Heilbronn, 10. Aug. Der Raubmörder Mogler ist. wie in der Neckarztg. berichtet wird, von der K. Heilanstalt WeinSberg wieder zurück nach Heilbronn in das Untersuchungsgefängnis des K> Landgerichts verbracht worden. Mogler war am 1. August zur Beobachtung seines Geisteszustandes nach Weinsberg überführt worden. Bei der Kürze seiner Internierung dort ist anzunehmen, daß die Beobachtungen noch nicht abgeschlossen sind und die Rückbeförderung nur erfolgte, weil Mogler in der Heilanstalt nicht sicher genug verwahrt werden konnte. Daß diese für solche Fälle doch weniger eingerichtet ist, beweist die jüngst erfolgte Flucht eines ebenfalls zur Beobachtung dort internierten Untersuchungsgefangenen. Die ärztlichen Beobachtungen bei Mogler sollen übrigens von Weinsberg aus zunächst hier weitergeführt werden.
Cannstatt, 10. August. In selbstmörderischer Absicht stürzte sich gestern vormittag ein verheirateter Eisengießer von hier über die Königkarls brücke in den Neckar und verschwand in den Wellen. Die Leiche wurde bald darauf geländet.
Göppingen, 9. Aug. Das große Dampfsäge. Werk von Weber, das vor einigen Wochen bis auf den Grund niederbrannte, wodurch ein Schaden von annähernd 200000 ^ entstand, soll nicht mehr an der ursprünglichen Stelle aufgebaut werden. Es wird hinter dem Zieglerschen Anwesen zu steheu kommen. Sämtliche Arbeiter sollen, um nicht brotlos zu werde», an dem Neubau beschäftigt werden.
Göppingen, 10. Aug. An dem Bahnüber- gang au der Nassachmühlc, zwischen Uhingen und Ebersbach, fuhr gestern abend gegen 10 Uhr der Dienstknecht Johann Fröscher aus Baireck mit einem mit 2 Pferden bespannten Wagen gerade in dem Augenblick über das Geleise, als der Lokalzug heran- brauste. Die Pferde waren schon über dem Bahn- geleise, als der Zug den Wagen erfaßte. Fröscher wurde überfahren und getötet, der Wagen gänzlich zertrümmert. Die Pferde erlitten keine Verletzung.
Der Poftsekretär Karl Müller von Göppingen ist von der Leiterspitze in den Alpen, unweit der Memminger Hütte, abgestürzt und starb. Die Leiche liegt im Bach im Lechtal. Der Absturz dürfte wohl schon am vorigen Freitag geschehen sein, da der Vermißte schon seit 4 Tagen gesucht wird. (Die Leiterspitze, 2752 Meter hoch, zwischen dem Lrchtal und dem Arlberg gelegen, wird gewöhnlich von der Memminger Hütte, 2246 Meter, bei den Seebiseen, oder auch von Gramais oder Zams aus erstiegen. Die Besteigung ist für Geübtere nicht schwierig, der Blick von der Spitze ist in die Nähe und Ferne Prachtvoll.)
Heidenheim, 9. August. Gestern blieb der Papierdrache des 9 jährigen Knaben Heinle, Sohn des Fabrikarbeiters Heinle, au einer elektrischen Leitung hängen. Der Knabe erkletterte, trotz der Warn- ung des in der Nähe stehenden Bahnwärters die Stange, berührte den Draht, wurde heruuterge- schleudert und schwer verletzt weggetragen. Derselbe wird wohl schwerlich mit dem Leben davonkommen.
Neckarsulm, 5. August. Die Trauben machen bei dem für ihre Entwicklung überaus günstigen
Die Graphologiu.
Novelle von C. v. Dorn au.
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Lange noch Plauderte das originelle alte Fräulein weiter; aber es würde Dich ermüden, heute noch mehr davon zu hören, wie auch ich gestern Abend nach all den neuen Eindrücken und der Reise bei großer Hitze sehr ermüdet war und mich sofort nach aufge- hobener Tafel auf mein Zimmer zurückzog.
Wie herrlich war aber heute früh das Erwachen nach köstlich traumlos durchschlummerter Nacht! Ein lauge nicht mehr gekanntes Gefühl des Wohlbehagens erfüllte wich; durch das offene Fenster drang die erquickende Waldluft, die Vögel jubilierten und die Sonne warf goldige Strahlen durch die Vorhänge, die zu winken schiene«: Komm' heraus! Sie brauchten nicht lange zu rufen, bald huschte ich seelenvergnügt durch den langen Korridor, die Treppe hinunter ins Freie. Mein dunkles Reisekleid war mir gar zu düster erschienen für den strahlenden Sonntagsmorgen; so hatte ich eilig ein leichtes, weißes Gewand dem Koffer entnommen, meinen großen Hut aufgesetzt und mir mit einem Blick in den Spiegel — voll Beschämung gesteh' ich's! — gesagt, daß beides mir gut stehe.
Es war noch sehr früh, und der weitaus größte Teil der Kurgäste lag wohl noch im süßen Schlummer. Nur der unermüdliche Oberlehrer pendelte schon in
Wetter erfreuliche Fortschritte. Ihr jetziger Stand berechtigt zu den besten Hoffnungen. Der kürzlich niedergegangene Regen hat dem Rebgelände recht gut getan. Die Reben sehen saftgrün aus; dir Trauben find ausgewachsen; die Frühsorten fangen schon an, sich zu färben. Von Blattkrankheiten und Pilzgefahren, über welche in der Rhein-, Saar- und Moselgegend so geklagt wird, ist hier glücklicherweise weniger zu spüren.
Slus Stadt. Bezirk uns Umgedung,
An der diesjährigen Vorprüfung zur Bau- werkmeifterprüfung hat sich u. a. Emil Gaiser von Neuenbürg (Sohn des Kaufm. W. Gaiser) mit Erfolg beteiligt.
* Wildbad, 10 August. Der gestrige Abend brachte uns ein Kirchenkonzert in der evangel. Stadtkirche, das für Freunde der Kirchenmusik als ein in hohem Grade gelungenes bezeichnet werden darf. Auf der Orgel saß Hr. Hesselbarth aus St. Petersburg, der 3 Orgelstücke vortrug, die Toccata und Fuge von I. S. Bach, die nur von einem Meister ersten Ranges so tadellos wiedergegeben werden kann, wie es gestern geschah, ferner den charakteristischen Trauermarsch und Seraphinengesang von Guilmant und ein Finale von Saint-Saöns. Der Gesang war vertreten durch die Hofopernsängerin Fr!. Brackenhammer aus Stuttgart, die 3 Arien mit kräftiger, klarer Sopranstimme und musterhafter Aussprache vortrug. Außerdem wirkte» 2 Mitglieder der hiesigen Kurkapelle mit, Hr. Haßfurther als Violinspieler und Hr. Basewitz als Harfenspieler. Sämtliche Vorträge kamen tadellos zu Gehör. Sichtlich befriedigt verließen die leider nicht allzu zahlreichen Zuhörer die Kirche. Wir find für die Darbietung umso dankbarer, je seltener hier Kirchenkonzerte sind. Der Reinertrag des Konzerts wurde für die Armen bestimmt.
Sonderzug nach Wildbad. Wir machen auf den am nächsten Sonntag den 13. ds. von Stuttgart Hauptbhf. über Calw nach Wildbad abgehenden Sonderzug aufmerksam. Dieser Zug verläßt Stuttgart Hptdhf. um 6.15 vorm., erreicht Wildbad um 918 vorm., geht dort wieder ab um 8.38 abends und trifft in Stuttgart Hptbhf. um 11 46 nachts ein. Eine Fahrkarte mit 45tägiger Gültigkeit kostet ab Stuttgart nach Calw und zurück 2. Klasse 3 -/L, 3. Klasse 2 -/L, nach Liebenzell 3.40 bezw. 2,20 ^., nach Wildbad 5,30 bezw. 3,40
Neuenbürg, 9. Aug. In den'Nächten vom 9. bis 14. Aug. treten in manchen Jahren zahlreiche Sternschnuppen auf, und auch Heuer werden um den 10. Aug. manche von den feurigen Boten aus den Fernen des Weltalls zu beobachten sein, wenn die Witterungsverhältnisse günstige find. Das Volk bezeichnet diese Sternschnuppen als die Tränen des heiligen Laurentius. Man weiß, daß diese Meteore zum Teil von einem Kometen stammen, der im Jahr 1862 genau beobachtet worden ist. Sie umkreisen die Sonne als ihren Zentralkörper und alle Jahre trifft die Erde in ihrer Bahn mit der Bahn dieser Sternschnuppen zusammen, so daß manche dieser Körper in die Lufthülle der Erde gelangen, in ihrem
der Veranda auf und nieder. Ich aber flog hinaus in die schöne, sonnige Welt dadraußen. O, wie war das herrlich! Bequeme Promenadenwege führten vom Kurhaus aus nach allen Richtungen in den Wald. Ich schlug aufs Geratewohl einen solchen ein, der eine Zeit lang »eben der.Waldchaussee entlang führte, dann abbog und in sanften Windungen, immer im Walde aufstcigend, bald die mäßige, pavillongekrönte Höhe erreichte. Vor dem Pavillon war ein halbrunder Platz ausgeholzt, und ungehindert schweifte mein Blick über ein niedriges Geländer hinweg über das liebliche Bild zu meinen Füßen: das halb im Walde verborgene stattliche Kurhaus mit seinen Türmchen und Erkern, das freundliche Dorf weiter unten im Tal. das eingebettet liegt zwischen Gärten und Feldern, bis dahin, wo wieder der große, dunkle Wald von de« Höhen hinabsteigt — ab und zu auf- blitzend wie Silberfunken aus all dem tausendfach abschattierten Grün der Wasserlauf des kleinen Ge- birgsflusses, der das Tal so lieblich durchströmt — und über dem allen der leuchtende Sonnenschein und ein so tiefblauer Himmel, wie ich armes Stadtkind ihn seit langen, langen Jahren nicht mehr gesehen
habe.-Wo blieb da der Ernst, die Würde
meiner beinahe fünfundzwanzig Jahre? — Laut auf- jauchzen mußte ich, und ein kindischer Uebermut erwachte plötzlich in mir, daß ich den Hut vom Kopfe riß und in die Luft warf, während ich lustig umher- tanzte auf dem lieblichen sonnigen Plätzchen — dann kam eine ernstere Stimmung über mich in dieser heiligen Sonntagsfrühe; ich setzte mich auf das Ge»
Lauf gehemmt und als glühende Sterne dem Auge sichtbar werden.
8. Neuenbürg, 9. Aug. (Eingesandt.) Am vergangenen Sonntag fand hier in den Räumen der .Restauration Keck' das Sommerfest der sozial- demokratischen Partei des Bezirks Neuenbürg statt. Ursprünglich war die Abhaltung auf dem herrlichen, schattigen Maienplatz geplant, da man aber die Launen des Jupiter Pluvius nicht abwarten wollte, so entschloß man sich noch in letzter Stunde zur Abhaltung in oben genannten Lokalitäten. Mittags '/Z3 Uhr marschierte unter de» herrlichen Klängen der hiesigen Feuerwehrkapelle eine stattliche Schar Genossen von der Restauration Kofler aus in das schon dicht besetzte Festlokal, um hier im Kreise ihrer Kampfgenossen ein fröhliches Fest zu begehen. Nach Begrüßung der Anwesenden und Eröffnung der Fest- Versammlung durch den Bezirks-Vertrauensmann, Genosse Aimar-Birkenfeld, ergriff unser Landsmann und Landtagsabgeordneter Lutz-Baden-Baden das Wort, der auch in würdiger und kerniger Weise als Festredner seiner Sache gerecht wurde. Kurz erwähnt, freute er sich über das in letzter Zeit so rasche Anwachsen der Sozialdemokratie in seinem herrlichen Heimattal (Enztal) und berührte u. a. auch die verfehlte, kümmerliche, christlich-soziale Arbeiter- Organisation, sowie die Heuer vielfach entstandenen Frauenbewegungen und Frauenrechte und meinte, daß sie unsererseits mit voller Kraft unterstützt wer- den sollen. Zum Schluß appellierte er an die Fest- Versammlung, sich immer und immer mehr zusammen, zuscharen, denn nur durch Einigkeit könnten unsere Bestrebungen gehegt und gefördert werden. Lutz erntete von einer 250 Personen starken Versammlung einen nicht enden wollenden Beifall, worauf zur Anerkennung auf ihn ein Hoch ausgebracht wurde.
Im Anschluß daran spielte die schneidige Feuerwehr- Kapelle die Arbeiter-Marseillaise. Nach noch einigen Gedicht-, Gesangs- und Musikvorträgen brach nur zu schnell der Abend herein und mahnte die auswärtigen Genossen zum Heimgange, von denen ein jeder des Dankes voll war über das schön verlaufene Sommerfest.
Neuenbürg, 10. Aug. In Birkenfeld sprach ein reisender Knecht um Arbeit vor, wurde in einem Bauernhaus eingestellt und erhielt seine Schlafkammer angewiesen. Als am Morgen der Bauer de» Knecht zur Arbeit Wecken wollte, war derselbe verschwunden und mit ihm der Sonntagsanzug und andere Sachen des Herrn. — In Dobel hielt sich in der letzte» Zeit ein Schwindler auf und prellte mehrere Wirte um die Zeche. Er gab sich für einen erholungsbedürftigen Münchener Kaufmann aus.
Birkenfeld, 10. Aug. Am Dienstag abend zwischen 7 und Uhr stürzte ein lediger, in den fünfziger Jahren stehender Taglöhner aus Altensteig, als er bei dem Bauer Gottlieb Vollmer um Arbeit »achsuchte, so unglücklich die Stiege herab, daß er bewußtlos vom Platze getragen werden mußte. Der Verunglückte ist gestern morgen gestorben, ohne das Bewußtsein wieder erlangt zu haben. (Pf. Anz)
Liebenzell, 8. August. Besondere Wirkung erzielte das Meteor, das am 3. d. M. unser Land
länder, faltete die Hände und vertiefte mich i» die göttliche Schöne der Natur. Die Glocken der Dorfkirche begannen zu läuten: da verstummte der frische Chor der kleinen Waldsänger, wie erschauernd in Andacht. Ein weißer Schmetterling gaukelte sonnen- trunken über das niedrige Gebüsch und ließ sich wie traumverloren auf meiner Hand nieder, ganz zutraulich.
.Psyche I' sagte da plötzlich eine gedämpft klingende ! Männerstimme. Ich fuhr erschrocken herum, der ! Schmetterling flog davon, und ich starrte in das ! Gesicht eines Herrn, der auf dem weichen Waldbodeu unhörbar näher gekommen war. Als er jetzt deu Hut abnahm, erkannte ich den schönen, polnischen Künstler, den mir Fräulein Lilienbeil am vergangenen Abend vorgestellt hatte. Er entschuldigte sich mit I höflicher Gewandtheit wegen des Schrecks, den mir sein plötzliches Erscheinen verursachte — er muß j deutlich genug auf meinem Antlitz zu lesen gewesen sein! Ich faßte mich nun auch, obgleich es mir ein j sehr peinlicher Gedanke war, daß der Fremde meine . kindische Fröhlichkeit und meine stille Andacht belauscht habe — der dunkle Waldweg, auf dem er gekommen, tat sich seitwärts, schnurgerade auf der Höhe entlang laufend, auf, — er mußte mich schon längere Zeit gesehen haben. Auch jetzt heftete er seine stechende», schwarzen Augen hartnäckig auf mein Gesicht, während wir einige gleichgiltige Redensarten austauschten. Das wurde mir lästig; die Stimmung hatte er mir ohnedies gestört; ich setzte meinen Hut wieder auf, ! erhob mich von meinem luftigen Sitze und ging mit ^