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Tagesneuigkeiten.

Z Calw, 8. März. Unser Landtagsab­geordneter Herr Rechtsanwalt Kraut aus Stutt­gart besuchte gestern und heute die Bezirksorte Zwerenberg, Neuweiler und Neubulach, um den Wählern Bericht über seine Tätigkeit im Landtag zu erstatten. Vor gut besuchten Versamm­lungen sprach er über den Etat, die Reformen der Verfassung, der Gemeindeordnung, der Steuer, der Eisenbahnen und der Volksschule. In Neubulach hatten sich auch Wähler von Altbulach, Ober- haugstett, Liebelsberg und Breitenberg, in Neuweiler von Aichelberg, in Zwerenberg ron Martinsmoos und Hornberg ein­gefunden. Die Ausführungen des Landtagsabge­ordneten fanden einmütige Zustimmung. Nach ihm sprach Redakteur Dr. W o l f f - Stuttgart über Reichspolitik, Zolltarif und Handelsverträge, Grenz­sperre und den notwendigen Zusammenschluß des bäuerlichen und gewerblichen Mittelstandes. Infolge seiner Ausführungen wurden in Zwerenberg, Neu­weiler und Neubulach Ortsabteilungen des Bundes der Landwirte gegründet. InNeuweiler erfreute auch noch der Reichstagsabgeordnete Schrempf die Versammlung durch interessante Mitteilungen über die Ursachen der wirtschaftspolitischen Mittel­standsbewegung. Dieser besuchte am Samstag die Gemeinden Breitenberg und Oberkoll- wan gen, am Sonntag Nachmittag Würzbach und Altburg, um über die Reichstagsverhand­lungen Bericht zu erstatten. Seine interessanten Ausführungen wurden ollerwärts beifällig ausge­nommen und seine Haltung in der Zolltarifvorlage gebilligt. In Altburg wurde von sozialdemo­kratischer Seite der Versuch einer Störung gemacht. Die Versammlung und der Redner wiesen jedoch diesen Versuch so energisch zurück, daß der fernere Verlauf und die sich anschließende Besprechung un­gestört blieben. Auf die von sozialdemokratischer Seite erhobene Anfrage, wie sich unser Reichs­tagsabgeordneter zur Stimmrechtsfrage stelle, antwortete derselbe unter allgemeinem Beifall, daß er stets für das allgemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht eingetreten sei und eintreten werde. Auch eine Anfrage über dieBrüsseler Zuckerkonvention" und das Zuckersyn­dikat wurde zur Zufriedenheit des Fragestellers beantwortet.

Calw, 11. März. Auf den heutigen Vieh- markt waren zugeführt 453 Stück Rindvieh, 57 Pferde, 43 Körbe Milchschweine und 137 Stück Läufer. An Rindvieh wurden verkauft 295 Stück. Auf dem Schweinemarkt war der Handel schleppend, Milchschweine lösten 1836 ^., Läufer 4092 pro Paar.

r. Emmingen, 9. März. Am gestrigen Sonntag hielt der Nagoldgau sängerbund eine Ausschußsitznng im Lamm hier ab, welche von den einzelnen Vereinen über Erwarten zahlreich be­sucht war. Nachdem der Gauvorstand Bayer- Calw die Vertreter nach echt deutscher Sängerart begrüßt und Gaukassier Gärtner- Wildberg den Kassenbericht erstattet hatte, wurden die weiteren Gegenstände der Tagesordnung zu allseitiger Be­friedigung glatt und rasch erledigt. Die Gene­ralversammlung des Bundes findet anfangs Mai

in Bieselsberg statt, wie schon bei der letzten Aus­schußsitzung in Calw beschlossen wurde. Um bei dergleichen Zusammenkünften die vorzüglich wirken­den Massenchöre auch zum Vortrag bringen zu können, ermahnte Gaudirigent Vintzon-Calw die Vereine eindringlich, die für diesen Zweck ganz besonders geeignetendeutschen" Volkslieder ja recht pflegen zu wollen. In den Pausen erfreute der Ltederkranz Emmingen die Anwesenden durch den Vortrag schöner Männerchöre. Auf Wiedersehen in Bieselsberg!

Marbach a. N., 7. März. Dieser Tage ist in der Thomasphosphak-Mühle von Schwadercr u. Göpper in Burgstall der 32jähr!ge verheiratete Ar­beiter Fischer von Affolterbach in die Trans­mission geraten und wurde so schwer verletzt, daß nach wenigen Minuten der Tod eintrat. Es ist dies der zweite Arbeiter aus Affolterbach, der inner­halb 8 Wochen durch Unglücksfall im Dtühlebetrieb ums Leben kam.

Oehrin gen, 8. März. Heute Sonntag nachmittag veranstaltete der Geflügel-und Vogel­schutzverein im Saale des Gasthofs z. Eisen­bahn eine überaus reichhaltige Ausstellung von Nutz- und Z i er g e f l ü g e l, von Eiern und Kanarien. Es waren fast durchweg Prachtexemplare vertreten, und die gewissenhafte Wertung mag den Preisrichtern nicht leicht geworden sein. Am meisten Sportgeflügel war verhältnismäßig von Eschelbach zu sehen, Erzeugnisse, denen immer gebührende An­erkennung zu teil wird. Ein niederer Eintrittspreis ermöglichte es auch vielen Nichtmitgliedern, die schönen, nieist rassereinen Tiere zu bewundern. Für die Mitglieder fand eine Verlosung angekaufter Tiere und Eier statt.

Berlin, 9. März. Der Vossischen Zeitung wird aus Hamburg telegraphiert: Der Dampfer Edgar" ist auf der Fahrt von London nach Rochester an der Küste der Bretagne gestrandet und gesunken. 10 Mann der Besatzung fanden den Tod in den Wellen. Die übrigen 7 wurden gerettet.

Berlin, 9. März. (Deutscher Reichs­tag.) Tagesordnung: Fortsetzung der Beratung des Militär-Etats. Titel Kriegminister. Abg. Müller-Meiningen (frs. Vp.) kommt auf die Frage der Neu-Uniformirung der Armee zu sprechen. Die Uniformirung sei zum größten Teil für den Ernstfall höchst bedenklich. Die Hellen Farben würden zum Verräter. Auch alles blitzende an der Uniform, Knöpfe, Helm rc. seien für den Kriegsfall nach dem Urteil Sachverständiger ge­fährlich. Oberst Schiel verlange unter Hinweis auf die Erfahrungen im südafrikanischen Kriege grüngraue Farben für den Soldatenrock und fort mit der Binde. Ein anderer Sachverständiger sage überhaupt fort mit dem Waffenrock. Weshalb führe man nicht die Litewka ein. Aber leider gebe es in der Armee auch Käuze, die meinten, der Geist der Truppen leide, wenn die Bekleidung eine so bequeme fei. Abg. v. Czarlinsky (Pole) kommt auf den Thorner Prozeß und den von den polnischen Schülern beim Eintritt in den Verein geleisteten Eid zurück. Ferner geht Redner auf das militärische Verbot ein hinsichtlich kaufmän­

nischer Geschäfte und Schanklokale in der Provinz Posen. Kriegsminister Goßler erwidert, das ihm jetzt vorliegende Erkenntnis im Thorner Pro­zeß baue sich nun zwar auf jenen Eid als Grund­lage auf, stelle aber allerdings nicht fest, daß der Eid auch wirklich von den Betreffenden geleistet worden sei. Das Erkenntnis führe vier verschiedene Eide an, zum Teil vom westpreußischen Verein und in allen sei die Rede vom polnischen Vatcrlande. Die jungen Leute hätten ihre Strafe jedenfalls mit vollem Recht erhalten. Abg. Zehntner (Ztt.) plädiert für direkten Bezug des Bedarfs der Pro­viantämter von den Produzenten resp. durch Ver­mittelung der landwirtschaftlichen Vereinigung. Weiter erörtert er die Manöoerlastcn resp. die damit verbundenen Einquartierungslasten. General­major von Gallwttz bemerkt, eine Erhöhung der Entschädigung für die Naturalverpflegung um 10 F pro Tag und Kopf würde 600,000 ^ erfordern. Eine ausgiebigere Hilfe würde sich also gleich in die Millionen belaufen. Auch eine höhere Ver­gütung für Quartier-Leistungen würde mindestens 2 bis 300,000 ^ erfordern. Betreffs Servis­leistung, Klasseneneinteilung und Wohnungsgeld­zuschuß könne er nur sagen, daß diese Frage zur Zeit bei den Reichsbehörden erwogen würden und damit möge man sich einstweilen begnügen. Abg. Glasdorf (kons.) wünscht Garnisonen für Städte mit polnischer Bevölkerung im Interesse des Deutsch­tums. Abg. Bebel (Soz.) beleuchtet den Duell­unfug, dabei die in der letzten Zeit vorgekommenen Fälle aufzählend. Als einen der schwersten Fälle bezeichnet er den des Rechtsanwalt Aye in Flens­burg. Weiter wendet sich Redner zum Kapitel der Soldaten-Mißhandlnngen. Charakteristisch sei die Tatsache, wie sich selbst noch vor Gericht die Sol­daten als Zeugen aus Furcht sträubten, die Wahr­heit zu sagen. Während solche Bestien, die sich schwerster Bestrafung schuldig machten, milde be­straft würden, würden die härtesten Strafen ver­hängt wegen relativ harmloser Vergehen. Werde einmal das Militär-Strafrecht revidiert, dann müsse in erster Linie diese Verschiedenheit in der Straf­bemessung beseitigt werden. Selbst Offiziere seien jetzt der Ansicht, daß die Armee in ihrer Ausbildung sich auf einem falschen Wege befinde. Das Gefechts- cxerzieren werde zu wenig geübt, während die phan­tastischen Kaisermanöver den Spott des Auslandes erregten und die Mißbilligung seitens aller Sach­verständigen fänden. (Beifall links.) Kriegsminister Goßler erwidert: Im ganzen Jahre 1902 habe zwischen aktiven Offizieren kein einziges Duell statt- gefunden. An dem Duell in Jena sei ein aktiver Offizier beteiligt gewesen. Derselbe sei aber von dem betreffenden Studenten ins Gesicht geschlagen worden. Die Fälle prinzipieller Mißhandlung seien doch sehr selten geworden. Der Minister weist dann die Bebel'schen Bemängelungen der Ausbildung der Armee zurück und meint bezüglich der Kaisermanöver, daß dieselben grade den Wert der Kavallerie schätzen lehrten. Abg. Kunert (Soz.) kommt nochmals auf die Kaisermanöver zurück und führt aus, es sei ihm vorgestern verwehrt worden, über die Manöver­führung seitens des Kaisers zu sprechen. Was jedem Winkelblättchen erlaubt sei, das solle im Reichstage einem Abgeordneten verwehrt sein. Präsident Graf Ballestrem erwidert, über das was hier gestattet sei oder nicht bestimme die Geschäftsordnung und

Sache dem Herrn Hauptmann vorzutragen und dann tut er es doch, ohne mir ein Wort zu sagen."

Oh, wohin denken Sie", erwiderte der andere belehrend,daran hat ja auch der Feldwebel keine Schuld das verdanken Sie ja einem viel mächtigeren Fürsprecher."

Wem denn wem denn!" rief der kleine Gelbe, seinen Blick erwar­tungsvoll, ja fast ängstlich forschend auf das Gesicht des Sprechers geheftet.

Nun, wem anders, als der kleinen Louise Lemoine, Ihrer Braut."

Na wat wie ist das?" stotterte der andere, die Hände unter dem Tisch« zusammenkrampfend und fuhr dann vor Erregung völlig heiser, fort: Woher wollen Sie das wissen?"

Herr Gott, wenn ich es doch selbst mit angehört habe!" entgegnete der andere, den Ungeduldigen spielend,er kniff sie in die Backen und fragte sie, ob sie denn gar nichts für sie selber zu bitten habe. Aber sie lehnte energisch ab und bat wiederholt, ihren Bräutigam auf die Telegraphenschule nach Berlin zu senden. Und als er darauf fragte, warum Sie sich nicht selbst darum bemühten, da erzählte sie ihm, daß Sie es dem Feldwebel schon gesagt hätten und dieser die Sache dem Hauptmann nicht habe vortragen wollen."

Das haben Sie alles gehört?" fragte Lagorge.

Nun freilich! Klencke hatte mir gerade die Korridortüre geöffnet und ich trat mit demFerkel" ein, als dies verhandelt wurde."

Na, was geschah denn nun, was sagte denn der Alte dazu?"

Gott, sie ließen sich beide in ihrer vertraulichen Unterhaltung gar nicht stören", sagte Schumann und in seinen hübschen kaffebraunen Augen blitzte es listig und schalkhaft auf, offenbar amüsierte er sich ganz köstlich über die Wut

des kleinen, gelben Mannes, die ihre Ursache in nichts anderem haben konnte, als in heftiger, rasender Eifersucht.

Zuletzt", fuhr er dann fort,kniff er sie wieder vertraulich in die Wangen und sicherte ihr die Erfüllung ihrer Bitte zu. Gleich morgen soll der Befehl hcrauskommen und lobte sie wegen ihres umigennützigen Verhaltens, da sie so garnichts für sich selber erbeten hätte."

So so so", murmelte der gelbe Sergeant.

Ja", fügte Schumann hinzu,und angesehen hat er sie, wie na wie ich sie auch gern einmal ansehen möchte."-

Was?" schrie der andere auf,Sie"

Aber Lagorge," lachte Sergeant Geyer hell auf,ich glaube gar, Sie sind im höchsten Grade eifersüchtig und zwar auf alle Welt."

Dazu hat er auch alle Ursache," fuhr Schumann lachend fort,denn die Louise ist ein blitzsauberes Mädel! Donnerwetter» Herrschaften das Wasser läuft einem im Munde zusammen, wenn man sie nur ansieht!"

Schumann," rief nun Lagorge wütend,ich möchte Dich doch sehr bitten."

Na und wer weiß," rief der andere ältere Sergeant boehaft,vielleicht will sie Dich weghabcn, Lagorge, um einmal ein paar Monate ungestört"

An ihrer Aussteuer zu arbeiten," setzte Geyer breit und behaglich lachend hinzu.

Du hast wahrhaftig Recht, Geyer," rief Schumann in demselben Tone fort »und dasselbe hat sie der Hauptmann auch gefragt."

Was hat er Sie gefragt?" frug Lagorge wütend.

Ob sie Sie denn durchaus weg haben wolle, aber nicht der Aussteuer wegen," sagte Schumann in einem Tone, der unbefangen klingen sollte.

(Fortsetzung folgt.)