Stuttgart, 21. Mai. (Schöffengericht.) Die Butterhändlerin Wilhelmine Ott von Korb vermischte fortgesetzt Butter mit Margarine und verkaufte so- dann die Mischung auf dem hiesigen Wochenmarkt als reine Landbutter. Das Schöffengericht verurteilte sie wegen Vergehens gegen das Nahrungsmittelgesetz zu 50 ^ Geldstrafe. Der Vertreter der Anklage hatte 120 Geldstrafe beantragt.

Stuttgart, 17. Mai. In der heutigen Sitz­ung des Gemeinderats gelangte ein Antrag des Ge- meinderats Fischer betr. das Verbot des Kleider- schleppens auf den Straßen und öffentlichen Plätzen zur Beratung. Es wurde wohl allseitig betont, daß das Kleiderschleppen für die Gesundheit nachteilig wirken könne, es wurde aber auch darauf hingewiesen, daß es doch seine Schwierigkeiten habe, bei der Ver­staatlichung der Polizei ein solches Verbot durchzu- führen. Einige Redner appellierten an die Einsicht der Frauen, was den Gemeinderat Dr. Bauer zu der Bemerkung veranlaßte, daß, wenn man auf die Einsicht der Frauen rechnen wolle, mau noch lange werden warten müssen; zuvor müßte jedenfalls der Reinlichkeitssinn der Frauen auf eine höhere Stufe gebracht werden, als dies bisher der Fall sei. Ober­bürgermeister v. Gauß erwiderte hierauf, daß er beim Reinlichkeitssinn der Frauen noch keine so schlimmen Erfahrungen gemacht habe, wie der Vorredner; er sei aber auch der Ansicht, daß das Schleifenlassen der Kleiderschleppen unter Umständen recht lästig werden könne. Die Frage wurde zur weiteren Behandlung an die Polizeiabteilung verwiesen. (Die Stadtver­waltung in Freudeustadt hat beispielsweise bereits vor einiger Zeit am Eingang in den.Palmenwald' eine Tafel mit der Aufforderung an die Damen an­bringen lassen, daß sie das Schleppenlassen der Kleider vermeiden möchten.)

Stuttgart, 23. Mai. Ein Anhängewagen der Straßenbahn, welcher bei der Schwabstraße einige Zeit zu halten hatte, um dann wieder an den ab­wärts fahrenden Wagen angehängt zu werden, ist heute nachmittag von selbst in Gang gekommen und in immer rascherem Tempo abwärts gefahren. Ein Herr, der den leeren Wagen besteigen wollte, um ihn zu bremsen, konnte nicht auf den Wagen ge­langen, sondern wurde eine Strecke weit geschleift, ließ dann den Wagen los und erlitt hiebei einige Hautschürfungen. Der Wagen selbst fuhr weiter, und als er auf dem alten Postplatz in Sicht kam, waren, gerade die beiden Wagen der Querlinie von der Traubenftraße nach der Königsstraße und um­gekehrt im Heranfahren begriffen. Die Schaffner konnten nur noch die Passagiere zum schleunigen Aussteigen auffordern. Um 1.53 Uhr stieß nun der durchgegangene Wagen auf die beiden anderen. Ein etwa 7jährtger Schulknabe und ein 1618 jähriges Fräulein konnten nicht rechtzeitig aussteigen. Der Knabe wurde schwer verletzt, während das Mädchen noch selbst in den Sanitärswagen steigen konnte. Beide wurden ins Katharinenhospital verbracht. Auch die Wagen wurden ziemlich schwer beschädigt, namentlich einer, dessen Entfernung große Mühe verursachte.

Eßlingen, 23. Mai. Nach einem Beschluß der hiesigen Amtsversammlung werden für Erlegung schädlicher Vögel folgende Schußgelder aus der Amtspflegekaste gewährt: Uhu und Hühnerhabicht je 1 °/-L, Tag aubvögel je 50 für Raben und Eichelhäher, falls dieselben in größerer Zahl auftreten, je 30 Für Nestjuoge kommt je die Hälfte obiger Summen in Anrechnung.

Rotenberg OA. Cannstatt, 22. Mai. Der 84 Jahre alte Weingärtner und Bienenzüchter, Wil­helm Fr. Lutz von hier, befand sich am Sonntag vormittag in seinem hart über einer 2^/s Meter hohen Mauer seines Gartens gelegenen Bienenstand, um nach seinen Völkern zu sehen. Durch die heftigen Regengüsse der letzten Tage kam nun das Erdreich plötzlich ins Rutschen und der Bienenstand wurde samt dem darin befindlichen Lutz von de» nachstürzen­den Erdmassen und der eiufallendeu Mauer buch­stäblich begraben. Lutz wurde von herbeieilenden Personen schwer verletzt hervorgezogen.

Reutlingen, 24. Mai. Die Echaz ist in vor­vergangener Nacht unerwartet wieder rasch um 30 Zentimeter gestiegen, doch hielt diese Höhe nicht lange an. Da die Anstrengungen der hiesigen Bau­handwerker, das Wehr am Kanal der Wendler'chen Fabrik zu beseitigen, um das Wasser in das Echaztal abzuleiten, keinen Erfolg hatten, wurden von Ulm Pioniere beordert, die, in der Stärke von 4 Mann und 1 Offizier, das Wehr mit Dynamit sprengten. Die Verwüstungen in den Fluren find sehr groß, die Weinberge an der Achalm sind total vernichtet. Der hier angerichtete Schaden beläuft sich auf ca. 100000 ^

! Reutlingen, 24. Mai. Die Sammlungen für die Verunglückte» in Nagold sind nun ab­geschlossen. sie ergaben 2798 ^ Einschließlich des von der Stadtgemeinde direkt überwiesenen Betrags von 500 ^ und der vom Militärverein bewilligten 100 ^ sind insgesamt 3398 -/-k nach Nagold ab­gegangen.

Lienzingen OA. Maulbronn, 23. Mai. Das 6jährige Töchterchen des Schmieds Lindauer wurde im Schlafe von einem Teil der losgerissenen Plafons- decke im Bett erschlagen. Die im gleichen Bett schlafende Mutter blieb unversehrt.

Dettingen a. d. Erms, 24. Mai. Der Schmied- geselle Eßenwein von Eßlingen ist auf dem Heimweg in die hochgehende Erms gefallen. Die Leicbe wurde bei der Spinnereifabrik gelandet. Ob cm Unglücksfall vorliegt oder ob dritte die Schuld trifft, bedarf noch der Aufklärung.

Kus StaSt» Bezirk uns Umgebung,

Neuenbürg, 25. Mai. Obschon nach dem vielen Regen vom 19./20. ds. sich die Witterungs­aussichten vom Mittwoch ab für den Himmelfahrts- festtag günstia und oünstiger sich gestalteten, obwohl es am gestrigen Morgen so aussah, daß Regen absolut ausgeschlossen schien, ging doch der Himmel- fahrtstsg nicht ohne wiederholte Gewitterregen vor- über. Gewitterregen stehen eben in diesem schönen Monat Mai auf oer Tagesordnung. Von den vielen Ausflügler», die sich zu Wagen, zu Fuß, zu Zweirad und Autos unterwegs befanven und unsere Geaend belebten, werden manche in unerwünschter Weise begossen worden sein. Im übrigen liegen Nach­richten über besonders erwähnenswerte Vorkommnisse am aestrigen Tage bis zur Stunde nicht vor.

Hochmüller Schmidt in Ottenhausen hat vorgestern gleich drei Bienenschwärme auf einmal erhalten.

Pforzheim. 23. Mai. (Schweinemarkt.) Zu- fuhr 24 Stück Milchschweine. Verkauft alle. Preis 3845 ^ das Paar.

vermischtes.

Eine Submission? blüte ist in Düsseldorf zu verzeichnen. Bei der Submission auf Herstellung einer Kaimauer im städtischen Hafen lautete das Höchstgebot einer Firma in Charlottenburg auf 633000 -Ki, das niedrigste Gebot der Firma Grün und Bilfinger in Mannheim auf 413900

Metz, 19. Mai. Die .Metzer Ztg.' weiß von einem lustigen Geschichtchen zu erzählen, das sich bei der Besichtigung des Königsregiments zugetragen haben soll. Zur Kontrollierung der Bisterstellung bei den einzelnen Schützen legte sich der Kaiser ge- legentlich zwischen die Schützenlinie. Hierbei be- merkte er, daß einer der Schützen zum Schuß an- legte, ohne das Visier dem Befehle gemäß sorgfältig eingestellt zu haben. Da tönte es Plötzlich neben ihm aus dem Munde seines allerhöchsten Kriegs- Herrn: .Du, das kostet drei Tage, Wenns ein anderer sieht.'

Ingweiler, 20. Mai. Ein Berichterstatter meldet uns ein seltsames Vorkommnis. Er schreibt: Verflossenen Mittwoch wurde im hiesigen Gemeinde- Walde von einem Fuchs ein Schwein aus der Herde herausgeholt und zerrissen. Der Besitzer des getöteten Schweines hat nun von dem Jagdpächter eine Ent- schädigung für den erlittenen Verlust verlangt. Da letzterer dieselbe verweigert, wird der Geschädigte beim Gericht eine Klage einreichen. Auf den Ausgang dieses Prozesses ist man hier gespannt.

(Der Wert eines berühmten Namens.) Shaw, der jetzt vielgenannte irische Schriftsteller, erzählte jüngst bei einem ihm zu Ehren veranstalteten Fest- mal folgendes:Einmal hatte ich eine besondere Ehre: Eine bekannte Revue bot mir für einen Ar­tikel, den ich schreiben sollte, eine große Summe an. Als ich erwiderte, daß ich leider keine Zeit hätte, den besagten Artikel zu schreiben, bekam ich folgende Ant­wort:Das soll ihnen weiter keine Sorge machen. Den Artikel werden wir schon selber schreiben. Wir wollen nichts weiter als ihren Namen." In Frank- reich, so bemerkt dazu boshaft derGil Blas', ist es auch nicht anders. Der Artikel gewinnt übrigens oft dabei und der Leser auch.

(Frauen als Soldaten.) Rührende Geschichten von Frauen, die verkleidet den Geliebten in den Krieg folgen oder für das Valcrland kämpfen, sind vielfach im Umlauf, aber historisch begründet sind nur wenige dieser Erzählungen. Sicherlich haben seit den Ama­zonen des Altertums viele Frauen, durch mannigfache Impulse getrieben, die Gefahren und Abenteuer des Kriegshandwerkes auf sich genommen, jedoch der Tod auf dem Schlachtfeld oder Männerkleidung und die

falschen Namen, deren sie sich bedienten, haben ihr wahres Geschlecht verborgen. Eward G. Holde» er- zählt in derNew-Aork Tribüne' von einigen Weib- lichen Heldinnen, deren tapfere Taten in die Annalen der Geschichte ausgenommen sind. Die letzte unter diesen Kriegerinnen ist wohl Helena Smelko, die im Russisch japanischen Kriege in einem Hospital zu Mugden als Frau erkannt wurde. Als Tochter eines Wladiwostoker Kaufmanns lernte Helena die mand­schurische Sprache von ihrer Amme und in ihres Vaters Laden eignete sie sich das Chinesische au. Von Kind­heit an hatte sie große Vorliebe für das Reiten auf wilden Pferden und wußte die Flinte Wohl zu ge- brauchen. Mit' achtzehn Jahren trat sie unter dem Namen Michael Nikolajewitsch als Dolmetscher bei de» Grenztruppen ein. Während des Krieges legte sie dann Proben von außergewöhnlicher Tapferkeit ab und wurde schließlich bei Mulden verwundet. Eine Frau, die ihr Geschlecht jahrelang verheimlicht und in der Unionsarmee viele Kämpfe und Feldzüge mit- machte, war als Frank Thompson vom zweiten Michi- gsn-Jnsanterie-Regiment bekannt. Durch den dichte- sten Kugelregen brachte sie als Ordonnanz Botschaften für General Poe nach Fredericksburg. Eines Tages wurde sie vermißt, und da sie lauge Zeit hindurch nicht mehr gesehen wurde, mußte man annehmeu, daß der Soldat Thompson desertiert sei. Später, als sie in einem BucheOrdonnanz und Späher' ihr Ge­schlecht entdeckt hatte, erzählte sie auch die wahre Ge­schichte ihrer Desertion. Während ihr Regiment in Kentucky war, wurde sie von einer Krankheit befallen, und da sie wußte, daß sie ins Hospital gebracht werden und ihr bisher sorgsam verhülltes Geheimnis offenbar werden würde, so bat sie um Urlaub; ihr Gesuch wurde aber abgelehnt und nun verließ sie ohne Er- laubnis die Armee. Sie heiratete später einen Mr. Seelye und war für das Wohl kranker und verwun- deter Soldaten eifrig tätig. Auch ihre soldatische Ehre wurde wieder hergestellt, sie erhielt eine Pension und ist 1898 gestorben. Eine romantische Gestalt in den Bürgerkriegen ist ein kubanisches Mädchen Lorenta Velasquez gewesen, die ihr Heimatland verließ und sich den Streitkräften der Südstaaten anschloß. Als Leutnant Harry Buford' kämpfte sie mit Mut und Kühnheit in der ersten Schlacht von Bull Rnn mit und zeichnete sich aus. Es entspann sich dann zwischen dem weiblichen Leutnant und einem Offizier der Armee der Nordstaaten ein phantastisches Liebesabenteuer, iu dem sie den Geliebten zum Uebertritt zu den Süd- staaten überredete und dann heiratete. Nachher fand" sie vielfache Verwendung als Spion, indem sie bald in männlicher, bald in weiblicher Kleidung auf gefahr- vollen Schleichwegen wertvolle Nachrichten überbrachte. Nach einem abenteuerlichen Leben endete sie schließlich als Goldgräber in Kalifornien. Ein Mäd­chen aus Brooklyn,Emaiiy", deren wirklicher Name niemals bekannt geworden ist, verkleidete sich als Knabe und trat iu das Trommlerkorps eines ameri­kanischen Infanterieregiments ein. In dem Tennessee- Feldzug unter General Rosebraus machte sie mehrere Schlachten mit und drängte sich dazu, an gefährlichen Posten die nötigen Singnale zu geben. Schließlich wurde sie bei Chickamauga durch eine Kanonenkugel zerrissen. Große militärische Tüchtigkeit bewies auch Pauline Cushman, eine Schauspielerin, die iu dem Bürgerkriege Spionsdienste leistete und nach gefahr­voller Gefangenschaft, mit Mühe dem Tod entronnen, ihrer treuen Dienste wegen von General Garfield zum Major ernannt wurde. Keine Frau aber hat sich iu de» Bürgerkriegen in so vielfacher Art betätigt als Friedget Divers, die gewöhnlichdie irische Biddy' genannt wurde. Als Marketenderin, Krankenpflegerin, Hospitalköchin, Arzt und als Soldat tat sie ausge­zeichnete Dienste. Sie war eine vorzügliche Reiterin und im Kampf wurden drei Pferde unter ihr getötet. Nach dem Kriege schloß sie sich den Truppen an, die gegen die Indianer vorgingeu, und kämpfte eifrig weiter. Eine andere Frau, die schwere und große Dienste im Heere leistete, war Mrs. Turchin, die Frau des Generals Turchin. Im Jahre 1882, als ihr Gatte schwer krank darniederlag, leitete sie die Be­wegungen der Truppen und gab die nötigen Befehle, während sie zugleich aufopfernd ihren Mann Pflegte. In mehr als einer Schlacht war sie an ihres Gatten Seite mitten im dichteste» Feuer, ermutigte die Truppen und tröstete die Verwundeten. Als ihr Mann nach dem Kriege vor ein Kriegsgericht gestellt wurde, da erreichte sie durch ihre Geschicklichkeit und ihre Klug- heit seine Freisprechung und seine glänzende Rehabi- litierung, nach der er den Rang eines Brigadegenerals erhielt.

Der Wert reinlicher Kleidung für die Ge­sundheit. Die Wäsche und die damit verbundene Reinlichkeit des Körpers wird in vielen Familien mehr denn vernachlässigt. Ganz abgesehen von der Be-