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Der «nztaler.
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Fernsprecher Nr. 4.
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Neuenbürg, Mittwoch den 5. Juli 1905.
63. Jahrgang.
ttunSschau.
Wie aus Berlin gemeldet wird, unternimmt eine Anzahl Reichstagsabgeordneter am 10. August eine Reise nach Kamerun und Togo. Es sollen hauptsächlich Bahnprojekte geprüft werden.
London, 3. Juli. Wie dem Reuter'schen Bureau aus Odessa gemeldet wird, hat sich der Pobjedonoszeff heute morgen ergeben. Die Rädelsführer der Meuterer wurden von den Offizieren bezeichnet und an das Land gesetzt. — Der Standard meldet aus Odessa, daß sich der Komman- dant des Pobjedonoszeff erschossen habe, um dem Schicksal des Kommandanten des Potemkin zu entgehen.
London, 3. Juli. Der bisher in Odessa angerichtete Schaden wird auf 140 Millionen geschätzt.
Petersburg, 3. Juli. Auf den Putiloffwerken in Petersburg haben heute 12 000 Arbeiter die Arbeit eingestellt. Auf der baltischen Werst droht ebenfalls ein Ausstand, falls die Forderungen der Arbeiter, die unerfüllbar find, nicht angenommen werden.
Petersburg, 3. Juli. In der letzten Nacht sammelte sich am Pojaschka-Ufer des Hafens ein Haufen Gesindel und begann, in mehreren Häusern die Möbel zu zerbrechen und auf die Straße zu werfen. Der zur Unterdrückung herbeigerufenen Polizei gelang es nicht, den durch Anschluß von Arbeitern auf eine Stärke van 3000 Personen ange- wachsenen Haufen zu zerstreuen. Erst als Kosaken zur Hilfe herangezogen wurden, wurde der Haufe zersprengt. 20 Personen wurden verhaftet. Durch Steinwürfe wurden ein Polizeioffizier und 4 Kosaken verletzt.
Auf der Flottenstation zu Stockholm ist jetzt das sogenannte Stockholmer Geschwader im Begriffe klar zu machen, um wie gewöhnlich mit den zum Seedienste einberufenen Mannschaften zu einer dreimonatigen Fahrt in See zu gehen. Diese Fahrt ist bereits im Monat März angeordnet worden und steht daher mit den politischen Ereignissen nicht im Zusammenhänge. — Wie verlautete, sollte die norwegische Regierung die Einstellung der Zahlung der Apanage König Oskars vom 30. Juni ab angeordnet werden. Indessen wird nachträglich aus Chriftiania gemeldet, daß die Regierung noch keine definitiven Beschlüsse in dieser Frage gefaßt habe.
U«r ein Vapierstreifen.
Detektivroman von Adolf Holler l.
3j - (Nachdruck verboten.)
.Nun hören Sie', sprach der Untersuchungsrichter, beinahe belustigt über seine Naivität, .wenn Sie mir mit solch albernen Geschichten kommen wollen, dann muß ich Ihnen allen Ernstes bemerken, daß dergleichen Gründe nicht darnach angetan find, die Glaubwürdigkeit Ihrer Aussagen zu bekräftigen. Bleiben Sie daher bei der Wahrheit, und verschonen Lie uns mit Ihren spiritistischen Anwandlungen."
.So will ich mich präziser ausdrücken", versetzte Johnson. .Ich wußte, oder besser gesagt, ich hatte ganz bestimmte Gründe anzunehmen, daß sich in den letzten drei Tagen des Monats März etwas außergewöhnliches ereignen würde, wenn ich auch nicht geglaubt und im entferntesten daran gedacht hätte, daß diese Nacht mit einer solch entsetzlichen Tat ihren Abschluß finden würde."
„Woher wußten Sie, daß sich etwas besonderes »eignen sollte? So mir nichts dir nichts glaubt --rhnen doch kein vernünftiger Mensch, geschweige denn ein alles abwägender Richter solch wunderbare Dinge und Märchen. Ich mache Sie nochmals auf den Ernst Ihrer Lage aufmerksam."
„Ich halte den Zeitpunkt noch nicht für geeignet, hierüber Positive Angaben zu machen. Daß meine Behauptung wahr und richtig ist, das wird die Zukunft lehren. Mehr mag ich vor der Hand nicht zu sagen."
Staatssekretär Hay ist gestorben. Er war 1898 Minister des Auswärtigen und Chef des Staatsdepartements, d. h. Ministerpräsident, der Vereinigten Staaten. Mc Kinley berief ihn ins Amt und Präsident Roosevelt behielt ihn bei, wenn er auch von der Tätigkeit Hays keine ganz so hohe Meinung hatte wie sein Amtsvorgänger. Deutsch, land hat zwar — rein politisch betrachtet — keine Ursache, ihm eine Träne nachzuweinen. Er war ein Anglomane vom reinsten Wasser und hat sich uns gegenüber niemals besonders angestrengt, das vergessen zu machen. Vor einiger Zeit war Hay zur Wiederherstellung seiner Gesundheit in Deutsch, land. Während er bei dieser Gelegenheit London und Paris besuchte, „schnitt" er Berlin, obgleich ihm von dort zu verstehen gegeben worden sein soll, daß der Kaiser sich freuen werde, ihn persönlich kennen zu lernen.
Karlsruhe, 2. Juli. Die hiesige Metzgerinnung hat die Fleischpreise für die erste Hälfte des Monats Juli wie folgt sür das Pfund festgesetzt: Ochsenfleisch 76—80 -fl, Rindfleisch 72—76 -fl, Kuhfleisch 36 bis 64 fl, Kalbfleisch 80 bis 84 -fl, Schweinefleisch 72—80 -fl, Hammelfleisch 70—90 In keinem Jahr haben die Fleischpreise hier eine solche Höhe erreicht. Die Fleischversorgung der Kurhotels im Schwarzwald stößt bei dem Mangel an Schlachtvieh auf besondere Schwierigkeiten.
Danzig, 3. Juli. Heute morgen schlug der Blitz während eines heftigen Gewitters in die St. Katharinenkirche ein und zündete. Die Kirche ist durch das Feuer schwer beschädigt worden. Sämtliche 4 Türme, darunter der Glockenturm, sind eingestürzt, und das Innere der Kirche ist teilweise ausgebrannt. Ein Verlust an Menschenleben ist nicht zu beklagen.
Bon München registrieren Zeitungen und Polizeidievst 11 Hitzschläge, darunter 3 tödlich verlaufene. — Der Posten vor der Wohnung des kommandierenden Generals in Nürnberg erlitt am Sonntag gegen Abend einen Hitzschlag. Der General bemühte sich sofort persönlich um den Erkrankten und sorgte für dessen Ueberführung ins Lazarett. In der Stadt kamen weitere 6 Hitzschläge vor. — Ein 64 jähriger Taglöhner wurde auf dem Felde bei Trier durch Hitzschlag getötet. — In- folge der enormen Hitze, bei der die Temperatur
„Wenn Sie schon so bestimmt wußten, daß sich in der fraglichen Nacht irgend ein Unglück ereignen würde, warum sind Sie denn überhaupt weggefahren? Dann hätten Sie doch eigentlich gleich hier bleiben können", fuhr der Untersuchungsrichter in seinem Verhör mit Johnson fort.
„Ich mußte doch dem Befehle meines Chefs Nachkommen und war es auch nur scheinbar."
„Soweit die Voruntersuchung ergab, ist festgestellt worden, daß der Mord an Mr. Forbes nach Mitternacht, also sagen wir zwischen zwei und drei Uhr, begangen wurde. Wo befanden Sie sich um diese Zeit?"
„Auf der Eisenbahn in voller Fahrt nach Little- Lown. Hier ist mein Billett, der Zug hielt in Little- town um ein Viertel nach drei Uhr, und von da nach der Villa „Walterscott" ist eine starke halbe Stunde zu gehen. Ich kann daher an dem Morde nicht beteiligt gewesen sein, außerdem Hab ich noch den Stationsvorsteher in Littletown und den Schaffner des Nachlzuges zum Zeugen. Der letztere hat mein Billett visiert, und der erstere sah mich aussteigen."
„Wir werden ja sehen. Uebrigens möchte ich darauf Hinweisen, daß Sie gerade nicht unmittelbar bei der Tat selbst beteiligt gewesen zu sein brauchen. Sie können auch mit derselben im Zusammenhang stehen, ohne daß sie selbst auf dem Tatorte anwesend waren und Mithilfe geleistet haben. Ich will Sie nur darauf aufmerksam machen. Warum begaben Sie sich zu einer solch ungewöhnlichen Zeit nach „Walterscott", was hatten Sie dort zu suchen und
auf 43° 6. stieg, erlitten in Dresden 6 Personen Hitzschlag. — Die „Voss. Ztg." meldet auS Dortmund: Ein Ziegeleiarbciter wurde infolge der Hitze ohnmächtig. Er fiel mit dem Kopf in eine Mischmaschine. Er wurde von den Messern der Maschine ergriffen und zerfleischt. — Wien, 3. Juli. Infolge der ungewöhnlichen Hitze kamen gestern und vergangene Nacht sowohl hier wie in der Umgegend überaus zahlreiche Fälle von Hitzschlag und Sonnenstich vor. Zwei Menschen wurden durch Hitzschlag getötet; mehrere Personen wurden bewußtlos in die Hospitäler gebracht.
Nach einem aus Mexiko eingegangenen Telegramm sind durch lleberschwemmungen, die einem heftigen Unwetter folgten, eine Anzahl Menschen in Guanaguato, dem Betriebsfitz der englischen und amerikanischen Minenkompagniev, umgekommen. Die Zahl derselben wird verschiedentlich auf 100—1000 geschätzt.
Paris, 2. Juli. In dem Wettfahreu um den Großen Preis der Union Volocipödique Fran^aise wurde der Deutsche Mayer Erster vor dem Franzosen Poulain und dem Amerikaner Kramer.
Württemberg.
Stuttgart, 3. Juli. Ohne Erbarmen schwingt die Hitze ihre Geißel weiter. Ein Tag übertrumpft den andern; heute kletterte das Thermometer bis über 33 Grad hinauf. Während am Samstag nachmittag sich der Himmel zeitweise bewölkte und wenigstens der Hoffnung auf ein Gewitter Nahrung gab, senkte am gestrigen Sonntag die Sonne uo- entwegt vom wolkenlosen Himmel herab. Glücklicherweise machte sich in den Nachmittagsstunden wenigstens eine kleine Luftströmung bemerkbar, aber unter der Tropentemperatur litt der Sonntagsverkehr nicht unwesentlich. Es gab viele Leute, die ihre Ausflüge auf Rundtouren auf der Straßenbahn machten, um auf den vorderen Perrons wenigstens etwas von dem durch die Bewegung hervorgerufenen Luftzug zu profitieren. Leider kühlen sich die Nächte nicht in wünschenswertem Maße ab. Alle Kreatur lechzt förmlich nach Regen.
Kirchheim u. T.. 3. Juli. In vergangener Nacht zog von Südwesten her ein schweres Gewitter über die Fluren. Die niedergehenden Wassermassen
was wollten Sie überhaupt dort beginnen? Sie geben doch zu, daß Sie um jene Stunde, also gegen vier Uhr morgens, in „Walterscott" waren?"
„Ja. das gebe ich zu. Ich dachte, daß meine Anwesenheit in der Villa vielleicht von Nutzen sein könnte. Es wäre ja immerhin möglich gewesen, daß ich hilfreiche Hand hätte leisten können. Aber ich bin leider zu spät gekommen; das Unglück war bereits geschehen."
„Sie wollen uns doch nicht glauben machen, daß Sie, durch eine dunkle Ahnung angetrieben, irgend einer großen Gefahr zu steuern — welcher Art diese Gefahr sein würde, das war Ihnen natürlich auch nicht bekannt — nach. Walters cott" gekommen sind, um dort hilfreiche Hand anzulegen? ' So aufs Ge^ ratewohl hilfreiche Hand anzulegen? Sonderbar? An wen? Für was? Weshalb? Wozu? Das wußten Sie doch im Voraus nicht. Viel logischer würde es sein, anzunehmen, daß Sie vor Ihrer Ankunft in „Walterscott" bereits wußten, was sich dort ereignen würde, und nur in der Absicht dorthin kamen, um nachzusehen, ob alles geglückt ist. Ihre sämtlichen Aussagen sind so mystischer Natur, daß ich sie nicht gut glauben dürfte. Dann sagen Sie, daß Sie leider zu spät gekommen wären. Woher wußten Sie, daß das Unglück bereits geschehen war?"
„Das konnte man doch wohl bemerken an der Unruhe die im Hause herrschte, an den hin und her huschenden Lichtern, die in Eile von entsetzten Per- sonen treppauf, treppab getragen wurden, an der Beleuchtung fast sämtlicher Fenster der Billa, waS