommener Brust.

Des Kind's erstes Wort ist: Mama,

Doch lieber oft noch, als seine Manie,

Ist ihm seine unentbehrliche Amme.

Der Freier oft lang wartet auf's In Seiner heimlich geliebten Emma!

Die WissenschaftEthik" aus Griechenland stammt. Doch kennt man sie wohl auch im deutschen Land. Die Mathematik wohl jeder auch kennt.

Der Schüler der technischen Schule sich nennt.

Wollt Ihr des Rätsels Löser finden,

So suchet ihn im Brunnenweg dahinten!

persönliche Freiheit jedes Einzelnen schützen. Zudem bin ich, wiewohl ein Fremder, so hilflos nicht, wie Sie vielleicht meinen! Ich habe Freunde, mächtige, einflußreiche Freunde"

Ei, ei," fiel ihm der Alte ins Wort.Sie steigen zur Nachtzeit in die Zimmer der mir anver­trauten Nichte und wären nicht deren Liebhaber? Seltsam! Wie kommen Sie zu dieser Stunde in die ganz öde, ganz unbegangene Gasse? Wie soll ich das Märchen von Verfolgern glauben? Sie sind der, für den ich Sie halte und werden Biancas Ehre wieder Herstellen, indem Sie ihr Ihre Hand geben!"

Das Fräulein," erwiderte Martin galant,ist wohl ebenso gut, wie schön, die Verbindung mit ihr könnte mir unter andern Verhältnissen zur Ehre gereichen, aber wie die Sachen stehen, weise ich ihren Antrag aufs Bestimmteste zurück."

Was?" entgegnete der Alte, indes sein Gesicht sich scheußlich verzerrte,Sie verweigern es, den unserem alten Hause angetanen Schimpf wieder gut zu machen? Erst hringen Sie Blanca dahin, das Vertrauen ihres Oheims zu täuschen, dann entziehen Sie sich der Verantwortung und Ihrer Pflicht? Die Ehre unseres Hauses ist verletzt worden, ich halte Sie für den Schuldigen oder was noch ärger wäre für den Mitwisser; wundern Sie sich nicht, wenn ich meine Maßregel ergreife! Aus diesem Gemache werden Sie nicht weichen, bis Sie anderen Sinnes sind! Dieses Haus werden Sie nicht ver­lassen, wenn Sie bei Ihrer Abneigung bleiben! Meine Maßregeln sind getroffen!"

In diesem Augenblick ließ sich etwas hören, das ganz und vollständig wie das Spannen eines Hahnes klang. Jeder mußte es dafür halten, doch es konnte am Ende auch ein Knacken im alten Holz- getäfel sein.

(Fortsetzung folgt.)