Württemberg.

Seine Majastät der König hat den Land- gerichtspräfidenten v. Hauff in Heilbronn seinem Ansuchen gemäß auf den 1. Oktober ds. Js. in den bleibenden Ruhestand versetzt und den Landgerichtsrat Dr. Cleß in Stuttgart zum Oberstaatsanwalt an dem Landgericht Tübingen mit den Dienstrechten der Oberstaatsanwälte der 6. Rangstufe ernannt.

Der Präsident des Evangelischen Konsistoriums Dr. Frhr. v. Gemmingen-Guttenberg ist auf sein Ansuchen unter Anerkennung seiner langjährigen treuen und ausgezeichneten Dienste, unter Verleihung der Krone zu dem Großkreuz des Friedrichsordens und unter Ernennung zum Ehrenmitglied des Evang. Konsistoriums in den bleibenden Ruhestand versetzt, auch gleichzeitig von seiner Stellung als Vorstand des Disziplinargerichts für evangelische Geistliche enthoben worden.

Stuttgart, 8. Juli. Ueber fortgesetzte Zugs- Verspätungen wird gegenwärtig sehr viel geklagt. Ein großer Teil der Züge kann schon seit geraumer Zeit den hiesigen Bahnhof nicht mehr zur fahrplan­mäßigen Zeit verlassen. Die zum Teil sehr erheblichen Verspätungen sind, soweit Schnellzüge in Betracht kommen, öfter von auswärts übernommen; sie über, tragen sich aber auch in empfindlichem Maße auf den inneren und Lokalverkehr. Der Grund der Unregelmäßigkeiten soll in dem besonders starken Verkehr liegen.

Stuttgart, 9. Juli. In dem Verkaufsgeschäft von Fußmann in der Hauptftätterstraße ereignete sich heute vormittag ein schwerer Unglücksfall. Ein junger Mann war in das Geschäft gekommen, um einen Revolver zu kaufen. Als er den Mechanismus Probieren wollte, entlud sich die Waffe, in der sich, ohne daß jemand davon Kenntnis hatte, eine Patrone befand und die Kugel drang der Frau Fußmann in den Unterleib. Sie wurde schwer verletzt ins Spital verbracht. Im Schreck über das augerichiete Unglück war der junge Mann geflohen.

Stuttgart. .Kunst im Handwerk" lautet die Devise der Möbelausstellung, die der Verband der Württ. Holzindustriellen in der König Karlshalle des Landesgewerbemuseums am 29 Juli eröffnen wird. Von früheren Veranstaltungen ähnlicher Art wird sich die Ausstellung wesentlich unterscheiden. Während sonst jeder Aussteller unabhängig von dem andern sein bestes zu geben versuchte, wobei meistens ein unorganisches Nebeneinander einzelner in sich vielleicht vollendeter Möbel oder Einrichtungen ent­stand, dessen Gesamteindruck zum mindesten zwiespältig blieb, will die heurige Ausstellung ein möglichst er­schöpfendes und einheitliches Abbild der bürgerlichen Wohnung unserer Tage bieten, deren einzelne Zimmer sich gegenseitig zu harmonischer Wirkung ergänzen. Der moderne Stil, wie er aus dem Zusammenwirken hervorragender künstlicher Kräfte und guter Hand- werkstradition allmählich zu einem lebendigen Ganzen erwächst, ist dabei überall festgehalten. Es ist zu erwarten, daß die Ausstellung den Ruf, den Stutt­gart als ein Vorort der deutschen Möbelindustrie genießt, aufs neue rechtfertigt.

Tübingen, 8. Juli. (Strafkammer.) Adler- Wirt und Holzhändler Ludwig Schönthaler in Feldrennach mußte sich wegen fahrlässiger Körper­verletzung verantworten. Mitte März befand sich Schönthaler mit seinem Eiuspännerfuhrwerk in Calm­bach, um dort Dachlatten zu holen. Ueber Mittag ließ er sein Pferd mit dem geladenen Wagen vor der Sonuenwirtschaft stehen und fütterte es. Das Pferd ist futterneidig, sonst aber fromm. Der fünf Jahre alte Knabe Rudolf Seyfried befand sich beim Ballspielen aus der Straße und kam in die Nähe des Pferdes, welches fürchten mochte, der Knabe wolle es am Fressen stören, und das deshalb mit einem Vorderfuß nach ihm schlug. Der Schlag traf den Knaben derart auf die Stirne, daß eine tiefe Wunde, verbunden mit Knochensplitterung und Gehirnerschütterung, entstand. Schönthaler gab zu, fei» Pferd unbeaufsichtigt gelassen zu haben, und meinte, es werde eben futterneidig gewesen sein und sagte, das Pferd sei sonst nicht bösartig. Er wurde zu 10 und Tragung der Kosten verurteilt.

Gmünd, 9. Juli. Gestern mittag erlitt infolge Eingießens von Erdöl in das Herdfeuer ein 14jähr. Mädchen derartige Brandwunden, daß an seinem Aufkommen gezweifelt wird.

Leonberg, 9. Juli. Eine für die hiesige Ein­wohnerschaft sehr interessante Feuerlöschprobe fand gestern morgen hier in Gegenwart zahlreichen Pub­likums, sowie der anläßlich der Amtsversammlung hier anwesenden Ortsvorfteher statt. Der Löschver- such wurde von einem Vertreter der Minimax-Appa- rate, Bau-Gesellschaft m. b. H. in Berlin nach vor­

hergegangener Erklärung des handlichen Apparats an zwei Brandobjekten, einem mit Erdöl begossenen, ca. 2 Meter hohen Holzhaufen, sowie an einer auf den Boden geschütteten teerähnlichen Masse, unter­nommen und es war in der Tat frappierend mit welcher Einfachheit, Sicherheit und Schnelligkeit das gewaltige Feuer gelöscht wurde.

Herrenberg, 1l. Juli. Im Walde bei Mötzingen wurde der Handwerksbursche August Haischt von Birkmannsweiler erhängt aufgefunden.

Klosterreichenbach, 7. Juli. Seit einiger Zeit halten sich hier und in den benachbarten Forst- ämtern verschiedene junge Forstleute aus England zu Studienzwecken auf. Sie sind nach Ablegung ihrer Examina von der englischen Regierung auf mehrere Wochen in den Schwarzwald gesendet worden, um den deutschen Forstbetrieb kennen zu lernen. Vom Schwarzwald aus treten sie in einigen Wochen behufs Praktischer Verwendung die Reise nach Indien an.

Stuttgart. lLarrdeSproduktenbörse.j Bericht vorn 10. Juli von dem Vorstand Fritz Kreglinger. Im Wochenverlauf waren die amerikanischen Getreidemärkte wiederum größeren Schwankungen unterworfen, die Tendenz blieb indessen sest. Die Weizenangebote von Argentinien haben sich stark vermindert und infolge der politischen Un- ruhen in Rußland ist auf Abladung von dort nichts ange- boten. Die Forderungen von Rumänien für Neuweizen sind erhöht. Mehlpreise per 100 Kilogramm inkl. Sack: Mehl Nr. 0: 29 ^ bis 30 »k ^, Nr. 1: 27

^ bis 28 Nr. 2: 25 SO bis 26 50 ^l,

Nr.S-. 24 ^ bis 25 Nr. 4: 21 bis 22^:

Suppengries 29 »tt biS 30 4- Kleie

9 ^4 75

Aus Stadt. Bezirk und Umgebung.

Neuenbürg, 11. Juli. Nach einer Mitteilung des Infanterieregiments Alt-Württemberg (3. württi) Nr. 121 in Ludwigsburg werden am 20. ds. Mts. anläßlich einer taktischen Uebungsreise 15 Offiziere (darunter der Regimentskommandeur) mit 19 Ossi- zierdienstpferdeu, 1 Unteroffizier und 3 Radfahrern hier eintreffen und Quartier nehmen. 1 Unteroffizier und 1 Gefreiter als Quartiermacher treffen schon am 19. ds. hier ein.

Neuenbürg, 8. Juli. Der hiesige Gewerbe­verein hielt am letzten Samstag seine jährliche Hauptversammlung ab, in welcher Vorstand Gollmer den anstandslos gutgeheißenen Rechen­schaftsbericht und eine kurz gefaßte Ueberficht über die Tätigkeit des Vereins im letzten Jahre gab und in welchem u. a. mitgeteilt werden konnte, daß auch ein Buchsührungskurs unter lebhafter Teilnahme ver­anstaltet wurde. Im übrigen sind es Fragen im Handel- und Verkehrswesen und die Beantwortung von Fragebogen, die den Verein wieder beschäftigten; auch wurden im Verein bekanntlich mehrere Vorträge über das am 1. April ds. Js. ins Leben getretene Einkommensteuergesetz gehalten. Die schriftlich vor­genommenen Neuwahlen des Gesamtvorstandes (Vor­sitzender und 7 Ausschußmitglieder) ergaben das alte Bild, da der bisherige Vorstand Gollmer und die Ausschußmitglieder fast einstimmig wiedergewählt wurden, nur mit der Ausnahme, daß an Stelle des ausgetretenen Ausschußmitglieds, Kaufmann Fieß, welcher seit Jahren die Kassier- und Schriftführer- stelle versehen hat, Kaufmann Meisel gewählt wurde. Beim dritten Punkt der Tagesordnung kam u. a. auch die Angelegenheit einer Eisenbahn-Halte- stelle beim Uebergang an der Wildbader Straße zur Sprache, aus Anlaß eines schriftlichen Gesuchs eines Mitglieds, daß der Verein diese Angelegenheit doch verfolgen möge. Es konnte unter Zustimmung des Gesuchstellers konstatiert werden, daß der Verein in dieser Sache nichts versäumt habe, vielmehr liege eine Versäumnis auf Seiten der Interessenten. Der Verein sei nur in der Lage, einer bezügl. Eingabe der nächst beteiligten Firmen und Einwohner seine Unterstützung angedeiheu zu lassen und er habe sich zu einer sol- chen Unterstützung schon bisher bereit erklärt. Es wurde noch von einem in Eisenbahnsachen erfahrenen Mitglied der Rat gegeben, in einer Eingabe an die Eisenbahnverwaltung nicht auf einmal Alles zu ver­langen, sondern nur schrittweise vorzugehen, vor allem aber das Bedürfnis für eine Haltestelle durch Zahlen nachzuweisen. Im Verlauf des Abends wurde es von verschiedenen Seiten mißbilligt, daß man da und dort immer wieder den Vorwurf höre» müsse, der Verein erfülle seinen Zweck nicht, es werde nichts oder nur wenig erreicht. Solchen ungerecht­fertigten Vorwürfen gegenüber könne betont werden, daß es gerade dem raschen und energischen Eingreifen des hiesigen Gcwcrbevereins zu verdanken sei, wenn schon gewisse Gesuche, was sonderlich den Eisenbahn­verkehr betreffe, zum Nutzen der Allgemeinheit ihre gewünschte Lösung gefunden haben. Es sei ein billiges Vergnügen, immer nur zu kritisieren, statt sich selbst

in den Dienst der Sache zu stellen, und wenigstens durch Besuch der Vereinsversammlungen sein Interesse zu betätigen. Man habe aber demgegenüber schon die Erfahrung gemacht, daß es Mitglieder gibt, die überhaupt nur in einer Versammlung erscheinen wenn es sich um ihr spezielles Berufs- oder Privat interesse handle, wenn sie besondere Wünsche, für deren Erfüllung der Verein eintreten solle, v'orzu- bringen haben. Werden solche Wünsche nicht alsbald erfüllt, so wird der Verein dafür verantwortlich ge- macht oder gar als wertlos bezeichnet. Ein Verein ist aber nur durch verständiges, opferwilliges Zu- sammenwirken Ersprießliches zu leisten im Stande. Einen solchen Zusammenhalt wünschen wir dem nur gemeinnützige Interessen verfolgenden Gewerbeverein.

ll.-L. Neuenbürg, 7. Juli. (Bon den Forsten.) Soeben sind die von der K. Forstdirektion heraus, gegebenenForststatistischen Mitteilungen aus Wärt- temberg für das Jahr 1903" erschienen, denen wir u. a. folgende interessante Angaben entnehmen und sind in Klammern die Ergebnisse vom Vorjahr (1902) zu Vergleichen, soweit von Interesse, beigefügt Es betrug die Gesamtfläche der staatlichen Forstbezirke Calmbach 2316,16 du, wovon 2254 Im ertrags- fähig; Enzklösterle 3050,93 ku, wovon 2980^23 im ertragssähig; Herrenalb 3540,01 Im, wovon 3413,21 Im ertragsfähig; Laugenbrand 2241,78 Im, wovon 2177,62 Im ertragsfähig; Meistern 678,65 1m, wovon 664,12 Im ertragsfähig; Neue», bürg 1753,53 1m, wovon 1698,25 1m ertragsfähig; Wildbad 2660,59 Im, wovon 2601,25 Im ertrag­fähig. Gefällt wurden im Forstbezirk Calmbach 10939 m Bau- und Nutzholz und 3462 w Brenn- Holz; Enzklösterle 16534 m Bau- und Nutzholz und 3787 m Brennholz; Herrenalb 15423 m Bau- und Nutzholz und 6863 in Brennholz; Langen- brand 10868 m Bau- und Nutzholz und 3965 Meter Brennholz; Meistern 3177 in Bau- und Nutzholz und 1621 in Brennholz; Neuenbürg 7481 in Bau und Nutzholz und 4808 m Brennholz; Wildbad 15206 w Bau» und Nutzholz und 4366 w Brennholz. Durchschnittlich wurde» pro Meter in Mark erlöst im

Forstbezirk Eichen-, Nadelholz- Scheiter und Prügel Stämme Buchen Nadelholz

Calmbach 36,11 s18,24s, 20,16 s16,79s, 6,81 s7,45s, 6,02 s8,10s Enz­klösterle 14,70 sis,85s, 18,15 sI5,S5s, 6,56 s6,89s, 4,70 sk,301 Herrenalb 21,13 sI5,31s, 18,73 (iS,43s, 7,34 s8,08s, 5,09 s4,70s Langen­brand 14,98 s14,96s, 18,68 s15,42s, 7,60 s7,60s, 4,94 so,74s

Meistern 17,22 6,48 7,43

Neuen­bürg 48,98 s34,74s, 20,00 sI6,96s, 7,36 s8,56s, 4,88 s4,7ss

Wildbad 25,66 s29,90s, 19,21 s16,00s, 8,67 s9,67j, 6,78 6,37s

Die Durchschnittspreise in ganz Württem­berg waren für Eichenholzstämme 36,05, (33,84(, Nadelholzstämme ^ 18,56 (16,43(, buchene Scheiter und Prügel 7,68 (7,85(, Nadelholz-Scheiter und Prügel ^ 5,68 (5,83(, 100 gebundene buchene Wellen ^ 17,07 (16,83s. Der durchschnittliche Holzhauer.Taglohn betrug in sämtlichen 7 Forst­bezirken Sommers je -//L 2,50, Winiers je ^ 2,30, während der Landesdurchschnitt Sommers 2.29, Winters -/-L 2,05 war. Sodann betrug der Ge­samtaufwand

im Forstbezirk

Calmbach.

Enzklösterle ,

Herrenalb

Langenbrand.

Meistern

Neuenbürg ,

Wildbad

Der Geldertrag

für Kulturen ^ 12 596,13 . 10 255,15 . 11944,75 . 1550,38 1111,89

. 7 201,73

. 5 748,35

der Staats-,

für Waldwege ^ 11 524,37 13174,19 . 21242,38 . 8611,89

. 4948.54

. 12140,44 . 11951,27 Forst- und

Jagdverwaltung betrug im Forstbezirk Calmbach -/A 157 206,96, Enzklösterle ^ 65592,27, Herren- alb 177 203,44, Langenbrand 136465,90, Meistern c/L 38584,74, Neuenbürg 112528 , 12 , Wildbad 243417,39 und nach Abzug allgemeiner Ausgaben einschließlich des Aufwands für das Forst- verwaltungs- und Schutzpersonal ergab sich Pro Hektar ein Reinertrag von ^ 60,93 im Forst­bezirk Calmbach, 58,84 im Bezirk Enzklösterle, -//L 43,10 im Bezirk Herrenalb, 53,84 im Bezirk Langenbrand, 49,29 im Bezirk Meistern, 47,45 im Bezirk Neuenbürg und ^ 87,74 im Bezirk Wildbad. Im Oberamtsbezirk Neuenbürg wurden wegen 483 in Staats- und Privatwaldunzen ver­übten Verfehlungen gegen das Forststrafgesetz und das Forstpolizeigesetz 1337 Geldstrafen und 12 Tage Gefängnis und Haft verhängt. Die Einnahmen der gesamten Württemberg- ischeu Staatsfor steu (einschließlich Jagd) betrugen 15 706072 die Ausgaben 5 727158 so daß ein Reinertrag von 9 979 814 -Ki (51,02 ^ auf 1 das verblieb, gegen 9258551 (47,36