Besprechungen mit den Arbeitern der städtischen Werke, um auch in den städtischen Unternehmungen die Arbeitseinstellung herbeizuführen. Die endgültigen Beschlüsse der Eisenbahner werden in Versammlungen, die in dieser Nacht in allen größeren Städten stattfinden, gefaßt.
San Remo, 31. Jan. Die Kronprinzessin Luise und Gtron trafen gestern abend per Wagen hier ein und besichtigten die Villa Murisier, welche sie zu mieten beabsichtigen. Die Kronprinzessin hatte einen Ohnmachtsanfall und mußte das Paar deshalb nach Mentone zurückkehren.
Paris, 1. Febr. Der Kassierer eines hiesigen großen Geschäftshauses, welcher Einkassierungen vornehmen wollte, ist bisher nicht zurückgekehrt. Es steht noch nicht fest, ob derselbe mit den einkassierten Geldern geflüchtet oder ermordet worden ist. Letzteres wird allgemein angenommen.
— Aus Madrid wird gemeldet: DieNach- richten-über den Generalausstand in Reus lauten sehr ernst. Der Stadtrat tagt pernament. Die Verhängung des Belagerungszustandes steht bevor. Die Gendarmerie verhindert den Verkauf von Waffen, sowie Munition und Sprengstoffen aller Art. Ein Kavallerieregiment patrouilliert die Straßen ab. Gestern fanden mehrere Zusammenstöße zwischen Streikenden und Gendarmen statt. Letztere lösten vielfach Versammlungen auf und nahmen zahlreiche Verhaftungen vor. Gestern konnten keine Zeitungen erscheinen.
Barcelona, 31. Jan. Die Polizei verhaftete in einer hier ansäßigen französischen Familie einen Anarchisten namens Martin. Derselbe gestand, daß er mit der Mission betraut gewesen sei, den König der Belgier zu ermorden, jedoch dies nicht ausführen konnte, da er in Barcelona wegen Propaganda beim letzten Ausstande verhaftet worden war.
Athen, 1. Febr. Nach Meldungen aus Corfu wurden bei einem Zusammenstoß eines Dampfers mit dem Torpedobootzerstörer 17 Mann der Besatzung des Dampfers, darunter ein Offizier, infolge der Kesselexplosion getötet. Der Rest der Besatzung fiel ins Meer und ertrank.
London, 31. Jan. Lord Cranborne hielt hielt gestern in Shefield eine Rede, in der er über die Venezuela-Affäre sprach. Cranborne erklärte, England beabsichtige keineswegs, die Monroe- Doktrin zu verletzen. Mit Deutschland bestehe keine Allianz, sondern es handle sich nur um eine Cooperation ähnlich derjenigen zwischen England und Italien im Somalilande.
Washington, 31. Jan. Der holländische Gesandte hatte eine längere Unterredung mit dem Staatssekretär Hay über die Venezuela- Affäre. Er vertrat den Standpunkt derjenigen Mächte, die an der Blockade nicht teilnahmen. Bowen gab die Versicherung, daß Venezuela sämtliche Schulden begleichen werde.
Newyork, 31. Jan. Wie aus Caracas berichtet wird, ist die Lage unverändert. Der Vorrat an Lebensmitteln nimmt rasch ab. 12 Bäckereien mußten bereits geschlossen werden. Die letzten Nachrichten über die beiden Versammlungen zwischen Bowen und den Vertretern der verbündeten Mächte entstandenen Schwierigkeiten haben im ganzen Lande große Aufregung hervorgerufen. Die Bevölkerung erwartet mit Ungeduld das Resultat der Verhandlungen und hofft auf eine baldige Aufhebung der Blockade.
Nermifchles.
— Die Wormser Leberwurst. Inden 70er Jahren war Worms, so erzählt ein Leser der „Franks. Ztg.", wegen seiner vorzüglichen Würste weithin bekannt. Besonders ein Metzger verstand es, eine Leberwurst herzustellen, die den verwöhntesten Gaumen zufriedenstellen konnte. Saßen da zur Sommerszeit in Heidelberg in einem Biergarten eine Anzahl Studenten. Sie hörten von pfälzischen Eisenbahnschaffnern, die der Weg häufig von WormS nach Heidelberg führte, von der trefflichen Wormser Wurst. „Wäre es nicht möglich, uns einmal ein paar Pfund dieser Leberwurst von Worms mitzubringen?" wandte sich einer der jungen Herren an die freundlichen Pfälzer. „Gewiß und mit dem größten Vergnügen!" war die Antwort. Man stattete den Schaffner mit den nötigen Geldmitteln aus. „Uebermorgen sind wir wieder in Heidelberg und werden die Wurst mitbringen." Treu und gefällig, wie Pfälzer sind, wurde am folgenden Tage in Worms die leckere Wurst gekauft und mit auf den Weg genommen. In Ludwigshafen, wo die Beamten mehrstündigen Aufenthalt hatten, ging man mit den Wurstpacketen beladen zu einem Glase Bier. „Na, was habt Ihr denn da?" fragten die andern im Wirtshaus rastenden Kollegen. „Was wir haben? Wormser Leberwurst für die Heidelberger Studenten in Worms gekauft!" „Ach was! her mit der Wurst. Wir essen auch gern Wormser Leberwurst" — und bald war die Wurst vertilgt. Guter Rat, ein sonst so seltener Artikel, war in diesem Falle nicht teuer. In dem nächsten Fleischerladen in Ludwigshafen wurde andere Wurst gekauft und als echte „Wormser" mit nach Heidelberg genommen. Am nächsten Morgen wandelten die gefälligen Schaffner zu dem Biergarten. „Sind die Studenten noch nicht da?" „Die kommen erst mittags!" „Na, Herr Wirt, wir müssen um 12 Uhr weiter. Sie sind wohl so gut, den Herren, sobald sie kommen, diese echten Wormser Leberwürste zu übergeben!" Der Wirt, der gleichfalls Wormser Würste hochschätzte, gab seiner Frau einen Wink. Bei einem Heidelberger Metzger holte man schöne frische Wurst, und der Wirt sowie seine Frau ließen sich die „Wormser", die aus Ludwigshafen stammte, prächtig munden, während die Heidelberg-Wormser Leberwurst den Studenten pünktlich ausgehändigt wurde. Die Studenten aber schworen hoch und
teuer, nie eine so vorzügliche Wurst gegessen zu haben, wie diese.
— Von einem ganz unverschämten Schweinedieb wird der Elbinger Ztg. berichtet: Vor einigen Tagen wurden einem Besitzer in Ramsen in folgender Weise mehrere Schweine gestohlen. In der Nacht klopfte es bei dem Besitzer plötzlich ans Fenster. Ein fremder Metzger bat um Beistand, da ihm zwei Schweine vom Wagen gefallen seien. Nachdem der Besitzer beim Aufladen der Borstentiere Hilfe geleistet und ein Trinkgeld erhalten hatte, fuhr der Metzger davon. Sehr erstaunt war am andern Morgen der Besitzer, als er seinen Schweinestall leer fand. Es wurde ihm klar, daß er dem Dieb seine eigenen Schweine auf den Wagen geladen hatte.
Aus der guten alten Zeit. In einer alten Chronik ist folgendes zu lesen: „Zu Biberach (der jetzigen württembergischen Oberamisstadt) erwarb im Jahre 1524 ein Bader Namens Michael Rohrer das Bürgerrecht. Derselbe war dem Trünke gar gewaltig ergeben. An den Mittwochen findet in Biberach der sehr frequentierte Schrannenmarkt statt. Da sich, wie es scheint, die Bauern schon damals die Köpfe zerschlugen, so gab der Rat dem Bader den strengen Befehl, an diesem Tag keinen Wein zu trinken. (Der Heil- (und Trinkkünstler) aber protestierte dagegen mit folgender Bitte: „ein hochwohlweiser Rat möge doch den Bauern gebieten, sich nur des Vormittags zu schlagen und zu hauen, da wolle er ihre Wunde und Brüche fein sorgfältig verbinden denn — den ganzen lieben langen Tag nüchtern zu bleiben, sei ihm ganz unmöglich.
Marktberichte.
Mössingen, 30. Jan. Der gestrige Viehmarkt war, wie man voraussehen konnte, gut befahren. Es wurden etwa 600 Stück Vieh aller Gattungen zugetrieben. Auch waren viele Händler am Platze. Der Handel war bei sehr hohen Preisen lebhaft. Mit der Bahn wurden etwa 300 Stück Vieh befördert, hauptsächlich junge Zuchochsen, Zucht- und Schmalvieh. — Auf dem Schweinemarkt betrug die Zufuhr ca. 200 Stück. Der Handel ging lebhaft. Für das Paar Milchschweine wurden 24 bis 37 bezahlt.
Von der Tauber, 28. Jan. (Bonden Vi eh m ä rkt en.) Allem Anschein nach werden die Viehpreise bald stark steigen. Norddeutsche, welche die letzten Wochen in unserer Gegend von Wertheim bis Rothenburg, sowohl auf den Märkten wie in den Ställen und von Händlern große Aufkäufe machten, haben diese Woche wiederum überall-. hin brieflich Aufträge zum Aufkauf von Stieren und Rindern von 7—10 Zentnern lebend Gewicht gegeben. An solchen Tieren beginnt es zu mangeln und auch Arbeitsochsen werden stark gesucht. — Die Fleischpreise sind aller Orten um 5—8 F gegen den November gestiegen und es ist gar keine Aussicht auf ein Fallen derselben.
„Ja, ich muß Ihnen sagen, daß im Laufe des Abends hier allerlei Menschen verkehren, so daß Ihre Börse leicht den Platz wechseln könnte."
„Ich danke Ihnen! Ist ein Gläschen willkommen?"
„Ich sage nicht nein!"
Hell traktirte und Beide tranken, bis ihnen der Grog stark in den Kopf gestiegen zu sein schien. Als eine halbe Stunde verstrichen war, faßte der Unbekannte seinen Trinkgenoffen vorsichtig unter dem Arm.
„Hören Sie, Freundchen, nun wollen wir bei Gott hübsch nach Hause gehen und uns zu Bett legen. Wir haben Beide einen ganz anständigen Rausch. Kommen Sie!"
Hell ließ sich schwankend mitführen hinaus auf die Straße, indem er durch die halbgeschloffenen Augenlieder bemerkte, wie sein Begleiter einen verständnisvollen Blick mit seinem früheren Tischgenoffen wechselte. Sie schwankten im Zickzag über die Straße. Hell taumelte derart, daß der andere Mühe hatte, ihn aufrecht zu halten.
Endlich kam eine kleine Parkanlage in Sicht. „Hören Sie, mein Freund", sagte der Fremde, „setzen Sie sich einen Augenblick und ruhen Sie aus. Ihr Kopf ist in der Tat etwas schwer grworden."
Sie setzten sich auf eine Bank und Hell lehnte sich sogleich zurück und schien einige Minuten nachher in tiefen Schlaf gefallen zu sein.
Nach einiger Zeit verspürte er, daß eine Hand mit unglaublicher Geschicklichkeit in seine Hosentasche hinabglitt.
Daß sie, indem sie sich zurückzog, seinen Beutel mitnahm, darüber war er keinen Augenblick im Zweifel. Dann glitten seine beiden Hände vorsichtig über seine dicke Jacke, bis sie auf seinem Taschentuch liegen blieben.
Hell fühlte eine Bewegung, als ob man behutsam ein spitz'geS Instrument
durch den Stoff bohrte und kurz hörte er ein Geräusch wie von einer Scheere, wenn sie dickes Tuch zerschneidet. Aber ehe der andere seine Arbeit vollendet hatte, wurde er im höchsten Grade unangenehm überrascht, indem er unvermutet sich selbst unter seinem Opfer auf der Bank liegend fand, während der kalte Lauf eines Revolvers gegen seine Stirn gedrückt wurde.
„Polizei!"
Der kräftige Ruf tönte unheimlich durch den dunklen Abend.
„Liegst Du nicht ruhig, bis die Polizei kommt. Du Lump, so blase ich Dir das Gehirn aus."
Man hörte schwere, schnelle Schritte. Ein Schutzmann eilte zur Stelle.
Auf der Polizeistation wurden beide auf Hells Ersuchen zu seinem Freund geführt, der gerade die Wache hatte.
„Ah, steh, sieh, du bist es, „Bitte-Jens?" Hast wieder eine Expedition unternommen?"
Kommissär H. kannte seine Pappenheimer.
„Ja, Herr Kommissär, es geht nicht besser."
„Hast Du viel anzuführen?"
„Ich glaube eher, daß der Herr Kommissär in dieser Sache anführen wird."
„Spare Deine Kalauer, „Bitte-JenS". Untersuchen Sie ihn, wandte er sich an den Polizisten.
Hells Beutel kam bald zum Vorschein, dann ein paar Scheeren von eigentümlicher Konstruktion. Sie glichen eher chirurgischen Instrumenten. Es waren eine größere und eine kleinere.
„Zu waS gebrauchst Du diese?"
Der Kommissär zeigte ihm die kleinere Scheere.
„Diese Herr Kommissär ist nur für Damen." (Forts, folgt.)