todesmutigen Schwärmers für Menschenwürde und Völlerwohl ein tausendfältiges Echo in unserem Valer- lande.
Aber für Schiller in seiner fortwährenden Ent- Wicklung war die Freiheit kein bloßer Begriff, das Vaterland kein leerer Schall, das Volk kein eitles Wort. Ueber die Liebe zur Menschheit vergaß er nicht sein Volk, das deutsch- Volk, dessen Größe und Erhebung ihm vor allem am Herzen lag. Er wollte es stark durch Einigkeit und geachtet wissen. Tief empfand er seine Schmach und Erniedrigung unter einheimischer Tyrannei und dem Drucke fremder Eroberer.
Aus diesem wahren Patriotismus entsprang die herrliche Gestalt der »Jungfrau von Orleans", die ihr gottgeweihtes Schwert gegen die Unterdrücker ihres Volkes zieht. Wieder wurde der Dichter zum Seher, der seiner Zeit vorauseilte und den künftigen Freiheitskampf kündete. Wie Frankreich durch die gottbegeisterte Jungfrau von niedriger Geburt sich vou neuem erhoben hatte, so sollte auch das deutsche Volk, die deutsche Nation gerettet werden. Wenn er auch die Geschichte dieses Dramas dem französischen Boden entlehnte, so gab er ihm dennoch ein Vater- ländisches Gepräge, ähnlich den heidnischen Altären, die dem Christentum dienen, gleich dem Schwerte, das ein tapferer Krieger dem Feinde entreißt, um ihn selbst damit zu bekämpfen. Niemand hat dies besser empfunden als die Königin Luise von Preußen, indem sie im Jahre 1809 in ihrem tiefsten Schmerze an eine Freundin schrieb: .Gott, wenn die Zeit der Jungfrau wiederkäme, und wenn der Feind doch überwunden würde, überwunden durch die nämliche Gewalt, durch die einst Franken, das Mädchen von Orleans an der Spitze, ihren Erbfeind aus dem Lande schlugen." Und in demselben Briefe, in dem sie Schillers Tod betrauert, weist sie weitab den Ge- danken, daß der Dichter des „Tell" ebenso verblendet worden wäre durch das Franzosentum wie der Geschichtsschreiber der Eidgenossen Johannes vou Müller, der französischer Staatsrat wurde. „Nein! Nein! Lesen Sie die Stelle:
Mchtswiirdig ist die Nation, die nicht
Ihr alles freudig setzt an ihre Ehre!
Kann diese Stelle trügen? — Und ich kann noch fragen: warum er sterben mußte? Wen Gott lieb hat in dieser Zeit, den nimmt er zu sich."
Ju seiner idealistischen Gesinnung, die sich über die gemeine Wirklichkeit erhebt und in eine erträumte bessere Welt flüchtet, wurzelt die Vaterlandsliebe Schillers. Der Deutsche der Schillerschen Zeit kannte den Begriff des Vaterlandes kaum; das damalige deutsche Reich stellte nichts anderes als einen Schuttoder Trümmerhaufen der Vergangenheit dar. Die edelsten und besten Geister jener Epoche wandten sich deshalb dem Kosmopolitismus zu, der für sie im tiefsten Grunde nichts anderes als ein Patriotismus der Verzweiflung war, und auch Schiller hat der weltbürgerlichen Denkweise des damaligen Deutschlands seinen Tribut entrichtet. Aber er blieb nicht hasten in dem Bannkreise dieser Richtung, sondern buchte das Elend der Vaterlandslosigkeit positiv zu überwinden, indem er prophetischen Blickes in die Zukunft schaute und sein Volk, das deutsche Volk, das er mit der ganzen Glut seines starken Dichter- Herzens liebte, frei und einig und glücklich sah. So hat er in seinem Wilhelm Tell das Hohelied der Vaterlandsliebe und deutschen Einheit geschaffen.
Schiller hat sich trotz seiner kurzen Dichterlaufbahn tief ins Herz der Deutschen eingesungen. Er hat aus die deutsche Jugend eingewirkt, wie selten einer, und in ihr die Flamme heiliger Vaterlandsliebe entzündet. Er hat aus dem Theater, das einst nur die Schaustätte öder Unterhaltung war, einen heiligen Tempel geschaffen, er hat auch eine ganze Reihe Dichter "ach ihm zu begeisterten Liedern herangebildet. Unsere deutsche Muttersprache verdankt ihm außerordentlich diel, indem er zu dem bedeutenden Inhalt die schöne Form und die künstlerische Abrundung hinzufügte. Unser Sinn für Kunst und Literatur, unsere ganze geistige Bildung haben durch seine Erzeugnisse und Uteratur eine gewaltige Förderung erfahren. Er hat uns und dem deutschen Genius den Weg auf der -bahn zu allem Guten und Vollendeten gewiesen, im deutschen Volke das Bewußtsein der Würde und Kraft geweckt und zur nie versiegenden Erkenntnis gebracht. Schillers Werke sind fürwahr goldene Fruchte in silbernen Schalen, Blüten der reinsten -Ulenschheit: darum sind sie auch das Gemeingut des ganzen Volkes geworden, verständlich für alle, tief ^"gedrungen in das Volk, das mit den Tendenzen und Gedanken Schillers den Schatz seiner Weisheit bereichert und sie den ihm eigentümlichen ,Sprich- Wörtern emverleibt hat.
Hundert Jahre sind nun schon verflossen, seit Schiller im Grabe ruht, aber er lebt wie zuvor, und die Feier dieses Jahres soll dazu dienen, die Lebenskräfte. die in seinen Werken und seiner vorbildlichen Persönlichkeit beschlossen find, von neuem zu entfesseln und für die Gegenwart wirksam zu machen. Er ist unser. Sorgen wir dafür, daß dieses Wort allezeit seine Geltung behält, und daß die Eigenschaften, die in Schiller verkörpert sind, für immer deS deutschen Volkes unveräußerliches Erbteil bleiben; denn nur in diesen Eigenschaften ruht unser Heil und unsere Zukunft.
De« Manen Schillers.
(Zum 9. Mai 1905.)
Es grüßt das deutsche Volk bewegt Dich heute wieder, Der Du aus lichten Höh'n verklärt blickst zu ihm nieder.
Du Ewig-Strahlender, Du großer Geistesheld —
Der Du so Herrliches einstmals ja hast gesungen,
Du, dessen Namen man laut preist in allen Zungen,
Vor dessen Dichteruhm sich beugt die ganze Welt!
Dem Edlen, Schönen galt allzeit Dein Dichterwalten,
Das Ideale hast Du stets gar hoch gehalten,
Für Wahrheit, Freiheit, Recht tratst immerdar Du ein — Drum glänzt im deutschen Herz Dein Bild für alle Zeiten, Drum rühmen wir noch jetzt Dein wahrheitsfrohes Streiten, Ein Heros bleibst Du uns, erhaben hehr und rem!
So mög' Dein Schatten denn uns immerdar umschweben, So möge denn Dein Geist in unserm Volk stets leben —
Es huldigt ja so warm heut' Deiner Lichtgestalt —
Die fernste Nachwelt wird von Deinem Ruhm noch hören, Das späteste Geschlecht wird Dich noch treu verehren.
Es strahlt Dein Name fort mit sieghafter Gewalt!
Neuenbürg, 7. Mai. (Schilkerfeier.) Wir konnten im letzten Freitagsblatt mitteilen, daß auf Anregung des Hauptvereins des Württ. Schwarzwaldvereins dafür gesorgt worden ist, daß am Abend des 9. Mai auf der ganzen Linie des Württemberg. Schwarzwalds, von Pforzheim bis Schwenningen, Höhenfeuer auflodern werden. Der stets rührige Vorsitzende des Schwarzw.-Bezirksvereins hat nun weitere Anregung gegeben, daß auch an verschiedenen geeigneten Höhenpunkten unseres Bezirks gleichzeitig — am Dienstag abend 9 Uhr — solche weithin leuchtende Höhenfeuer entzündet werden, und es sind bis zur Stunde Zusagen eingekommen von Dobel, Langenbrand, Schwann (Warte). Wie wir hören, werden auch noch an anderen Orten solche Signalfeuer, so in Wildbad (auf d. Herrenacker), Schömberg (auf d. Bühlhöhe i. d. Richtung nach d. Hengstberg) veranstaltet. Weitere günstige Punkte im diesseitigen Bezirk dürften noch sein die Höhen von Bernbach, Dennach, Waldrennach (Ausblick n. d. Rheinpfalz), Salmbach, Beinberg, Oberlengenhardt, Grunbach (7 Eichen), letztere 3 Orte wegen ihres Ausblicks auf die Schwäb. Alb. Wir möchten unsererseits hiemit Anregung dazu geben.
Wildbad. Programm zur Schillerfeier. Montag, 8. Mai: Vorfeier (Bankett) in der Turnhalle, von abends 8 Uhr an, mit Borträgen der Kgl. Kurkapelle, Rede, Gesangsvorträgen, Rezitationen von Schiller'schen Gedichten. (Nur Ortsansässige u. Kurgäste haben zu dieser Feier Zutritt.) Dienstag, 9. Mai: Haupt- frier in der Turnhalle, ff-2 Uhr Aufstellung des Festzugs auf dem Bahnhofplatz. Zug durch die König-Karlstr. über die Wilhelmsbrücke durch die Hauptstraße nach der Turnhalle. I. Abteilung.
1) Orchestervortrag: Schiller.Festmarsch, v. Meyerbeer;
2) Prolog; 3) Männerchor mit Orchesterbegleitung: „Die Himmel rühmen", von Beethoven; 4) Rezitation: a) Worte des Glaubens, b) Worte des Wahns; 5) Orchestervortrag: Ouvertüre zu Tell"; 6) Rezitation: Würde der Frauen; 7) Solo und Duett aus Schillers „Glocke", vou Romberg; 8) Orchestervortrag: Dankgebet (Altniederl. Volkslied), von Valerius-Kremser; 9) Rezitatation: Monolog aus Schillers „Tell", 4. Aufzug. 3. Szene; 10) Männerchor: Stumm schläft der Sänger, von Silcher; 11) Festrede von Herrn Stadtvikar Thaidigsmann. II. Abteilung: 12) Orchestervortrag: Ouvertüre zu Iphigenie in Aulis, von Gluck; 13) Rezitation: Der Taucher; 14) Dialog aus Schillers „Tell", 2. Aufzug, 1. Szene; 15) Männerchor mit Orchesterbegleitung: Festgesang an die Künstler, von Mendelssohn.
* Wildbad, 6. Mai. Heute mittag 12 Uhr fand hier die feierliche Amtseinsetzung des neuen Stadtschultheißen Karl Bätzner, bisherigen Direktors der Vereinsbank hier, durch Oberamtmann Hornung in Anwesenheit der bürgerlichen Kollegien und einer größeren Anzahl hiesiger Gemeindeangehöriger statt. Oberamtmann Hornung gedachte in seiner der Beeidigung vorangehenden Ansprache, zunächst der Verdienste des f Stadtschultheißen Bätzner,
Vaters des Gewählten, wies den neuen Stadtschul» heißen auf die Verpflichtungen hin, welche aus dem ihm durch die glänzende Wahl seitens seiner Mitbürger erwiesenen hohen Vertrauen erwachsen und legte demselben in weiteren Ausführungen die wesentlichen Bedingungen glücklicher und erfolgreicher AmtS- führung ans Herz Nach der Beeidigung beglückwünschte der evang. Stadtpfarrer Auch den neuen Stadtschultheißen, bat als Ortsschulinspektor um kräftige Unterstützung der Schule und ersuchte um treue Mitarbeit im Kirchengemeinderat und in den Geschäften des gem. Amts. Nach dem brachte Stadtpfarrer ammer namens der kathol. Pfarrgemeinde seE lückwünsche dar und versicherte den Stadtschult, heißen des Zutrauens seiner Gemeinde. Stadtschult, heiß Bätzner dankte den Rednern, gelobte getreueste Erfüllung der übernommenen Pflichten und Einsetzung seiner Kraft für das Wohl der Stadt. An dem an diesen Akt sich anschließenden Festmahl im Goldenen Ochsen beteiligten sich etwa 150 Personen. De« Königstoast brachte Oberamtmanu Hornung aus. Ihm folgte der K. Badkommissär General Karaß mit einer Beglückwünschung des Stadtschultheißeu namens der Badverwaltung, der K Domänendirektiou und des K. Finanzministeriums, indem er zugleich der Hoffnung auf ein gedeihliches Zusammenwirken zum Wohl des Bades und der Stadt Ausdruck gab. In längerer trefflicher Rede feierte hierauf Stadt- Pfarrer Auch den neuen Stadtschultheißen, gedachte der Schwierigkeit der Aufgabe, die diesem zufalle, und des Vertrauens, das ihm die Einwohnerschaft ent- gegenbringe. Stadtschultheiß Bätzner antwortete den beiden Vorrednern mit Worten des Dankes an diese und die gesamte Wählerschaft, die ihm ihre Stimme gegeben, betonte, daß das im Wahlkampf Vorgefallene vergessen bleibe von seiner Seite, wie er auch von seinen Gegnern in der Wahl ein Ver. gessen hoffe, und versicherte, in der Zuversicht, daß, wo ein Wille, auch ein Weg sei, sein Bestes zum Wohl der Stadt Wildbad tun zu wollen. Gemeinderat Kaufmann Aberle begrüßte endlich noch den neuen Stadtvorstand namens der Gemeindekollegien und gab der Hoffnung auf eine lange ersprießliche Tätigkeit desselben im Dienste der Gemeinde Ausdruck. Damit fand der offizielle Teil der Feier seinen Abschluß. Heute abend findet in der Turnhalle noch ein allgemeines Bankett zu Ehren des neuen Ortsvorstehers statt.
Neuenbürg, 7. Mai. Am Freitag den 5. ds. in der Frühe kurz nach 3 Uhr brach in der Scheuer des Sägers Friedrich Pfeiffer in Rotensol, wie vermutet wird infolge vorsätzlicher Brandstiftung, Feuer aus, welche die Scheuer gänzlich einäscherte. Das anliegende Wohngebäude des Pfeiffer, in welchem sich auch ein Spezereiladen befindet, blieb dank der Vorteile der Wasserleitung vor erheblichem Schaden bewahrt. Aus dem Stalle konnte der Besitzer mit knapper Not seine drei Kühe retten. Leider hatte er seine Fahrnis nicht ausreichend versichert, so daß er nun Schaden zu tragen hat. Das abgebrannte Gebäude hatte einen Wert vou etwa 1000 l/L Die zahlreichen Brandfälle, welche während der letzten Monate in unserem Bezirk vor- gekommen find, sollten für alle, welche bisher in jalscher Sparsamkeit einen Teil ihrer Fahrnis von der Feuerversicherung ausgeschlossen oder die Ver- sicherungssumme zu nieder bemessen haben, eine Mahnung sein, schleunigst das Versäumte uachzuhole«.
v Herrenalb, 7. Mai. Die ersten Maitage haben uns bereits eine Anzahl von Kurgästen zu- geführt, wenn auch die Durchschnittstemperatur noch eine ziemlich niedere ist. Trotzdem hat die Baum- blüte, die wundervolle Frische des Laubgrüns und die bunte Pracht der Wiesen den hohen landschaftlichen Reiz der Umgebung herrlich entfaltet. Nur eins ist zu bedauern: die Waldwege, die von allen Gästen mit Vorliebe aufgesucht werden, lassen überall noch die ordnende Hand vermissen, welche die rauhen Spuren der Winterarbeiten beseitigt, Sauberkeit und Ordnung herstellt. Gerade jetzt, da die FrühjahrS- ausflüge allgemein geplant und ausgeführt werden, sollten solche Toilettenfragen eines weithin bekannten Kurorts schon erledigt sein. Vielleicht entschließt sich der Verschönerungsverein, tatkräftige und rasche Durch, führung dieser und ähnlicher Arbeiten (Herstellung der Ruhebänke rc.) zu veranlassen.
— Herrenalb, 7. Mai. Dieser Tage wurde die neue Lichtanlage im Konversationshaus und in den Kuranlagen, hergcstellt durch eine Heilbronner Firma, einer eingehenden Probe unterworfen, welcher der Stadtrat unter Führung des Stadtschultheißen Grüb anwohnten. Mit Ausnahme einiger Unwesen» lichen Aenderungen (Höherlegung der Kronleuchter im großen Saale und Vermehrung der Lampeuzahl) ergab sich ein recht gutes Resultat.