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versteckten Lage wegen ist sie in normalem Zustand schwer zu befühlen, und da sie mit nur wenig Empfindungsnerven ausgestattet ist, so sind Leberkrankheiten im Anfangsstadium sowohl vom Leidenden selbst als vom Arzt nur schwer mit Sicherheit zu erkennen. Die meisten Leberkrankheiten entstehen durch übermäßigen Genuß von Spirituosen, durch zu enges Schnüren, durch überreichliche Mahlzeiten und durch Mangel an Bewegung. Sie äußern sich vorzüglich durch mangelhafte Gallenabsonderung. Die einzelnen Krankheiten, deren Ursprung, Verlauf und Aeußerung auf das Wohlbefinden der Menschen zu schildern, würde hier zu weit führen. Als wichtigste Leberkrankheiten führte der Redner an die Fettleber, die Speck- oder Wachsleber, Leberschrumpfung, Schnürleber, Gallenstein und Gallensteinkolik, Gelbsucht, akuter Leberschwund, Leberkrebs, Leberentzündung und Leberegelkrankheit, welch letztere namentlich von Hunden auf die Menschen übertragen wird. Leberkrankheiten sind schwer zu heilen, weil die Patienten vielfach zu spät den Arzt zu Rate ziehen; indessen Ibefitzt die Homöopathie viele altbewährte Gegenmittel. Auch die Wasserheilkunde hat bei Leberkrankheiten schon oft schöne Erfolge erzielt. Dem recht anregenden, äußerst verständlichen und lehrreichen Vortrag wurde allgemeiner Beifall gezollt.
' Herrenalb, 30. Jan. Hier am Platze ist nicht allein die Bautätigkeit eine rege, sondern auch für den Ladeplatz selbst sind die städtischen Behörden bemüht, nach einer langjährigen Ruhe den Ansprüchen der Zeit zu folgen. Die neue Wasserversorgung wird,wohl baldigst in Angriff genommen werden, wenn die Verträge mit dem Fiskus ihre Erledigung gefunden haben. Die Kuranlagen erhalten eine bedeutende Erweiterung. Mit letzteren Arbeiten sind die Gartcnbauingenieure Berz und Schwede- Stuttgart beauftragt, und es ist somit zu erwarten, daß eine Anlage entsteht, die dem idyllischen Rahmen von Herrenalb angepaßt sein wird.
Friedrichshafen, 30. Jan. Das städtische Kurhaus, einer der schönsten hiesigen Plätze, wurde heute von den bürgerlichen Kollegien an den Besitzer des Seehotels und früheren Pächter des Saalbaus in Ulm, Herrn Gnei ding, auf die Dauer von drei Jahren um die Summe von 1000 pro Jahr verpachtet. Da zahlreiche Bewerbungen Vorlagen, hat sich der Pachtpreis wesentlich erhöht.
München, 31. Jan. Wie die „Münchener Neuesten Nachrichten" aus Dresden melden, ist das Gerücht von der bevorstehenden Thronentsagung des Kronprinzen von Sachsen unbegründet.
Merzig (Reg.-Bez. Trier) 31.Jan. Während der hies. Bürgermeister Thiel einer Kaiserfeier des Kriegervereins beiwohnte, wurde an seiner Villa eine 450 Ar schwere Dynamitpatrone gelegt. Die 10 m lange Zündschnur versagte, sonst wäre
ein entsetzliches Unglück zu verzeichnen gewesen. Der Bürgermeister hat auf die Namhaftmachung der Täter eine Belohnung von 1000 ausgesetzt, ebenso haben die Stadtverordneten gestern in außerordentlicher Sitzung eine Belohnung von 1000 für diesen Zweck bewilligt.
Berlin, 31. Jan. Der „Lokalanzeiger" schreibt: Gutem Vernehmen nach ist an den maßgebenden Stellen bisher noch keine Entscheidung über den Zeitpunkt für die Neuwahl zum Reichstage getroffen worden, doch kann man gleichwohl mit Bestimmtheit annehmen, daß der Anregung, diesen Zeitpunkt bis zum Spätherbst hinauszuschieben, keine Folge gegeben werden wird. Maßgebend hiefür ist die auch in den leitenden Regierungskretsen geteilte Auffassung, daß, da die letzten allgemeinen Wahlen zum Reichstage am 16. Juni 1898 stattgefunden haben, das Mandat der gegenwärtigen Abgeordneten genau 5 Jahre später, also am 16. Juni ds. Js. erlischt und daß es wegen der Möglichkeit unvorherzusehender wichtiger Fälle nicht ratsam erscheint, das Reich auch nur für wenige Monate reichstagslos zu lassen.
Berlin, 31. Jan. Wie dem Berliner Tageblatt aus New York gemeldet wird, hatte der Dampfer „Augusta Viktoria", auf dem sich der deutsche Geschäftsträger Speck v. Sternburg befand, eine stürmische Ueberfahrt. Zwei Matrosen erlitten Verletzungen. — Baron Speck v. Sternburg erwartet bestimmt, eine bessere Verständigung zwischen Deutschland und Amerika herbeizuführen. Die Differenzen beruhen häufig auf gegenseitiger Unbekanntschaft der Auffassung der Regierungen. Eine identische Erklärung der Monroe-Doktrin sei trotz des venezolanischen Zwischenfalls das beste Mittel zur Erhaltung des Friedens auf der westlichen Hemisphäre. Die schleunige Aufhebung der Blockade sei der aufrichtige Wunsch des Kaisers, den er baldigst erfüllt zu sehen hofft.
Berlin, 31. Jan. Der Konflikt der Bahnverwaltungen mit den Verkehrsarbeitern in Holland nimmt immer größere Dimensionen an. Mit größter Spannung wartet das ganze Land auf den Befehl des Zentral-Aus- schusses der Eisenbahner, da cs für zweifellos gilt, daß die organisierten Eisenbahner dessen Weisung befolgen werden. Mehrere Dampfer gingen, wie der „Lokal-Anzeiger" aus Rotterdam meldet, ohne Ladung in See, weil die Dockarbeiter die Waggons mit Ladung für die Schiffe nicht löschten. Die Lagerhäuser sind mit Gütern überfüllt. Falls der Eisenbahnverkehr versagt, werden zwei Verbindungsarten eingerichtet werden, eine mit Selbstfahrern für dringende Korrespondenzen und eine mit Kutschen und Dampfern für Drucksachen und Packete. Die Organisation der Arbeiter verbreitet ein Manifest, worin sie das Publikum auf den Generalstreik vorbereitet, aber verspricht, Güter und Material nicht zu beschädigen. Die Ausständigen hatten gestern
gedient haben. Von den anwesenden Handwerkern selbst nahm keiner das Wort. Auch im übrigen kam es leider — trotz besonderer dringlicher Aufforderung — nicht zu der so sehr wünschenswerten lebhaften Aussprache der Handwerksmeister dem Geschäftsführer der Handwerkskammer gegenüber. Nur Herr Wtdmaier, Sattler und Tapezier, sprach über den geringen Wert der früheren Lehrlingsprüfungen und erkundigte sich nach dem Stand der im Gesetz vorgesehenen fakultativen Meisterprüfungen.
— Als zweiter Punkt stand die Gewerbesteuerreform auf der Tagesordnung. Sekretär Dietrich berichtete kurz über die jüngsten Landtagsbeschlüsse, soweit sie die Einkommenssteuer der Gewerbetreibenden und die Gewerbesteuer betreffen. Herr Handelslehrer Kliemann erging sich in längeren Ausführungen über das Steuerwesen im allgemeinen und Kapital- und Ertragsteuern im besondern. — Schließlich verdient hervorgehoben zu werden, daß die Versammlung gut besucht war.
-r. Calw, 2. Febr. Gestern nachmittag fand im Dreiß'schen Saale die Generalversammlung der hiesigen Sterbekasse statt. Hr. Gemeinderat Häußler, der seit dem Ableben des bisherigen Vorstandes der Kasse, Georg Held maier, das Amt desselben provisorisch versah, begrüßte die Versammlung im Namen des Ausschusses und gedachte hiebei zugleich des verstorbenen Vorstandes und der. andern mit Tod abgegangeneu Mitglieder, zu deren ehrendem Angedenken sich die Versammlung von ihren Sitzen erhob. Nach dem Jahresbericht hatte der Verein im letzten Jahre in seiner Mitglicderzahl zwar einen kleinen Rückgang (von 562 auf 556) zu verzeichnen, jedoch war das finanzielle Ergebnis ein erfreuliches. Das Vereinsvermögen betrug am 31. Dez. 1902 7739.62, der Jahresüberschuß
408.19. Für 14 Sterbefälle wurden 830 ausbezahlt (ca. 230 mehr als die mit Tod Abgegangenen einbezahlt hatten). Die statutengemäß vorzuuehmenden Wahlen führten zur einstimmigen Wahl des Hrn. Häußler als Vorstand, ferner wurden die bisherigen 11 Ausschußmitglieder sämtlich wiedergewählt. Die Kasse, deren einziger Zweck ist, die Aufwendungen bei Todesfällen ihrer Mitglieder tragen zu helfen, wird gewissenhaft verwaltet und hat nur geringe Verwaltungskosten; ihre gemeinnützigen Bestrebungen verdienen volle Beachtung.
** Calw, 2.Jan. Im homöopathischen Verein hielt gestern Hr. Hähl, pr. Arzt aus Stuttgart, einen Vortrag über „die wichtigsten Leberkrankheiten". Einleitend beschrieb der gewandte Redner den Bau und die Funktionen der Leber.
Zu den wichtigsten Thätigkeiten der Leber gehören die Blutreinigung und die Erzeugung von Galle, welch letztere durch die Gallenblase gesammelt und nach Bedarf in den Zwölffingerdarm geleitet wird, wo sie insbesondere zur Verdauung der Fettkörper beiträgt; daneben ist sie ein unentbehrliches Desinfektionsmittel des Darminhalts. Die Leber ist zudem ein Stapelplatz für überschüssiges Fett. Ihrer
Hell bezahlte, nahm zärtlich Abschied und verließ die Gluckhenne.
„Sage mir doch, Kommissär, was denkst Du von der ganzen Geschichte?"
Die beiden Freunde saßen vor einer Tasse Kaffee.
„Nun, sie hat Dir wenigstens Gewißheit über ein Ding verschafft."
„Ja, wirklich! Ich kann nun doch mit Sicherheit annehmen, daß der Mensch einen Mitschuldigen hat!"
„Das meinte ich gerade."
„Diesen Brief muß ich in dis Hände bekommen."
„Das geht nicht so schnell, mein Freund."
„Das weiß ich wohl, hilft aber nichts. Ich will ihn haben."
„Es strahlte eine unbändige Energie aus dem offenen Gesicht mit den blitzenden dunklen Augen und den zusammengepreßten Lippen.
Der Kommissär lächelte sarkastisch. „Und wenn es Dir gelingt, desselben habhaft zu werden, dann erzählst Du mir vielleicht Dein Verfahren, damit ich meinen Untergebenen einen kleinen Kurs in der höheren Detektivkunst erteilen kann, wie?"
„Meinetwegen."
Sie verließen Beide daS Lokal vor den Augen des knixenden Portiers.
6. Kapitel.
Es ist kaum glaublich, daß einer meiner geehrten Leser seinen Fuß jemals in „Olger Däne" oder den „Schröpfkopf" gesetzt hat. Die beiden kleinen düstern Kneipen liegen einander gegenüber fast in der Mitte des älteren Stadtviertels von Kopenhagen und sind gleichsam „Mausefallen" der Kopenhagen« Polizei. In denselben versammelt sich die Hefe Kopenhagens, oder bester gesagt, das ElitckorpS der Verbrecherwelt im „Paris deS Nordens."
Dis eigentlichen Banditen, die Trunkenbolde, die dann und wann in irgend einem entlegenen Winkel durch Drohungen sich ein Kronenstück aneignen und jeden zweiten Tag wegen Rauferei und Widerstand g-gen die Polizei abgefaßt werden, haben kein Heimatsrecht in den zwei düsteren, wenig sauberen Kellern. Der Taschendieb, der, wenn die Zeiten gut sind, dem feinsten Elegant nichts nachgibt, der erfahrene Einbrecher und der Schwindler, der heute falsch spielt und morgen Annoncen für das eine oder andere universale Humbugunternehmen sammelt, diese Typen sind es, die den Oertlichkeiten ihr Gepräge geben und um deretwillen sie existiren.
Die Polizei hat manchen Fang hinter den matten Glastüren gemacht und mancher verwegene Kumpan hat in Nuwmero Sicher seine unheilvolle Vorliebe für seine Stammkneipe beweinen müssen.
Oskar Hell saß am Abend in einer einsamen Ecke des „Schröpfkopfes." Er hatte vorher in «Olger Däne" nachgeforscht, aber nicht gefunden, was er suchte. Er war komplet unkenntlich und sah eher aus wie ein Seemann, der, ein wenig angeheitert, nun auf gut Glück in einer Kneipe gelandet ist, um sich ein Glas Grog zu Gemüt« zu führen. Er bestellte solchen mit sehr lauter Stimme und bezahlte prahlerisch aus einer gut gefüllten Börse, was drei zweifelhaften Existenzen in einer entlegenen Ecke nicht entging. Er summte halblaut ein Bruchstück aus einem Lied und begann nach und nach einzunicken.
Gleich darauf kam eine ziemlich ordentlich angezogene Person, die in der Ecke gesessen hatte, zu ihm und klopfte ihm die Schulter.
„Entschuldigen Sie, lieber Herr, nur etnen guten Rat! Wenn Sie Geld Habs», dann dürfen Sie hier kein Schläfchen machen — Sie verstehen?"
„Na, warum?"
Die Frage kam in unverfälschtem norwegischem Dialekt.