Erscheint
Montag, Mittwoch, Freitag und Samstag.
Preis Vierteljahr!.: in Neuenbürg 1.20. Durch die Post bezogen: im Grts- und Nachbarorts-Verkehr .E II5; im sonstigen inländ. Verkehr1.25; hiezu je 20 Bestellgeld.
Ab-nmem-nts nel,men alle postaiisialien und Postbolen Mezeir e,»gegen.
Der «nztäler.
Anzeiger für das Lnztal und Umgebung.
Amtsblatt tür Sen Vberamtsbezirk Neuenbürg.
Knzeigeupreis:
die 5 gespaltene Zeile oder deren Raum 10 bei Auskunsterteilung durch die Lxped. 12 Reklamen die Lgesx. Zeile 25
Bei öfterer Insertion entsxrech. Rabatt.
Fernsprecher Nr. 4.
Telegramm-Adresse: „Enzräler, Neuenbürg".
74 .
Neuenbürg, Montag den 8. Mai 1905.
63. Jahrgang.
HunSschau.
Kaiser Wilhelm hat an den König Viktor Emanuel ein Telegramm gesandt, in dem er nochmals bei dem Verlassen des italienischen Bodens dem König den herzlichsten Dan! aussprach für die in Italien in so reichem Maße ihm und der Kaiser- lichen Familie erwiesene Gastfreundschaft und die überall so herzliche Aufnahme. Das Telegramm schließt: Wir werden stets das wertvolle Andenken an diese im leuchtenden Süden vollbrachte Zeit bewahren und von fern wie von nah von Herzen an allem teilnehmen, was das befreundete und verbündete Italien betrifft. Ich danke Dir nochmals von Herzen, daß Du nach Neapel zu kommen die Güte gehabt und mir dadurch Gelegenheit gegeben Haft, Dir die Hand zu drücken und auf diese Weise die Bande zu verstärken, die unsere Häuser und unsere Länder verbinden.
Karlsruhe, 6. Mai. Der Kaiser ging mit dem Grafen Bülow heute um 8 Uhr im Schloßgarten und im Wildpark spazieren.
Karlsruhe, 6. Mai. Die allerhöchsten und höchsten Herrschaften besuchten heute abend die Auf führung des Tel! im Hoftheater. Beim Er- scheinen der Majestäten im Theater wurde ein begeistert ausgenommenes Hoch auf dieselben ausgebracht, worauf daS Publikum stehend die Nationalhymne anhörte.
Karlsruhe, 7. Mai. Die Kaiserin ist heute abend 10.20 Uhr von hier nach Gera gereist.
Zwischen dem König von Sachsen und der Gräfin Montignoso ist nunmehr ein Abkommen getroffen worden, wonach die Gräfin die kleine Prin- Zessin noch eine Zeit behält und eine erhöhte Apanage bezieht; dagegen verzichtet sie auf die sächsische Staatsangehörigkeit. Auch über den Zeitpunkt des Wiedersehens der übrigen Kinder wurden Abmachungen getroffen.
Vom bayerischen Kultusminister ist die Münchener Universität, der „Frtf. Ztg." zufolge, angewiesen worden, Abiturientenzeugoisse von Mädchengymnasien für die Immatrikulation nicht mehr als genügend anzuerkennen
In vielen Städten und auch in vielen Dörfern rüstet man sich, um den hundertsten Todestag unseres großen Dichters Friedrich Schiller am 9. Mai festlich zu begehen. Ein großes Volk ehrt auch seine großen Toten und von diesem Gesichts- Punkt aus ist die Rührigkeit der verschiedenen Schillerkomitees mit Dank anzuerkennen. Wenn aber einzelne politische Parteien, wie dies zum Teil schon geschehen ist und für den 9. Mai noch vielfach be» abfichtigt wird, einen großen deutschen Dichter für sich und ihre Parteizwecke ausschlachten wollen, so verdient dies eine scharfe Mißbilligung. Aber auch abgesehen davon scheinen sich die Leute vielfach gegenseitig in Ueberschwenglichkeiten hineinzutreiben, was ebenfalls vom Uebel ist; derjenige Deutsche ehrt am besten seinen Schiller, der ihn von Zeit zu Zeit wieder liest und seinen Kindern zum Lesen gibt.
Berlin, 7. Mai. Die Schillergedächtnis- feler der Schwaben in Berlin, an der u. a. «e. Exzellenz v. Pfaff, württembergischer Militär- vevoumächtigter Oberstleutnant v. Dorrer, der frühere Adjutant des Königs, Major v. Schröder, Ministerialdirektor v. Schneider, der kaiserliche Geh. Ober- reglerungsrat Müller, sowie der Direktor der Reichs» oruckerei, Geheimrat Laudsbeck teilnahmen, gestaltete
öu einer sinnigen Huldigung für den uusterb- ucyen Genius. Schon die innere und äußere Ausgestaltung bewies, daß die hier lebenden Württem- sen großen deutschen Dichter und größten «chwaben in würdiger Weise zu ehren verstehen. E Vorsitzende des Vereins, Hr. Rich. Kauffmann, YM eine tief empfundene Ansprache, in welcher er »V"^nWorten den innigen Gefühlen Ausdruck gav, welche die Schwabeuherzen beim Klange des
j Namens „Schiller" jederzeit durchziehen; in ganz , besonderem Maße jetzt durchströmen, wo die Schwaben angesichts der Zulüftungen der ganzen zivilisierten Welt beim Klange des Namens „Schiller" mit Stolz sagen können: „Er war ein Schwabe!'. Die „Deutsche Liedertafel" leitete den Festakt ein mit dem Liede „Freude, schöner Götterfunke". Alsdann Borträge aus dem Lieder-Eyzklus von Fritz Maser, den Manen Schillers gewidmet, des im Schwabenland bekannten Sängers Lucia aus der Oper „Teil", sowie der „Deutschen Liedertafel" mit dem Chore: „Die Heimat' schloßen die würdige Feier.
In Berlin hat die große Landeskirchliche Versammlung stattgefunden, die außerordentlich zahlreich von gläubigen evangelischen Christen aus allen Teilen der preußischen Monarchie besucht war. Die Versammlung gestaltete sich zu einem überaus machtvollen und erhebenden Proteste gegen die Ver- suche der kirchlich-liberalen Richtung, die Grundlagen der evangelischen Kirche zu zerstören und an Stelle des Felsengrundes des Evangeliums den Flugsand menschlicher Meinungen zu setzen. Die einmütigen Kundgebungen der Versammlung lehren, wie der Fall Fischer und ähnliche Fälle der letzten Zeit das Gewissen des evangelischen Volkes bis in seine Tiefen erregt und wachgerüttelt haben. Den Verhandlungen ging ein Gottesdienst im neuen Dom voraus, bei dem Generalsuperintendent Holtzheuer > Magdeburg eine wahrhaft geistgesalbte und ergreifende Predigt hielt. Wo immer gläubige evangelische Herzen schlagen, da wird man sicherlich aus dem erhebenden Verlause der Landeskirchlichen Versammlung neue Zuversicht und neue Hoffnung für die Zukunft schöpfen.
Der Verlauf der diesjährigen sozialdemokratischen Maifeier hat einen erneuten Beweis für die Tatsache geliefert, daß diese Feier von Jahr zu Jahr au Bedeutung verliert. Alle Versuche, dieselbe zu einer machtvollen politischen Demo»- stration des internationalen Proletariats zu gestalte», sind kläglich gescheitert, und, was übrig geblieben ist, ist nach einem Worte, das jüngst von sozialdemokratischer Seite selber in einer Versammlung der lokalorganisterten Gewerkschaften gefallen ist, nichts als Jahrmarktsrummel, bei dem die Arrangeure darauf bedacht sind, ein möglichst einträgliches Geschäft zu machen. Das stolze Wort, das einst der Maifeier als Losung diente: „Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will," ist längst zur Farce geworden, und die hinter dem Revolutionsbanner marschierende Arbeiterschaft hat einsehen müssen, daß auch ihrer Macht in der harten Realität der Dinge eine Schranke gesetzt sei. In diesem Sinne ist sogar vom Standpunkte der bestehenden Ordnung aus der Maifeier eine gewisse nutzbringende Bedeutung nicht abzusprechen.
Der sozialdemokratische Abg. Geyer hatte auf der sächsischen Laudesversammlung der Sozial- demokratie behauptet, die sächsischen Jungliberalen hätten „Fühler ausgestreckt", um festzupellen, ob sie die sozialdemokratischen Stimmen für die Landtagswahl gewinnen könnten. Der Leipziger jungnational- liberale Verein erklärt nun, daß von ihm oder seinen Mitgliedern ein solcher Versuch nicht ausgegangen sei; er müsse es auch ablehnen, mit der Sozialdemokratie oder deren Führern irgendwie Fühlung zu nehmen.
Straßburg, 5. Mai. Eine ehrenvolle wohlverdiente Auszeichnung wurde dieser Tage Herrn Haefele, Mustkdirigent im kgl. württ. Infanterieregiment Nr. 126, zu teil. Er erhielt aus dem Militärkabinett des Königs von Württemberg ein Telegramm, wonach der König ihn wegen seiner Verdienste zum Musikdirektor ernannte Hr. Haefele, welcher 42 Jahre im Infanterieregiment Nr. 126 dient, ist allgemein beliebt. In seiner Kapelle dienen die meisten Elsaß-Lothringer.
Vom Rhein, 29. April. (Holzmarktbericht.) Der süddeutsche Brettermarkt lag auch in jüngster
Zeit sehr fest. Dem recht guten Begehr nach breiten Schnittwaren stand fortgesetzt nur mäßiges Angebot gegenüber. Die Eigner hielten infolgedessen an ihren hohen Forderungen fest. Die Nachfrage nach schmalen Brettern war im Vergleich zu dem Geschäft in breiter Ware nicht so gut. Am Markt in Hobelwaren nimmt der Handel stetig zu, da der Bedarf für Bauzwecke im Wachsen begriffen ist. Die rheinischen Hobelwerke sind daher ziemlich gut mit Auf- trägen, weniger aber mit Ware versehen. Die Haltung des Hobelholzmarktes blieb sehr fest, zumal die Berichte über die Lage der nordischen und amerikanischen Holzmärkte anhaltend recht zuversichtlich lauten. Der Verkauf befriedigt, ebenso läßt sich auch der Abruf gut an. Der Absatz nach dem oberrheinischen Rundholzmarkt blieb schleppend, da die mittel- und niederrheinischen Sägewerke trotz guter Beschäftigung und ziemlich großen Rundholzverbrauchs zur Entnahme stattlicher Posten nicht sich entschließen konnten. Obgleich die Vorräte nicht belangreich waren, das Angebot also breiten Umfang nicht hatte, so übte das ruhige Verkaufsgeschäft doch einen Druck auf die Marktlage aus. Die Preise sind daher eher williger geworden. An den Einpolterplätzen des Neckars befinden sich heute nur noch kleine Restbestände alter Ware. Die Beifuhr alten Holzes auf dem Neckar zum Mannheimer Floßholzmarkt war daher neuerdings fast Null. Etwas größer waren die Ankünfte auf dem Main am Mainzer und Schier- steiner Markt, doch ist auch da eine wesentliche Verringerung der Zufuhren festzustellen. Zum Teil sind die Langholzhändler im Preise schon entgegen- kommender geworden. Mit den Zufuhren von neuem Holz ist Heuer nicht vor Mitte Mai zu rechnen, weil bisher das Wetter für die Austrocknung und die Abfuhr aus dem Walde sehr ungeeignet war. Am Mannheimer Markt erzielten zuletzt das Festmeter Kleinholz 21,50—22 Mittelholz 23,50-24
Meßholz 25,50—26 und Holländerholz 27,50
bis 28 ^ ab Hafen. Am Mainzer und Schiersteiner Markte brachten die letzten Verkäufe für den rheinischen Kubikfuß Wassermaß frei Köln-Duisburg Preise von 0,61 ^ Neues Holz fehlte auch hier noch.
Gent, 2. Mai. Einen guten Fang machte vor einigen Tagen auf der Bahnstrecke Gent-Mouseron der Eisenbahnschaffner Lobelle. Als derselbe nämlich die Fahrkarten kontrollierte, bemerkte er in einem Abteil 3 Klasse zwei Männer, die sich in einer auf- fallend fröhlichen Stimmung befanden. Trotz ihrer mehr wie saloppen Gewandung benahmen sie sich wie Leute, die Geld im Ueberflusse besitzen und sich daher eine gewisse Zwanglosigkeit in ihrem Betragen schon erlauben zu dürfen glauben. Die in schmutzigen und zerrissenen Stiefeln steckenden Füße hatten sie breit und ungeniert auf die ihnen gegenüber befindliche Bank gelegt, und während sie ab und zu einen tüchtigen Schluck aus einer großen Schnapsflasche nahmen, sangen sie mit lauter Stimme heitere Lieder. Der Schaffner betrachtete sich die munteren Reisenden etwas genauer, und da sah er mit einem Male zu seinem Erstaunen, daß der eine von ihnen einen dicken Pack neben sich liegen hatte, der ganz aus Wert- papieren bestand, die nachlässig zwischen zwei alten Stücken Pappdeckel eingepackt waren. Das kam dem Schaffner verdächtig vor, und auf der nächsten Station setzte er von seinem Verdachte den Stationsvorsteher in Kenntnis, der alsbald die beiden Fremden eiolud, ihm nach seinem Bureau zu folgen und ihm mitzuteilen, wie sie eigentlich in den Besitz jener Papiere gelangt seien. Als die gewünschte Auskunft in nur sehr unbefriedigender Weise erteilt wurde, ließ der Stationsvorsteher einige Gendarmen herbeiholen, die nach einem kurzen Verhöre die verdächtigen Burschen einfach für verhaftet erklärten und einsperrten. Bei einem zweite» Verhöre bequemten sich die letzteren schließlich zu dem Geständnisse, daß sie die Papiere, deren Wert sich auf über 40000 Frcs. belief, in Lille mittelst Einbruchs gestohlen hätten. Der