Erscheint

Montag, Mittwoch, Freitag und Samstag.

Ireis Vierteljahr!.: in Neuenbürg 1.20. Durch di» Post bezogen: im <Drt»- und Nachbar­orts-Verkehr 1.15; im sonstigen inländ. Verkehr ^ 1.25;. hiezu je 20 ^ Bestellgeld.

Abonnements nehmen alle poftantzalten und Postboten jederzeit entgegen*

Der Lnztäler.

Anzeiger für das Lnztal und Umgebung.

Amtsblatt lür San Vberamtsbezirlc Ilsusnbürg.

-uzelseavreis:

die 5 gespaltene Zeile oder deren Raum 10^; bei Auskunfterteilung durch die Exped. 12 Reklamen die Sgesx. Zeile 25

Bei öfterer Insertion entsprech. Rabatt.

Fernsprecher Nr. 4.

Telegramm-Adresse: LnztLler, Neuenbürg".

^ 4

Neuenbürg, Montag den 8. Januar 1906.

64. Jahrgang.

rLunSschau.

Dem Kaiser ist ein neues Infanterie Exer- zierreglemeut vorgelegt worden, daS von einer Kommisston unter Vorsitz deS kommandierenden Generals des 14. Armeekorps von Bock und Polach anSgearbeitet worden ist und wesentliche Verein, fachungen anstrebt. Die straffe Disziplin deS In- fanteriedienstes soll unangetastet bleiben, dagegen sollen überflüssige Exerzierbewegungen, deren exakte Einübung Zeitverluste mit sich brachte, die mit ihrem Nutzen nicht mehr in Einklang zu bringen find, fort» fallen: so vor allem das .Abbrechen in Sektionen", die .Chargierung in vier Gliedern" und manche andere zeitraubende Uebuog. Die bisher hierfür aufgewendete Zeit soll der feldmäßige» Ausbildung der Truppen zu gute kommen. Durch diese Verein» fachung hofft man eine Ergänzung der Abkürzung der Dienstzeit auf 2 Jahre sowie auch eine voll­kommenere Ausbildung für den Dienst im Felde zu schaffen.

Kaiser Wilhelm hat eine besonders herzliche Nenjahrswunschdepesche an den Kaiser Franz Josef gerichtet und in ihr bemerkt, er freue sich, seinen alten Freund und Bundesgenossen in diesem Jahre wieder sehen zu können. Gerade zum Jahreswechsel ist auch der Wortlaut des vom Kaiser an den Erzbischof Dr. v. Stablewski von Posen gerichteten Hand­schreibens veröffentlicht worden. Dasselbe hat folgenden Wortlaut: .Hochwürdiger Erzbischof! Aus dem Mir vorgelegten Hirtenbriefe vom 16. Oktober dieses Jahres habe Ich gern gesehen, wie sehr Euere Hochwürden bestrebt sind, den christlichen Glauben bei dem Heran­wachsenden Geschlecht- zu stärken und dieses unter Hinweis auf die schuldige Achtung vor den höchsten Autoritäten in Kirche und Staat zur treuen Er­füllung seiner kirchlichen und staatsbürgerlichen Pflichten zu ermahnen. Meine Regierung wird Ihre Bemüh­ungen, den sich verbreitende» Umsturzgelüsten durch erweiterte und vertiefte Bildung die Jugend in dem christlichen Glauben zu erhalten, zu begegne», gern unterstützen. Umsomehr erwarte Ich, daß Euere Hoch­ehrwürden bei den näheren Anordnungen über die Vervollkommnung des Borbereitnngsunterrichts dafür Sorge tragen werden, daß Ihre Geistlichen die ihnen zu gebenden Weisungen in demselben staatstreuen Sinne handhaben werden, in dem sie nach Ihrer Versicherung von Ihnen erteilt werden. Ich verbleibe Euerer Hochwürdeu wohlgeneigter gez. Wilhelm l. U.

München, 6. Jan. Die heute im alten Rat­haussaal veranstaltete Versammlung zum Zweck der Förderung freundschaftlicher Beziehungen zwischen Deutschland und England gestaltete sich zu einer hochbedeutsamen Kundgebung. Unter den Teilnehmern befanden sich zahlreiche hervorragende Männer aus allen Kreisen, Politiker, Vertreter von Industrie und Handel» Gelehrte u. s. w, ferner der frühere und der jetzige englische Gesandte, Drummond und Tower. Nach der Eröffnungsansprache des ersten Bürger­meisters v. Borsch sprach zunächst Professor Dr. Sieper, Dozent für englische Philologie an der hies. Universität, der besonders die gemeinsamen Kultur- interessen beider Völker betonte. Nach ihm sprach Professor Dr. Lotz, der die Beziehungen beider Länder vom nationalökonomischen Standpunkt aus betrachtete. Dritter Redner war Reichsrat Freiherr v. Würtzburg; seine Rede machte den tiefsten Ein- druck, sowohl nach dem Inhalt, wie nach der warm- herzigen Art, in der sie vorgetragen wurde. Dann sprachen noch Reichstags- und Landtagsabgeordneter Dr. Schädler, Kommerzienrat v. Pfister, Arbeiter­sekretär Bergmann und Dr. Quidde. Schließlich wurde eine Resolution einstimmig angenommen, welche die Absicht der Kundgebung nochmals in Präziser Form zum Ausdruck bringt.

DaS bayrische Wahlgesetz ist vom Reichs- ratsausschusse mit 11 gegen 1 Stimme angenommen worden.

Berlin, 5. Jan. Zu den Preßerörterungen, s ob General v. Trotha demnächst im Reichstag auftreten werde, um die Borwürfe gegen seine Krieg­führung znrückzuweisen, teilt die Rat.-Zig. mit, daß Trotha ihr in einem Brief u. a. geschrieben habe: .Ich habe nie die Absicht gehabt, im Reichstag mich irgendwie verteidigen zu wollen; daS habe ich nicht nötig."

Berlin, 5. Januar. Die .Nordd. Allg. Ztg." schreibt: Zu dem Personenwechsel im Großen Geueralstab wird in der Presse kolportiert, der jetzige Chef habe die Berufung auf seinen Posten zuerst erschreckt abgelehnt mit der Begründung, daß er sich der Aufgabe dieses Amtes ganz und gar nicht ge­wachsen fühle. Der Kaiser habe ihn mit dem Hin­weise beruhigt, daß er selbst ihm wirksam zur Seite stehen werde.Im Kriege," so habe der Kaiser Le- merkt, .bin ich mein eigener Geueralstabschef, das bischen FriedenSarbeit müßten Sie doch bewältigen können." Wir sind ermächtigt, festzustellen, daß bei dieser Kolportage es sich von A bis Z um eine groteske Erfindung handelt.

Rom, 6. Januar. Der .Corriere della Sera" schreibt, seitdem England daS rauflustige Deutschland in die Grenzen zurückgewiesen habe, sei die Lage etwas gebessert. Trotzdem bestünden noch Gefahren genug. Visconti-Venosta werde also auf der Ma­rokko-Konferenz in Algeciras eine energische Friedensaktion entwickeln müssen.

London, 6. Jan. Wie derStandard" erfährt, hat Sir Edward Grey auf diplomatischem Wege die amtlichen Kreise wissen lassen, daß er die Forder­ungen Frankreichs auf der Konferenz in Algeciras unterstützen werde.

Washington, 6. Jan. Rach Informationen von zuständiger Seite kann versichert werden, daß die den amerikanischen Delegierten für die Marokko- Konferenz erteilten Instruktionen mit dem speziellen Hinweis auf Aufrechterhaltung der offenen Tür in Marokko aufgestellt worden sind nnd daß sie besagen, die Delegierten sollten die guten Dienste Amerikas ans der Konferenz zur Anwendung bringen, um alle Kanten zu beseitigen und die Entwicklung einer Friktion zwischen Frankreich und Deutschland zu ver- hindern, die den Weltfrieden gefährden könnte.

St. Petersburg, 5. Jan. Die Pet. Tel.- Agentur erfährt von zuständiger Seite, es habe sich herausgestellt, daß die Komitees, in deren Namen Arbeiter und Angestellte verschiedener Unternehmungen Befehl zur Einstellung der Arbeit erhielten, gar nicht existieren und die erwähnten Befehle von einigen Re­volutionären ausgehen, die die Arbeiter terrorisieren.

In Ungarn hat das neue Jahr in einer für die schier fanatisch regierungsfeindliche Stimmung in den breiten Volksschichten bezeichnenden Weise ange­fangen. Der ueuernannte Obergespan für Debreczin, Kovacz, wurde bei seiner Ankunft in dieser Stadt von einer Volksmenge in brutalster Weise mißhandelt, so daß er sein Amt gar nicht antreten konnte. Kovacz reichte vielmehr seinen Abschied auf tele- graphischem Wege ein und reiste dann wieder von Debreczin ab. In den Wiener und Budapester Re- gierungskreisen hat dieser häßliche Vorgang die größte Entrüstung hervorgerufen. Es wurde sofort ein Regiernngskommissar nach Debreczin entsandt, der namentlich die Aufgabe hat, eine Untersuchung gegen die behördlichen Organe eiuzuleiten, die von der Vor­bereitung des Anschlages auf den Obergespau KovacS wußten und ihn doch nicht verhinderten. Die Debreczianer Staatsanwaltschaft hat ebenfalls eine strenge Untersuchung eiugeleitet, zahlreiche Verhaft­ungen stehen in Aussicht. In Wiener Politischen Kreisen beurteilt man den Debreczianer Zwischenfall als ein ernstes Symptom der Lage in Ungarn.

Manchester 6. Jan. Als der frühere Premier­minister Arthur I. Balfour hier gestern eine Ver­sammlung eröffnen wollte, wurde er mit Johlen und

anderen feindseligen Kundgebungen empfangen. Die Schreier wurden mit Hilfe der Polizei entfernt.

Me türkische Polizei hat eine Bombenfabrik in dem bulgarischen Viertel der Stadt Demirhissa entdeckt. Es wurde« 350 fertige und 1200 nicht fertig gestellte Bomben gefunden. Ferner wurden dort Flaschen mit Nitrolglycerin, eine Höllenmaschine nnd elektrische Drähte, sowie eine große Menge Manlicher Gewehre mit Munition entdeckt. Das bulgarische Viertel wurde militärisch besetzt.

Prinzessin Luise von Koburg erhält nach dem getroffenen gütlichen Uebereinkommen den Titel einer Prinzessin von Belgien, 400000 Kronen und monatlich 7000 Kronen von ihrem Gatten, und jährlich 50000 Frank vom König Leopold. Hoffent­lich kommt die arme Frau damit aus!

Karlsruhe. Nach Beschluß des Stadtrats soll im Jahre 1906 im hiesigen städtischen Viehhof ei» Versuch mit der Aufzucht und der Mästung von Schweinen im städtischen Betrieb gemacht werden. Wie Oberbürgermeister Schnetzler in der letzten Stadt- ratsfitzung mitteilte, wird das Unternehmen bei 50 Stück Schweinen einen Aufwand (Ankaufskoste», Kosten der Einrichtung und Unterhaltung des Stalles, Futterkasten usw.) von 4300 ^ verursachen, dem eine Einnahme aus dem Verkauf der Schweine von 6650 ^ gegenübergesetzt wird, so daß sich ein Ge­winn von 2350 ^ ergeben würde. Diese Beträge werden in den diesjährigen Gemeindevoranschlag ein- gestellt werden.

Ein elsässischer Rekrnt, namens Parisot von Stoßweier, der in Karlsruhe bei den Leibdragoneru diente, entfloh von dort nachts 1 Uhr auf seinem Dieuftpferd. Es gelang ihm auch, über die französische Grenze zu kommen. Er ist jetzt in Epinal, wie er seinen Eltern in einem Brief mitteilt. Vielleicht geht er zur Fremdenlegion und läßt in einiger Zeit seine Knochen für den Ruhm Frankreichs irgendwo in Afrika bleichen.

Baden-Baden, 2. Jan. Nach der amtlichen Fremdenliste beträgt die Fremdenfrequeuz unseres Kurorts für das Jahr 1905 die Zahl 77555, gegenüber dem Vorjahr ein Mehr von 5936 Personen. Damit wurde die höchste Fremdenziffer erreicht, die jemals für Baden-Baden zu verzeichnen war.

Ludwigshafen, 4. Jan. Nach dem jetzigen Stand der Dinge ist es nicht ausgeschlossen, daß die abgebrannte Walzmühle, deren Schutthaufen üb- rigenS jetzt noch derart glimmen, daß der Geruch von den schwälenden Getreide- und Mehlmassen sogar noch hin und Wider in Mannheim deutlich zu spüren ist, wieder auf dem alten Platz aufgebant wird. Der bayrische Finanzminister v. Pfaff hat kürzlich eine Dienstreise nach der Pfalz unternommen und nach Besichtigung der Brandstätte auch eine längere Unter- rednng mit der Direktion im Beisein des Vertreters von Ludwigshafen im Landtag, Stadtrat Ehrhark gehabt.

Den Animierkneipen sucht ein Wormser Polizeierlaß das Handwerk zu legen. Der Betrieb von Wirtschaften mit weiblicher Bedienung soll um 11 Uhr ge>chlossen werde». Die Polizeiverwaltung erhofft von der Verordnung, daß die Wirtschaften wieder mehr zur Kellnerbedienung übergehen.

Meiningen. Die Unterschlagungen in der Kreissparkasse, die sich der Kassierer Kirsch zu Schulden kommen ließ, haben sich seit ihrer Ent- deckung verdoppelt; fie erreichen bereits die Höhe von 75000 ^ Davon werden etwa 20000 ^ durch die Konkursmasse deS Kirsch gedeckt.

Graz, 5. Jan. Dem ,N. W. Abendbl." zu­folge, ist in der Wohnung des Fräulein Klotilde v. Schreiner, einer alleinstehenden 74jährigen Dame, gestern nacht ein Brand zum AuSbruche gekommen, dem Fräulein v. Schreiner zum Opfer fiel.

In Georgia (Ver. Staaten) wurden durch einen Tornado viele Menschen getötet.