Interesse bietet, macht die „Str. Ztg." aufmerksam. An der Straße von Winkel nach dem romantisch gelegenen südlichsten Orte des Reichslandes, Lützel, liegt das Gehöft „Glashütte", das aus 4 Wohnhäusern besteht, von denen 3 bewohnt sind. Diese drei bewohnten Häuser gehören zu drei verschiedenen Gemeinden, zu Winkel, Oberlarg und Lützel. Bei der Weiterwanderung kommt man kurz vor Lützel zum Gehöft „Scholis". Hier ist der Kulminationspunkt der großen Wasserscheide. Das Wasser, welches von der uns zugekehrten Dachseite der Scheune «bläust, gelangt in das Becken des Mittelländischen Meeres, und das, was von der anderen Dachseite herunterrinnt, in die Nordsee.
Ueber die Schädigung der nationalen Energie macht Otto German-Naumburg in Nr. 11 des „Volkserzieher" sehr beachtenswerte Ausführungen. Er sagt u. a.: „Es ist von großer Wichtigkeit, auf einen außerordentlichen Krebsschaden an unserer Volksgesundheit nachdrücklich hinzuweisen. Wir lassen zunächst einen Ausländer, den Burenkommandanten I. P. Jooste, reden. Er warnt in seinem Buche: „Ans der zweiten Heimat" seine Landsleute vor „der größten Gefahr der europäischen Zivilisation", vor dem „Alkoholteufel". Er sagt wörtlich: „Es ist ganz unglaublich, was auf diesem Gebiet gesündigt, wie viel Zeit und kostbares Leben in Gastwirtschaften verlottert wird und in welchem Maße schwere Krankheiten, Selbstmorde, Zusammenbruch der Familien, ganz abgesehen von der Geldverschwendung, aus diesem Laster entstehen. Man muß sich nur einmal vorstellen, daß in Deutschland allein drei Milliarden des Volksvermögens auf den Konsum von Alkohol verwendet werden . . . und dabei werden die verständigsten Leute in Deutschland empfindlich und fast persönlich beleidigt, wenn man auf die Gefahren des Alkoholverbrauchs hinweist."
(Schiffahrt auf dem See Genezareth.) Auf dem aus dem Neuen Testament bekannten See Genezareth (See von Liberias), der bis jetzt nur mit Booten befahren wurde, kann man seit einigen Wochen ein stolzes Dampfschiff sehen, das den Verkehr zwischen den am Ufer des Sees gelegenen Ortschaften vermittelt. Die zur Zeit Jesu so verkehrsreichen User, an denen mehrere Apostel als Fischer lebten, sind jetzt ganz verwahrlost und verödet. Am Ostufer gibt es nur zwei bewohnte Dörfer, am Westufer ist neben der Stadt Tabarye nur das Dorf El-Medschdel zu nennen. Erst seit den letzten Jahren regt sich neues Leben, besonders seitdem sich am Chan Minje eine Kolonie des katholischen Palästinavereins Deutschlands niedergelassen hat. Durch die neueröffnete Schiffahrt hofft man den Verkehr in und mit den Userorten ein wenig zu heben. '
„Landpomeranze." Der jetzt bei solchen Großstädtern, welche ländliche Orte den Sommer über unsicher machen, wieder vielgebrauchte Ausdruck „Landpomeranze" bezieht sich hauptsächlich auf die Farbe des Teints der Landbewohnerinnen und ist als süddeutscher Studentenausdruck zunächst für eine ländliche Schöne mit mangelnder Weltbildung ausgekommen. Der Dichter Hauff schreibt 1826:
„Bei anderen hatte er nach den ersten Präliminarien beinahe ohne Schwertstreich gesiegt, und dieses Land- pomeränzchen hat ihm so imponiert, daß er es nicht wagte, nachdem sie ihn einmal mit Verachtung abgewiesen hatte, noch einmal einen Versuch zu machen." Heute ist der Ausdruck allgemein verbreitet und wird zur Bezeichnung des Provinzialen mitunter auch da angewandt, wo er nicht berechtigt ist.
sUebel angebrachte Redensart.) .: „Ich
stelle fest, daß bei der heutigen Jagd gegen meinen Willen auch eine Rehgeiß erlegt wurde. Wer hat den Bock geschossen?"
sAha!) „Sie verkaufen diese Uhren also das Stück für 10 Mark? Soviel müssen ja die Selbstkosten betragen!" — „„Das tun sie auch!"" — „Dann verdienen Sie doch aber nichts!" — „„Doch, an den Reparaturen!""
(Unnötig.) Kellner: „Wünschen Sie eine Ansichtskarte von unserem Hotel?" — Gast (der tüchtig geschnitten worden ist): „Danke, ich habe von Ihrem Hotel meine eigenen Ansichten."
September.
Der September, der Herbstmonat, ist gekommen. Er hat seinen Namen von dem lateinischen Septem — sieben, weil er der siebente Monat des altrömischen Kalenders war; unsere Vorfahren nannten ihn Herbstmonat, weil in seinen Verlauf der kalendarische Herbstanfang fällt. Wenn auch die Sonne noch warm vom Himmel herniederstrahlt, so fehlt es doch nicht an den Vorzeichen des Herbstes in Pflanzen- und Tierwelt. Das bisher frische, satte Grün des Laubes an Baum und Strauch lichtet sich merklich und macht an vielen Stellen bereits gelblicher Färbung der Blätter Platz, viele der letzteren fallen von den Stößen des Windes, um in tollem Wirbel durch die Lüfte zu kreisen. Auch die Fülle der Blumen hat in Feld und Garten ihren Höhepunkt schon längst überschritten, und an Stelle des überreichen Farbenwechsels, den Floras Kinder im Sommer dem Auge boten, treten uns mehr die einfacheren Farben der Herbstflora, das matte Gelb, das wenig leuchtende Lila und bleiche Violett entgegen. Die Ernte auf den Feldern ist allmählich abgetan, heimgekehrt sind die hochbeladenen Wagen mit dem köstlichen Korn, uns Brot verheißend für den langen Winter. Purpurn und golden schimmern die Früchte an den Bäumen, und unsere Kinder schauen im Geiste schon die rotwangigen Aepfel an dem Wunderbaume der Weihnachtszeit. Die Traube glüht in herrlicher Pracht an den Hängen unseres gesegneten Rheins, und bald werden sich tausend fleißige Hände regen, um die köstlichen Gaben zu bergen. In der Tierwelt sind es besonders die Vögel, die das Nahen des Herbstes verkünden. Der Storch, der Kuckuck und der Wiedehopf haben uns verlassen, und die Schwalben folgen ihnen demnächst. Von Tag zu Tag lichtet sich die Schar der Sänger, bis es still und öde wird in Wald und Flur. Dem Bauern ist Regen im September willkommen, denn eine alte Bauernregel sagt:
An Septemberregen stür Saaten und Reben Ist dem Bauer gelegen.
Ist der September seinem eigentlichen Charakter, mild und klar zu sein, getreu, jo stellt eine andere Bauernregel ein gutes nächstes Jahr in Aussicht; denn Ein Herbst, der warm und sonnenklar,
Ist gut fürs nächste Jahr.
Letzi« Nachrichten u. Telegramme
Kiel, 2. September. Heute mittag waren sämtliche Admirale und Kommandanten der im hiesigen Hafen liegenden nordischen Geschwader zu einem Frühstück beim Flottenches, Großadmiral von Köster, aus S. M. Schiff „Kaiser Wilhelm 11." geladen, woran auch Prinz Heinrich von Preußen teilnahm.
Altona, 2. Sept. Gestern nachmittag fand hier an den Gräbern deutscher und französischer Kämpfer aus dem Feldzug 1870/71 eine Gedenkfeier statt, an welcher auch 2 Mitglieder des hiesigen französischen Konsulats und ein Vertreter der französischen Botschaft in Berlin teil- nahmen. Letzterer sprach nach Schluß der Feier dem Vorsitzenden der Kampfgenossen- und Kriegervereinigung den Dank der französischen Regierung und des Generalkonsulats für das pietätvolle Gedenken an die französischen Kämpfer aus.
Frankfurt a. M., 2. Sept. Heute fand hier das 6. Paris-Frankfurter Achter-Wettrudern statt. Sieger wurde die Pari)er Mannschaft, die die 2500 Meter lange Strecke in 7 Minuten 52 Sekunden zurücklegte und die Frankfurter Mannschaft um 3 Längen schlug. Letztere legte die Strecke in 8 Minuten 4 Sekunden zurück. Morgen abend reist die Pariser Mannschaft nach Palanzo ab, um an der europäischen Meisterschaftsfahrt teilzunehmen.
Heidelberg, 2. Sept. Geh. Hofrat Professor Dr. Vierordt ist an einem Herzschlag heute früh im Alter von 51 Jahren gestorben.
Heidelberg, 2. September. In der letzten Stadtratssitzung wurde ein Schreiben des Finanzministeriums mitgeteilt, nach welchem der Großherzog auf die Vorstellungen des Heidelberger Stadtrates, das Heidelberger Schloß betreffend, nicht die Ueber- zeugung zu gewinnen vermocht habe, daß ein öffentliches Preisausschreiben ein geeignetes Mittel darstelle, die Lösung der Frage der Erhaltung des Otto-Heinrichbaues zu lösen und daß er deshalb davon absehen müsse, die Bitte des Stadtrates in weitere Erwägung ziehen zu lassen. Im übrigen werde die großherzogliche Regierung der Erhaltung dieses Baues in seiner gegenwärtigen Gestalt so weit und so lange dieses sich als möglich erweise nach wie vor ihre tätige Fürsorge widmen.
Reklameteil.
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C. Büxenstein Nachf., Menenvürg und Carl Bechtle, Kerrenakb.
hier in der Nähe sei ein guter Gasthos, der einer Deutschen, einer gewissen Mutter von Tann gehöre, die könne ein Ragout machen, so gut wie keine andere es verstehe."
„Zu Mutter von Tann wollt Ihr?" versetzte Grete, „o, da kommt nur mit mir; ich bin ja ihre Tochter!"
Die gute Mutter von Tann begrüßte den Gast, den ihre Tochter ihr brachte, mit aller Freundlichkeit.
„Ja, Mutter von Tann — ich bin müde und hungrig," erwiderte der junge Mann als Antwort auf ihren Gruß, „und werde dem Wildragout, das Ihr so schön zu bereiten versteht, alle Ehre antun."
„Ihr wißt aber wohl nicht, daß dieses Wildragout sehr teuer ist," versetzte die behäbige Wirtin in nachdrücklichem Tone, während ihr Auge flüchtig über den staubbedeckten Anzug ihres Gastes glitt, „es kostet vier Gulden."
„Und wenn es vierhundert kostete — ich habe es mir einmal in den Kopf gesetzt und will es haben."
„Ja, ja, Ihr jungen Männer habt gut reden, aber ich weiß schon, wie ihr Studenten es macht. Wie mancher sprach schon bei mir vor und bestellte das beste Ragout, das ich zu machen verstände; und wenn sie wieder ihres Weges gingen, waren ihre Börsen noch so voll als da sie kamen, nur Mutter von Tann war um vier Gulden ärmer."
„Schaut mich an, Mutter!" rief Fritz munter, indem er der Wirtin beide Hände erfaßte und sie dadurch zwang, ihm gerade in die offenen blauen
Augen zu blicken; „und sagt, ob ich aussehe, wie ein solcher Tunichtgut?" I
„Nein, wahrhaftig nicht," gab die Wirtin lachend i zu. „Sagt, wo kommt Ihr her?"
„Von Berlin."
„Von Berlin ? wo der alte König lebt, von dem die Leute so wunderliche Geschichten erzählen? Da seid Ihr ja ein Landsmann von mir! da muß ich Euch wohl auch den Willen tun und Euch ein feines Ragout bereiten. Komm, Grete, und hilf Deiner Mutter; hast Deine Zeit wieder den ganzen Morgen bei den Vögeln und Fischen vergeudet!"
„Dafür müßt Ihr mich schelten, Mutter von Tann," meinte der Gast; „ich habe ihre Zeit in ; Anspruch genommen; sie soll auch jetzt bei mir ! bleiben und mich unterhalten; ich muß doch jemand haben, der mich für Eure Abwesenheit entschädigt!"
„Komm, Grete, setze Dich hier auf das Sofa und laß uns mit einander plaudern," wandte Fritz sich zu dieser, als Mutter von Tann halb zürnend, halb lächelnd das Zimmer verlassen hatte; und rückhaltslos beantwortete sie alle seine Fragen über ihr Leben und ihre Beschäftigung. Endlich fragte er sie auch, ob sie nicht etwas singen könnte.
„O ja," versetzte sie, „mein Lieblingslied, das Großmutter mich einst lehrte, könnt Ihr mir vielleicht aus Eurer Flöte begleiten."
Es war ein einfaches, aber seltsam melancholisches Lied. Nachdem Grete es zweimal vor sich hingesummt, hatte Fritz die Melodie im Kopfe und konnte ihrem Wunsche willfahren.
„Was für ein trauriges Lied Du gewählt hast!"
! rief er, nachdem der letzte Ton verhallt war; > „kannst Du mir nicht etwas Heiteres Vorsingen, das ich als Erinnerung mit mir nähme?"
Einen Moment blieb Grete stumm, während ihr Tränen über die Backen rollten, dann hauchte sie mit halberstickter Stimme: „Ihr geht wieder fort!
— und wenn wir uns Wiedersehen, sind wir beide alt und kalt!"
Diese Worte waren wie ein Echo ihres Liedes.
„Nein, Grete, meine liebe Grete!" rief der junge Mann, von ihrem Schmerze tief gerührt und , nicht recht wissend, was er, sie zu trösten, sagen ; sollte. „Jung und glücklich werden wir sein, wenn ! wir uns Wiedersehen, denn ich komme nächste Woche
— vielleicht morgen schon wieder."
Ein Lächeln der Freude und Dankbarkeit schimmerte durch Gretens Tränen, als sich die Türe auftat und Mutter von Tann mit einem köstlich duftenden Ragout eintrat.
„Hier, junger Mann, habt Ihr ein Gericht, wie Ihr es nicht alle Tage bekommt," sagte sie mit selbstbewußtem Lächeln. —
Fritz ließ sich das Ragout und eine Flasche von Mutter von Tanns bestem Wein gut munden; als er sein Mahl beendet hatte, stand er auf, warf einen halb bedauernden Blick aus Grete und meinte dann, zu der Wirtin gewendet: Nun ist es hohe Zeit, mich wieder auf den Weg zu machen, und Euch zu beweisen, daß ich nicht die Absicht habe zu entschlüpfen, ohne meine Zeche bezahlt zu haben." (Schluß folgt.)